Volltext Seite (XML)
Mr. 72. PAPIER-ZEITUNG. 2291 Geburts-Anzeigen. Bei der Mittheilung eines freudigen Familien-Ereignisses durch bricht oft das aufquellende Glücksgefühl die strenge Etikette, und launige Ausstattung der Geburts-Anzeigen wird wohl selbst von Leuten beliebt, die ihre griesgrämige Miene sonst das ganze Jahr nicht ablegen. Sehr häufig liest man daher in solchen Glücks briefchen: »Ein gesunder Junge!« »Der erste Junge!« »Ein prächtiges Töchterchen!« usw. Eine hübsche neue Form, die sich besonders für Verlagsbuchhändler, Zeitungsmenschen und dergl. eignet, ist diese: Soeben evchien: Kans Szöhfich. e. „ &uar Sröhfich und Srau dleqilz, 16. Cluquo 1894. ge6. Bade. Beschäftigung von Arbeiterinnen in Druckereien. Der Bericht der Handelskammer Görlitz äussert sich hierüber in folgender Weise: Die gesetzliche Bestimmung, dass die Arbeiterinnen in allen zu den Fabriken rechnenden Betrieben an den Sonnabenden und den Tagen vor allen Festtagen um 51/2 Uhr die Arbeit verlassen müssen, ist auch auf solche Arbeiterinnen ausgedehnt worden, die täglich nur einige Stunden durch Bogen-Einlegen beschäftigt werden. Hierdurch sind die Druckereien sehr geschädigt worden. Insbesondere trifft dies bei Zeitungs-Druckereien zu, weil um 51/2 Uhr nachmittags die abends erscheinenden Blätter noch nicht fertiggestellt sein können. Jugendliche Arbeiter und Kinder dürfen auch nicht beschäftigt werden, und Männer sind zu einer Arbeit, welche an den meisten Tagen nur Beschäftigung von 4 Uhr nachmittags ab bis 8 Uhr abends gewährt, nicht zu haben, abgesehen davon, dass diese Arbeit für weibliche Hände sich besser eignet. Kleine Mittheilungen. Unter dieser Rubrik werden Eingänge besprochen und technische Anfragen beantwortet, die sich auf das Buchgewerbe beziehen. Wir bitten um Einsendung von Accidenzen, die sich zur Besprechung eignen, unter Angabe, ob Anführung der Firma erwünscht ist, oder nicht. B. in K. Ihre mit .... gekennzeichneten Entwürfe sind allerdings ausgeschieden worden, da Sie aber Streben zeigen und mittheilen, dass nicht Leichtfertigkeit, sondern Mangel an Uebung und Erfahrung an der ungenügend befundenen Arbeit Schuld sei, soll Ihnen die Sammlung dennoch zugehen. Ihnen fehlt haupt sächlich Farbentheorie, es geht Urnen noch ab, die rechten Farben in den erforderlichen Verhältnissen an richtiger Stelle anzu wenden. Dies werden Sie aus Hoffmann’s Farbenlehre gut, schnell und gründlich lernen können. Lassen Sie sich das Werk durch Ihre Buchhandlung zur Ansicht kommen. Auf anderem Wege können Sie sehr lange herumdoktern, ehe Sie nach vielen Fehlschlägen einige Praxis haben, d. h. einige von Ihnen für hübsch gehaltene Farbenstellungen auswendig wissen. Auf diese kommen Sie dann stets wieder zurück, weil Ihnen die Grundlage fehlt, die allein Sicherheit in der Farbengebung gewährt. Durch Lehrer, die an kleinen Orten theuer sind, können Sie nicht viel erfahren, namentlich das nicht, was Sie in der Praxis brauchen. Die meisten Zeichen lehrer sind in Bezug auf Farbentheorie sehr unwissend. Die ein geschickte Karte ist für einen Anfang ganz gut, fehlerhaft ist das Proportionsverhältniss der tragenden Figuren zu dem Wappen in der Mitte. Die beiden kleinen Wappen (im ganzen drei Wappen!) sind zu viel. Die Farbenstellung ist gut gemeint, aber zu düster durch die schwarz aufgedruckte Grundform. Diesen Fehler zeigen alle Arbeiten, bei denen die Farben nur in einen schwarzen oder braunen Vordruck hineinkolorirt sind. Ihre Schilderung der kleinstädtischen Verhältnisse ist zutreffend, man kann aber auch an grossen Plätzen leicht versauern. Fleissig lesen und um schauen! Wer sich heute nicht anstrengt, mitzukommen, wird sich morgen schon überholt sehen. _____ Eingänge. A. Wohlfeld in Magdeburg, dessen Kraft im Illustrationsdruck und in der Herstellung feiner Reklame-Arbeiten liegt, sendet uns das von ihm hergestellte Probenheft der Firma Beit & Philippi in Hamburg. Soviel man auch von den Arbeiten dieser Anstalt bisher gesehen hat, man wird stets von neuem überrascht durch die geistvolle Auffassung und raffinirt geschickte Ausführung der Accidenzen. Die Sachen sind stets für den vorliegenden Zweck in künstlerisch vollkommener Weise komponirt. Die beste Vor stellung davon verschafft man sich, wenn man die landläufige Ausstattungsart ins Auge fasst und dann das