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Nr. 73. PAPIER-ZEITUNG. 1819 der Bücher entdeckt wurde; bestimmt weiss ich den Grund dafür nicht anzugeben. Die Erhebung einer öffentlichen Anklage hat die Staats anwaltschaft gleichwohl für aussichtslos erachtet. Der Grund dafür ist bereits mitgetheilt. Wie kann ich mich gegen eine Wiederholung dieses betrügerischen Manövers schützen? Ich bitte, eine allgemeine Aussprache hierüber gütigst herbeizuführen. F. W. Kaiser. Unser rechtsverständiger Mitarbeiter giebt hierauf folgende Antwort: Gegen den Beschluss vom 10. August 1894 stand dem Herrn Kaiser binnen einem Monat nach der Bekanntmachung der von einem Rechtsanwalt zu unterzeichnende Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu. Dieser Weg scheint nicht beschritten zu sein, wäre aber nach Lage der Sache erfolglos gewesen. Zum That- bestande des Betrugs gehört die Beschädigung des Vermögens eines Andern, und dies Vergehen würde vorliegen, wenn K. gegen die Besteller ein klagbares Recht auf Abnahme der bestellten Bücher hätte. Ein solches Recht würde ihm zugestanden haben, wenn der Reisende sein Bevollmächtigter war. Dies war er aber nicht. Niemand kann Rechte erwerben aus Verträgen, welche dritte Personen miteinander geschlossen haben, auch wenn eine derselben sich fälschlich als sein Bevollmächtigter ausgegeben hat. Gewiss ist der Ruf eines Lieferanten ein werthvolles Kapital, und der Reisende hat durch missbräuchliche Benutzung dieses Werthes sich und seinem Geschäftsherrn einen Vortheil zugewendet. Es fehlt aber an einem darauf passenden Strafgesetz. Wer sich eines ihm nicht zukommenden Namens einem zuständigen Beamten gegenüber bedient, ist strafbar. Diese Vorschrift trifft nicht die fälschliche Behauptung einer Vollmacht. Wer ein Handels geschäft als Prokurist oder als Bevollmächtigter schliesst, ohne Prokura oder Vollmacht zu haben, ist dem Dritten zivilrechtlich verhaftet; ob er auch Dem haftet, als dessen Bevollmächtigten er sich fälschlich ausgegeben hat, ist nicht verordnet. — Derartige Missbräuche sind den leider häufigen Fällen des unlautern Wett bewerbes zuzuzählen und werden hoffentlich von dem von der Reichsregierung in Aussicht gestellten Gesetzentwürfe gegen derartige Unredlichkeiten getroffen. Einer Wiederholung der Missbräuche würde ein an sämmtliche Geschäftsfreunde zu richtendes Rundschreiben vorbeugen, worin mitzutheilen wäre, dass X. nicht mehr für K. reist. Sulfitzellstoff. Erste Erzeugung in handelsüblichen Mengen. In Nr. 56 der Papier-Zeitung von 1893 bezeichnet sich Professor Mitscherlich als den ersten Fabrikanten von Sulfitzellstoff in handelsüblichen Mengen, aber er liefert keine Beweise für diese Behauptung. In dem Artikel, der sonst eine Menge Einzelheiten bringt, sind keinerlei Angaben über die wirklich gelieferten Mengen gemacht, auch nicht über eine einzige Tonne, und das erste Datum, welches er für Erzeugung und Verkauf regelmässiger Mengen angiebt ist das Jahr 1876, d. h. etwa zwei Jahre nach dem die Bergvik-Fabrik in Betrieb gesetzt wurde und regelmässig arbeitete. Ausserdem waren diese ersten Waaren keine Sulfit zellstoffe, sondern eine Art von Holzstoff, wie er aus Professor Mitscherlich’s Versuchen von 1874 hervorging. Er verweist auf diese Versuche von 1874 und legt der Erzeugung von Proben grosse Bedeutung bei, versichert sogar, dass 1874 Papier in grosser Menge aus seinem Sulfitzellstoff hergestellt wurde. Ich werde aber zeigen, dass dies unrichtig ist, und dass Professor Mitscherlich nach einem von ihm selbst unterzeichneten Schriftstück 1874 mit Versuchen zur Erzeugung von Holzstoff nach einem chemisch mechanischen Verfahren beschäftigt war, dass er als Erzeugniss einen Stoff erhielt, der noch mit den meisten Inkrusten behaftet war und nichts gemein hatte mit dem, was man heute unter Sulfitzellstoff versteht. Diesen ebenso einfachen wie entscheidenden Beweis liefert Professor Mitscherlich’s eigene englische Patent schrift Nr. 2939 von 1874, da er nach dieser damals Holz nur wenige Stunden bei niedrigem Druck und einer Lösung von schwefliger Säure kochte. Dass er nur unvollkommene Ergebnisse erzielte und keinen Sulfitzellstoff ist dadurch bewiesen, dass nach seiner eigenen Angabe nicht mehr als ein Zehntel des Holz gewichts durch diese chemische Behandlung gelöst wurde, und dass es deshalb nöthig war, das gekochte Holz nachher noch auf mechanischem Wege zu zerkleinern, z. B. es zwischen Walzen zu mahlen oder zu zerdrücken. Folgender Auszug aus seiner Patentschrift dürfte deshalb von Interesse sein: »In carrying out the process the rcducing materials, such for instance as a solution of sulpherous acid, are heated for some time with the above mentioned woody substances under strong pressure. The woody matters remain as a fibrous mass, while the materials which cause the cementation of the ligneous fibres are reduced to an easily soluble state. The quantity of fibres thus obtained from the wood or other substances is usually equivalent to at least ninetenths of the dried wood, and the fibres, which are very long in many species of wood, are submitted after the Chemical process to a mechanical manipulation, such as crushing or grinding, so as to disintegrate them or reduce them to a state of pulp, when they can be used in the manufacture of paper and paperlikefabrics, or for theproduction of rough wovenfabrics.