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2448 PAPIER-ZEITUNG. Mr. 76. Wechsel-Recht. 1. Klagen wegen Forderungen von mehr als 300 M. gehören vor die Landgerichte und unterliegen dem Anwaltszwange. Die dritte Instanz ist nur zulässig, wenn der Beschwerdegegenstand 1500 M. übersteigt. Es entsteht die Frage, ob eine Klage wegen 300 M. Wechselsumme und 3 M. Protestkosten beim Amts- oder Landgericht zu erheben und ob, wenn 1500 M. Wechselbetrag und 3 M. Protestkosten streitig sind, die Revision zulässig ist. Soviel ist sicher, dass die Zinsen, Protestkosten, Provision und Porto als Nebenforderungen gelten und bei Berechnung des Streitgegenstandes nicht mitzählen, wenn der Inhaber des Wechsels, welcher denselben hat protestiren lassen, die Klage anstellt. Eine Klage, welcher ein Wechsel über 300 M. zu Grunde liegt, kann daher ohne Mitwirkung eines Rechtsanwalts beim Amtsgericht angestellt werden und die Revision ist unzulässig, wenn der Wechselbetrag 1500 M. nicht übersteigt. (Entsch. d. Reichsgerichts Band 1, S. 228.) Hatte aber der Kläger den Wechsel begeben und nach Aufnahme des Protestes denselben wieder eingelöst, also seinem Nachmanne z. B. 300 M. Wechselsumme und 3 M. Protestkosten erstattet und will 303 M. einklagen, so ist zu unterscheiden: Klagt er gegen einen Indossanten (Giranten) oder den Aussteller, so bildet alles, was er seinem Nachmanne hat zahlen müssen, eine einheitliche Forderung, die Protestkosten werden also bei Berechnung des Streitgegenstandes mitgezählt, und das Landgericht ist anzugehen. Auch würde, wenn der Kläger seinem Nachmanne 1503 M. einschliesslich 3 M. Kosten erstattet hat, die dritte Instanz beschritten werden können. Ebenso könnte der Bürge, welcher dem Gläubiger 300 M. Kapital und 10 M. Zinsen bezahlt hat, den Hauptschuldner auf Erstattung der 310 M. nur beim Landgericht belangen. (Urtheile des 3. Senats des Reichsgerichts vom 27. Jan. 1882 und des 1. Senats vom 9. Dez. 1893.) Man sollte meinen, dass derselbe Grund auch bei Klagen gegen den Acceptanten zutreffe. Nach dem Urtheile des G. Senats des Reichsgerichts vom 6. Januar 1892 (Entsch. Band 29 S. 332) gilt jedoch dem Acceptanten gegenüber alles, was er äusser der Wechselsumme schuldet, nur als Nebenforderung. 2. Wer einen Wechsel protestiren lässt, muss alle leeren oder ausgefüllten Indossamente (Giros), welche unter dem ihn legitimirenden Vermerke stehen, durchstreichen; nur eine darunter befindliche Quittung kann er stehen lassen. Sonst ist der Protest unwirksam. Dies zeigte sich in folgendem Falle: Ein von R. an eigene Ordre auf Gebr. L. gezogener Wechsel zum 20. April 1892 über 1800 M. gedieh durch Leer-Giro des Ausstellers an G. & M. und durch deren Giro an die Deutsche Bank, worauf der Wechsel von dieser zum Inkasso an die Ordre der K. Vereinsbank und von dieser zum Inkasso an H. H. girirt wurde. Der Wechsel wurde bei Verfall nicht bezahlt und gelangte an die Vereinsbank zurück, welche, ohne das Giro an H. H. zu durchstreichen, am 20. April 1892 Protest aufnehmen liess. G. & M. lösten den Wechsel ein und klagten gegen den Aussteller R. Die Klage wurde jedoch wegen Nichtlegitimation der Vereinsbank zur Protest-Erhebung in I. und II. Instanz ab gewiesen, und das Reichsgericht, Senat I, hat die Abweisung am 9. Dezember 1893 bestätigt. »Der zur Begründung des Klage- Anspruchs erforderliche Protest