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Nr, 75. 2891 Buchgewerbe Buchdruck ® ® 0 Buchbinderei © ® ©es Buchhandel © ® ® Steindruck — Eingesandte Werke finden Besprechung. Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Sachliche Mitthellungen finden kostenfreie Aufnahme. Preis-Ausschreiben der Papier-Zeitung. II. Entwurf eines Blattes für den Muster-Austausch. Einlieferungs-Termin 30. September 1894. Preise 40 und 20 Mark. Die Bedingungen werden den Bewerbern auf Anfrage von der Redaktion der Papier-Zeitung mitgetheilt. Spiesse. Das Steigen des Ausschlusses in der Druckform wird in den meisten Fällen auf andere als die wirklichen Ursachen hingeleitet. Es heisst zweifelsohne zuerst »viel zu schwach ausgeschlossen!« obwohl der Setzer genau wie früher gearbeitet hat. Nun reisst man den Satz hin und her, glaubt zu finden, dass hier und da eine Zeile zu schwach ist, steckt noch verschiedene Viertelchen hinein, und nun soll dem Uebel abgeholfen sein; meist zeigt sich aber sehr bald das Gegentheil. Nun soll es Rahmen und Schliesszeug verschulden, man ändert, erneuert, doch der Kobold ist noch nicht verschwunden. Um das Uebel bei der Wurzel zu fassen, untersuche man den Cylinder-Aufzug auf seine Stärke; der Cylinder muss in der vom Maschinenbauer vorgesehenen Höhe zum Druckfundament stehen, d. h. die Theilstriche des Cylinder-Kammrades und der Fundament- Zahnstange müssen genau ineinanderlaufen. Geschieht dies nicht, so ist die Umfangsgeschwindigkeit des Druckcylinders zur Form zu gross oder zu klein, die Form wird fortwährend geschoben oder zurückgehalten, und Spiesse kommen hoch. Sodann ist der Gang der Maschine zu beobachten, Vibriren in den Zähnen des Cylinders und Fundaments sowohl als auch in der untern Führung des letztem muss vermieden werden. Ueber- haupt muss die ganze Gangart absolut ruhig sein. Ist dies erreicht und die Form in guter Beschaffenheit, so werden sich Spiesse kaum mehr zeigen. Klischees in Formen sind genau abzurichten, sodass sie nach unten genau gleichmässig aufruhen und nach den Seiten hin winklig anschliessen. Schief stehende, hohl gelagerte Druckstöcke geben dem Druck des Cylinders nach, bewegen sich also stetig und verursachen Spiesse. Sollte sich trotz Befolgung obiger An gaben das in Rede stehende Uebel noch zeigen, so klebe man Kartonstreifen von Textbreite unterhalb des Schriftbildes an den beiden Enden jeder Kolumne (also Anfang und Ausgang der Zeilen) fest auf, sodass der untere Theil der Buchstaben nicht berührt wird. Man wird dann wahrnehmen, dass das Uebel gehoben ist. Die Kartonstreifen pressen nämlich die Schrift oben etwas mehr zusammen als unten, und es wird so verhütet, dass Ausschluss oder Regletten steigen. n ♦ * * Letztgenanntes Mittel erscheint bedenklich, weil dadurch die ganze Form zum Steigen gebracht werden muss. In der Regel ist das »Spiessen« gewissen Maschinen eigen, die zu schwach gebaut sind. Der Karren biegt sich bei grossen Formen während des Druckens unter dem Cylinder etwas durch und geht dann wieder in die Höhe, die Form wird also fortwährend auf- und ab gebogen. So wenig dies sein mag, so reicht es doch hin, Aus schluss und dergl. in die Höhe zu bringen. Derartige Maschinen müssen sehr liebevoll behandelt werden, man sollte sie nur für leichte Formen benutzen, also schweren Druck darauf vermeiden. Hat man eine spiessende Form in einer solchen Maschine, und sind alle andern Mittel als vergeblich befunden, so versuche man es mit leichterem Druck, indem man den Aufzug um ein Blatt schwächer macht und den Cylinder um ein Blatt hebt. Meist wird nämlich zu schwer gedruckt, um Zurichtung zu sparen, und die Druckverminderung ist bei einiger Nachhilfe an der Zurichtung zulässig. Erweist sich auch dies als nutzlos, dann heraus mit der Form in eine andere Maschine. H. H. Geschmeidige Buch-Einbände. Während die Buchbinder früherer Zeit grossen Werth auf dicke und schwere Buchdeckel