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Nr. 51. PAPIER-ZEITUNG. 1655 veröffentlichten Bücher haben breite Ränder. Auf diesen lassen sich vorzüglich passende Verzierungen anbringen. Blumenranken, Arabesken, Schmetterlinge, Früchte usw., alles was in irgend einer Beziehung zum Inhalt steht, würde einen hübschen Seitenschmuck abgeben. Die nachstehende Wiedergabe (Fig. 3) einer Buchseite geht in der Verzierung gar zu weit und mag als abschreckendes Beispiel dienen. Eine nette Kopfleiste beim Anfang des Abschnitts, ein Schlussstück an seinem Ende, ein rother oder blauer Rand von geraden Linien eignen sich ebenfalls zum Schmucke der Seiten. Zierliche Anfangsbuchstaben tragen viel zur Belebung des Aussehens der Druckseiten bei. Sind ganzseitige Illustrationen gewählt, so sollten diese durchweg von Künstlerhand mit Ver- ständniss dargestellt werden. Es ist lächerlich, die Liebeszene eines Romanes durch zwei Liebende, die sich herzlich abküssen, zu illustriren. Ein solches Bild stört den Leser und auch die phantasieloseste Person kann sich eine solche Scene im Geiste vorstellen. Sind Bilder innerhalb des, Textes anzubringen, so muss darauf gesehen werden, dass sie nur leichte Skizzen sind und den Text durch ihre Grösse nicht unangenehm unter brechen. Auf eins ist besonders zu achten, nämlich dass die verschiedenen Schulen der Impressionisten, der klassischen Richtung usw. nicht in demselben Buche, jedenfalls nicht auf derselben Seite oder auf zwei gegenüberstehenden Seiten, angewendet werden. Stilreinheit und Einfachheit ist das erste Gesetz der Buch-Verzierung und Illustration. Ein Muster solcher Stilreinheit bieten die berühmten von Walter Crane illustrirten Kinder-Bücher. Mr. Joseph Pennell, auch ein hervorragender Buchillustrator, behauptet, dass die goldene Zeit der englischen Illustration von 1850 bis 1871 dauerte. Für die illustrirten Zeitschriften hat er unbedingt Recht. Damals wurde beinahe nur Holzschnitt ange wendet. Die bedeutendsten Maler, Zeichner und Holzschneider, wie W. J. Iinton, Millais, F. Walker, Birket Foster, Keene, Du Maurier, Caldecott, Tenniel, Baxter, wetteiferten miteinander, das Beste zu bieten. Mit dem Aufkommen der photomechanischen Verfahren verfiel auchy„die"genglische Illustrationskunst. Auf Zeichnung wurde wenig oder gar kein Werth gelegt, und photographische Aufnahmen traten anstelle der von Künstlerhand gelieferten Zeichnungen und anstatt der Holzschnitte und Lithographien. Die Leser waren zuerst mit dieser Neuerung, die ihnen für denselben oder sogar niedrigeren Preis einen grösseren Bilderschmuck bot, einverstanden. Allmälig aber machte sich eine Uebersättigung bemerkbar. Man wollte Kunstleistungen haben. Die Vervollkommnung der Wiedergabe - Verfahren und ihre Anwendung, sowie die Hinzuziehung des Holzschnittes und der Lithographie, gaben auch den neuen Zeichnern und Malern wieder Gelegenheit, ihre Kunst in den Dienst der Zeitschriften- und Buch-Illustration zu stellen. Wir sehen daher in der neuesten Zeit wieder einen grossen Aufschwung in der Buch- Illustration. Die bedeutendsten Künstler stellen sich in ihren Dienst. Wie immer gehen die Ansichten der verschiedenen Schulen auseinander, doch Alle wetteifern, etwas Gutes zu schaffen. Es dürfte zu weit führen die Vortheile der einzelnen Schulen zu erörtern, jedoch dürften die Namen einzelner bedeutender Maler und Zeichner von Interesse sein. An die Präraphaelitische Schule eines Morris und Crane lehnt sich Paton Wilson an, ohne jedoch in sklavische Nachahmung