gerade Gegentheil annimmt. Auch das in Rede stehende Heft ist ein »echter Wohlfeld«. Der Titel ist mit dem bekannten Geschick jener Druckerei für Reklamewirkungen und mit grossem Feingefühl in Anordnung und Farbenwahl hergestellt. Die Firmenzeile zieht sich in schön gezeichneten, schwarzgeränderten Goldbuchstaben, begleitet von leichtem Linienwerk, oben über das Blatt; besonders das Wort Philippi ist sehr gelungen, weniger gefällt uns die Form des B. Das Gold ist durch leichte Prägung etwas gehoben. Links unten entspringen aus einem hübsch erdachten Arrangement mit dem Worte »Druckproben« farbige Seifenblasen, die sich, immer kleiner werdend, in der Mitte des Blattes verlieren. Die übrigen fünf Zeilen sind schwarz gedruckt und ganz zurücktretend gehalten. Ein gelborangefarbenes Seidenband mit schön gelegter Schleife dient als Aufputz. Das Innere des Heftes ist mit Druck proben verschiedenster Art gefüllt, unter denen die Wiedergabe wirklicher Zeitungsseiten (in Verkleinerung) auf Zeitungspapier mit Zeitungsfarbe eine gute neue Idee ist. Büchertisch. Der gute Kamerad. Kalender für das Jahr 1895. Verlag von W. Kafemann, Danzig. Preis 35 Pf. Der Kalender ist für den kleinen Mann in Stadt und Land bestimmt, er bringt eine Menge kleiner Erzählungen, von denen einige recht gut sind. Die Ausstattung ist für einen Volkskalender vortrefflich. Jugendschriften. Verlag von W. Düms in Wesel. Die Verlagshandlung schickt uns eine Anzahl ihrer Neuheiten in Jugendschriften, und wir sehen mit Vergnügen, dass sowohl gute ältere Sachen in zeitgemässer Umgestaltung geboten werden, als auch neue Erzählungen für Knaben und Mädchen den diesjährigen Büchertisch der Jugend bereichern werden. Grimm’s Kinder- und Hausmärchen, dieser Familienschatz ersten Ranges, liegen in drei gut ausgestatteten Ausgaben vor, einer grossen, einer mittlern und einer kleinen (2M., 1 M. und 50 Pf.). Letztere ist mit fünf, die beiden andern je mit sechs vorzüglichen Farben drucken versehen. » Onkel Tom’s Hütte « (50 Pf.) ist nach Harriet Beecher- Stowe in gekürzter Form von Heinrich Herold für die Jugend bearbeitet, es enthält 71 Oktavseiten, und fünf sehr gelungene Bilder in Farbendruck geben eine anschauliche Vorstellung von den Leiden des alten Tom und seiner Angehörigen und Stammesbrüder. In gleicher Ausstattung erscheint ein bei der Jugend sehr beliebter Schalk, »Till Eulenspiegel« (50 Pf.). Die schönsten Streiche dieses lustigen Gesellen sind ebenfalls in fünf Farbendrucken dargestellt. Dann ist noch ein kleines Bändchen zu erwähnen, welches den spannenden Titel »Im wilden Westen« (50 Pf.) führt und drei von J. Grundmann geschriebene Erzählungen aus dem Indianergebiete bringt; auch dieses Buch enthält fünf Farbendrucke, die den Lesern einen Begriff von den Gefahren geben, denen die Trapper sich dort aussetzen, und die auch den Rothhäuten nicht erspart bleiben. Die schöne Nani-wah, die heldenmüthige Schwester des Häuptlings Te-ho-pee, wird sicher die Neigung unserer Jugend finden, und der gute Ausgang ihrer Liebesgeschichte wird sehr befriedigen. »Der Fährtensucher« von Gustave Aimard liegt in neuer Bearbeitung von Paul Oskar Höcker vor (2 M. 50 Pf.). Die Aimard’schen Indianer geschichten werden von Kennern dieser Literatur sehr geschätzt, und es wird wenig Knaben geben, die nicht über dem Lesen eines dieser aufregenden Bücher Essen und alles vergässen. Gerade der »Fährten sucher « ist ausserordentlich spannend geschrieben, und die diesem Buche beigegebenen trefflichen Farbendrucke sind sehr geschickt ausgewählt. Für Mädchen sind die gehaltvollen Erzählungen »Prinzess Goldhaar« von A. H. Fogowitz und »Amtmanns Lucie « von Klementine Sprengel bestimmt (jeder Band 1 M.). In letzterem Bande befinden sich noch zwei andere Geschichten »Die Nachbarskinder« und »Wasserverkäufer oder Prinz«, die Knaben und Mädchen gleichviel Interesse abnöthigen werden. Sämmtliche Bücher des umfangreichen Düms’schen Jugend- schriften-Verlags sind gut ausgestattet, dauerhaft gebunden und mit effektvollen Titelbildern auf der Decke versehen. Der Text ist mit Sorgfalt für die Kindesseele gewählt und gut durchgearbeitet, die Bilder sind nach sehr guten Aquarellen von Wilh. Schäfer vorzüglich ausgeführt. Es ist mithin bei diesen Büchern alles vereinigt, was man bei Jugend schriften wünschen und voraussetzen kann.