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2454 PAPIER-ZEITUNG. Mi. 77. vorzuziehen sei. Der Unausführbarkeit einer solchen gesetzlichen Einführung wurde wiederholt Ausdruck gegeben. Die Mehrheit der Befragten erblickt in der beabsichtigten Neuordnung einen öffentlichen Nachtheil, und zwar sowohl für das Publikum, als für den wirthschaftlichen Fortgang und das Gedeihen des Handels gewerbes, als auch für die Angestellten. Es sei auch zu beachten, dass manche Geschäftszweige, wie z. B. der Handel mit Saison-Artikeln, in der kurz bemessenen Zeit regeren Geschäftsganges durch Festlegung der Ladenschlussstunde sehr geschädigt werden würden. Man müsste, um diese Ungerechtig keit zu vermeiden, bald soviele Ausnahme-Bestimmungen erlassen, dass das beabsichtigte Gesetz eine sehr fragliche Bedeutung behielte. Wenn man der Frage der Vereinheitlichung der Laden schlussstunden praktisch näher treten wollte, dann würde man in Berücksichtigung vorstehender Verhältnisse, welche Ausnahmen nach jeder Richtung hin, besonders auch nach der Seite volks- thümlicher Gewohnheiten in verschiedenen Gegenden, rechtfertigen, nur zu dem Schlüsse kommen, Kleinbezirke zu schaffen, und die dort befindlichen wirthschaftlichen Verbände bei der Festsetzung von Ortsstatuten zu befragen. Dies wäre der einzige Weg, um die Handelswelt und das betheiligte Publikum vor schweren Nachtheilen zu bewahren. Es sei auch zu betonen, dass gerade in denjenigen Geschäften, welche aus dem Bedürfniss und den Gewohnheiten des Publikums heraus die Läden erst zu später Stunde schliessen, zumeist die selbständigen Ladenbesitzer allein ihres Dienstes walten. Diese Gründe haben die Kommissions mehrheit zu einem ablehnenden Votum auf die gestellte Frage veranlasst. Die Kaufmannschaft von Berlin hat den Bestrebungen der hohen Reichsregierung auf Besserung sozialer Verhältnisse im allgemeinen und im Handelsgewerbe im besondern das regste Interesse entgegengetragen und bereitwilligst alle diejenigen schweren Opfer auf ihre Schultern genommen, welche die soziale Gesetzgebung zum Schutz der Unselbständigen für die Eventualitäten des Lebens forderte. Auch im vorliegenden Fall hat die in der Kommission inkorporirte Vertretung der verschiedensten Handels zweige sich bemüht, das Wohl der angestellten Kaufleute in ernste Berücksichtigung zu ziehen, dabei aber die Sachlage in durchaus vorurtheilsfreier Weise zu untersuchen. Die Eingabe bemerkt zum Schluss Folgendes: Das Gesammt-Ergebniss dieser Untersuchung zeige, dass überall in den diesseitigen Kreisen die unumgängliche Nothwendigkeit für die Erhaltung einer un beschränkten Bewegungsfreiheit in Handel und Verkehr zum Ausdruck komme. Jede Beschränkung dieser Freiheit werde ungesund auf den Geschäftsgang einwirken und Opfer erfordern, welche besonders der kleine und mittlere Geschäftsmann, die Kaufmannschaft, nicht tragen kann, ohne grossen Schaden zu erleiden. Die Folge davon werde nicht in letzter Linie auf die Angestellten selbst zurückfallen; denn die von solchen gesetz lichen Einschränkungen der freien Handelsthätigkeit betroffenen Geschäftsleute werden sich in Bezug auf die Angestellten in gleicher Weise einzuschränken haben, wie die Einnahmen sich vermindern. *** Wie wir an dieser Stelle mehrfach betont haben, stehen wir auf gleichem Standpunkt wie die Eingabe. Allzuviel Gesetz gebung hemmt, macht Fabrikanten und Händler unlustig, und verursacht vielfachen Schaden. Die wirthschaftlichen Verhältnisse sind nicht danach, um immer neue Experimente zu rechtfertigen. Jeder Geschäftsmann, besonders der Ladenbesitzer muss heute schwer kämpfen, um durchkommen zu können, und er hat sicher mehr Sorgen als seine Angestellten, zu deren »Schutz« alle diese Gesetze erdacht wurden. Man sollte der wirthschaftlichen Noth lage Rechnung tragen und mit neuen Verordnungen warten, bis sich die den Kern der Bevölkerung bildenden Erwerbskreise etwas erholt haben. Verbessertes Löthrohr. Die Wirksamkeit von Löthrohren wird nach W. James, englisches Patent Nr. 2370, dadurch bedeutend erhöht, dass man in dem Rohr eine Erweiterung anbringt, in welche ein mit Benzolin oder anderem flüchtigen Brennstoff getränkter Schwamm bez. Baumwoll-Pausch gelegt wird. Bei der Benutzung eines solchen Löthrohres wird die durchstreichende Luft mit dem brennbaren Gas gemischt, und grössere Hitze erzeugt. Papierfabrikation in Indien. Fortsetzung zu Nr. 76. Nachdruck verboten. Füllstoffe. (Schluss). Das Kaolin ist oft von quarz- und okerhaltigen Adern durchzogen und wird zweckmässig gleich an Ort und Stelle