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662 PAPIER-ZEITUNG. Nr. 21. Zoll auf Muster. Berlin, 21. Februar 1896. Ich erlaube mir, in den Anlagen zwei aus Petersburg stammende Schriftstücke zu unterbreiten, die eine von mir meinem Petersburger Vertreter zugesandte Kiste, enthaltend etwa 30 kg beschriebene, in Bucher geklebte Muster des Luxuspapierfaches, betreffen. Ich bin willens, die nach meinem Wissen ungeheuerliche Note nicht zu bezahlen. Sie können mir wohl rathen, wo ich meine Reklamation anzubringen habe (Auswärtiges Amt?). M. St. Petersburg, 30. Januar 1896. Herrn M., Berlin. Von H. S. R. erhielt seiner Zeit zur Verzollung: J. M. 811. 1 Kiste Papierwaaren, worüber Ihnen einliegend Konto Finto überreiche, mit der höflichen Bitte, mir die Summe gefälligst remittiren zu wollen, da H. R. die Spesen nicht auf sich nehmen will. Obwohl die Sendung aus Mustern besteht, so hat dieselbe doch den Charakter von verkaufbarer Waare und ist daher vom Zollamt nicht zollfrei durchgelassen worden. Ihren gefälligen umgehenden Nachrichten sehe entgegen und zeichne Hochachtungsvoll P. S. St. Petersburg, 30. Januar 1896. Nota für Herrn M., Berlin. J. M. 811 1 Kiste Btto. 2 Pud 18 Pfd. An Nachnahme Fracht Lagermiethe Zoll laut umstehender Spezifikation Accidentien 5 pCt. Kanzlei-Gebühren Agio 501/2 pCt, Angabe und Stempelpapier Artellgebühren, Küperlohn, Drägil, Plombage, Papier u. kl. Spesen Briefporto Empfangen, Wiegen, Abfertigen, Fuhrlohn u. Begleitung Kommission P. S., St. Petersburg. Spezifikation der Zollgefälle. An Zoll für Buchbinderarbeit Feine Kurzwaare Ordinäre do. Papierfabrikate Netto. Zoll-Satz. S.-R. Cop. Pud. Pfd.|Sol. ä per 1 9 12 14/50 Pud. 17 82 — 3 48 1/80 Pfd. 6 30 — — 48 -/40 Pfd. 20 2 48 8 /75 Pud. 24 55 87 Die Beschwerde über zu Unrecht erhobenen Zoll ist durch den Empfänger der Waare bei dem russischen Zollamte einzu bringen, welches die Waare verzollt hat; dieses legt die Beschwerde dem Finanzministerium vor. Erst wenn der Beschwerdeführer dort nicht zu seinem Rechte kommt, sind weitere Schritte beim deutschen Konsulat in St. Petersburg anzurathen. Ob in Bücher geklebte Chromo-Bilder, die nur als Muster dienen können, aber dennoch von der Zollbehörde als verkäufliche Waare angesehen werden, mit Recht einem so hohen Zoll unter worfen werden wie die Rechnung zeigt, wissen wir nicht. Falls einer unserer Leser Erfahrung darin hat, bitten wir um freundliche Mittheilung. D. Red. Weisser Harzleim. Aus Schweden, 22. Februar 1896. Ich habe eben versucht, weissen Leim zu kochen, aber ohne Erfolg, und wäre sehr dankbar, wenn Sie mir helfen wollten. Unser Kocher ist aus Eisen, fasst etwa 1 cbm nnd wird mit indirektem Dampf gespeist. Der Dampfdruck ist 50 Pfd. auf den Quadrat-Zoll. Ich löste 20 kg Ammoniaksoda in 1201 Wasser auf und gab nach und nach 195 kg Harz zu. Nach vier Stunden wurde die Lösung sehr dick und hatte eine Temperatur von 110° C. Sie gab wenig . Dampf ab. Dann wurde sie dicker, das Sieden hörte auf und die Temperatur sank bis auf 100° C., obwohl ich, wie ich glaube, eben soviel Dampf wie am Anfang hatte, wenigstens war der Dampf druck gleich hoch. Nach sechs Stunden war das Harz garnicht gelöst, und ich merkte, dass sich viel Harz an der Wand des Kochers abgesetzt hatte. Nun musste ich die Kochung wegen Zeitmangels ein stellen und zu der gewöhnlichen Methode der Herstellung des braunen Leims greifen. Es wäre mir sehr interessant, zu wissen, ob ich zu wenig Wärme hatte, und ob es nicht möglich sei, weissen Leim mit einer Temperatur von 105 bis 110° C. herzustellen. In Hofmann’s Handbuch der Papierfabrikation heisst es nämlich, dass hohe Temperatur nothwendig sei, aber wie hoch ist nicht gesagt. Vielleicht habe ich etwas unrichtig gemacht. H Die Erzeugung von weissem Leim beruht darauf, dass sich freie Harzsäure in der Harzseife aufs Feinste vertheilt, sozusagen sich darin auflöst. Diese feine Vertheilung kann nur dann statt finden, wenn die freie Harzsäure geschmolzen ist. Der Schmelz punkt der Harzsäuren liegt zwischen 129 und 140° C. Die Temperatur des in diesem Falle zur Verfügung stehenden Dampfes von 4 Atm. Ueberdruck beträgt 145° C. .Der Unterschied der Temperatur ist zu gering, um die Harzseife, welche ein schlechter Wärmeleiter ist, auf die Schmelztemperatur der Harzsäuren zu