« Uebersetzung: Bei der Ausführung des Verfahrens werden die auflösenden Stoffe, wie z. B. eine Lösung von schwefliger Säure, eine Zeit lang mit den vorher erwähnten holzigen Rohstoffen unter starkem Druck erhitzt. Die Holzstoffe bleiben als eine faserige Masse zurück, während die Stoffe, welche die lignosen Fasern zusammenhalten, in leicht löslichen Zustand gebracht werden. Die Menge von Fasern, welche auf diese Art aus Holz oder andern Stoffen erhalten wird, entspricht gewöhnlich mindestens neun Zehntel des getrockneten Holzes, und die sehr langen Fasern mancher Holzarten werden nach der chemischen Behand lung noch einer mechanischen unterworfen, wie Zerdrücken oder Mahlen, um sie frei zu legen oder in breiige Masse zu verwandeln, sodass sie zur Fabrikation von Papier und papier artigen Waaren oder von groben Geweben benutzt werden können. Er giebt ferner an, das Holz soll von solcher Grösse sein, wie es zur Ofenheizung benutzt wird, und das Kochen könne in einem kupfernen oder eisernen mit Kupfer ausgekleideten Kessel ausgeführt werden, obwohl es jetzt bekannt ist, dass dies nicht geht, weil Kupfer von schwefliger Säure angegriffen und in kurzer Zeit unbrauchbar wird. In dem Kessel wird nur wenige Stunden lang eine Temperatur von 108 bis 110° C. und ein Druck von drei Atmosphären erhalten, und das Holz wird dann zwischen Walzen zerpresst. Jeder Fachmann, wie auch Professor Mitscher lich selbst weiss, dass ein auf diese Art erzieltes Fabrikat sehr verschieden von Sulfitzellstoff ist. Der Patent-Anspruch bezieht sich auf dieses chemische Verfahren in Verbindung mit einem mechanischen zur Auflösung des gekochten Holzes. Was mich am meisten wundert ist, dass Mitscherlich zu jener Zeit glaubte, bei 100° C. getrocknetes Holz enthalte 90 pCt. reinen Zellstoff, während es nur etwa 51 hat. Gewöhnliches luft trockenes Holz liefert deshalb nur ungefähr 40 pCt. Zellstoff, und da Mitscherlich 90 pCt. erhalten haben will, so ist es klar, dass das Erzeugniss kein Sulfitzellstoff gewesen sein kann, sondern nur mechanisch aufgelöstes disintegrated Holz, aus dem nur wenige Inkrusten entfernt waren. Ich erwarte daher, dass Professor Mitscherlich sowohl wie alle Fachmänner die Behauptung, dass ersterer 1874 Sulfitzellstoff heutiger Art fabrizirt hat, unrichtig finden werden. Sogar vier Jahre später, im Herbst 1878, als ich zum ersten Mal in einer schlesischen Papierfabrik Mitscherlich-Stoff sah, ent hielt derselbe noch viele braune Theile und konnte zu den geringsten Sorten Druckpapier nicht verwendet werden, ohne durch Knotenfänge zu gehen, welche die ungekochten Theilchen zurück hielten. Der zu jener Zeit als vorzüglich bekannte Bergviker Stoff ging durch keinerlei Reinigungs-Einrichtung und bewies damit, dass die Inkrusten bei richtiger Ausführung durch mein Verfahren völlig aufgelöst wurden. Da Professor Mitscherlich nach seiner Versicherung 1876 schon regelmässig Stoff verkaufte, aber über die Menge und Art desselben nichts sagt, so ist es wahrscheinlich, dass er von derselben Art war wie der 1874 bei Versuchen im Kleinen erzeugte, und kein Sulfitzellstoff. Es wäre jedoch interessant, wenn Professor Mitscherlich nach den Büchern seines Agenten Herrn Rissmüller mittheilen wollte, welche Mengen und zu welchen Preisen er 1876 und vorher Stoff verkaufte. Professor Mitscherlich sagt ferner, dass die Kochungen im grossen Maassstab fortgesetzt und stufenweise verbessert wurden, sodass er 1893 auf ziemlich dieselbe Art wie in den vorher gegangenen 14 Jahren arbeitete. Damit ist gleichfalls angedeutet, dass sein jetziges Verfahren erst 1879 in Betrieb kam, d. h. fünf Jahre nachdem die Fabrik zu Bergvik schon regelrecht lieferte. Mitscherlich deutet auch an, dass ich ihn besucht hätte, um sein Verfahren zu kaufen. Dies ist durchaus unrichtig und beweist, wie wenig Sorgfalt er auf seihe Erklärung verwandte, da er sowohl aus den Anfangsbuchstaben wie aus andern Umständen leicht genug sehen konnte, dass ich nicht der Herr Ekman war, welcher ihn besucht hatte, und ich kann zufügen, dass derselbe mir weder verwandt noch befreundet ist. Es scheint, dass Professor Mitscherlich 1874, als ich schon regelrecht fabrizirte, noch nicht die kleinste Probe von wirklichem Sulfitzellstoff erzeugt hatte. C. D. Ekman. Northfleet, Kent, England, 3. September 1894.