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Elektrische Kraftübertragung. Die Rathsdamnitzer Cellulose- und Papierfabriken A.-G.. vorm. C. F. Meissner & Sohn, liessen durch die »Union«, Elekrizitäts- Gesellschaft, Berlin, die 200 PS betragende Wasserkraft der 1893 abgebrannten Pressspan- und Pappenfabrik in Scharsow nach System Thomson & Houston in die 3 km entfernte Papierfabrik Rathsdamnitz bei Stolp in Pommern übertragen. Die Wasserkraft von 2500 Sekundenliter bei 8 m Gefälle wird durch eine Turbine von 125 und eine von 75 PS nutzbar gemacht, deren Gang durch einen Regler der Firma F. M. Voith in Heidenheim gleichförmig erhalten wird. Zur Erzeugung der elektrischen Energie sind zwei Dynamo maschinen der »Union«, E.-G., von je 65 Kilowatt Leistung aufgestellt welche durch Riemen von der gemeinsamen Hauptwellederbeiden wird vom Schaltbrett weg im Dreileitersystem durch zehn blanke Kupferdrähte zu 6 mm Durchmesser, auf Holzmasten isolirt, nach der 3 km entfernten Verbrauchsstation, der Papier- und Zellstoff fabrik in Rathsdamnitz, geleitet, wo sie von einer Vertheilungs- Schalttafel aus den einzelnen Elektromotoren zugeführt wird. Die Leitung wird gegen Blitzschlag durch einen über dieselbe gezogenen Stacheldraht geschützt, welcher zur Erde abgeleitet ist. Die Dynamomaschinen und Elektromotore werden durch besondere Blitzschutzvorrichtungen des Systems Thomson-Houston gegen etwaigen Schaden gesichert. Die Umwandlung der elektrischen Energie in Arbeitskraft geschieht durch fünf Elektromotoren der »Union«, E.-G., Berlin, von je 40 bis 50 PS. Drei derselben arbeiten an gemein samer Welle und betreiben vier Holländer, welche beim Mahlen von Pergamentpapier, ihrer grössten Leistung, je 30 PS in Anspruch Fig. L Turbinen angetrieben werden (Abbildung 1). Die Riemenscheiben auf der Hauptwelle sind mit Hildebrandtscher Kuppelung versehen, sodass ein Ausrücken dieser Scheiben und damit der Dynamo maschinen auch während des Betriebes möglich ist. Der von diesen beiden Dynamos erzeugte Strom wird zu einem Schaltbrett geführt, auf weichem Ampremeter und Voltmeter, Ausschalter und Nebenschlussregulatoren auf Marmor angebracht sind. Jede Dynamo besitzt eine selbstthätige Ausschaltvorrichtung, welche für den Fall der Ueberlastung den Strom unterbricht. Um ein Durchrasen der so plötzlich entlasteten Turbinen zu verhindern, ist für jede Dynamomaschine ein künstlicher Belastungswiderstand von etwa 50 PS vorgesehen, welcher im Augenblick der Strom unterbrechung selbstthätig eingeschaltet wird. Die Wirkung dieses Widerstandes kann noch durch eine Riemenscheibenbremse erhöht werden. Die Beleuchtung der Kraftstation wird durch 18 Glühlampen zu 16 Normalkerzen bei 110 Volt Spannung bewirkt, die je zu 6 Stück hintereinander in einen Stromkreis von 650 Volt geschaltet sind. Trotz schwankender Belastung der Dynamomaschinen wird infolge der guten Regelung ein ruhiges und gleichmässiges Licht erzielt. Die von den beiden Dynamos erzeugte elektrische Energie nehmen. Von derselben Welle wird noch ein Kollergang für Papierspäne und eine Wasserpumpe in Betrieb gesetzt. Diese Hauptwelle kann gleichzeitig mit einer Dampfmaschine von 150 PS gekuppelt werden, wenn der Wasservorrath der Kraftstation Scharsow nicht ausreicht. Um auch den geringeren Wasservorratli in Scharsow ausnutzen zu können, kann man die kleine Turbine allein betreiben und das Dreileitersystem in ein Zweileitersystem verwandeln. Hierdurch lässt sich eine geringere Anzahl von Motoren, ja auch nur ein einziger, in Gang erhalten. Bei den Holländermotoren ist durch eine besondere Einrichtung der Spulen ein Ausgleich der Belastung dergestalt erzielt worden, dass die Belastung des einzelnen Motors durch diebeiden anderen geregelt wird.. Der vierte Motor von 40 bis 50 PS treibt die Kalanderwerk statt, in der zwei Kalander verschiedener Grösse, zwei Quer schneider und eine Feuchtmaschine aufgestellt sind. (Abbildung 2). Der fünfte Motor wird zur Verarbeitung des Rohstoffes für die Zellstofferzeugung verwendet und betreibt zwei Hackmaschinen zum Zerkleinern des Holzes, zwei Kreissägen, mehrere Bohr maschinen und Pumpen. Eine Fernsprecheranlage vermittelt die Verständigung zwischen Kraft- und Verbrauchsstation.