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1686 PAPIER-ZEITUNG. kr. 49 die Zweitfarben erblicken wir in dem grünen Gesammtton, den die Pflanzenwelt hervorbringt, dem orangefarbenen, den der Himmel am Horizont trägt und -dem violetten, den er mit den fernen Bergen am Abend bildet. Die Erde selbst ist schliesslich die Trägerin der Töne, die aus Erst- und Zweitfarben gemischt zu sein scheinen. Nachdem die Art der Farbenanordnung in der Natur fest gestellt wurde, ist noch das Verhältniss zu berücksichtigen, worin die Farben nach ihrer Menge in der Natur vorhanden sind. Es würde schwierig sein, dies Verhältniss festzustellen, wenn das Sonnenspektrum nicht die Lösung der Aufgabe lieferte. Da selbst finden sich die drei Gruppen Roth, Gelb und Blau im stets gleichen Verhältniss von etwa 5:3:8, und es ist durch aus kein Grund vorhanden, anzunehmen, dass das Verhältniss in der Natur ein anderes sei. Man hat damit zugleich einen zu verlässigen Maassstab für die Leuchtstärke jeder Farbe, denn offenbar muss Gelb, das mit nur drei Theilen vertreten ist, zum nothwendigen Ausgleich die grösste Leuchtkraft besitzen. Dem nächst folgt Roth und zuletzt Blau. (Näheres hierüber findet sich in Hoffmanns Farbenlehre.) Das natürliche Verhältniss der Farbenmengen zueinander ist ebenso wie die richtige Anordnung in verschiedenen Kunstabschnitten streng befolgt worden, so von den Egyptern, den Mauren bei den berühmten Dekorationen der Alhambra, den Persern auf ihren Teppichen und den Indern auf den Seidenstickereien. Owen Jones sagt darüber unter Anderm in seiner Grammatik der Ornamente treffend: »Die Alten gebrauchten die Farbe mehr als Gehilfin zur Entwicklung der Form und bedienten sich ihrer als Mittel zur Hervorhebung der konstruktionellen Formen. Sie haben sich hierin nur von der Natur leiten lassen, in deren Werken jeder Uebergang der Form zugleich durch eine Abänderung der Farbe bezeichnet wird, die darauf berechnet ist, eine klare Deutlichkeit des Ausdrucks hervorzubringen «. Dies lässt sich ebenso wie das erwähnte Verhältniss 5:3:8 vortrefflich auf die farbige Ausführung von Accidenzen über tragen und bewahrt vor verderblicher Einseitigkeit. Es folgt ferner daraus, dass eine Farbenzusammenstellung erst vollkommen sein kann, wenn alle drei Grundfarben darin enthalten sind (vergl. Hoffmann). Auf Reklamedrucksachen kann man davon abweichen, weil solche nicht harmonisch und ruhig, sondern anreizend und absonderlich ausgestattet werden müssen. Sobald es aber gilt, eine feine Satzarbeit durch Farben künstlerisch zu vollenden, ist das Verhältniss 5:3:8 entschieden einzuhalten. In dem Maasse, in dem eine Farbe an Tiefe und Leuchtkraft abnimmt, muss sie natürlich an räumlicher Ausdehnung zunehmen. Der Drucker kann deshalb niemals in Verlegenheit gerathen, wenn die in Betracht kommenden Flächen eine vom Ver hältniss abweichende Grösse besitzen, da er den Mangel jeder zeit durch Abschwächen oder Verstärken der Farben ausgleichen kann. Richtiger ist es selbstverständlich, schon beim Satz die Farben zu berücksichtigen. Wer hierbei in der Anordnung der Farben und ihrem Verhältniss zu einander den natürlichen Gesetzen nachgeht, ist am wenigsten in Gefahr, zu irren. Ad F Schöpfungen der alten graphischen Meister unseres Wissens noch nirgends erreicht wurde. Um so erfreulicher ist es, dass die Reichsdruckerei Veranlassung genommen hat, in ihren eigenen Räumen eine Ausstellung von hervorragenden Erzeugnissen ihrer Pressen zu veranstalten, die wie wir hören, dem Publikum dauernd zur Besichtigung geöffnet sein soll. In dem zwei Treppen hoch belegenen grossen Hauptsaal sind äusser den Auslagen verschiedener Druckwerke und den uns bereits von früher bekannten, an den Wänden in Schränken angebrachten Druckproben von Post-, Stempel-, Spar- und Versicherungsmarken, von Banknoten, Kassen scheinen und anderen Werthpapieren in Buch- und Kupferdruck, sowie von Nachbildungen mittelalterlicher Handschriften, Buch malereien, Handzeichnungen, farbiger Holzschnitte, Radirungen und Kupferstiche zwei grosse Tafeln aufgestellt, von denen die eine mit Proben von Accidenzdrucken