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762 PAPIER-ZEITUNG. Nr. 24. Sind lose Kopirblätter beweiskräftig? ,17. Februar 1896. Nachstehend erlaube ich mir, Sie um Ihr Urtheil zu bitten, ob Briefe, welche auf einzelnen Blättern kopirt sind, im Falle eines Prozesses vor dem Richter dieselbe Giltigkeit haben, wie Briefe, welche in einem Kopie buch gesammelt sind. Ich verweise bei dieser Frage auf § 28 des Handels-Gesetzbuches. B Die Entscheidung darüber, ob Handelsbücher Beweiswerth haben, ist nach § 259 der Zivilprozess-Ordnung der freien Ueber- zeugung des Gerichts überlassen. Dasselbe muss daher in jedem Fall beurtheilen, ob der Inhalt bestimmter kaufmännischer, in Buchform oder in losen Blättern vorgelegter Schriftstücke Glauben verdient oder nicht. Möglicher Weise können hiernach lose Kopirblätter, wenn ordnungsgemäss auf bewahrt, ebensogut als Beweismittel dienen, wie ein Kopirbuch. Bei letzterem ist die Beweiskraft sicher, bei ersteren von der jeweiligen Auffassung des Gerichts abhängig. Um lose Kopirblätter beweiskräftig zu machen, empfiehlt es sich, sie so zu ordnen und in ein Hilfsbuch einzutragen, dass jede Möglichkeit einer unbemerkten Herausnahme oder Auswechslung ausgeschlossen erscheint. Bleichen unzerschnittener Lumpen. . . . ., 1. März 1896. Wir interessiren uns für die Frage, ob man bunte Kattunlumpen durch Kochen und Bleichen in Holländern zu weiss Kattun machen kann, ohne die Stücke der Lumpen zu zerkleinern. Es sollen mit andern Worten aus Buntkattun- durch Kochen und Bleichen Weiss- Kattun-Lumpen hergestellt werden, welche zuletzt getrocknet würden. Geht dies und würden die bunten Lumpen durch Chlorkalk in allen Theilen weiss werden? Für bunt Kattun ist wenig Bedarf, weiss Kattun dagegen für ein auswärtiges Land stark begehrt. n Sie wollen bunte Kattunlumpen in weisse verwandeln, um dieselben als solche zu verkaufen. Bei solcher Umwandlung würden jedoch die Lumpen Noth leiden, an Festigkeit verlieren und wären dann nicht mehr das, was der Käufer verlangt. Weiss-Kattun-Lumpen, besonders die reineren Sorten, sind wenig abgenutzt und liefern deshalb nicht nur weisseres, sondern auch festeres Papier. Mit der Lieferung von gebleichten Bunt-Kattun-Lumpen, anstelle von weissen, wäre demnach eine Täuschung verübt, die jedenfalls nicht im Sinne des Fragestellers liegt. Gleichmässiges Bleichen unzerschnittener Bunt-Kattun-Lumpen scheint übrigens auch unmöglich zu sein, weil Koch- und Bleichlösungen, sowie Waschwasser nur schlecht und ungenügend in solche Theile dringen können, die nicht frei daliegen, wie z. B. Nähte, oder andere Stoffe, bei denen zwei Lagen aufeinander befestigt sind. Keinesfalls könnte, selbst wenn die Nähte abgeschnitten würden, ebenso gleichmässige Bleichung erzielt werden, wie mit zerkleinerten blosgelegten Stückchen. Unzerkleinerte Lumpen lassen sich auch nicht im Holländer bleichen, da sie sich zu Boden setzen. Erst infolge starken Zerkleinerns mischen sie sich derart mit Wasser, dass keine Entmischung eintritt. Eigenthumsrecht an Lithographien. Zu Nm. 20 und, 22. . . . ., 17. März 1896. Man hat zunächst zu unterscheiden, ob es sich um sogenannte Merkantil -Arbeiten, wie Briefköpfe, Fakturen, Etiketten oder um buch händlerische