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Sächsische Amts-, Anzeige- und Unterhnltnngsblatt für Sehandan, Sebnitz und Hohnstein. Durch alle Postanstaltcn zu beziehe«. PräumncratiouöpreiS vierteljährlich 10 Ngr. "VÜ 25. Freitag, den 18. Anni 1858. Abonnements-Einlndung. ^AU Indem mit Nr. 26 das zweite Quartal der „Sächsischen Elb-Zeitungs zu Ende geht, er suchen wir die geehrten Leser, besonders auswärtige, höflichst, ihre Neubestellungen auf das dritte Liuartal bald gefälligst bewirken zu wollen, um jede Verzögerung in der Versendung zu umgehen. Bestellungen hierauf nehmen außer allen Postanstalicn noch Herr Buchbindermstr. Brose») in Sebnitz, sowie Herr Kämmerer Hesse in Hohnstein b. Stolpen entgegen. PränumerationöpreiS vierteljährlich 10 Ngr. Inserate werden spätestens bis Donnerstag früh 9 Uhr erbeten. Die Expedition der „Sächsischen Clb-Zeitnng.^ Außergewöhnliche Umstände. Man pflegt im Allgemeinen den volkswirthschaftlichen Grund sah als unumstößlich hinzustellen, daß das Steigen deö Preises der Naturprodukte ganz gleich sei einem Sinken des Wertheö des baaren Geldes, und umgekehrt: ein Steigen des Geld- werthcö ein Sinken des Wertheö der Produkte zur Folge habe. Die Richtigkeit dieses Grundsatzes läßt sich unter gewöhn lichen Umständen nicht bestreiten. Wenn man für einen Grosche» so viel Brod kaufen kann, wie sonst für zwei, so kann man, wenn man Lust hat, diese Thatsachc damit bezeichnen, daß man sagt: der Preis des Brodes ist gefallen; man kann aber auch statt dessen behaupten: der Werth deö Geldes ist gestiegen. Es ist auch gleichviel, ob man die eine oder die andere Bezeichnung für die Darstellung solchen Zustandes wählt. Wer sich darüber den Kopf zerbricht, welches die richtigste Redensart sei, der ist nicht klüger, als derjenige, der es herausbringcn will, ob, wenn Einem der Schuh drückt, die Kleinheit des Schuhes oder die Größe dcS Fußes die Schuld habe. — Eben so gleichgültig ist cs, ob man in sogenannten theuren Zeiten davon spricht, daß der Preis der Productc gestiegen, oder ob man es dadurch ausdrückt, der Wcrih des Geldes sei ge sunken. Es sind dies in Wahrheit nur verschiedene Ausdrücks- weisen für einen und denselben Gedanken; denn wohlfeil und «Heuer sind nicht Maßstäbe für sich, sondern drücken wie klein und groß bloß ein Verhältnis) des Wertheö zweier Dinge auö, welche man miteinander vergleicht. Es giebt aber außergewöhnliche Umstände, wo die Grund sätze, welche sonst gültig und richtig sind, nicht mehr passen; und in solch' außergewöhnlichen Umständen leben wir gegen wärtig. Fragt man nach dem Stand des Geldes auf dem Geld markt, so erfährt man, daß der Werth desselben sehr gesunken sei. Wer Geld hat und cs sichcr anlegcn will, muß sich mit eincm sehr gcringen Gewinn begnügen; gute Wechsel sind mit einem außerordentlich kleinen Disconto-Satz verkäuflich. Wäh rend man vor mehreren Monaten über den Mangel der Gelder am Geldmarkt zu klagen hatte, und die sichersten Häuser kein Geld gegen hohen Zins erhalten konnten, ist und bleibt bereits seit längerer Zeit Geld angebotcn, d. h. es bieten viele Geld besitzer dasselbe gegen Sicherheit an, und wollen sich mit sehr geringem Vervicust zufrieden stellen lassen. — Gleichzeitig aber stellt sich der Preis aller Producte außer ordentlich billig. Getreide, Wolle, Hanf, Spiritus, Ocl, Talg und nicht minder alle Fabrikate der Industrie sind so wohlfeil in diesem Jahre, wie wir'ö seit zehn Jahren nicht erlebt haben. Wir sehen also, daß gegenwärtig der Grundsatz, nach welchem der Geldwerts) steigt, wenn der Werth der Productc fällt und -umgekehrt, nicht stichhaltig ist. Es zeigt sich, wenn man den Geldmarkt und den Productenmarkt beobachtet, auf beiden eine Enlwerthung, und weil dies naturgemäß nicht der Fall sein kann, so haben wir Veranlassung, uns den Grund dieser außerge wöhnlichen Erscheinung klar zu machen. Der Grund ist ein doppelter und wird, wie jeder außer gewöhnliche Zustand auch verschiedenartig in der Wirkung sein. Vor Allem muß man sich's klar machen, daß das Geld nur darum billig gegcn Sicherheit zu haben ist, weil ein großes Mißtrauen in unsern Zuständen herrscht. Die letzte Krisis Hal den Beweis geliefert, daß viele Geschäfte, die man als sicher angesehen, es keineswegs gewesen sind. Wer jetzt Geld besitzt, der hütet sich, cs auszulcihen, wo ihm nicht die vollste Gewiß heit wird, daß cs in guten Händen steht. Weil man also dem kleinen Gewcrbsmann, dem geringcrn Kaufmann nicht traut, darum bietet man das Gelo solchen Häusern an, die ganz solide sind, und muß sich deshalb mit sehr geringem Zinsfuß und Diö- conto begnügen. Das Geld ist billig zu haben, weil nur We nige vorhanden sind, denen man es anvertrauen mag. Es giebt sehr Viele, die gerne den Credit gut bezahlen möchten; allein man mißtraut ihnen und rieht kleinen ZinS bei großer Sicher heit dem großen Zins bei geringerer Sicherheit vor. Das' Sinken des Geldwerthcs ist a!so nicht wie sonst ein Zeichen der Enlwerthung des Geldes, sondern ein Erfolg des herrschenden Mißtrauens. Neben dieser Erschcinnng aber, deren Grund eincstheilö in der Handelökrisis und anderntheils in der Unsicherheit des poli tischen Zustandes liegt, geht ein außergewöhnliches Naturcreig- niß vor. Wir leben gegenwärtig bcreitö im dritten Jahre so guter Ernten, wie sie zu den größten Seltenheiten geboren.