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Erzgebirgischer Volksfreund : 01.03.1922
- Erscheinungsdatum
- 1922-03-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735709689-192203014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735709689-19220301
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735709689-19220301
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Erzgebirgischer Volksfreund
-
Jahr
1922
-
Monat
1922-03
- Tag 1922-03-01
-
Monat
1922-03
-
Jahr
1922
- Titel
- Erzgebirgischer Volksfreund : 01.03.1922
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«». «1. I. Mär, 1S2S. Erzgebirgifcher Lvlksfreund. «»«» Oertttche Angelegenhetten. Spiegelfechterei 8» Sachs«, haben di» regierenden ParteimSnner mit einem Lei!« der höheren Beamten ihr» lieb» Not. Der Wirtschaft-Minister F«lttsch erklärte «» unlängst in einer Bautzener Versammlung und der Minister de» Inneren bekannt« r» dieser Tage im Parlament. Di» beklagt» Not entsteht offenbar daraus, daß die höheren Verwaltung»» beamten, soweit ihr Patent nicht da» sozialistische Siegel trägt, sich in ein Parteiregiment nicht hineinfinden und außerstande sind, von Aall zu Fall den Dienst an der Allgemeinheit dem Dienste für ein« Bevölkerungsklasse gleichzusetzen. Daß sie nicht selten vor eine solche Entscheidung gestellt werden, verrät die Mahnung de» Minister» Fel- ltsch, sich jederzeit der Notwendigkeit eines engen Zusammenaehen» mit der Arbeiterschaft bewußt zu sein und sich nicht von den bürger lichen Parteien rtnspinnen zu lassen. Wie schwer sich di« gedacht« Entscheidung bisweilen gestalten kann, ist angesichts der herrschenden Stellung der Unabhängigen in der Regierung und bei deren Ab hängigkeit von den kommunistischen Parlamentssttmmen ohn« wet tere» zu ermessen. Um sich in der Durchführung ihrer Partei Politik mit dem Regie- rnngsapparat eine freiere Bewegung zu schaffen, sind dir gegenwärti gen Machthaber auf eine allmähliche Besetzung der höheren Verwnl- tungeämter mit Parteigängern bedacht, auf di« Bildung einer poli tischen Leibwache, dl« sk mit der Forderung republikanischer Gesin nung und mit dem abgegriffenen Schlagwort« von der treten Bahn für den Tüchtigen maskieren. Welche Günstlingswirtschaft zum Bor- teil« einer sozialistischen Klnssenreaierung dahintersteckt, hat mehr noch al» der Fall Lempe der Fall Russel gezeigt. Plan lass» einmal durch »inen parlamentarischen Ausschuß die Tätigkeit de» fetzigen Leipziger Amtshauptmanns prüfen, di« persönlich« Eignung und Tüchtigkeit diese» U. E. P. Mannes untersuchens wäre da ein besseres Ergebnis zu erwarten, als es di« Untersuchung de» Falle» Lotze fetzt schon zu zeitigen verspricht? Minister Lipinski hat im Landtag« ein« Anfrage der Deutsch- nationalen über die Neubesetzung der Leitung der ersten Abteilung de» Ministerium» des Innern (Schmitt-Lempe) benutzt, um in seiner Beantwortung die Personalpolitik der neuen Regierung gegen die der alten auszuspielen und mit allerlei Mitteilungen aus Akten da» frühere System zu brandmarken. Wie in seinen „Enthüllungen* über die Geheimorganisationen tritt auch in der über die Beamtenpolitik der Vergangenheit der agitatorische Zweck allzu deutlich hervor. Wenn sich aus den Personalakten kein stärker belastendes Material hernus- bolen läßt, als bas vom Minister hcrvorgebrachte, bann ist es um diese Art von Deckung der Regierung gegen den erfolaten Angriff nicht zum besten