vor- sortirt. Die feldspathartig sich spaltenden Blöcke werden entzwei geschlagen, die farbigen schiefrigen Adern durch ein paar Hammer schläge entfernt, und dann die gereinigten Stücke zum Schutz gegen Staub in alte Säcke gepackt und auf Eseln oder Ochsen karren nach der Fabrik geschafft. Wenn man das vorläufige Sortiren an der Grube unterlässt, so wird die Farbe leicht durch den unterwegs zerbröckelnden Oker beeinträchtigt. Die weitere Verarbeitung ist höchst einfach: nach sorgfältigem Sortiren durch Mädchen, welche vorerst alle grössern Stücke zerschlagen, wird die gute Waare und der für ungebleichte Papiere bestimmte Ausschuss gesondert in den landesüblichen Kollergängen gemahlen. Ein paar Ochsen, für die sammt Treiber 1 M. 25 Pf. den Tag zu zahlen sind, mahlen durchschnittlich 3000 kg täglich. Das Pulver wird mit Wasser angerührt, über eine sandfangähnliche Einrichtung geschlämmt und in Behälter abgelassen. Das nach einigen Tagen über dem Thon stehende klare Wasser wird abgeschöpft. Ich habe auf diese Weise die Fabrik jahrelang mit der nöthigen Thon erde versorgt und hatte, nachdem die Sache einmal ausgeklügelt und eingerichtet war, bald nichts weiter damit zu thun, als täglich den Wassergehalt der in die Fabrik gehenden feuchten Thon erde festzustellen. Ob es eine noch einfachere Methode giebt ist mir unbekannt, da meines Wissens Niemand sonst das indische Kaolin anstelle von europäischem China Clay benutzt hat. Ich hätte natürlich auch durch einfache Benutzung der Sonnenwärme trockenes Pulver darstellen können, und Versuche in dieser Richtung gelangen vollkommen. Das hätte jedoch die Kosten unnütz vermehrt und die Fabrik um den grossen Vortheil gebracht, dass die Aufseher die wirklichen Mengen Erde, die sie in die Holländer einzutragen hatten, nicht kannten. Ich fand nämlich bei denselben eine solche Unwissenheit über die zulässigen Mengen, dass ich mich bald für Geheimhaltung entscheiden musste. Wir beschwerten früher unsere gewöhnlichen Papiere mit 10 pCt. Erde, und da die Händler oft erklärten, dass sie lieber weniger starkes Papier hätten, wenn wir dafür den Preis etwas ermässigen könnten, so sagte ich einst den Aufsehern, dass wir einen Versuch mit 15 pCt. Aschengehalt machen wollten. Da gab es Kopf zusammenstecken und Murren, und natürlich schlug der Versuch fehl. Als ich aber nasse Erde mit den Leuten unbekanntem Trockengehalt in die Holländer eintragen liess, konnte ich den Aschengehalt auf 16 bis 18 pCt. steigern, ehe Jemand eine Ahnung davon hatte. Nur musste die Leimung sorgfältig beobachtet und gelegentlich eine Kleinigkeit mehr Harz zugesetzt werden, wenn der Aschengehalt noch höher stieg. Meine anfängliche Furcht vor hohem Aschengehalt wurde durch folgenden Vorfall beseitigt: Wir hatten braunrothes Papier nach Muster zu färben, und ich hatte die Farbe durch eine Mischung in gewissen Ver hältnissen von rothem Ocker und Eisenoxyd, welche aus der Umgegend stammten, festgestellt. Wieviel jedoch von dem Gemisch einzutragen war, um genügend tiefe Farbe zu erhalten, liess sich natürlich nicht voraussagen. Schon waren fünfzig oder mehr Prozent Erdfarbe in den Holländern, und noch immer war die Farbe zu hell, als mir der Holländermüller gestand, dass er aus Versehen auch weisse Thonerde in üblicher Menge ein getragen hatte. Da war guter Rath theuer, denn künstliche Farbe durfte nicht verwendet werden, und eine andere Verwendung war für das Papier nicht zu finden. Wir mussten also wohl oder übel mit Erdfarbe-Zusatz fortfahren, bis der richtige Ton getroffen war. Natürlich thaten die Leute das Mögliche, um ihr Versehen wieder gut zu machen, und so kam denn schliesslich Papier heraus, das trotz eines Aschengehaltes von 38 pCt. ohne allen Anstand angenommen wurde; selbst die Leimung genügte. Stark war das Papier freilich nicht, und frei willig hätte ich den Versuch nicht gemacht. Aber der Vorfall zeigte uns, dass wenn mit kräftigen Fasern gearbeitet wird, und die Arbeiter ihr Bestes thun, Papier viel mehr Thonerde vertragen kann, als gewöhnlich angenommen wird. Die Füllstoffe scheinen überhaupt das Aschenbrödel vieler Papier macher zu sein. Ich habe tüchtige Maschinenführer und Holländer müller gesehen, die keine Ahnung davon hatten, ob einer bestimmten Stoffmischung 5 oder 20 pCt. Thonerde einverleibt werden durften, um ebenso kräftiges Papier wie ein vorliegendes Muster zu erzeugen. Sie fuhren eben fort, gedankenlos die in den betreffenden Fabriken üblichen Mengen in die Holländer ein zutragen, und wenn sie gelegentlich für besonders gutes Papier