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Nr. 30. PAPIER-ZEITUNG. 961 Zur Geschichte des Buntpapiers. In den achtziger Jahren sind an dieser Stelle eine Reihe von Mittheilungen zur Geschichte des Buntpapiers im 16. bis 18. Jahrhundert gebracht und durch Abbildungen älterer gemusterter Buntpapiere, die sich in den Sammlungen des Germanischen Museums befinden, illustrirt worden. Die veröffentlichten Papiere waren alle gemustert; von den einfarbigen, die vom 16. Jahr hundert an bekannt sind, konnte nur die Farbe wiedergegeben werden. In Kästchen und Schachteln vom Ende des 15. Jahrhunderts findet sich hier und da ein einfarbiges Papier — meist kirschroth — als Futter verwendet; die Herstellung einfarbigen Buntpapiers war also schon im Ausgange des Mittelalters bekannt. Heute kann man dasselbe noch weiter zurück verfolgen. Der italienische Maler Cennino Cennini da Colle di Valdelsa, der, wie sein Name bekundet, zu Colle im Thale des Flüsschens Elsa geboren wurde, das im Appenin entspringt und bei S. Miniato in den Arno mündet, trat 1380 bei dem Maler Angiolo Jaddi, dem zu seiner Zeit berühmtesten Künstler in Florenz, in die Lehre, in der er — damals nichts Ungewöhnliches — nicht weniger als 12 Jahre aushalten musste. Cennini, ein mittelmässiger Künstler, hat sich später in Padua niedergelassen. Grosse Kunstwerke von seiner Hand sind nicht auf unsere Zeit gekommen, dagegen hat er sich durch die Verfassung des »Buches von der Kunst« oder des »Traktates« um die Malerei ein Verdienst erworben. In diesem Buche (übersetzt und herausgegeben von Alb. Hy als I. Bd. der Quellenschriften für Kunstgeschichte, Wien 1871) hat er das gesammte Technische des Malens und manch anderer verwandter Kunstfertigkeit zusammengestellt, so wie er es gelernt hatte. Und in diesem Lehrbuche, das um 1400 verfasst worden sein dürfte, finden sich auch Anweisungen, wie einfarbige Buntpapiere anzu fertigen sind. Kap. 16 des Traktates meldet: »Wie Zeichenpapier grün gefärbt und hergerichtet wird.« Wir lassen dieses Rezept, als das älteste bis jetzt bekannte über die Herstellung von Bunt papier, nach der Hy’schen Uebersetzung nachstehend im Wort laute folgen. »Willst Du Pergament aus Ziegenhaut oder ein Blatt Papier färben, so nimm eine halbe Nuss Verdeterra (gebrannte grüne Erde), ein Viertel Ocker und festes Bleiweiss, halb soviel als Ocker, und eine Bohne gross Knochenpulver und eine halbe Bohne gross Zinnober. Und mahle dies alles gut auf einem Porphyr steine mit Brunnen-, Quellen- oder Flusswasser. Und je mehr Du mahlest, um so mehr harre geduldig darin aus, denn dessen kann nicht zuviel sein, und je mehr sie zermalmt sind, desto besser wird die Färbung. Dann menge die genannten Dinge mit Leim, dessen Bereitung und Stärke ich hier anzeige: nimm ein Stück Leim von den Apothekern, nicht Fischleim, und lege es zum Erweichen in ein Töpfchen mit soviel Wasser, als zwei gewöhnliche Gläser fassen, sechs Stunden lang. Darauf setze das Töpfchen an ein mässiges Feuer und schäume den Leim ab, sobald er kocht. Hat er ein wenig gekocht, sodass Du den Leim gut gelöst siehst, so seihe ihn zweimal. Dann nimm ein Malerglas, gross und passend, die geriebenen Farben aufzunehmen, und gib soviel Leim hinein, bis alles für den Pinsel genug flüssig ist. Und nimm einen Borstenpinsel, einen dicken, der weich ist. Dann nimm •las Papier, welches Du färben willst, breite diese Farbe über das ganze Blatt hin aus, indem Du die Hand nur leicht und den bei nahe halbtrockenen Pinsel bald in der einen, bald in der andern Richtung führst, und so drei-, vier-, fünfmal daran, bis Du siehst, dass das Papier gleichmässig gefärbt sei. Und halte ein von einem zum andern Male, solange, bis es jedesmal trocken ist. Und wenn Du bemerkst, dass das Papier während Deines Färbens durch die Tinte trocken und lederartig wird, so ist das ein Zeichen, dass die Mischung zu stark sei. Daher, wenn Du den ersten Anstrich gegeben, wende Hilfsmittel an. Wie nun? Bringe klares, laues Wasser darauf. Ist es trocken und fertig, so nimm ein Messer und fange an, mit der Schneide leicht über das ge färbte Blatt zu schaben, um Körnchen zu entfernen, wenn deren vorhanden sein sollten.« In dem nächsten Kapitel (17) wird dargethan, wie das ge färbte Papier zu glätten sei: »Sollte zufällig das Pergament oder Papier nicht nach Deinem Wunsch glatt sein, so nimm das Blatt, bringe es auf ein Brett von Nussholz oder auf einen wohlgeebneten und glatten Stein. Lege dann ein Blatt Papier, das rein ist, über jenes, welches Du gefärbt hast, und glätte mit dem Glättstein, den man zum Poliren des Goldes gebraucht, aus aller Kraft Deiner Hände, auf solche Art wird es mürbe und glänzend werden. Es ist wahr, dass Einige gleich auf dem gefärbten zu glätten lieben, damit nämlich der Glättstein darüber komme und es fest angreife, denn er besitzt einigen Glanz. Halte das, wie Du willst, doch ist meine Manier besser. Dies der Grund: weil der Glättstein während des Reibens durch seinen Glanz den des Stifts verdrängt, womit Du zeichnest, und auch das Aquarell, welches Du anbringst, erscheint nicht so zart und klar als auf die erste Art. Jedoch nihilominus, mache, was Dir beliebt.