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Nr. 26 PAPIER-ZEITUNG. 835 Besitzers des Deckerschen Geschäftes schmückt neben dem des ersten Direktors der preussischen Staatsdruckerei, Geh. Rath Wedding, das Treppenhaus der Reichsdruckerei. Zwischen diesen beiden Medaillons ist neuerdings auch das Porträt des jetzt in den Ruhe stand getretenen Geh. Rath Busse angebracht worden. Dieses Porträt ist von dem in weiteren Kreisen bekannten Vorsteher der Gravirabtheilung der Reichsdruckerei P. Voigt vorzüglich nach dem Leben modellirt; es fesselt durch seine sprechende Aehnlichkeit. , Die Fachpresse des englischen Buch- und Papier- Gewerbes. Von W. von Knoblauch in London. Zur Zeit giebt es in England äusser den von den verschiedenen technischen Buchdruckerschulen veröffentlichten Zeitungen 34 Fach blätter, die den Interessen des Buchgewerbes dienen. Sie erscheinen wöchentlich, monatlich, zweimonatlich oder viertel jährlich. Sieben widmen sich der Papiererzeugung, siebenzehn dem Buch- und Accidenzdruck, acht dem Papier-Handel und zwei dem Schriftguss. Die Papier- und Druckausstattung der meisten dieser Blätter und Zeitschriften ist ganz vorzüglich, und viele sind mit guten Abbildungen versehen. Der Inhalt dagegen ist mit wenigen Aus nahmen minder gut. Die meisten Blätter bringen eine Unzahl kleiner Nachrichten, aus allen möglichen Zeitungen zusammen gelesen ; nur wenige haben grössere, sorgfältig ausgearbeitete Aufsätze. Man merkt sofort, dass manche dieser Aufsätze von schriftstellerisch ungewandten Fachleuten oder von Schrift stellern verfasst sind, denen die Technik wenig oder gar- nicht bekannt ist. Da die meisten Blätter keinen festen Stamm von Abnehmern haben, sind ihre Herausgeber darauf angewiesen, in ausgiebigster Weise die Reklametrommel für jene Firmen zu rühren, die ihnen Anzeigen zukommen lassen, und es finden sich in allen versteckte und offene Anpreisungen der in ihren Spalten angezeigten Maschinen und Waaren aller Art. Dabei ist jedoch anzuerkennen, dass Angriffe aut Geschälte, die sich nicht zum Anzeigen bewegen lassen, durchaus fehlen. I )er Einzelverkauf schwankt naturgemäss mit jeder Nummer, und es ist unmöglich, auf Grund der wenigen Bezieher eine nur annähernd einträgliche Auflage zu drucken. Die Verleger helfen sich hier mit dem Umsonst- Versenden ihrer Blätter an alle Fachgenossen. Manche Zeitschriften setzen ihren Stolz darein, zur Erläuterung ihres Textes in Farbendruck ausgeführte Illustrationen in Half- Tone-Blocks, Lithographie, Photogravüre usw. zu bringen. Diese Bilder sind zum Theil bezahlte, oft aber auch unbezahlte Anzeigen für Geschäfte, die eine Besonderheit pflegen, und die für eine solche Reklame gerne dem Herausgeber der Fachschrift Klischees und manchmal auch das betreffende Kunstblatt als Beilage in Höhe der Auflage liefern. Grossen Werth legen die meisten Blätter auf Mittheilungen aus dem Buchgewerbe und der Papiererzeugung Amerikas. Man steht den amerikanischen Fachgenossen freundlich gegenüber und erkennt ihnen in technischer Beziehung eine gewisse Ueberlegenheit zu. Gegen wärtig werden in allen englischen Blättern die verschiedenen Setzmaschinen und mechanischen Illustrationsverfahren genau behandelt. Weshalb die Leistungen englischer Häuser im Farben druck den amerikanischen nachstehen, ist ein anderes ergiebiges Feld für die Schriftsteller. Im Vergleich hierzu sind die Nach richten vom europäischen Festlande äusserst spärlich. Die wenigen, die die verschiedenen Blätter bringen, sind entweder aus Geschäfts neid oder aus Unkenntnis« der Verhältnisse gehässig entstellt. Besonders macht sich diese Gehässigkeit gegen Deutschland jetzt sehr bemerkbar. Man lobt die Vaterlandsliebe einzelner Häuser, die die politischen Wirren der jüngsten Tage zum Vorwand nahmen, um eingegangene Verpflichtungen umzustossen oder alte unbequem gewordene Verbindungen abzubrechen. Man verspricht sich für das englische Buch- und Papier-Gewerbe einen grossen Auf schwung, nachdem man den unbequemen Mitbewerber gelähmt hat. Lügenhafte Anschuldigungen des von deutschen Geschäften begangenen Betruges, ihre Waare der besseren englischen unter falscher Bezeichnung und Schutzmarke unterzuschieben, werden überall verbreitet. Es scheint, als ob die Schriftleiter niemals die Zeichen »made or printed in Germany« gesehen, noch von dem »Merchandise Act«, diesem verunglückten Versuche eines Ersatzes für den Schutzzoll, gehört hätten! Ich rathe den deut schen Druckern, Papiermachern usw., anstatt des viel verleumdeten »made in Germany«, »printed in Germany« ihren Erzeugnissen »made in