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2272 PAPIER-ZEITUNG. Nr. 71. Neue Geschäfte und Geschäftsveränderungen. Wir bitten unsere geschätzten Bezieher, uns von jeder Veränderung Kenntniss zu geben, die für unsern Leserkreis von Interesse ist; wir werden dieselbe kostenfrei unter dieser Ueberschrift veröffentlichen. Die Versammlung des Schutzvereins der Papier industrie zu Berlin am 7. September bietet, wie die Tages ordnung zeigt, so viel Interessantes, dass wohl viele Mitglieder und andere Fachgenossen theilnehmen werden. Der Rechtsbeistand Herr von Holtzendorf wird über die den Mitgliedern gewährte Rechtshilfe, Direktor Gottschalk über die Vertretung der Mitglieder bei Konkursen durch den Kreditoren-Verband, Herr Patentanwalt Fehlert über »Markenschutz« sprechen. Das Savoy-Hotel wird sich, trotz des billigen Preises von 4 M. für das Gedeck mit Musik bemühen, den Gästen in dem Mittagsmahl ein gutes Beispiel seiner Leistungsfähigkeit zu bieten, und der Festausschuss wird es an musikalischen Genüssen, sowie andern Ueberraschungen nicht fehlen lassen. Bei dem darauf folgenden Besuch des Lessing-Theaters wird in der » Haubenlerche « ein Wildenbruch’sches Schauspiel geboten, welches in einer Papier fabrik spielt. Der Dampfer-Ausflug am Sonnabend vom Wannsee nach Potsdam mit Musik zeigt den Gästen eine Gegend, die man den oberitalienischen Seen an die Seite stellen kann. Da der Dampfer aus der Vereinskasse bezahlt wird, so ist es möglich, den Theil nehmern für 3 M. Kaffee, Fahrt mit Musik und Abendbrot zu bieten. Die Mühen des Festausschusses würden durch recht zahl reiche Betheiligung am schönsten belohnt! Unter der Firma Rieve & Jebsen ist in Flensburg ein Import- und Export-Geschäft von Holzstoff, Cellulose, Holz-, Leder und Strohpappen usw. begründet, dessen Inhaber die Herren Deert Jacob Rieve und Peter Jebsen, beide in Flensburg, sind. Die Firma k. k. priv. St. Pöltener Papierfabrik Johann Blum in St. Pölten ist auf den Sohn des bisherigen Inhabers, Herrn Johann Blum, übergegangen. Rob. Felders Buchhandlung in Breslau ist unter unver änderter Firma auf Herrn Richard Lange daselbst übergegangen. Herr Theodor Funcke hat unter seinem Namen in Burg städt i. S. eine Kartonpapierfabrik errichtet. Die Papierfabrik-Aktiengesellschaft Elbemühl wird nach beendeter Reorganisation und wesentlich gebesserten Betriebsergebnissen, wie die »Frkf. Ztg.« berichtet, für das laufende Geschäftsjahr eine Dividende von 2 Gulden zahlen. Der bisherige Gesellschafter der Münchener Kunst- und Verlags-Anstalt Dr. E. Albert & Cie. in München, Herr Reinhold Loebell ist aus der Firma geschieden. Der Gesellschafter Herr Dr. Eugen Albert ist nun allein zur Firmenzeichnung berechtigt. Papierfabrik Baienfurt. Vorstand L. Roemer. Nach dem Bericht des Aufsichtsrathes ist es der Thätigkeit der Direktion zu verdanken, dass in dem abgelaufenen Geschäftsjahr ein günstiger Abschluss gemacht werden konnte. Der Aufsichtsrath bedauert, dass die Aussichten für nächstes Jahr ungünstig sind, aber Papier- unp Zellstoffmarkt haben zur Zeit ein wenig erfreuliches Aussehen, unp eine Besserung dürfte in nächster Zeit nicht zu erwarten sein. Für Neuanlagen wurden 34834 M. verausgabt; in der Hauptsache wurde angeschafft ein grosser Dampfkessel, ein Koller gang und ein Querschneider und die im Vorjahr begonnene Ver grösserung der Zellstoff-Bleicherei vollendet. Die Wasserverhältnisse waren noch ungünstiger als im Vorjahr, so traurig wie wohl seit langen Jahren nicht mehr. Auch sind die Holzpreise um 15 bis 20 pCt. gestiegen, nachdem die Verheerungen durch die Nonne aufgehört haben; das zweite Halbjahr hatte mit diesem Umstand schon zu rechnen. Der Jahresgewinn beträgt 151351 M. 95 Pf. Davon sollen auf die Papierfabrik mit Holzschleiferei 32321 M. 77 Pf. und auf die Zellstoff-Fabrik 17331 M. 22 Pf., zusammen 49652 M. 99 Pf. abgeschrieben werden. Die nach 10526 M. 20 Pf. Verlust bei einem Debitor noch verbleibenden 91172 M. 76 Pf. werden folgendermaassen vertheilt: 4558 M. 64 Pf. an den gesetzlichen Reservefonds, 50400 M. Dividende zu 5 pCt. auf 1008000 M. Aktienkapital, 3621 M. 41 Pf. Tantiemen an den Aufsichtsrath, 3621 M. 41 Pf. Belohnungen an Angestellte und Arbeiter, zu sammen 62201 M. 46 Pf. Von denverbleibenden 28971 M. 30 Pf., welche durch 5400 M. Saldo-Vortrag vom Vorjahr auf 34371 M. 30 Pf. erhöht werden gehen ab 20160 M. als 2 pCt. Super dividende, 6000 M. für 60 Stück auszulosende Bahn-Obligationen und 311 M. 30 Pf. für Geschenke, zusammen 26411 M. 30 Pf. Der Rest von 7900 M. kommt zum Vortrag auf neue