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570 PAPIER-ZEITUNG. Nr. 18. haben dürfte in der ganzen Kalenderfluth. Sein Entwurf stammt von Professor N. W. Nabokof in St. Petersburg. Noch dreier dieser Neujahrsboten sei gedacht; sie sind über den Ocean gekommen aus der nordamerikanischen Gelehrten- und Kunststätte Boston, und ihr Urheber ist die berühmte Firma von L. Prang & Co. daselbst. Der eine nennt sich Poster Calendar Affichen-Kalender —, und Format und Ausführung rechtfertigen diesen Namen. Er besteht aus Titelblatt und 12 Monatsblättern von 29:42 cm Grösse; die Figuren sind gross nach Affichenart, nur in Linien, ohne Schatten und in flachen Tönen gehalten; ihre Zeichnung ist aber trotzdem sorgfältig und ausdrucksvoll, und die Farben" sind rein und leuchtend. Gegenstand der Zeich nungen ist das gesellschaftliche Leben und Treiben der jungen feinen Welt im Wechsel der Monate, wobei es mit amerikanischer Schneidigkeit zugeht, denn während wir z. B. im Mai ein Pärchen erblicken, das eben erst »sein Herz entdeckt« zu haben scheint, sehen wir dasselbe im Juni schon als Brautpaar, und hätten nun eigentlich erwartet, um im amerikanischen eitmaass zu bleiben, ihm im Juli als »geschiedene Leute« zu begegnen, finden Beide indess noch als glückliches Paar auf den Wellen gondelnd. Das Kalendarium ist auf jedem Blatte nur durch eine Datumtafel vertreten, die Monatsnamen aber werden in über 6 Cicero grossen, rothen, schwarzumrandeten Initialen gegeben. Einen Gegensatz zu diesem derb-realistischen Kalender bilden die »Flower Fairies« (Blumen-Feen), ein mit dem Titel fünf Blatt starker Kalender in Lexikon-Oktav auf feinstem Kreidekarton, in dem die chromolithographische Kunst des Bostoner Meisters und alten, lieben Landsmannes in ihrer ganzen Feinheit und Schönheit zum Ausdruck kommt. Jedes der Blätter enthält die Datumziffern dreier Monate und Blumen der Jahreszeit; Januar bis März einen blühenden Apfelzweig und eine zarte, den Frühling veranschaulichende, emporschwebende, von duftigem Gewände leicht umhüllte Frauen gestalt; April bis Juni zeigt eine liebliche, auf Mohnblumen ent schlummerte Fee in weisser Umhüllung; Juli bis September bringt eine andere zarte Gestalt über blühenden Chrysanthemen, und auf dem Oktober- bis Dezemberblatte sitzt eine liebliche Rosenfee auf dem beschneiten Zweige einer Weymouthkiefer und scheint dem Gezwitscher einer Blaumeise zu lauschen, wobei uns aber für das zarte, für die winterliche Zeit etwas gar zu leicht ge kleidete Wesen bange werden könnte, dürften wir nicht voraus setzen, dass Feen weder Schnupfen noch Influenza bekommen. Der dritte der Prangschen Kalender hat sich ein für solche Bestimmung ungewöhnliches Publikum gewählt: er ist British Authors — britischen Schriftstellern — gewidmet, und bringt auf sechs Quartblättern in feinster Chromolithographie die Porträts von Shakespeare, Tennyson, Browning, Wordsworth, Burns und Byron, nebst Ansichten ihrer Geburtsstätten oder von Plätzen, wo sie mit besonderer Vorliebe geweilt haben; das Titelblatt ziert eine Ansicht von Stratford am Avon. Jedem Porträt ist ein kurzes Gedicht des Betreffenden beigedruckt, das man, damit es neben dem Bilde nicht störend wirke, in mattem Grau gehalten hat; bei einigen Blättern ist man indess darin zu weit gegangen, sodass die Schrift schwer leserlich geworden ist, namentlich wo sie auch zur näheren Bezeichnung der gegebenen Ansichten dienen soll. Es gehört dieser Kalender aber zu den vornehmsten dies jährigen Erzeugnissen chromolithographischer Kunst; von deutschen, soweit mir solche bekannt geworden, stehen nur die der Nisterschen Kunstanstalt zu Nürnberg auf gleich hoher Stufe. Damit aber schliesst die diesjährige Kalenderschau, die wiederum vieles Schöne, künstlerisch Anregende schildern konnte. Plakat für Alt-Berlin. Für diesen interessanten Theil der Berliner Gewerbe-Aus stellung 1896 hat der Maler H. Katsch ein Plakat entworfen, das von der graphischen Kunstanstalt Weylandt & Bauchwitz in vielfarbigem Druck hergestellt worden ist. Man sieht darauf einen Theil von Alt- Berlin, wie es auf der Ausstellung erscheinen wird: das alte Rathhaus mit der Gerichtslaube, die gegenüberliegenden Häuser der König strasse, in der Entfernung den Thurm der Heiligengeistkirche und auf dem Platz den Marktverkehr der damaligen Zeit. Auf einer Leiter stehend, die sich an den Schwibbogen am ehemaligen Georgen- Thor anlehnt, ist ein Jüngling in der Tracht der Zeit des Grossen Kurfürsten damit beschäftigt, ein Riesenschild »Willkommen in Alt-Berlin« mit Laubgewinden zu umkränzen, die ihm von