bestellt. Mit den Angaben, die Kerr Lioinski zum Teil in Abschweifung von der Sache und in anfechtbarer Zusmnmen- fügung gemacht und mit einseitiger, höchst ungewöhnlicher Deschuldl- gung im Dienst« befindlicher Beamten verbunden hat, find allenfalls einzeln« übl« Vorkommnisse bargetan. Wie wenig damit aber das ganz« früher« System verurteilt worden ist, hat «r selber eingestan- ben, indem er seine Verwunderung darüber aussprach, daß „trotz die ser Personalpolitik soviel« vorzüglich« Juristen der Verwaltung ar>- gehören.* Es hak wirklich nicht der Enthüllungen des Ministers bedurft, mn einen größeren Kreis auf Mängel und Schäden de» alten Systems hinzuwelsen. Daß es seine brüchigen Stellen hatte, wußte man längst und allgemein. Davon ist auch vor der Staotsumwälzung mehr al» einmal in voller Oeffentltchkeit gesprochen worden. Worauf es im neuen Staate für Land und Volk ankommt, ist nicht der Nachweis ehemaliger Mißwirtschaft, sondern die Bürgschaft dasiir, daß sie sich nicht in anderer und viel schwererer Form fortsetzt, lind die Bürg schaft können der Allgemeinheit nach den bisherigen Erfahrungen am wenigsten die Männer in der Negierung geben, di« einer pro arammäßig di» Diktatur des Proletariats fordernden, den Vater- kanbsbegriff verneinenden und eben jetzt zur Vereinigung mit einer Kommunistengrupp« bereiten Partei angehören. Wenn die Besetzung der Staatsämter weiterhin von der Parteizugehörigkeit und nicht lediglich von der persönlichen Eignung und Tücktiakcit abhänoig ge- macht wird, dann wird der Verfassung ein Schnippchen geschlagen, da» der Allgemeinheit teuer zu stehen kommt, lieber diesen Kern der Sach« mit Anklagen gegen di« Vergangenheit hinweggleiten, bedeutet agitatorisch« Spiegelfechterei. St. S. » * Vertagung der Landessynode. In zweiter Lesung be riet am Freitag die Synode die Klrchengcsctzesvorlage, die den Dolksschullehrern für die nebenamtlich« Versorgung de» kirchenmustkalischen Dienste« zu gewährende-Vergütung be- betreffend. Dt« Vorlage wird tm Wortlaut, der ersten Lesung einstimmig angenommen, gestrichen wird ein Paragraph, weicher es den Gemeinden freistem, die Iahresvergütung auch über die sich nach diesem Kirchenge setz ergebenden Beträge hinaus zu erhöhen. Lierauf nahm die Synode zur Not der Kleinrentner Stellung, tndein sie folgenden einstimmigen Beschluß faßte: »Die Landeskirche wird von der großen Not der Kleinrentner auf bas stärkste berührt und empfindet sie auf das wärmste mit. Die Synode ruft die Kirchgemeinden auf, auch von sich au» alle» zu tun, was sie vermögen, um etwa durch ihre Helfer die besonders Notleidenden festzustellen, sie zu beraten, sie zu unterstützen, ihnen, soweit angängig, auch durch Vermittlung von Arbeit und kirchlicher Mitwirkung Lebensfreude zu erhalten. Sie ruft die Geistliche» aus, die bevorstehende Landesversammlung für die Alten von der Kanzel und auf besonderen Wegen kräftig zu fördern und mit seelsorgerlicher Liebe den Schwerbetroffenen unter den Klein- rentnern nachzuaehen.* Nach einer nicht öffentlichen Sitzung, in welcher ein Antrag Müller-Iwickau betr. die Anmeldung zum Konfirmandenuntcrricht für Ostern 1923 und die Zu lassung zum Konfirmandennnterricht beraten wurde, wird die Synode für vertagt erklärt. * Erschleichung kirchliche, Recht«. De, Evangelische Landespreßverband für Sachsen teilt uns mit: Verschieden« Vorkommnisse der letzten Zeit machen es nötig, die Oeffentlich- leit darauf hinzuweisen, baß die aus der Kirche Ausgetretenen keinen Anspruch auf Patenschaft, Trauung und Beerdigungen stellen können und sich strafbar machen, wenn sie unter falschen Angaben von den Kirchen- und Standesämtern sich solche Handlungen erschleichen. Nur als Beispiel sei folgender Fall erwähnt: Ein Brautpaar bestellt Aufgebot und Trauung. Nach den standesamtlichen Papieren gehören beide der ev.