legten, neigt man jetzt immer mehr leichten Buchdeckeln zu, die bei Leinenbänden oft dünn bis zur Biegsamkeit hergestellt werden. Für den Leser ist es gewiss angenehmer, in einem leichten, handlichen Buch zu lesen, als in einem schweren, klotzigen Bande. Man sitzt während des Lesens nicht immer vor dem Tisch, und kann oder will das Buch häufig nicht auflegen. Das übermässige Gewicht der Buchdeckel und anderer Einbandtheile ist dann sehr unangenehm, die scharfen, harten Deckelkanten drücken empfindlich auf die Hand, und der Arm ermüdet bald. Viel angenehmer liest sich ein Buch mit dünnen, wenn möglich biegsamen Deckeln, deren Kanten nicht weit über den Buchschnitt hervorragen. Ebenso gewichtig sprechen buchtechnische Gründe für dünne Deckel. Vielfache Beobachtungen überzeugten mich, dass Bücher mit dicken Deckeln sich nicht gut aufschlagen lassen. Denn je dicker der Deckel ist, desto höher muss der Rückenfalz an das Buch gepresst werden, ein hoher Rückenfalz aber ist dem flachen Auflegen der Bücher nicht günstig, er leistet besonders dem Aufstehen der ersten und letzten Blätter Vorschub. Geschäfts bücher, die sich flach auflegen sollen, presst man deshalb auch ohne vorstehenden Rückenfalz ab. Bei Halbfranz-, Papp- und Leinenbänden ist die Höhe des Rückenfalzes durch die Dicke der Deckel bedingt, je dünner diese sind, desto niedriger kann der Falz sein, desto besser legen sich also die Bücher während des Lesens auf. Zu allen Büchern freilich ist der geschmeidige Einband nicht anwendbar. Formate über Oktav erfordern schon etwas kräftigere Deckel, da ihnen biegsame Deckel nicht genügend Stand geben, um das Aufrechtstellen in Bücher-Regalen zu vertragen. Bei derartigen Büchern haben biegsame Deckel indessen auch nicht den Werth wie bei Büchern kleinern Formats. Man kann sie schon wegen ihres Eigengewichtes nicht lesend in der Hand halten, und das flache Auflegen wird bei ihnen durch das grosse Format und das dadurch bedingte Blättergewicht auch bei hohem Falz ermöglicht. Ferner sind biegsame Deckel bei Halbfranz bänden und Pappbänden nicht am Platze; diese werden meist mit Papier überzogen und letzteres bricht, sobald es mit dem Papp deckel oft hin und her gebogen wird. Auch die schweren, harten Rücken und die sonstige Bindeweise der Halbfranzbände ist mit schmiegsamen Deckeln nicht in Einklang zu bringen. Dennoch sollte man aber auch hier die Pappdeckel nach Möglichkeit dünn wählen, schon um das Anpressen hoher Falze zu vermeiden. Dagegen sind die geschmeidigen Deckel zu Leinenbänden und zu Ganzlederbänden sehr zu empfehlen. Leinenbände, deren Format Gross-Oktav nicht übersteigt, sollten ausschliesslich in dünne, biegsame Einbände mit runden Deckel-Ecken gebunden werden. Es kommen schon vielfach solche Einbände vor, z. B. bei Reisebüchern, Weber’s Illustrirten Katechismen und andern Sammel-Werken. Die grosse Masse der Leinenbände wird jedoch noch in harte, dicke Deckel gebunden, deren Gewicht zu der leichten Bindeweise und der zierlichen, weichlichen Vergoldung oft sehr im Widerspruch steht. Der Leinenband soll eine bessere Art Broschur sein, als welche er ursprünglich entstand und auch von kunstsinnigen Bücher-Liebhabern meist betrachtet wird. Für die technische Herstellung solcher Bände ist Folgendes zu beachten: Die Geschmeidigkeit soll sich nicht nur in den Deckeln äussern, sondern auch im Buchblock oder genauer ausgedrückt im Rücken. Biegsame Deckel selbst erfüllen den Zweck nur halb, wenn nicht auch der Rücken geschmeidig ist, flaches Auflegen der Bücher ermöglicht und einen handlichen, angenehmen Gebrauch derselben gestattet. Das Heften — besonders dünner Bücher — sollte möglichst mit Faden auf Gazestreifen, welche den ganzen Rücken bedecken, geschehen. Da diese Art Heftung bei Handarbeit schwer ausführbar ist, so muss — im Falle der Bundheftung — ein Gazestreifen um die ersten und letzten Bogen herumgeheftet werden. Drahtheftung ist bei dünnen Büchern