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e Nr. 25. 799 Buchgewerbe Buchdruck e ® ® Buchbinderei @ ® ® ® e Buchhandel ® ® ® Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung. Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme. Das Berechnen im gewissen Gelde. Obgleich es eine bekannte Thatsache ist, dass bei tarifmässig entlohnter Arbeit die berechnenden Setzer mehr verdienen, als ihre im gewissen Gelde arbeitenden Fachgenossen, und obgleich es für den Besitzer am vortheilhaftesten ist, wenn er sämmtlichen Werk satz im Berechnen herstellen lässt, weil unstreitig auf diesem Wege die Arbeit am meisten gefördert wird, so macht sich doch das Bestreben geltend, das Berechnen abzuschaffen und durch Arbeit im gewissen Gelde zu ersetzen. Die Gehilfen sind im all gemeinen aus dem Grunde für das gewisse Geld, weil sie alsdann weniger angestrengt zu arbeiten brauchen und ausserdem die in mangelhaft geleiteten Buchdruckereien durch Materialsuchen usw. oft entstehenden Zeitverluste nicht mehr zu ihrem Schaden sind; die Besitzer sind für das Gewissgeld-System aus dem Grunde, weil sie dadurch der lästigen Mühe des allwöchentlichen Nachmessens und Nachrechnens der gelieferten Arbeit überhoben werden, und ausserdem die wöchentliche Lohnliste auf annähernd gleicher Höhe bleibt. Unzweifelhaft herrscht in Gewissgeld-Arbeitsstätten in der Regel ein freundlicheres Verhältniss zwischen Geschäftsbesitzer und Gehilfen, als es bei den Akkord-Arbeitern der Fall zu sein pflegt, wo das unausgesetzte, angestrengte Arbeiten, oft vielleicht in unge sunden Räumen, gar leicht eine bittere Stimmung bei dem Gehilfen erzeugt, der mit Neid auf das anscheinend arbeitsfreie, bequeme und »sorgenfreie« Leben des Besitzers blickt. Selbstverständlich aber muss auch die Arbeit des Gewissgeldsetzers im Verhältniss zu seinem Lohne stehen, und man hat deshalb, wenn auch meist nur stillschweigend, ein Durchschnittsmaass der von einem Setzer täglich zu liefernden Arbeitsmenge aufgestellt, das je nach den Anforderungen an Genauigkeit und Schwierigkeit grösser oder geringer ist. In vielen Druckereien gilt die Anordnung, dass die im gewissen Gelde arbeitenden Setzer über ihre Arbeit nach Umfang und aufgewendeter Zeit genau Rechnung legen müssen, wodurch der Buchhaltung des Geschäftes die Berechnung der Selbstkosten wesentlich erleichtert wird. Dieses sogenannte »Berechnen im gewissen Gelde« wird von vielen Setzern als lästige Kontrolle empfunden, deren Zweck sie nicht selten durch unrichtige Eintragungen vereiteln; sie verkennen dabei, dass eine Nachweisung der wirklichen Selbstkosten jeder Arbeit für die Geschäftsleitung unbedingt nothwendig ist, und es erscheint deshalb durchaus gerechtfertigt, wenn solche Setzer, die durch unrichtige Angaben über die zu jeder Arbeit verwendete Zeit zu falschen Selbstkosten berechnungen und demzufolge zur Schädigung des Geschäftes bei tragen, ihrer Stellung verlustig gehen. Man wird stets besser thun, die wirklich verwendete Zeit nöthigenfalls nach oben auf volle Stunden abzurunden, als angefangene oder gar halbe Stunden einfach nicht mitzuzählen; kein einsichtiger Leiter wird solche Aufwärts-Abrundung tadeln. Allerdings muss die verwendete Zeit in einem entsprechenden Verhältniss zu dem üblichen Preise der Arbeit stehen, wenn das Geschäft auf Ordnung hält, und man müsste es dem Geschäftsleiter verdenken, der einen absichtlich langsam arbeitenden Setzer nicht zur Verantwortung zöge. Mir ist ein Fall in Erinnerung, wo ein Gewissgeldsetzer bei Herstellung von Gedichtsatz absichtlich nur eben so viel Zeilen täglich lieferte, wie auf seinen Tagelohn nach dem Tarif entfallen mussten, während er zum Aufräumen des Satzes selbstredend auf Kosten des Geschäftes ganze Tage verwendete. Eine derartige Handlungs weise ist entschieden zu verurtheilen. Bei dieser Gelegenheit dürfte ein Hinweis auf die Ansprüche angebracht sein, die man in Amerika, dem Lande der unbeschränk ten Arbeiterfreiheit, an die Setzer stellt. Bekanntlich wird dort jeder Werk- und