-luth. Kirche an. Es stellte sich aber bet näherer Nachforschung heraus, daß der Bräutigam 1920 in seinem «cheknischen Heimatort die Kirchensteuerzahlung verweigerte und dabei eine Austrittsbescheinigung aus dem Jahre 1907 vorzeiate. Die Trauung konnte deshalb nicht stattfinden. Wer aus der Kirche ausgetreten ist, muß auch den Mut besitzen, die äußeren Folgen dieses selbstgewollten Schrittes zu tragen. * Gegen die Entstaatlichung der Reichseisenbahn. Di« Handels kammer Dv.-sdm nahm in der Frage der Entstaatlichung der Reichs bahn eine Entschließung an, in «r e» vor allem heißt: „Die Kammer spricht sich gegen die Entstaatlichung der Naichsbahn au», und zwar sowohl gegen di« Umwandlung der Reichsbahn in ein rei nes Prtvatunternchmen, wie auch nach Lage der heutigen Verhält nisse g-gen di« Uaberführug der Reichsbahn in einen gemischt-wirt schaftlichen Betrieb. Der Privatbetrieb gewährleistet bei dem Um fang des Unternehmens noch keineswegs eine wirtschaftlichen« Br- triebsführung, besonders deshalb nicht, weil ihm fast stader Wettbe werb fehlen würde. Er birgt aber die Gefahr in sich, daß aus Ge winnrücksichten der Betrieb auf wenig oder gar nicht rentablen Strek- ken nach Mögsschk it eingeschränkt werde. Auch dir gemischtwirtschaft lich« Unternchmnng läßt kein« wirkliche Verbesserung ermatten; vielmehr muß befürchtet werden, daß da» Hinvinroden der Vertreter der am Kapital bt.äligten Derussgruppcn eine wirtschaftliche Be triebsführung sehr erschweren würde. Die besonderen Interessen von Handel rmd Industrie Sachsen» erscheinen am besten bei der der zeitigen Organisationsform gewahrt. Notwendig und durchaus wün schenswert svi allerdings, daß die jetzige Organisation noch witer vsr- eiafacht und wirtschaftlicher gestaltet würde, vor allem dadurch^ daß sie von dem Wechsel der Regievung völlig unabhängig gemacht, d. h. entpolistert würde. Geboten erscheine auch die starke Dezentralisa tion und d« Zuteilung weitestgehender Derantwortlickikcit und selb ständiger Entschließungen an die Nachgeordneten Stellen. Im Be- fchafstmgswesen könnten durch Einstellung h-rvorra/ievd tüchtiger Leute sicher große Vorteile erzielt werden. Selbstverständliche Vor aussetzung müßte fein, daß nur di« wirklich notwendigen Arbeits kraft« gehalten werden. Das setz« voraus, daß der schematisch« Acht- stuMentag durch ein« Arbeitsregelung ersetzt würde, di« auf die gei stige und kSrp rficbe Inanspruchnahme des Personal» gebührend« Rückückt nimmt und schwere verantwortliche Arbeit nicht gleichstellt der einfachen Dicnstbereitschaft.