Volltext Seite (XML)
Sächsische Amts-, Anzeige- und Unterhaltnngsblatt für Schandau, Sebnitz und Hohnstein. LM- Durch allo Postanstalten zu beziehen. PrännmerationsprciS vierteljährlich 1v Ngr. "Wvl ^!l'. 53. Freitag, den 31. Pecember 1858. Der letzte Abend im Jahre. Es mahnet die nächtliche Stunde, Ernst kündet der Glockcnton, Laut schallt cs von Mund zu Munde: „Das alte Jahr, cs ist cnifloh'n!" D'rum blicken wir dankend nach oben Zum Himmel, in goldener Pracht; Zum Vater, um ihn jetzt zu loden In ernster, in heiliger Nacht. — Da schwebt uns in dunkelm Gebilde Des Lebens Vergangenheit vor: — Hier lachte ein Nosengcfilde, Dort wuchs uns die Freude empor. Bald trieb uns ein freundlicher Morgen Von Neuem zur Thätigkeit an; Bald gingen wir leicht, ohne Sorgen, An Freundes Hand fort unsere Bahn. Bald hielt uns in traulichen Kreisen Umschlungen ein freundschaftlich Band, Oft tönten uns liebliche Weisen, Und Liebe bot uns ihre Hand. — Zog uns je ein geistiges Sehnen Hinaus in die freie Natur, So fanden wir um uns am Schönen Stets Gottes allliebende Spur. Doch, hüllte die Sonne des Lebens In düstere Wolken sich ein, War je alle Hoffnung vergebens Und Alles nur täuschender Schein; War Krankheit und Schmerz uns beschieden, Umstanden wir wohl gar ein Grab, In welches Eins unserer Lieben Zur Ruhe gesunken hinab: Dann glaubten wir oft uns verlassen, Die Welt schien uns öde und leer; Wir suchten selbst Alles zu hassen, Das Leben, wir liebten's nicht mehr! — Doch, wenn wir jetzt ruhig, am Ende, Zurück zur Vergangenheit schau'», So falten wir dankend die Hände, Es wächst unser Gottesvertrau'n. Oft waren die wenigen Leiden Nur Folgen der eigenen Schuld, Oft Ursachen größerer Freuden Und Zeugen der göttlichen Huld. — Doch wollen das Gute wir zählen, Daö uns jede Woche gebracht, So können wir niemals verhehlen: „Der Herr hat es stets wohlgemacht!" D'rum sch'n wir auch dankend nach oben Zum Himmel in goldener Pracht, Zum Vater, um ihn jetzt zu loben In ernster, in heiliger Nacht. Doch nicht ohne ernstliche Fragen An uns tritt das neue Jahr ein! Was harrt uns in künftigen Tagen, Wie wird unser Schicksal wohl sein? Wird leicht unser Leben verfließen? Wird Wohlsein und Glück uns erfreu'n? Wird Friede und Eintracht umschließen Die Menschen zu einem Verein? Wird brausend die Fluth uns bestürmen? Wohl gar das Verderben uns nah'n? Wird Woge auf Woge sich thürmen Und sinken der schwankende Kahn? Nichts kann uns dies Dunkel erhellen, Das weise die Vorsehung schuf; D'rum laßt uns die Tugend erwählen, Sie sei unser erster Beruf! Und von ihr geleitet durch's Leben Voll Hoffnung zur Zukunft hin schau'n, Nach Weisheit stets eifriger streben, Und fest auf den Höchsten vertrau'n. Er wird unsere Schicksale lenken; Er, der uns in's Leben gebracht, Wird, was uns nützt, jederzeit schenken, Denn was Er thut, ist wohlgemacht! A. W.