« In den folgenden (18. bis 22.) Kapiteln giebt Cennini Auf schluss über die Farben, welche man zu anderen farbigen Papieren gebrauchen soll. Für Morello- oder Pagonazzo-Papier wird Morella farbe (es ist die Pflanze solatrum hortense), Bleiweiss und Lapis amatito (d. i. ein Rotheisenstein, Röthel, Hämatit vorgeschrieben, für Indigopapier Bleiweiss und Indaco Caccadeo (blaue Farbe aus einheimischem Waid), für röthlich oder pfirsichfarbig Papier Verdeterra, Bleiweiss und Sinopia (eine der zahlreichen eisen haltigen rothen Erden), für fleischfarbiges Papier Bleiweiss und Zinnober, endlich für graues Papier Bleiweiss, lichter und schwarzer Ocker. Die Zubereitung der Farbe und das Aufträgen auf das Papier hatte wie bei der Herstellung des grünen Papiers zu erfolgen. Wie schon aus der Ueberschrift des Kapitels 16 hervorgeht, sollte dieses gefärbte Papier als Zeichenpapier verwendet werden, was aber nicht ausschliesst, dass es auch zu anderen Zwecken, zum Füttern, als Ueberzug usw. gebraucht wurde. Den Verfasser interessirte ja besonders die Verwendung des gefärbten Papieres als Zeichenmaterial, weshalb er über anderweitige Benutzung schweigt. Die Farben, die er mittheilt, nennt er die gebräuch lichsten zum Zeichnen, doch bemerkt er, dass das grüne Papier, das er ja auch an die Spitze stellt, am meisten in Anwendung gebracht werde und zum Schattiren und Aufsetzen der Lichter am gebräuchlichsten sei. In gleicher Weise dürften noch ver schiedene der einfarbigen Buntpapiere hergestellt worden sein, die das Germanische Museum in verschiedenen Farben aus der Mitte des 17. Jahrhunderts besitzt; viele lassen noch die Striche des Pinsels erkennen, mit welchem die Farben aufgetragen wurden, und der Verfertiger war auch nicht einmal bemüht, sie zu ver wischen. In einem anderen Kapitel, 168, erfährt man auch, wie man zu jener Zeit Gold- und Silberpapier machte. Man vermuthet nicht, in diesem Abschnitt die Anweisung hierzu zu finden, denn er trägt die Ueberschrift: »Wie Du Pferdedecken, Devisen und Mannskleider (giorna) für Tourniere und Lustgefechte machen sollst«. Bekanntlich trugen bei den Tournieren Mann und Ross reichen Schmuck; wie aus dem nachfolgenden Rezepte hervorgeht, wurde dieser, der blenden aber nicht lange halten sollte, meist mit Hilfe von vergoldetem Papier hergestellt. Das Rezept lautete: »Manchmal macht man für diese Tourniere und Gefechte Pferde decken und Giornen, verschiedene Devisen in Relief und über die Arbeiten genäht. Ich werde Dir nun zeigen, wie man sie von Wollenpapier (!) verfertigt. Es wird hierbei vor allem das ganze Blatt des Papiers mit Gold oder Silber gedeckt und ge glättet. Der Vorgang ist dieser: Mahle so fein als Du kannst ein wenig Ocker oder Gips, wie ihn die Schneider haben und etwas armenischen Bolus, mische es zusammen mit Leim, welcher bei nahe nur wie Wasser sei, durchaus nicht stark, sondern nur wenig Gehalt habe. Breite davon mit einem weichen Borsten pinsel, oder, wenn Du willst, mit einem von Eichhörnchen- haar, eine Lage über die Blätter des Wollenpapieres aus, welche zum Schreiben brauchbar, aber nicht beschrieben sein sollen. Und sobald sie trocken sind, kehre sie um und befeuchte theils mit dem Pinsel von Eichhörnchenhaar, theils setze das Gold auf (abwechselnd), nach jener Methode und Regel, wie Du auf dem Bolo auf der Tafel (dem Tafelgemälde auf Holz) es anbringst. Und beachte dann, sobald Du alle Blätter bedeckt hast, wann es Zeit sei, zu poliren. Nimm einen ganz glatten Stein oder ein gut polirtes und hartes Brett, und über diesem glätte die Blätter und setze sie zur Seite. Und aus diesen Blättern kannst Du Thiere, Blumen, Rosen und viele Gattungen Devisen (durch Ausschneiden) bereiten, und es macht Dir grosse Ehre. Mache es rasch und gut. Und Du kannst es mit einiger Oelfarbe aus schmücken.« Zu dem Vergolden des Papiers wurde Blattgold verwendet. In der Sammlung des Germanischen Museums findet sich Goldpapier aus dem vorigen Jahrhundert, das die einzelnen aufgelegten und aneinandergereihten Blättchen Gold noch deutlich erkennen lässt; ein Bolusgrund ist bei denselben aber nicht mehr verwendet worden. Cennini giebt auch verschiedene Anweisungen zur Bereitung von Pauspapier, das vorzugsweise durch Tränken von Papier mit klarem Leinöl hergestellt wurde. Hans Boesch