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1516 PAPIER-ZEITUNG. «i. 47. Berliner Gewerbe-Ausstellung 1896. Die Ausstellung ist jetzt ganz fertig und jedenfalls das Gross artigste, was in Deutschland bis jetzt auf diesem Gebiet geleistet wurde. Schreiber Ds. hat die meisten Welt-Ausstellungen in Paris, London, Chicago usw. besucht und glaubt, dass die Berliner Gewerbe-Ausstellung mit den besten ihrer Art genannt werden darf. Wenn sie auch als Berliner Ausstellung an gewerblichen Vorführungen nicht soviel bietet wie die Welt-Ausstellungen, so ist doch das Vorgeführte durchaus gediegen, schön und wunder voll einheitlich angeordnet, übrigens auch an Zahl und Umfang genügend, um jeden gründlichen Besucher einige Tage in An spruch zu nehmen. Hierzu kommt, dass die Fischerei-Ausstellung nicht auf Berlin beschränkt ist, und dass einzelne Gruppen, wie die der Feinmechanik und optischer Instrumente, aus ganz Deutschland beschickt sind. Was aber die Ausstellung vor andern voraus hat, das ist die aus beistehender Autotypie von Edm. Gaillard erkennbare Lage in einem schönen Parke an der Spree und eine Fülle von Schau veranstaltungen vorzüglichster Art. Wir wollen von denselben nur die hauptsächlichsten erwähnen, wie Alt-Berlin, Kairo, Kolonial- Ausstellung, die Fahrt ins Zillerthal, Marine-Schauspiele, Hagenbecks Thier- Cirkus , Fesselballon usw., um anzu deuten, dass jeder Besucher längere Zeit auf die Ausstellung verwenden muss, um nur das Wesentlichste zu sehen. Für den Verkehr nach und von der Ausstellung ist durch Eisen-, Pferde- und elektrische Bahnen, grosse Kutschen, Dampfschiffe und Droschken ausreichend und zu den in Berlin sonst herrschenden Preisen gesorgt. Im Innern vermittelt eine elektrische Rundbahn, auf der jede Fahrt 10 Pf. kostet, den Verkehr zwischen den verschiedenen Punkten. Zahlreiche Militär- und andere Kapellen, grossartige Beleuch tung und Wirthschaften aller Art sorgen für Vergnügen und Ver pflegung. Die für Speise und Trank erhobenen Preise sind kaum höher als in der Stadt selbst, und jeder Ge schmack von den bescheidensten bis zu den höchsten Ansprüchen kann be friedigt werden. Obwohl sich zahlreiche Fremde in Berlin befinden, sind noch keine Klagen wegen Ueberfüllung oder Uebertheuerung laut geworden, auch stehen etwa 80000 Betten in Privat- häusem zu mässigen Preisen zur Verfügung. Das Publikum bestätigt durch über Erwarten starken Besuch obige Ansicht. Im Monat Mai wurden nämlich, obwohl das Wetter etwa bis zum 20. kalt und regnerisch war und Vieles noch zur Vollendung fehlte, über eine Million Eintrittskarten ver kauft, d. h. nahezu soviel wie durchschnittlich monatlich erforderlich sind, um die Garantie-Zeichner vor jeder Inanspruchnahme zu schützen. Wenn keine unvorhersehbare Zwischenfälle eintreten, wird die Ausstellung finanziell von Erfolg sein und hoffentlich auch die Aussteller befriedigen. Von vielen der letzteren hören wir, dass sie schon Bestellungen zu verzeichnen haben. Es dürfte übrigens interessiren, dass sich häufig 40000 Personen, nämlich Beamte, Aussteller, Bedienstete, Berichterstatter usw., mit Frei karten in der Ausstellung befinden. Ueber das Papier- und Druckfach wird fortlaufend in unserem Blatte berichtet, und alles Vorgeführte beschrieben. Gruppe XVI, Papierindustrie, steht unter Leitung folgender Herren: W. Hagelberg, NW., Marienstr. 