war für eine zur Protest-Erhebung nicht legitimirte Person erhoben, ist daher wechselrechtlich ohne Bedeutung. Nur der gemäss Art. 36 der Wechsel-Ordnung zur Zahlungsforderung legitimirte Inhaber des Wechsels ist auch zur Protest-Erhebung legitimirt, weshalb auch der Name der Person, für welche der Protest erhoben wird, aus demselben ersichtlich sein muss. Auf dem Wechsel folgen dem Voll-Giro der Klägerin an die Deutsche Bank zwei Prokura-Indossamente, welche zur Zeit der Protest-Erhebung nicht durchstrichen waren. Ständen hier statt der Prokura-Indossamente Voll-Indossamente in Frage, so würde es, wie schon in Band 27, S. 43 der Ent scheidungen des Reichsgerichts ausgeführt ist, keinem Bedenken unterliegen, dass die Vereinsbank, ungeachtet ihres aus dem Protest ersichtlichen Besitzes des Wechsels, zur Protest-Erhebung nicht legitimirt gewesen wäre, da ihrer Legitimation ihr eigenes weiteres Giro, durch welches alle ihre Rechte aus dem Wechsel auf einen Dritten übergegangen sein würden, entgegenstand. Aber auch der Umstand, dass hier die Vereinsbank, welche selbst nur Prokura- Indossatarin und daher zur weitern Begebung des Wechsels durch Voll-Giro nicht befugt war, in Benutzung der ihr zustehenden Berechtigung ihre Befugnisse durch ein weiteres Prokura-Indossament einem Dritten übertragen hatte, kann nicht zu einem andern Ergebnisse führen. Denn auch ein Prokura-Indossament, obwohl es das Eigen thum an dem Wechsel (die Gläubigerrechte aus dem- selben) nicht überträgt, ermächtigt doch den Indossatar zur Ein ziehung der Wechselforderung und zur Protest-Erhebung, sowie zur Einklagung der nicht bezahlten und zur Erhebung der deponirten Wechselschuld, wie es ihn auch berechtigt, diese Befugnisse durch ein weiteres Prokura-Indossament einem Andern zu übertragen. Ein solches Indossament charakterisirt sich daher als eine Bevollmächtigung des Indossatars, in dem gedachten Umfange im Interesse des Indossanten zu handeln, und es kann daher, was das innere Verhältniss zwischen dem Indossanten und Indossatar anlangt, an sich jederzeit widerrufen werden. Allein im Verhältniss zu dritten Personen ist es von diesem Gesichts punkte nicht zu beurtheilen. Denn es ist kein gewöhnliches zivilrechtliches Mandat, sondern ein Mandat in wechselrechtlicher Form und Dritten gegenüber mit bestimmten wechselrechtlichen Wirkungen. Soweit diesen dritten Personen gegenüber die Befug nisse des Prokura-Indossatars reichen, ist dieser, so lange das Prokura-Indossament formell (laut der Wechsel-Urkunde) besteht, ausschliesslich legitimirt, die Rechte aus dem Wechsel geltend zu machen. Daher sind die dritten im Wechsel-Verbande stehenden Personen, solange ein Prokura-Indossament nicht wechselmässig beseitigt, d. h. durchstrichen ist, nicht verpflichtet, einen frühem Prokura-Indossatar, welcher sein Mandat durch ein weiteres Prokura-Indossament einem Andern übertragen hat, oder den letzten Voll-Indossatar, welcher das erste Prokura-Indossament ausgestellt hat, auf Grund der blossen Thatsache, dass die betreffende Person den Wechsel besitzt, als legitimirt zur Protest- Erhebung anzuerkennen.« Preisgekrönt: Düsseldorf, Madrid, Frankfurt, Amsterdam, Graz, Antwerpen. Keine aller elastischen Fe dern bringt die Schriftzüge so geschmeidig und glatt hervor wie diese Normal- Federn. 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