zu versinken. Er strebt Dürer und T. Bewick in seinen Bildern nach. Diese dekorative Schule ist für Buchillustration so recht geschaffen. Eine Menge Künstler sind neuerdings in dieser Art thätig. Der Besonderheit der einzelnen Zeichner ist auch in dieser Kunstrichtung voller Spiel raum gelassen. So nähert sich Charles Rickett in seinen Buch- Illustrationen dem Phantastischen zu, während Selwyn Image und Herbert Horne einer mehr klassischen Richtung angehören. Aubrey Beardsley wurde mit seinen aller Zeichenkunst Hohn sprechenden Bildern eine Zeitlang als Herold der neuen, wahren Kunst gepriesen, er hat sich aber neuerdings von seinen jugend lichen Ueberspanntheiten bekehrt und angefangen, Zeichnen zu lernen. Viel Aufsehen macht die Birmingham Schule, die den Hauptwerth auf eine genaue Zeichnung legt. Holland Tringham ist ihr Führer; Zeichner und Maler wie Herbert Railton, Will. B. Robinson, Anning Bell haben durch ihre Bilder in Zeit schriften und Büchern sich die Anerkennung der Kunstverständigen und der Bücherliebhaber erworben. Anning Bell entwarf einige sehr schöne Kopfleisten Schlussstücke, Anfangsbuchstaben und Ex Libris - Zeichen. — Der Maler Maurice Greiffenhagen machte sich durch seine realistischen Zeichnungen zu Rider Haggards Romanen sehr bekannt. Sein hauptsächlichstes Ver dienst für die Buch-Illustration besteht in stilvollen Kopfleisten und Schlussstücken. Humor ist in seinen Bildern kaum vorhanden. Raven Hill glänzt durch humoristische Illustrationen. Meister auf dem humoristischen Gebiet ist jedoch Phil May. Ein anderer Maler, der es nicht verschmäht, Palette und Malstock mit dem Zeichenstift zu vertauschen, ist R. Caton Woodville. Die peinliche Genauigkeit in seinen Zeichnungen fällt jedem Beschauer auf. Er ist ein Schüler des berühmten Düsseldorfer Malers E- von Gebhardt. Mr. W. Ingram, der Eigenthümer der Illustrated London News, erkannte sein Talent und sandte ihn 1878 nach Serbien, um für sein Blatt Skizzen vom Kriegsschauplatz zu erhalten. Nach seiner Rückkehr widmete er sich der Oelmalerei. Das berühmte Bild »Friedrich der Grosse am Vorabend von Leuthen« ist von seiner Hand. Mit grossem Geschick illustrirte er H. Hermans Roman Eagle Joe. Wie Caton Woodville Zeichner für die Illustrated London News, so ist William Small einer der Hauptzierden der »Graphic«. Er illustrirte auch die Romane W. Blacks, und seine Bilder sind den Romanen mit vielem Verständniss angepasst. Diese Liste bedeutender Zeichner und Maler, die es nicht unter ihrer Würde halten, zur Verschönerung des Buches beizutragen, könnte noch sehr verlängert werden, jedoch sie zeigt, dass auch auf diesem Gebiete in England ein reges Leben herrscht. Die gefürchtete Einführung der photemechanischen Illustrations-Ver- fahren hat die bedeutendsten Maler nicht nur nicht abgeschreckt, sondern angefeuert, ihre Kunst in den Dienst des Buchgewerbes zu stellen. Kleine Mittheilungen. Persische Manuskripte. Der Asienreisende Eduard Blanc hat der Büchersammlung des naturgeschichtlichen Museums in Paris zwei von ihm aufgefundene Manuskripte zum Geschenke gemacht, die aus den von Timur und seinen Nachfolgern gegründeten Büchersammlungen stammen. Das erste wunderbar gut erhaltene Buch wurde im Jahre 997 beendet; es ist in persischer Sprache auf Seide geschrieben und enthält viele Abbildungen. Das zweite, von Yezidi verfasste Buch ist durch die Feinheit der Farben und die Art seiner Erhaltung besonders wichtig. Es wird als eine wahre Encyklopädie der Zeit seiner Entstehung geschildert.