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235« PAPIER-ZEITUNG. Mr. 74 Festmahl. In dem prachtvollen Saal des Savoy-Hotels nahmen um 1/,4 Uhr gegen 50 Herren und Damen an der Tafel Platz. Der Fest-Ausschuss hatte dafür gesorgt, dass jede Dame ein Sträusschen in die Hand und jeder Herr eins ins Knopfloch bekam. Die Haus kapelle lieferte die Tafelmusik, und das Ehepaar Gross erfreute durch schön vorgetragene Lieder. Ein auf Büttenpapier gedrucktes, von P. H. verfasstes Tafellied wurde gemeinsam gesungen und erregte grosse Heiterkeit. Wir geben dasselbe seines beziehungs reichen Inhalts wegen nachstehend wieder: Mel.: Gigerlkönigin. Was in der Generalversammlung heut Zu besprechen und zu hören war Von Konkursen, schwarzen Listen und was Kaufmann’s Herz sonst freut, Das war wenig nicht, fürwahr! Und dass Stephan immer noch auf Preise hält Und — jetzt wird es plötzlich hell, Was bisher so gut verborgen vor der ganzen, weiten Welt — Mit Paketfahrt steht im Kartell. Seh’n Sie, das ist ein Geschäft, Das bringt noch was ein, Jedoch ein Jeder kann das nicht, Das will verstanden sein. Versammelt waren wir zu ernstem Thun, Doch jetzo soll’n wir ruhn; Aber seh’n Sie nur das Menu, ob das ist zu nennen Ruh’, Wenn man essen muss immerzu. Kaum haben wir den einen Gang geschafft, Kommt schon ein and’rer dran, Und wem wirklich dann zum Schluss der Magen doch noch etwas klafft, Ibn mit Nachtisch füllen kann. Essen, das ist ein Geschäft, Das stets bringt was ein, Doch mit Genuss! ein Jeder kann das nicht, Es will verstanden sein! Der letzte Punkt der Tagesordnung wird Im Theater dann erfüllt, Dort hat man • die Haubenlerche • eigens heut für uns kreirt, Und so seh’n wir denn im Bild, Wie’s früher war so schön um uns bestellt; Denn wer damals macht’ Papier, Der erwarb sich meistens Ehren und daneben auch viel Geld. Da macht’ Arbeit noch Pläsir! Seh’n Sie, früher das Geschäft Brachte meist was ein, Doch heute ist viel schwerer die Geschieht’, ’s muss sehr verstanden sein. Nachdem erreicht der Tagesordnung Schluss, Ist die Tagung nicht zu End’, Denn nach Abschluss der Debatte ja zumeist erst folgen muss, Wie es wohl ein Jeder kennt, Die freie Diskussion noch hinterher Bei einem guten Glas Denn das Reden ist gerade wie Papiermachen sehr schwer, Wenn es fehlt am nöth’gen Nass. Reden, das ist ein Geschäft, Das oft bringt was ein, Jedoch ein Jeder kann das nicht, Es muss verstanden sein. Die italien’schen See’n, Herr Hofmann sagt, Sie seien schöner nicht Als die Gegend an der Havel und dem Wannsee, dieses macht, Weil sie bei Berlin ja liegt. Darum hat das Vergnügungskomitee ' Sie als Ziel sich auserwählt, Und was dorten unsrer wartet, hat es mit so viel Gefühl Uns so lecker aufgezählt. An »Natur« es nicht gebricht Im märk’schen Sand, allein Ein Jeder sieht die Schönheit nicht, Das will verstanden sein. Wenn Pluvius uns die Aussicht dann verhängt, (Was die Aehnlichkeit vermehrt) Wird das Gondeln unterlassen, doch das Tanzbein flott geschwenkt Und der Frohsinn nicht gestört. Darauf wird dann verspeiset mit Musik, Was in Wannsee’s Tiefen schwimmt. Von dem Rindvieh, wie poetisch, giebt es auch ein saft’ges Stück, Das einst dort am Abhang klimmt’! Darum hofft das Komitee, Dass jeder sich stellt ein; Es allen recht zu machen ist gar schwer, Das will verstanden sein! P. H- Da auch zahlreiche Tischreden das Mahl belebten, so ver- verging der Nachmittag nur allzu rasch. Im Lessing-Theater wurden von den Fachgenossen und ihren Damen 50 Plätze besetzt und das Papiermacher-Schauspiel »Die Haubenlerche« von E. von Wildenbruch mit Interesse verfolgt. Die für den folgenden Tag geplante Dampferfahrt von Wannsee nach Potsdam musste wegen schlechten Wetters und ungenügender Betheiligung aufgegeben werden. Die Papier-Industrie auf der Internationalen Aus stellung der Buch- und Papiergewerbe in Paris. Nachdruck verboten. Wie alle modernen Ausstellungen, litt auch die