19/22, Vorsitzender. Reinhold Tetz&r, i. F.: Reinh. Tetzer, SO., Schlesischestr. 42, 1. stellvertretender Vorsitzender. W. Ebart, i. F.: Gebr. Ebart, W., Mohrenstr. 13/14, 2. stellver tretender Vorsitzender. Bruno Schmitz, Baumeister, Charlottenburg, Hardenbergstrasse 24. Architekt der Gruppe. Gruppe VIII, Graphische und dekorative Künste und Buch gewerbe hat folgenden Vorstand: R. Otto, Hofgraveur, NW., Unter den Linden 40, Vorsitzender. O. Troitzsch, i. F.: Otto Troitzsch, König!. Hof-Kunst-Institut, W., Mauerstr. 63/65, zweiter Vorsitzender. K. Weidling, Dr. jur., i. F.: Haude & Spener, SW., Dessauerstrasse 14, Schriftführer. Hans Grisebach, Baumeister, W., Fasanenstr. 33. 1. Kupferstich, Radirung, Entwürfe, Zeichnungen, dekorative Malereien und Modellirungen. K. Hoffacker, Architekt und Lehrer an der Kunstschule, Charlotten burg, Hardenbergstr. 4/5. Ernst Paulus, W., Pallasstr. 22, III. 2. Holzschnitte. G. Heuer, i. F.: G. Heuer & Kirmse, W., Frobenstr. 17. O. Kirmse, i. F.: G. Heuer & Kirmse, Charlottenburg, Bismarckstr. 97. 3. Photographisch-mechanische Druckverfahren. A. Spiess, i. F. Meisenbach, Riffarth & Co., Schöneberg, Hauptstr. 7a 4. Lithographie und Buntdruck. O. iroitzsch, i. F. Otto Troitzsch, Königliches Hof-Kunst-Institut, W., Mauerstrasse 63/65. 5. Kartographie. C. Kessler, Technischer Inspektor, Vorstand der Druckerei der Köngl. Landesaufnahme, Schöneberg, Hauptstr. 40, I. 6. Gravirungen, Ciselirungen. Medaillen usw. R. Otto, Hof-Graveur, NW., Unter den Linden 40. 7. Buchdruck, Schriftgiesserei. O. Elsner, i. F. Otto Elsner, Buchdruckerei und Verlagsbuchhand lung, S., Oranienstr. 58. 8. Buchgewerbe und Buchverlag. K. Weidling, Dr. jur., i. F. Haude & Spener, S.W., Dessauerstr. 14. Am 2. Juni fand eine Sitzung aller Preisrichter unter Vorsitz des Herrn Baumeister Felisch statt und diejenigen der Gruppe XVI. organisirten sich folgendermaassen: W. Hagelberg, Vorsitzender, G. Hofmann, Herausgeber d. BL, stellv. Vorsitzender, Ernst Kuhn, i. F. Reimer Nachflg., Schriftführer, Alb. Behrendt. Preisrichter der Gruppe VIII sind: Professor Doepier jr., W., Dörnbergstr. 2, Professor Feckert, W., Yorkstr. 37, Dr. Graul, Assistent der Kgl. Museen, Hermann Heyfelder, Verlagsbuchhändler, Berlin, Felix Kraus, Buchdruckereibesitzer, Stuttgart. Die Ausstellung verleiht nur eine Art von Preis in Form von Diplomen. Die Preisrichter sind jedoch berechtigt, dem Minister für Handel und Gewerbe geeignete Aus steller zur Verleihung von goldenen, silbernen und bronzenen Staats-Medaillen vorzuschlagen. Für solche Verleihung seitens des Ministers ist das in der Ausstellung Vorgeführte nicht „allein maassgebend, sondern es werden dabei die sonstigen Leistungen und der Ruf der ausstellenden Firmen in Betracht gezogen. Nachdem die Abhaltung einer grossen internationalen oder deutschen Ausstellung von der Regierung abgelehnt war, blieb nur die Veranstaltung einer Berliner Ausstellung übrig, und diese ist von einer Gruppe von Bürgern, ohne staatliche Hilfe ausgeführt worden.