Zeitungssatz, soweit er nicht auf Setzmaschinen hergestellt wird, nur im Berechnen ausgeführt; der durchschnitt liche Preis für 1000 ems = 2000 Buchstaben beträgt 40 Cents = 1 M. 60 Pf. Nach dem in Deutschland geltenden Tarif beträgt der Mindestlohn bekanntlich 20 M. 50 Pf., was durch den Satz preis ohne Lokalzuschlag von 32 Pf. für 1000 Petit- bis Korpus buchstaben getheilt, einer Wochenmindestleistung von 64000 Buch staben entspricht, also nicht ganz 11 000 für den 10 stündigen Arbeitstag. In Amerika nun ist die tägliche Arbeitszeit nur 8 bis 81/2 Stunden, wovon noch die zum Ablegen usw. erforder liche Zeit in Abgang kommt, sodass der Setzer dort höchstens sieben Stunden täglich setzen kann. Während er nun nach deutschen Ansprüchen schon mit 8000 Buchstaben in dieser Zeit zufrieden sein würde, verlangt der amerikanische Geschäfts leiter von ihm um die Hälfte mehr, d. h. mindestens 12000 Buch staben. Aber selbst diese Zahl ist »drüben« durchaus nichts Besonderes; da ein flotter Setzer selten weniger als 18 Dollars Wochenlohn verdient, so bedeutet das bei dem oben angegebenen Tausendpreise von 40 Cts., dass er 45000 ems oder 90000 Buchstaben in 40 bis 42 Stunden gesetzt hat. In der grossen Regierungsdruckerei zu Washington ist das Berechnungssystem abgeschafft und das gewisse Geld durchgeführt. Wer von den Setzern aber nicht mindestens 6400 ems (12800 Buchstaben) in der genau achtstündigen Arbeitszeit liefert, hat seine Entlassung zu gewärtigen. Ausserdem wird dort allwöchentlich eine Zusammenstellung der von allen Setzern gelie ferten Leistungen durch Aushang bekannt gegeben, und derjenige Setzer, der die grösste Wochenleistung geliefert hat, erhält eine Belohnung — jedenfalls ein praktischer Ansporn für die schwächeren Arbeiter. Eine chinesische Zeitung. In Peking ist vor kurzem unter dem Schutze des mächtigsten Prinzen des kaiserlichen Hofes eine neue Zeitung in chinesischer Sprache begründet worden. Sie heisst: Wan Kuo Kung Pao »Allgemeine Aufklärung« und wird von einem Chinesen mit europäischer Bildung namens Kang Tschang Su herausgegeben, der noch vor einigen Jahren in tiefster Ungnade war, weil er über einige Werke von Confucius etwas ketzerische Anmerkungen veröffentlicht hatte. Eine grosse Zahl hoher chinesischer Würden träger, die theils schriftstellerische Verdienste aufzu weisen haben, theils dem hohen Beamtenadel angehören, sind bei diesem Unter nehmen betheiligt. Diese haben einen allgemeinen Aufklärungs- Verein gegründet, der sich die Herausgabe und die Schriftleitung der monatlich zweimal erscheinenden Zeitung zum Ziele gesetzt hat. Tschang Tschi Tang, der Vicekönig von Nanking, hat sich mit 5000 Lstr. betheiligt; ein Oheim des Kaisers gab ein Gebäude miethsfrei her, und der Finanzminister sicherte einen Staatszuschuss zu. Eine moderne Buchdruckerei-Einrichtung wurde bestellt, und es wird beabsichtigt, äusser der Zeitung eine Reihe von Büchern zu veröffentlichen, die westliche Bildung im Reiche der Mitte ver breiten sollen. Jetzt werden nur sechs Zeitungen in chinesischer Sprache gedruckt, zwei in Kanton, eine in Shanghai, eine in Han Kau, eine in Tientsin, die alle im Verlage von Ausländern erscheinen, und die ehrwürdige Pekinger Zeitung, die älteste in der Welt, die schon seit 800 Jahren regelmässig die kaiserlichen Erlasse und andere amtliche Mittheilungen verbreitet. Sie wird noch immer von Holzstöcken gedruckt und erscheint im Format von 7 : 20 cm. Die geplante neue Zeitung wird die bedeutendste Neuerung sein, die in China seit vielen Jahren gemacht wurde. Druckfehlerteufel. Die Zeit war sehr 1 vorgeschritten, doch mussten für die Zeitung noch zwei Berichte rasch abgesetzt werden. Der eine betraf ein Begräbniss, der andere eine Feuersbrunst. Am anderen Morgen war im Blatt Folgendes zu lesen: Der Sarg wurde von der Bahre genommen, ins Grab gesenkt, und von den gierigen Flammen ein geäschert. Man fühlte kein Mitleid mit der alten Ruine, die das Stadtbild schon lange verunstaltete. Der Schaden ist durch Ver sicherung gedeckt.