Mädchen und Jünglingen zugereicht und an Ort und Stelle eben erst gewunden werden. Das Ganze macht einen lebendigen und freundlichen Eindruck. Leipziger Ausstellungs-Marke. Zu den wirksamsten modernen Reklamemitteln für eine Aus stellung gehört unstreitig die nach dem Vorgänge Portugals fast allgemein eingeführte Verwendung einer Siegelmarke. Eine solche ist nun dieser Tage auch für das Leipziger Ausstellungsunternehmen erschienen. Prof. M. Honnegger hat das Original geschalten, und Vertrieb der Firma Giesecke & Devrient in Verbindung mit den zarten lichten Farben ansprechendes und doch zugleich auffälliges Ansehen. Auf mosaikartig gehaltenem Gold grund thront hoheitsvoll eine Lipsia; ihr linker Arm stützt sich auf ein Schild mit dem Stadtwappen, der rechte hält Lorbeer kranz und Palme. Die unteren Ecken zeigen Sinnbilder der Industrie und des Gewerbes; nach aussen zu umschliesst ein blauer Rand die Inschrift: Sächsisch-Thüringische Indus trie- und Gewerbe-Ausstellung Leipzig 1897. Die Marke ist bestimmt, die Kunde von der Leipziger Ausstellung in alle Welt zu tragen. Diesen Zweck kann sie nur im Brief- und Geschäftsverkehr möglichst umfassende Verwendung findet. Die Marke erscheint in zwei Ausgaben; bei der einen ist der untere freie Raum dem Aufdrucke von Firmennamen Vorbehalten; sie bietet so den weiteren Vortheil, dass jede Firma, die die Marke auf diese Weise ausnutzt, nicht nur die Ausstellung, sondern auch sich selbst und ihre Artikel bekannt macht. Bei der andern Ausgabe ist der untere Raum mit den Daten April * 1897 * Oktober ausgefüllt; diese Form dient allgemeinen Zwecken und steht in zahlreichen durch geschmackvolle Plakate kenntlich gemachten Verkaufsstellen dem Publikum für weniges Geld zur Verfügung. Die hübsche Marke wird überall beifällige Aufnahme und die wünschenswerthe vielseitige Verwendung finden. Von der Berliner Ausstellungsmarke wurden z. B. in den ersten 14 Tagen über 5 Millionen abgesetzt — gewiss ein schöner Erfolg. Kleine Mittheilungen. Das umfangreichste Patent, das wohl jemals in einem Staate nachgesuchf worden sein dürfte, haben die Vereinigten Staaten von Nord-Amerika vor kurzem ertheilt. Es betrifft die Paigesche Letternsetzmaschine, die aus 1800(1 Theilen zusammengesetzt ist, und bei der die Konstruktion und Ausführung des ersten brauch baren Exemplares allein an 250000 Dollars gekostet haben soll. Das Patentgesuch umfasste nicht weniger als 204 Blatt Zeichnungen, die gegen 1000 Figuren aufwiesen. Während der acht Jahre, durch die die Untersuchung der Patent-Angelegenheit sich hinzog, wurde die Zahl der Zeichnungen auf 163 Blatt zusanimengestrichen; wenn man bedenkt, dass sonst ein Patentgesuch höchstens 2 oder 3 Blatt Zeichnungen aufweist, so begreift man, welche grosse Ausnahme dieses Gesuch darstellte, zu dessen Durchsicht der betreffende Beamte des Patentamtes gegen sechs Wochen brauchte, ehe er ein vorläufiges Urtheil abgeben konnte; dennoch kostete die Nachsuchung nicht mehr als die auch sonst für die kleinste Sache übliche Gebühr von 15 oder 20 Dollars, und das Patent amt berechnete den Schaden, den es an Zeitverlust durch diese Riesen- Anmeldung erlitten, auf etwa 1000 Dollars. Die Beschreibung der Erfindung musste zweimal gänzlich umgearbeitet werden; was die Anfertigung der Zeichnungen und Beschreibungen kostete, ist leider nicht bekannt gegeben. Der Druck der einen stattlichen Band darstellenden Patentschrift und die photolithographische Wiedergabe der 163 Blatt Zeichnungen erforderte einen Kosten aufwand, der sich für jedes Exemplar der Schrift auf 6 Dollars stellte, sodass viele Leute sich die Patentschrift, die trotzdem den ge wöhnlichen Preis von 10 Cents kostete, als Seltenheit kommen liessen. C. Fr. Reichelt. Büchertisch. Directory of Paper Makers. Adressbuch der Papierfabrikanten des Vereinigten Königreiches. London, 1896, Verlag von Marchant Singer & Co. Diese neue Auflage des bekannten Adressbuches enthält das alphabetisch geordnete Verzeichniss der Papierfabriken in England, Schottland, Irland und der Insel Man, ferner der Londoner Vertreter dieser Fabriken und der Londoner Papier-Grosshandlungen. Zusammen stellungen der Zahl sämmtlicher Fabriken, der Namen der Besitzer, der Art der Erzeugnisse usw. sind beigefügt. Die Arbeit zeugt von gründ licher und gewissenhafter Auswahl der Daten. Das Buch im Format 18:27cm ist in steifer Pappe mitKalikorücken gebunden, enthält vieleAnzeigen und kostet I sh — 1 M. Der Druck ist auf gutem Papier sauber ausgeführt. während Ausführung übertragen wurde. Die Komposition geben der Marke ein erfüllen, wenn sie