Rechnung. Konkurs-Aufhebung. Papierhändler und Steindrucker Julius Meyer in Hamburg, i. Fa. Levy & Meyer. Berliner Herbstmesse 1894. Am31. August, abends 7 Uhr, wurde die Herbstmesse geschlossen, obwohl viele Aussteller, wie in voriger Nummer gemeldet, Ver längerung um einen Tag wünschten. Die Stimmung war zum Theil ob des Erfolges gehoben, zum Theil weniger rosig, je nach den Erwartungen, die an die Messe geknüpft waren. Die Osnabrücker Papiertvaarenfabrik Loewenstein & Formstecher, Berlin S., Bitterstrasse 90, war durch einige Muster ihrer eigenartigen Ausstattungen und Menus vertreten, mit denen sie zum Theil ganz neue Bahnen eingeschlagen hat und darin leitend geblieben ist. Die Vorführung war jedoch zu klein, um von dem Range und der Bedeutung der Fabrik ein Bild zu geben. Trotzdem ist die Firma mit dem Ergebniss zufrieden, namentlich die raffinirt modernen Ausstattungen fanden vielen Anklang. Berolina Lampenschirmfabrik (Carl Sachs) Berlin, knüpften Ver bindungen mit Käufern aus Amerika, Schweden, Russland und namentlich aus Süddeutschland an. Namentlich begehrt wurden Spitzenschirme und Lichtschirme, auch die andern Artikel gingen gut. Das Ergebniss veranlasste die Firma die Leipziger Messe nicht zu besuchen. Helbig & Co., Luxuspapierfabrik, Berlin, besitzen für Aus- stellungs- und Messzwecke praktische Glas-Schränke, worin Neuheiten in Knallbonbons und Kotillon- Gegenständen zur Besichtigung auslagen. Neue Verbindungen sind meist mit Aus ländern und Exporteuren geschaffen. Sogar aus Paraguay und Neuseeland waren Käufer erschienen. H. Lühr Nachf., Luxuspapierfabrik, Berlin, führte Papier-Aus stattungen in Mittelwaare. Besonders guten Absatz fanden drei- theilige Kartenbriefe, die aussen chromolithographisch ausgestattet und am Rand ausgeprägt sind. Auch Reklame-Kalendern und -Karten haben lohnende Verbindungen bewirkt. E. Stange, Luxuspapierfabrik, Berlin SW., Beuthstrasse, hat mit mittlern Ausstattungen und einer grossen Auswahl von Menus ein sehr gutes Geschäft gemacht. 64 bedeutendere Aufträge wurden auf der Messe ertheilt und zwar zu zwei Drittheilen von neuen Kunden. Die Aufträge, welche durch den veranlassten Besuch der Fabrik erzielt wurden, sind nicht mitgerechnet. Julius Bosenthal (L. Gronau), Geschäftsbücherfabrik, Berlin S., Alexandrinenstr. 97, ist mit dem Ergebniss der Messe zufrieden. Ebenso Adolf Zumpe, Geschäftsbücherfabrik, Berlin, Oranienstrasse, welche durch eine kleine aber sorgfältig gewählte Ausstellung die Leistungsfähigkeit der Fabrik zeigte, und viele neue Verbindungen anknüpfte. Die Firma Johannes Müller & Co., Franz. Buchholz b. Berlin, General-Vertreter Schmitz & Voit, Berlin S., Annenstr. Id, zeigte an verschiedenen grössern Bauwerken, vollständiger Kinderstube, Schlüsselbrettern, Paneelen, die Verwendbarkeit des Patent- Baukastens »Fachwerk«. Die Herren Schmitz & Voit haben vor zügliche Geschäfte gemacht und singen das Lob der Berliner Messe in allen Tonarten. A. Radicke, Luxuspapierfabrik, Berlin O., Markusstrasse, haben befriedigende Abschlüsse gemacht und durch ihre Theilnahme bezüglich der Anordnung viel gelernt, was sie bei der nächsten Messe verwerthen werden. Max Saalfeld, Berlin, hat mit Thiesing’s Luftdruck-Tintenfass gute Geschäfte gemacht. Im allgemeinen ist man mit den erzielten Erfolgen zufrieden, und giebt der Hoffnung Raum, dass der geplante und dringend nöthige Messpalast zustande kommen und die Messe fördern wird. Die jetzige Zersplitterung zeigt zu sehr den Charakter des Vorläufigen, und viele Firmen trauten der Sache noch nicht recht. Wenn aber die Messe eine bestimmte Stätte und Organisation hat, wird sie aller Voraussicht nach in ihre Aufgabe hinein wachsen. Bis dahin werden auch die Verkäufer mit dem Mess verkehr besser vertraut, und man wird Elemente ausscheiden, die den Ernst der Sache nicht erfassen und ihre Hauptthätigkeit in der Kultivirung von Messwitzen suchen. Der trotz all dieser Mängel erzielte Erfolg ist um so bemerkenswerther, als der Vorstand der 1893er Vereinigung es bis jetzt unterlassen hat, die für diesen Zweck allein wirksame Fachpresse für die Messe zu interessiren und ihr alle Nach richten über deren Entwickelung zugehen zu lassen. Derselbe hat vielmehr ein eigenes Organ geschaffen, welches sehr tüchtig sein mag, aber ebensowenig wie die Tagespresse die ein- geführte gewerbliche Fachpresse ersetzen kann. Wir ver weisen hierauf lediglich im Interesse der Messe und erinnern daran, dass Berlin einen Verein der Fachpresse hat, dessen durch ganz Deutschland vertheilte Mitglieder über etwa fünfzig der besten gewerblichen Fachblätter verfügen.