Verlagsunternehmen, wie Buntdruck-Tafeln zu Werken, Kunstblätter usw., handelt. Im ersteren Falle ist der Drucker zn einer Auslieferung von Lithographien nur dann verpflichtet, wenn ein dies bezüglicher Vorbehalt bei Ertheilung des Auftrags zur Bedingung gemacht wurde; liegt ein solcher Vorbehalt, wie in dem geschilderten Falle, nicht vor, so kann Niemand den Drucker zwingen, die Litho graphien herzugeben, auch in dem Falle nicht, wenn der Kunde, welcher die Lithographien bezahlt hat, nachträglich auch die Steine bezahlen wollte. Die Gründe dieses durch die allgemeine Praxis festgestellten und, soweit mir bekannt, auch bereits durch gerichtliche Entscheidungen gebilligten Verfahrens sind folgende: Erstens sind die lithographischen Steine dem Drucker für seinen Gewerbebetrieb nothwendig und nicht in jedem Falle durch Neuankauf in gleicher Güte zu ersetzen (z. B. die seltenen, sogenannten blauen Steine für feinste Gravurarbeiten); eine grundsätzlich zugegebene Aus lieferungs-Verpflichtung würde demnach den Druckei’ in nicht abzu sehende Ungelegenheiten bringen können. Zweitens kommt der Umstand in Betracht, dass die Besetzung der Steine mit Lithographien nicht von dem Gesichtspunkt aus erfolgen kann, jede Lithographie immer auch auf einem oder mehreren Steinen für sich auszuführen, weil damit in (len meisten Fällen eine nutzlose! Materialverschwendung verbunden sein würde, sondern dass neu herzu- j stellende Lithographien eben dahin gesetzt werden, wo sie dem verfüg baren Raume nach am besten hinpassen. So kann es kommen, dass 'ein Stein auf seiner Vorderseite den Briefkopf der Firma Müller, aut | seiner Rückseite einen Wechsel der Firma Schulze trägt, dass Etiketten von Fabriken, die sich sonst auf dem Weltmärkte als ärgste Kon kurrenten befehden, sieh hier auf dem Steine freundnachbarlich begegnen. Alle diese Lithographien sind natürlich — hoffentlich! — bezahlt, aber welchem Kunden soll nun ein Anrecht auf Auslieferung der Steine zustehen? Bestände ein solches Anrecht überhaupt, so käme der Drucker nie aus den Verlegenheiten heraus; denn erstens würde eine Auslieferung der mit auf dem Stein stehenden Lithographien an l Unbefugte einem Missbrauch Thür und Thor öffnen, und zweitens wäre dem Drucker nach Auslieferung die Möglichkeit genommen, etwaige Aufträge von Kunden, deren Lithographien mit auf den betreffenden Steinen stehen, pünktlich auszuführen. Es entständen also Verhältnisse, die nicht nur im Interesse des Druckers, sondern auch in Rücksicht auf seine Kunden eine Steinauslieferung völlig unmöglich machen. Etwas anders liegt der Fall bei Verlagsartikeln des Buch- oder Kunsthandels! Hier wird wohl allgemein der Vorbehalt einer Aus lieferung als stille Voraussetzung anerkannt und zwar deshalb, weil die oben geschilderten, eine Auslieferung hindernden Umstände nicht oder doch viel weniger in Betracht kommen. Die erwähnten Verlagsartikel des Buch- und Kunsthandels, die in lithographischen Anstalten das Licht des Daseins erblicken, sind meist Farbendruckbilder, zu deren Herstellung die gewöhnlichen gelben durch Neuankauf sofort ersetz baren Steine dienen. Ferner haben derartige Lithographien gewöhnlich einen solchen Umfang, dass sie entweder allein oder zu mehreren zu sammen einen ganzen