* * Bautätlgkelt. Zm Dezember wurden tn Sachs«» für Neubauten mit Wohnungen 1S2 Baugenehmigungen (gegen 222 im November) erteil^ darunter tn der Krrishauptmann» schast Zwickau SS. Dkes« 1S2 Neubauten, von den«« 12» auf neuer Daustell« errichtet werden, sollen insgesamt 42S Wohnungen enthalten. Ausgefithrt wurden 1VS Neubaut,» mit 490 Wohnungen (gegen 1äS Neubauten mit SV2 Wah» nungen tm November). * Au»sicht»los« vettelbries* »ach Amerika. Di« .Ne» Yorker Staatszeitung' schreibt: Jede europäisch« Post bringt uns zu Hunderten, zu Tausenden Briefe au» Deutschland, Oesterreich und anderen Ländern. Und all« bi«s« Bri«fe wolle» Hilfe für Einzelpersonen oder Anstalten. Angesichts der au» diesen Briefen Hervortretenbev, geradezu horrenden Uw» kenntnis der amerikanischen Verhältnisse ist es angebracht daß man diese Frage öffentlich bespricht und dabet der Hoss» nung Ausdruck gibt, daß die Zeitungen tn Deutschland aus» führlich davon Notiz nehmen. Sie veranlassen dadurch dl» Leute, da» teur« Briefporto nicht nutzlos zu verschwend««,. Das Erschreckend« bet diesen Briefen ist die gewaltig« Zahl und di« Tatsache daß sie zumeist von Leuten mit leidliche» Bildung geschrieben sind, welche sich die Aussichtslosigkeit de» artiger Bettelbriefe (das harte Wort muß gebraucht werden) eigentlich selbst vor Augen halten könnten. Da werbe» vo» 200 bis zu 10 000 Dollar für augenblicklich« versönlich» Da» dürfntsie, für Hetratsausstattungen, Geschäftsunternehmen, teils al» Geschenk gefordert, teil» al» Darlehen gewünscht. Und fast jeder Brief sieht diese Summen als .ein« Kleinig keit für die reichen Amerikaner' an. Und was wir bierzuland« für Deutschland und unser« Angehörigen drüben schon getan haben, bas muß hier wiederholt betont werden, damit be» Leuten drüben die Augen geöffnet werden. Di« Teuerun hierzulande ist erheblich größer, als sie je drüben war. Wenn wir hier auch in Dollars verdienen, so wird uns dafür auch in Dollars das ganze Einkommen abgenommen, seit dl, Kosten der Lebenshaltung um das Zwei- und Dreifache gestiegen find. Wir müssen für ein Paar Schuhe, die vor dem Krieg 20 Marl nach deutschem Geld kosteten, heute 2400 Mark zahlen; ein» Wohnung, welche noch vor drei Jahren 108 Mark monatlich kostete, ist jetzt nicht unter 1k 000 Mark pro Monat zu haben. Und so geht e» tn den meisten Fällen; die Reduktionen, welch« in einzelnen Füllen eingetreten sind, werden mehr al» wett- gemacht durch dauernde Steigerungen in anderen. Wenn dl« Zeitungen in Deutschland von diesen Tatsachen Notiz nehmen und ihre Leser darauf aufmerksam machen, dann wird manchem drüben ein« große Enttäuschung erspart bleiben und dt« Hilfsarbeit, dl« wir noch leisten können, tu Zukunft nicht un nütz erschwert. * Hochwasser tn der Mulde. DK warme Witterung in der letzten Woche hat dem Schnee tm Erzgebirge stark zugesetzt. Die Mulde ist an verschiedenen Stellen über ihr Ufer getreten. * Im Paketverkehr nach dem Ausland« wird vom 1. Mär» ab der Gebührenberechnung da» Derhältnl» 1 Fran» « 44 Maü zugrund» gelegt. An«, W. Fcbr. Da» vom MMtär»e«4U »»Zrkk am verfla» arnen Sonnabend in seinen Dereinslokal Duvg Wetttn vevanstaltek Zusammensein mit den Gründern des Vereins gestattet« sich zu ein«, vrcht «rhLenden Feier. Da Vorsitzende gcldachk nach der Begrüßung Lür zahlreich erschienenen Mitglieder nicht nur der Gründer, sonder« auch der Veteranen von 1870/71, von denen «benfall» einig« erschie nen waren. Auch den jungen Kämpfern von 1S14/1S wurde fik ihre auf» neu« bewiesene Tapferkeit, für die ertragenen Entehrungen und Leiden und für die vollbrachten Ruhmestaten herzlicher Dank zuteil. Tief ergriffen wurden die Anwesenden, al» unter den dun», psen Klängen de» Liede» „Ich hat? «inen Kameraden' dis Name« der gefallenen 14 Kameraden des Verein» verlesen und ihnen warm« Worte de» Dank» für lhr« mit Lem Lod« bestcyelk Treu» in di» Ewigkeit nachgernfen wurden. Der «Vetter» Verlauf de» Wend» glich einem Wandrln im Paradies de, Erinnerungen, wlw>n doch die jüngeren von den alten Kameraden im Geiste zurückgefühtt in das frühere Vereins- und Soldatenleben. Durch di« Opferwilllgkeft von drsl Kameraden war «» mögliche diejenigen alten Grünt«, dk U! . . I - - Das Geheimnis vsm DriMerhss. Roman von Erich Eben stein. (Urheberschutz 1V18 Lurch Greiner u. Co„ Berlin W. 80.) (SO. Fortsetzung.) „Well ich mich über deine Einmischung ärgerte, durch bl« bk Sache eben erst an die große Glocke gehängt wurde. Wäre Rosa geblieben —' .Ich duld« keine Liebschaften im Personal der.Sonne'!' Valentin biß sich auf die Lippen. Dann sagte er schein bar leichthin: .Von einer Liebschaft war keine Rede, das sagt, ich dir doch vorhin schon. Das bildete sich Nosa in ihrer Dumniheit ein. Keineswegs durftest du vergessen, daß der Personalwechsel bisher zu meinen Obliegenheiten gehörte.' .Bisher! Aber . . .' .Gut. Wir wollen nicht weiter streiten über die Sach«. Rosa ist fort, und ich will nachgeben, da du darauf bestehst. Du sollst nicht mehr zu klagen haben über mich, Berta. Nimmst du mich unter dieser Bedingung wieder auf als Geschäfts leiter der .Sonne'?' .Ja', antwortete Frau Berta zögernd und blickte einiger- maßen verwundert in sein gänzlich verändertes Gesicht, als hätten nicht vor v Minuten noch Zorn, Herrschsucht und beim- liche Erbitterung um die Wette darin sich gespiegelt. „Wenn du es ehrlich meinst mit mir.' —- .Wie sollte ich nicht? Dein Vorteil ist tm Grunde auch der meine, und darum wäre es doch töricht, wenn wir tn Zwietracht leben würden! Wir wollen !m Gegenteil uns fest aneinanderschließen. Sieh — ich kann es dir ja nm« offen gestehen — auch ich hatte meine schwache Stunde. Döme Be merkung seinerzeit wegen Toni Maibach war nicht ganz aus der Luft gegriffen. Ich dachte wirklich eine kurze Zeitlang daran, sie, die meine Jugendliebe war, zu heiraten. Das war, al» ich merkte, was sich »wischen dir und ihrem Vater an- spann. Dann aber gab ich die Idee dir zuliebe auf. Aus deiner Heirat war nichts geworden — so sollte auch aus der meinen nichts werden. Es schien mir wie ein Fingerzeig, baß es doch das allein richtige wäre, wir beide blieben zu sammen. Aber aus dem Gleichgewicht hat mich die Sache doch gebracht. Und damit hast du auch gleich die Erklärung meines, wie du sagst, in der ätzten Zeit veränderten Wissens und meiner Scherze mit Nosa, die ich nur begann, um mir selbst Uber mancherlei Gedanken hinwegzuhelfen!' E» halt« warm gesprochen, wk noch nk. Dennoch empfand Frau Berta zum ersten Mal ein unerklärliches Miß- trauen in sich aufsteigen. Warum hatte er ihr all dies nicht schon längst gesagt? Warum geriet er vorbin in Zorn und änderte dann plötzlich sein Wesen, als er sah, daß sie von ihrem Standpunkt nicht abzubringcn war? So geschmeidig und zutunlich wie jetzt, war er ihr gegenüber noch nie gewesen! Kühler, als sie vielleicht wollte, kamen bk Work von ihren Lippen: „So bleibt also alle» beim alten zwischen uns, und ich hoffe, du vergißt nie mehr, was du mir soeben ver sprochen hast.' „Gewiß nicht, Berta. Nur eine Bitte hätte ich an dich: schicke das Mädchen, das du an Nosa Statt angenommen hast, wieder fort!' „Marei? Warum? Sie bot sich mir gefällig an in der Stunde arger Verlcgcnbeit und macht, wie ich gestern sah, ihre Sacke sehr gut. Was hast du gegen sie?' fragt» Frau Berta erstaunt. „Sie ist die Schwester einer