und die andere mit einer grossen Zahl heliographischer Nachbildungen bedeckt ist. Die Accidenzen umfassen Formulare zu Anleihescheinen, Pfandbriefen, Aktien und anderen Schuldverschreibungen, Darstellungen des Reichsadlers, der Reichskrone und des Preussischen Adlers in den vorgeschriebenen Formen, Flaggenbilder und die Wappen der Königreiche Bayern und Württemberg, der Grossherzogthümer Baden, Hessen, Mecklenburg, der Hansastadt Hamburg und des Reichslandes Elsass-Lothringen in 7 bis 8 Farben. Von den zahl reichen Heliographien sind ein Theil wohlgelungene Nachbildungen von Oelgemälden Rembrandts aus verschiedenen öffentlichen Sammlungen in Europa und Amerika. Wir finden da ferner das bekannte Bildniss Holtzschuers nach Albrecht Dürer und des Grafen Algarotti nach Liotard in farbigen Kupferdrucken, sowie Faksimile - Nachbildungen in färbigem Lichtdruck von Hand zeichnungen und Aquarellen von Hendrik van Averkamp, Carlo Dolci, Watteau, Höppner usw. aus dem Berliner und dem British Museum in London. Nicht minder kunstvoll und die Originale genau wiedergebend sind die auf der Rückseite der Tafel dar gebotenen Nachbildungen von Kupferstichen und Schabkunstblättern älterer Meister, wie Abraham Bosse, Nanteuil, Masson, Earlom und Wille, sowie die Heliographien nach den Oelgemälden »Die Testaments-Eröffnung« von Böckelmann in der hiesigen National galerie und »Die Nachtwache« von Rembrandt in Amsterdam, von der eine Kopie in der Grösse des Originals sich in der Rem brandt-Mühle in »Alt-Berlin« auf der Gewerbe-Ausstellung befindet. In dem anstossenden Thurmzimmer, in dessen Mitte die Begassche Kaiserbüste steht und dessen Wände die Nachbildungen der Hohenzollernbilder zieren, wie sie die Reichsdruckerei vor einiger Zeit unter dem Titel »Brandenburgisch - Preussische Herrscher aus dem Hause Hohenzollern« herausgegeben hat, befindet sich in der Fensternische ein Ständer mit 16 be weglichen Schaurahmen, deren 32 Seiten je 16 Faksimile- Nachbildungen in farbigem Lichtdruck von Handzeichnungen Dürers und Rembrandts aus verschiedenen Sammlungen Europas enthalten. Dürer ist mit 42 Bildnissen, 10 Landschaften, 16 Blatt Akt- und Gewand Studien, 3 Blatt Ornamenten und 11 Blatt aus der heiligen Geschichte vertreten, während von Rembrandt 57 Blatt Figuren und Szenen, 44 Blatt Gebäude, Wagen und sonstige Skizzen, 10 Blatt aus der heiligen Geschichte, 13 Aktstudien, 36 Land schaften und 7 Blatt Thiere vorgeführt werden. In Schaukasten unter Glas sind ausserdem noch eine Anzahl Stempel, Galvanos, Papier- und Gips-Matrizen, Druckplatten usw., wie sie zur Anfertigung der verschiedenen Werthzeichen und andern Drucksachen gebraucht werden, Druckproben in alten und neueren Sprachen, arabisch, türkisch, alt- und neu-griechisch, chinesisch, japanisch, hebräisch, äthiopisch, estrangelo, tibetisch, nestorianisch, in Sanskrit und Hieroglyphenschrift, sowie Einbanddecken und Adressenmappen ausgestellt. Die letzteren, in Kalbleder, Juchten, Saffian, Kapsaffian, Seide und Pergament, zeichnen sich durch besonders reiche Verzierungen aus, die meist unter künstlerischer Verwendung von Lederauflagen in verschiedenen Farben und durch Handvergoldung nach eigens dazu entworfenen Zeichnungen höchst sauber und korrekt ausgeführt sind. Wir machen alle Freunde graphischer Kunst auf diese Aus stellung aufmerksam und können ihnen von einem Besuch derselben hohen Genuss versprechen. Die Ausstellung ist werktäglich in den Stunden von 10 bis 12 Uhr vormittags unentgeltlich geöffnet. Reichsdruckerei. Auf der Gewerbe - Ausstellung ist in der Gruppe VIII Kleine Mittheilungen. »Graphische und dekorative Kunst und Buchgewerbe« die Reichs- Eine Sammlung von ausländischen Plakaten hat das Dresdener druckerei nicht vertreten. Wir haben dies lebhaft bedauert, da die ( Kupferstich-Kabinet zu einer Ausstellung vereinigt, worin sich Leistungen des Instituts nicht nur auf typographischem Gebietemuster- etwa 150 auserlesene amerikanische, belgische, deutsche, englische, giltig sind, sondern auch seine vollendete Wiedergabe der klassischen französische und italienische Plakate befinden.