Stein füllen, sodass also eine Gefährdung der Interessen anderer Kunden ausgeschlossen bleibt. Die Kosten der artiger Lithographien sind meist ganz bedeutend, sie stellen also einen Vermögensgegenstand des Verlegers dar, über den der letztere ein Ver fügungsrecht auch im Interesse seines Geschäftsbetriebes in Anspruch nehmen kann, z. B. im Falle eines Verkaufs, eines Neudrucks, oder behufs eigener, sicherer Aufbewahrung der Steine. Ich habe es gern begrüsst, die vorstehende im praktischen Leben immer wieder auftauchende Frage gerade in der Papier-Zeitung zur Aussprache gestellt zu sehen; die Aeusserungen, die sie hervorruft, werden sicher dazu beitragen, um in unserem Berufskreise eine einmüthige Beurtheilung immer mehr zu verbreiten. Um darzu- thun, dass auch im Auslande die von mir geschilderte Auffassung viel fach maassgebend ist, sei hier auch daran erinnert, dass man auf den Briefbogen englischer und amerikanischer Druckereien sehr häufig die Bemerkung angebracht findet, dass eine Auslieferung von Steinen nicht gewährt wird, eine Gepflogenheit, die auch bei uns in Deutschland nachgeahmt werden sollte. In Nr. 22 äussert sich Ihr rechtskundiger Mitarbeiter über das »Eigenthumsrecht an Lithographien«. Derselbe nimmt dabei Bezug auf das Gesetz vom 11. Januar 1876, betreffend das Ur heberrecht an Mustern und Modellen. Fis ist jedenfalls richtig, dieses Gesetz hier anzuwenden, indess kann das selbstverständlich nur unter der Voraussetzung geschehen, dass der Lithograph auch den Entwurf, also das »Muster« zu der von ihm ausgeführten Arbeit geliefert hat. Diese Voraussetzung hat Ihr Herr Mitarbeiter jedenfalls durch den etwas unklaren Satz: »Sicherlich ist die Lithographie in neuer und eigenthümlicher Art ausgeführt« fest stellen wollen. In dem Artikel heisst es dann weiter: »Zwar kann der Lithograph, solange er das Muster nicht in das Musterregister hat eintragen lassen, die Nachbildung der Etiketten nicht hindern. Zur Anmeldung des Musters behufs Eintragung hat er aber noch Zeit; das Recht dazu verjährt nicht«. Hier ist Ihr Herr Mitarbeiter zweifellos im Irrthum. Der § 7, Abs. 2, des angezogenen Gesetzes bestimmt ausdrücklich: »Die An meldung und Niederlegung muss erfolgen, bevor ein nach dem Muster gefertigtes Erzeugniss verbreitet wird« — sodass also ein nachträglicher Eintrag, z. B. nach Ablieferung der ersten Auflage, ohne jede rechtliche Wirkung bleiben würde. Ich halte mich für verpflichtet, auf diesen sehr wichtigen Umstand hinzu weisen, da der betreffende Artikel sonst leicht einmal zu ganz falschen Maassnahmen Veranlassung geben könnte. D. * * * Berlin, 16. März 1896. Auf meinen Rechnungen habe ich, um allen Streitigkeiten vorzu beugen, folgenden Satz gedruckt: Lithographien, wenn auch extra berechnet, bleiben mein Eigenthum, dieselben werden für Nachbestellungen 2 Jahre aufbewahrt. Ich halte dies für empfehlenswerth. j }^ ea i er Chromolithogr. Kunstanstalt. * * * H . . . ., 16. März 1896. Wir erklären unsere volle Zustimmung bezüglich der Auffassung Ihres rechtskundigen Mitarbeiters in der Frage »Eigenthum der Litho graphie«. Um jedoch in dieser Beziehung sicher zu gehen, heben wir in unsern Angeboten stets ausdrücklich hervor, dass der Stein in unserm Besitz verbleibt. ... _