erhitzen. Nach Dr. Wurster benutzen viele Fabrikanten aus diesem Grunde zur Herstellung weissen Leimes einen durch freies Feuer erhitzten Kessel. Wenn mehr Soda, z. B. 1/7 vom Harzgewicht, genommen und der erhaltene Leim sehr stark verdünnt wird, so entspricht nach der Meinung eines hervorragenden Papierfabrikanten der Leim allen Anforderungen, die man an weissen Leim stellen kann. Freilich spielen die örtlichen Verhältnisse, wie Fabrikationswasser, Harzsorte usw., mit eine Rolle. Uebrigens ist in Hofmann’s Handbuch der Papierfabrikation, 2. Autl., I. Band, Seiten 312 bis 317, das Wichtigste, was bisher über weissen Harzleim veröffentlicht wurde, zusammengestellt. Eigenthumsrecht an Lithographien. ,9. März 1896. Der Artikel unter obiger Ueberschrift in Nr. 20 ist wohl für jeden Druckereibesitzer von grosser Wichtigkeit, und es wäre wirklich dankenswerth, wenn sich die interessirten Firmen lebhaft an einer Aussprache über diesen Punkt betheiligten, um ihre gesammelten Erfahrungen auch weiteren Kreisen zugänglich zu machen. Nach meiner Ansicht ist es keinem Drucker zu verdenken, wenn er lithographische Platten usw. nicht ausliefert, selbst wenn die Litho graphien auf der Rechnung getrennt aufgeführt sind, wie in dem in Nr. 20 beschriebenen Fall. Er will dadurch seinem Kunden klar- machen, dass derselbe bei Nachbestellungen erheblich' billiger ein kauft, denn die Kosten für die lithographischen Platten fallen ja später fort, weil dieselben für Nachbestellungen aufbewahrt werden. Der Drucker berechnet in den meisten Fällen für die Lithographien nur seinen Selbstkostenpreis oder begnügt sich mit einem kleinen Gewinn. Sehr oft wird er beim ersten Auftrag nicht mal seine Selbst kosten für die Platten herausbekommen Er rechnet eben auf Nach bestellungen und sagt sich, dass dann die Spesen für Acquisition, die kostspieligen Entwürfe und sonstigen Unkosten fortfallen. An mich wurde schon oft das Ansinnen gestellt, Lithographien die ich aus oben angeführten Gründen stets besonders berechne — auszuliefern. Jedoch habe ich dies stets abgeschlagen und bin noch niemals in eine Klage verwickelt worden, trotzdem ich überzeugt bin, dass sich die Besteller vorher über die juristische Seite der Frage erkundigt hatten. Es wäre auch traurig, zur Herausgabe der Platten gezwungen werden zu können, nachdem man mit vielen Spesen einen Kunden erwarb und vielleicht einen kleinen Auftrag ausführte, bei dem man für die Lithographie, eben mit Rücksicht auf kommende Nachbestellungen, kaum die Selbstkosten berechnete! Wäre man ver pflichtet, die Plätten dem Besteller auszuhändigen, so könnte derselbe seine Sachen bei jedem andern Drucker fertigen lassen, und letzterer würde mit leichter Mühe und ohne Kosten die Kastanien aus dem Feuer holen! Mit demselben Recht müsste dann der Buchdrucker sein Schriftenmaterial und der Photograph seine Negative ausliefern. H. Fabrikgeheimniss. ,27. Februar 1896. Mit der Antwort der Red. über dieses Thema in Nr. 14 d. J. stimme ich überein, doch glaube ich, dass darüber ein Wort mehr wohl angebracht sein dürfte, umsomehr als augenblicklich im Reichstag ein Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb berathen wird und auch in der Pap.-Ztg. schon mehrere Artikel erschienen, die zu einer eingehenderen Betrachtung dieser Frage anregen. Den Begriff des Geschäfts geheimnisses zu fixiren, ist bis jetzt eine Unmöglichkeit gewesen, und wahrscheinlich wird dies auch ferner so sein. Auch will mir scheinen, dass durch das Gebahren vieler Fabrikanten die Beamten zum Sünden- bock, gemacht werden. Es erscheint unstatthaft, die Schuld lediglich auf die wirthschaftlich Schwächsten zu laden, während manchmal gerade die Hauptschreier diejenigen sind, welche vom Arbeiter und Angestellten recht viel erfahren wollen, wie es anderswo gemacht wird, nachher aber Feuer und Flamme speien, wenn diese Leute auch in ihrem Betriebe Augen und Ohren offen halten und nicht nur Neuigkeiten vom Fach bringen, sondern auch mitnehmen. Bekennen wir offen, dass nur in den seltensten Fällen Geschäfts geheimnisse das Produkt eines Einzelnen sind. Ein Geheimniss im Fabrikbetrieb kann nicht durch blosses Hören und Sehen, sondern nur durch die Erfahrung so erworben werden, dass daraus für den Betreffenden und für Dritte Vortheile erwachsen können. Ich kenne