Berlin«, »printed in Leipzig« usw. aufzudrucken und, falls ihre Leistungen besonders gut sind, ihre Firma beizufügen. Dies ist die beste Antwort, die sie auf die englischen Anschuldigungen geben können. Die unverkennbaren Vorzüge der deutschen Leistungen werden rundweg abgestritten, und die Billigkeit deutscher Waaren wird auf die Hungerlöhne, unter denen die Arbeiter in deutschen Druckereien und Papierfabriken seufzen, geschoben! Wie gross die Unwissenheit über alles Deutsche ist, lässt sich aus folgender Thatsache ersehen. Ich wohnte im vorigen Jahre einer Sitzung der Londoner Handelskammer bei. Mr. Howard Vincent war über die Frech heit der Deutschen, mit Engländern in Wettbewerb zu treten, sehr entrüstet. Er zeigte den Versammelten eine in Solingen angefertigte Scheere und »horribli dictu«, der englische (?) Aus druck »Patent« war von dem unverschämten Deutschen seinem Erzeugniss aufgedruckt worden. Natürlich dies nur, um dem leichtgläubigen Engländer vorzuschwindeln, dass er englisches Erzeugniss kaufe! Ein Ausführhändler belehrte dann Colonel Howard Vincent, dass dieses lateinische Wort in Deutschland amtlich eingeführt sei Der Colonel machte ein verblüfftes Gesicht, erklärte aber bald unter grossem Beifall, dass die »Germans« kein Recht hätten, ein solches Wort, das von den Engländern benutzt werde, zu gebrauchen! — Colonel Howard Vincent ist Parlamentsmitglied für Sheffield und einer der grössten Deutschenfresser und Schutzzöllner im Vereinigten Königreiche. Um jedoch auf die Fachzeitschriften wieder zurückzukommen, so sei es mir erlaubt, einige der besten Blätter in kurzer Weise anzuführen: Unter den wöchentlichen Blättern steht der »British and Colonial Printer and Stationer« oben an. Er wurde im Jahre 1878 gegründet und bringt Abbildungen von Leder- und Papeterie- waaren, Aufsätze über die Fortschritte des Buch- und Accidenz- druckes, Berichte über die Lage des Handels usw., mit einem Wort, er ist die »Papier-Zeitung« in englischem Gewände. In demselben Verlage von W. John Stonhill erscheint wöchentlich »The World’s Paper Trade Review«, eine ausgezeichnete und vor züglich illustrirte Zeitschrift. Sie ist ganz und gar dem Papierhandel und der Papiererzeugung gewidmet. In der Nummer vom 7. Februar befindet sich ein Bericht über die Holzschleifereien des Herrn A. 0. Haneborg in Christiania, der in Nr. 18 der Papier-Zeitung im Auszug wiedergegeben wurde. Die photo, mechanischen Abbildungen der einzelnen Anlagen usw. sind ein grosser Schmuck des Heftes. Von den monatlichen Blättern sind »The Printer’s Register« und »The Monthly Advertiser« durch die Menge ihrer Anzeigen für den Drucker wichtig, während »The Paper-Maker«, und »The Paper Maker’s Monthly Journal« für die Papiererzeuger bestimmt sind. Beide Blätter bringen ausgezeichnete fachmännische Aufsätze. Unabsichtlich komisch ist die »Press News«. Dies Blatt, dessen Hauptinhalt aus Hetzereien gegen Deutsche besteht, behauptet, Druckern, Zeitungsverlegern, Buchbindern, Papierhändlern und Allen, die mit dem Druckgewerbe in Verbindung stehen, unent behrlich zu sein. Von den zweimonatlichen Blättern ist die von Mr. Jones herausgegebene gut geschriebene und illustrirte »Printing World« zu nennen. Der Preis für die künstlerisch ausgestattete Nummer ist 50 Pf. (6 Pence). Die bedeutendste Zeitschrift für den eng lischen Drucker ist »The British Printer«. Der Preis dieses sorg fältig gedruckten Blattes ist 1 sh (1 M.). Die Aufsätze sind meistens gut geschrieben, und die Schriftleitung hält sich von befangenen und engen Vorurtheilen fern. The British Printer wird von der De Montfort Press in Leicester gedruckt, und jede Nummer ist vom künstlerischen und fachmännischen Standpunkt aus eine Augenweide! Alle Arten der Abbildungs-Verfahren, der verschiedenen Drucksysteme usw. werden von der Schrift leitung in den Bereich sachgemässer Besprechungen gezogen, und sie befleissigt sich auch deutschen Leistungen gegenüber einer unparteiischen Haltung. Von dreimonatlichen Zeitschriften ist das von den berühmten Schriftgiessern Caslon & Cie. herausgegebene »Circular« zu erwähnen. Dieses dient hauptsächlich zum Anzeigen der in dem Geschäft hergestellten Neuheiten in Schriften, Leisten usw. und wird unentgeltlich versandt. Zum Schluss mache ich noch auf »The Paper and Printing Trades Journal« aufmerksam. Diese vierteljährliche Zeitschrift ist in jeder Hinsicht interessant. Die vorliegende Nummer 87 enthält gute Aufsätze über Holzschliff mit passenden Abbildungen, ferner eine Biographie von Ulric Gering mit Handzeichnung. Der Preis des ziemlich starken Heftes ist 50 Pf.