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84 PAPIER-ZEITUNG. Zeitungstitel als Waarenzeichen? Die Frage, ob Zeitungen eine »Waare« im Sinne des neuen Gesetzes zum Schutze der Waarenzeichen vom 12. Mai 1894 sind und ihre Titel nach den Bestimmungen dieses Gesetzes geschützt werden können, beschäftigte am 28. November v. Js. die neunte Straf kammer des Berliner Landgerichts I. Als Angeklagte erschienen vor dieser Strafkammer die Inhaber des Zeitungsverlages Ull stein & Co., Rechtsanwalt Ullstein und die Kaufleute Louis und Leopold Ullstein. Die Firma S. Hein & Co. in Hannover lässt seit einer Reihe von Jahren eine Zeitung unter dem Titel »Der Manufakturist« erscheinen, und auf ihren Antrag hat das Patent amt die Eintragung dieses Titels in die Zeichenrolle auf Grund des Gesetzes vom 12. Mai vorgenommen. Bei der Firma Ullstein&Co. erscheint seit einiger Zeit eine Zeitung »Berliner Manufakturist«, deren Titelvignette wesentlich anders ist als die des Hannoverschen Blattes. Hein & Co. theilten der Firma Ullstein & Co. eines Tages mit, dass das Waarenzeichen »Manufakturist« geschützt sei und verlangten die Aenderung des Titels für das Berliner Blatt. Die Angeklagten hielten sich nach sorgfältiger Prüfung der Gesetzes bestimmungen rechtlich hierzu nicht für verpflichtet, sondern liessen es auf eine gerichtliche Entscheidung ankommen. Sie be stritten auch vor Gericht, gegen das Waarenzeichengesetz gefehlt zu haben. Der erste Angeklagte führte des Längeren aus, dass der Zeitungstitel »Manufakturist« überhaupt nicht eintragsfähig gewesen sei. Es sei nicht angängig, Zeitungen als »Waare« zu betrachten, sie seien vielmehr ein Erzeugniss geistiger Arbeit. Waarenzeichen seien etwas ganz Accidentielles, der Kopf einer Zeitung habe sich aber mit dem Inhalte zu decken, und eine für Manufakturisten bestimmte Zeitung könne naturgemäss nur das Wort »Manufakturist« als Titel nehmen. Das Gesetz wollte zweifellos nur Phantasieworte, etwa wie »Odol«, »Kosmos« u. dergl. schützen, nicht aber ein solches Wort, wie es hier in Frage stehe. Da der Titel des Blattes mit dem des Hannoverschen nicht übereinstimme, und die Vignette auch eine andere sei, liege eine Gefahr der Verwechselung überhaupt nicht vor. Die beiden anderen Angeklagten schlossen sich diesen Ausführungen an. Postdirektor Weberstedt, der Vorsteher des Postzeitungsamts, schloss sich der Auffassung der Angeklagten an, da die bis herigen Verhältnisse im Zeitungswesen vollständig erschüttert werden würden, wenn in dieser Weise das Waarenzeichengesetz auf Zeitungstitel einwirkte. Der Sachverständige hatte ein Ver- zeichniss von mehreren Hundert Zeitungen bei der Hand, die gruppenweise einander ähnliche Titel führen. Zuzugeben sei die Möglichkeit, dass durch die Aehnlichkeit Verwechselungen hervor gerufen werden können, diese Möglichkeit schwinde aber bei Fach- blättern, bei denen die Interessenten gewöhnlich genau Bescheid wissen. Der Staatsanwalt hielt den § 14 des Gesetzes vom 12. Mai 1894 für verletzt und beantragte je 200 M. Geldstrafe, Vernichtung des Titels und Publikationsbefugniss für die Verletzten. R.-A. Oppenheimer als Vertreter der Nebenkläger beantragte ausserdem eine Busse von 2000 M. Dass das Waarenzeichen ein tragungsfähig war, habe das allein maassgebende Patentamt durch die vollzogene Eintragung bewiesen. Im Seligsohn’schen Kommentar werde ausserdem anerkannt, dass durch die Eintragung nicht nur das Wort in der vorliegenden bestimmten Form, sondern der Wortklang geschützt werde. R.-A. Cohn I beantragte die Frei sprechung. § 14 des Gesetzes treffe nicht zu, da das dem Neben kläger geschützte Waarenzeichen von den Angeklagten garnicht verwendet ist, sondern ein anderes. Nach § 20 werde die An wendung dieses Gesetzes durch Abweichungen nicht ausgeschlossen, sofern diese die Gefahr einer Verwechselung nicht beseitigen. Eine solche Gefahr liege hier keineswegs vor und die Möglichkeit einer Verwechselung reiche nicht aus. Es sei erst zu entscheiden, ob ein Zeitungsblatt als Waare und der Kopf der Zeitung als Zeichen dieser Waare2 anzusehen sei, ferner ob der Wortklang oder das Wort in seiner bestimmten Form geschützt werde. Eine Judikatur des Reichsgerichts liege in dieser Beziehung noch nicht vor, und Seligsohns Kommentar erscheine in diesem Punkte zweifelhaft. Die von dem Patentamt erlassenen Bestimmungen zeigen, dass das Patentamt selbst entschieden davon ausgegangen, dass nicht der Wortklang, sondern das deutlich dargestellte Wort zu schützen ist. Auch haben sich die Angeklagten in dem guten Glauben befunden, ein ihnen zustehendes Recht auszuüben; sie seien der Ueberzeugung gewesen, dass der von ihnen gewählte Titel jede Gefahr einer Verwechselung ausschliesse. Nach langer Berathung erkannte der Gerichtshof die Angeklagten des Vergehens gegen § 14 für schuldig und verurtheilte sie zu je 200 M. Geld strafe und Beseitigung des Titels »Berliner Manufakturist«. Ausserdem wurde ihnen eine gemeinsam zu zahlende Busse von Nr. 3. 1000 M. auferlegt und den Nebenklägern die PublikationsL zugesprochen. Der Gerichtshof erachtete das fraglicl befugniss für eintragungsfähig, objektiv eine Gefahr der Verwechs”eichen vorliegend und subjektiv das Bewusstsein davon bei den AnSung für für vorhanden. 8eklagten ENGROS EXPORT 1078 Stadtbahn Lieferanten der bedeutendsten Checkbücher Preislisten, Wechsel Quittungen und alle kaufmäpnischen Formulare. BERLIN O. 27 Jannowitz -Brücke Holzmarkt - Strasse D ruckerei fUr Werthpapiere Actien qegrüne, , 7869. 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