Ausstellung des Buchgewerbes im Palais des Industries daran, dass sie bei Eröffnung noch lange nicht fertig war. Den ausländischen Ausstellern der Papier-Industrie sind schöne grosse Säle in der Abtheilung der graphischen Gewerbe eingeräumt, während in dem für die französische Papier-Industrie bestimmten Raum haupt sächlich Zimmer-Einrichtungen zu finden sind. Beschickt haben die diesjährige Ausstellung offiziell äusser Frankreich noch Belgien, Dänemark und Oesterreich, zum Theil sind auch einige englische und spanische Firmen vertreten. Die namhafte deutsche Papier industrie fehlt gänzlich, soweit es sich um Papier als solches und Papierwaaren handelt, und deutsche Erzeugnisse der graphischen Gewerbe sind nur verschwindend vertreten. Es ist dies um so bedauerlicher, als hier noch immer eine irrige Meinung über den Umfang und Werth der deutschen Produkte auf diesem Gebiete herrscht, und der Besuch ausländischer Fachleute und Händler rege ist, sodass sich gewiss lohnende Absatzquellen für die deutsche Papier-Industrie erschlossen hätten. Am reichhaltigsten in der französischen Abtheilung ist die Sammlung von Vorsatzpapieren, Tapeten und Marmorpapieren für Buchbindereizwecke und Kartonnagen der Firma A. Keller- Dorian in Lyon. Dieselbe stellt fast alle Arten aus, sowohl geprägte als auch einfache Vorsatzpapiere, auch solche in mehreren Farben, und erregt mit ihren schönen modernen Mustern Aufsehen bei dem französischen Publikum. Dem deutschen Geschmack erscheinen die überladenen, mehr Tapeten ähnlichen Muster doch etwas zu gesucht. Der Vertreter dieser Firma erklärte mir, dass die glatten farbigen Dessins mit gravirten Kupferwalzen auf einer der Buchdruckpresse mit mehreren Farb werken ähnlichen Maschine hergestellt werden, welche gleichzeitig bis sieben (?) Farben auf einmal zu drucken imstande sei und ebenso wie für Papier auch für Stoffe verwendet werden könne. Briefpapiere, Billets und andere Luxuspapiere sind von zahl reichen Firmen aus Paris und der Provinz zur Anschauung gebracht; sie gleichen sich so ziemlich bei allen Ausstellern. Auf die Ausstattung ist kein grosser Werth gelegt worden. Besonders in die Augen fallend und von hohem künstlerischem Werthe sind einige Kollektionen von Papierblumen, die sich durch naturgetreue Wiedergabe der Farben und charakteristischen Eigen schaften des nachgeahmten Objektes auszeichnen. Es ist dies ein Gebiet, welches in Deutschland noch viel zu sehr vernachlässigt wird, und auf welchem sich auch dort noch viel erreichen liesse. China- und Japan-Papierwaaren sind in äusserst gelungenen Nach ahmungen vertreten. Eine Sehenswürdigkeit bilden auch die verschiedenartigsten Ausstattungen von Bonbonniören und andern Luxus-Kartonnagen, erstere in den meisten Fällen Handarbeit von hohem künstlerischen Werth, zu deren Anschaffung sich in Deutsch land wohl nur wenige Nabobs entschliessen könnten. Schon seit Jahrhunderten steht die französische Buchbinderei, soweit sie sich nicht mit der Massen-Fabrikation beschäftigt, wohl einzig da, und wahre Kabinetstücke der Buchbindekunst sind aus gestellt. Vor allem ist es die Firma Ch. Magni er & ses Fils, welche die Bewunderung Aller erregt; namentlich auf dem Gebiete der seit einiger Zeit auch in Deutschland beliebten Damast- und Atlasbände steht diese Firma wohl einzig da, sowohl in Bezug auf geschmackvolle, als reiche künstlerische Ausführung. Dass von fast allen Buchbindereien der sogenannte Halb franzband in erster Linie gepflegt wird, ist wohl selbstverständlich, und es ist zu bedauern, dass von deutscher Seite so wenig geschieht, um talentirten Buchbindern durch ein Reise-Stipendium das Studium der Ausstellung zu ermöglichen. Die dänische Sektion bringt fast ausschliesslich nur Erzeug nisse der graphischen Künste zur Ausstellung und erregt, obwohl in einem Nebensaal untergebracht und von Vielen übergangen, grosses Interesse. Dänische Erzeugnisse der Buchdruck- und