Verurteilten!' „Marei hat mit der Schuld ihrer Schwester doch gar nichts zu tun! Gerade darum müßte ich mich schämen, sie jetzt zu entlassen. Es wäre unchristlich.' „Dann tu es mir zuliebe! Mir geht ihr scheues, ver stecktes Wesen direkt auf die Nerven!' .Marei versteckt? Du träumst!' „Beobachte sie doch! Es ist, wie ich sage. Findest du cs nicht auffallend, daß sie, die sich sonst nie blicken ließ im Ort, sich jetzt zu dieser Stelle drängt«? Dafür muß doch rin Grund vorhanden sein!' .Der Grund ist einerseits wohl ihr gutes, gefälliges Herz, das meine Verlegenheit begriff, andererseits wahrscheinlich das Bestreben, sich einen Verdienst zu suchen und so ihrem Bruder beizuspringcn, der genug Sorgen haben mag jetzt, wenn er den Hof für die Kinder der Verurteilten verwalten will.' .Du willst sie also behalten?' „Wenigstens so lange, bi» ich »inen passenden Ersatz gefundei habe.' Valentin preßte bk Lippe«: zusammen und starrte finster zu Boden. „Wünschest du sonst noch etwas?' fragte Frau Bett». Nein. Da« heißt — die Korrespondenz bekomm» ich ja jwohl nun wieder zur Erledigung!' „Ja. Hier ist sie.' Als er gegangen war, setzte sich Frau Berta an» Fenster und stützt» de» Kopf nachdenklich in die Hand. Eie konnte sich nicht freuen über bk Aussöhnung mtt Valentin. Wenn er jetzt auch nachgab — an einen dauernden Frieden glaubte sie nicht mehr. Gewiß — er konnte sich sehr gut beherrschen. Dann fiel ihr wieder seine Bitte tn bezug auf Marei ein und sie schüttelte verwundert den Kopf. Was er gegen bas arm« Ding halt»? Warum sollt« beim bk auf einmal fort? LS. Schwül lag bk Nacht über Kalkreut. Man war längst zu Bett gegangen, und auch in der .Sonne' waren bk Lichte» schon vor einer Weile gelöscht worden, nachdem Frau Berta eigenhändig die Haustür abgeschlossen hatte, denn ihr Bruder war heute nach Neustadt gefahren und sollte erst morgen wkde» zurückkommen. Frau Berta war todmüde. Es hatte den gan»en Tag über viel Arbeit und Näumerei gegeben, da gestern die letzten Sommerfrischler ihr gastliches Dach verlassen hatten und nun nur mehr wenige Zimmer von Touristen besetzt waren. Trotzdem konnte sie keinen Schlaf finden. DK Lust i« Zimmer war auch zu dumpf. Selbst nachdem st» das Fenster geöffnet, wollt» es nicht besser werden. Frau Berta« Gedanken beschäftigten sich, wk schon vstr» in der letzte«« Zelt, mit ihrem Bruder. Ek hatk richtig ver mutet: es war kein gutes Zusammenleben mehr zwischen ihnen. Wenn Valentin auch keinen Versuch mehr machte, ihr offen zu widersprechen, so fühlte sie doch auf Schritt und Tritt den geheimen Widerwillen, mtt dem er sich m sein» abhängig» Stellung ergab. Dazu kam «ine Unrast, die ihn befallen z« haben schien seinen Ton gereizt «nachte und auf all» Hausbewohner b»» unruhlgend wirkte. Marei hatte darunter am meisten zu leiden. Sein» Ad- Neigung gegen sie machte sich bei jeder Gelegenheit geltend und da» kleinste Versäumnis ihrerseits wurde streng von th» gerügt. Da» arme Ding nahm sich seine Feindschaft offenbar tkf zu Herzen, denn sie sah von Tag zu Tag elender au», vk» wohl sie an Frau Berta, bk ihr sehr zugetan war, stets «in» Stütze fand. Dkes alles würbe erst besser werden, wenn man kn da» neue Hotel auf der Krcuzhöhe übersiedeln konnte, was na<- Marcks Aussage im Mai nächsten Jahres geschehen könnt» Gegenwärtig wurde dort oben bereits der Grund ausgehoben. (Fortsrtzimg KI»U .
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