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Beschicken von Ausstellungen. In unserer Zeit der örtlichen, nationalen und internationalen Ausstellungen verflüchtigt sich allmälig das Interesse, welches früher auch kleine Ausstellungen erweckten. Der einzelne Aus steller, wenn er nicht auffällige Gegenstände zur Schau bringen oder durch Grösse und Masse wirken kann, kommt immer weniger zur Geltung. Viele Aussteller beschicken die Ausstellungen nicht mehr aus Bedürfniss, um Geschäfte anzubahnen, sondern nur, weil sie die Konkurrenz nicht gross werden lassen wollen, vielleicht auch, um Auszeichnungen zu erlangen. Dies sind ungesunde Zustände, die umsomehr bemerklich werden, als die Ausstellungs- Besucher ihrer grossen Menge nach Vergnügungssüchtige sind, denen die gleichzeitig dargebotenen Lustbarkeiten länger im Gedächtniss haften, als ernsthafte Vorführungen der Industrien. Einsichtige Kenner dieser Verhältnisse empfehlen daher Abhaltung von Fach-Ausstellungen, aber auch diese werden schliesslich so gross werden, dass es kleinern Ausstellern immer schwerer werden wird, ihre Erzeugnisse ins rechte Licht zu setzen. »Wie« man ausstellen soll, ist daher eine Frage, mit deren Lösung sich viele Köpfe schon lange plagen. Einen Beitrag hierzu, der zwar nicht erschöpfend ist, aber doch manche nützliche Anregung bringt, liefert J. L. Meyer - Zschokke in der Ausstellungs-Zeitung der Züricher Gewerbe-Ausstellung. Wir entnehmen daraus das Folgende: Dass bei jedem Ausstellungs-Objekt vorzügliches Material, gute Arbeit, Zweckmässigkeit und Schönheit bei gediegener Einfachheit zur Geltung kommen müssen, kann nicht genug betont werden. Und doch bleibt manches Stück von der Menge unbeachtet, das alle diese Eigenschaften besitzt. Warum? Weil sein Verfertiger es nicht verstand, dasselbe ins richtige Licht zu stellen, voll zur Geltung zu bringen. Die Ausstellungs-Objekte sind von mannigfaltigster Art. Jedes erheischt seine besondere Behandlung. Bei Maschinen, Werkzeug und Geräthen, bei Industrie-Produkten, diegewisse Neuerungen, Verbesserungen oder besonders zu beachtende Eigenschaften aufweisen, ist dafür zu sorgen, dass eben diese in die Augen fallen. Ein Hinweis auf den Katalog genügt nicht; Wenige nehmen sich die Mühe, jede Nummer in demselben nachzuschlagen. Da müssen Demonstrationen nachhelfen. Die Anwendungen und vortheile sollen durch angefangene Arbeiten dargestellt, die Verwendung des Objekts durch Schrift oder Bild kurz und klar auf hübscher Tafel beigesellt werden. Die Artikel des Handwerks und Kleingewerbes, des Kunsthandwerks erheischen wieder andere Vorsorge. Viel beliebt ist in neuerer Zeit die Kollektiv-Ausstellung. Sie bietet ein geschlossenes Ganzes, die Aus stellungs-Kosten vertheilen sich auf Mehrere; aber das Einzel-Objekt kommt dabei niemals voll zur Geltung. Zettel mit dem Namen der Verfertiger an die Stühle, Leuchter usw. zu hängen, ist unschön und stört das Ganze. Als Abhilfe kann theilweise eine hübsch ausgestattete Tafel mit deutlicher Schrift und den Bezeichnungen der Objekte und ihrer Erzeuger, ein- oder beidseitig an den Aussenpforten der Abtheilung angebracht, gelten. Werden Einzel-Objekte dargebracht, so soll immer für richtige, passende Umrahmung, für einen Hintergrund gesorgt werden, der aas Ganze hervorhebt. Nichts steht einer Ausstellung schlechter an und macht üblern Eindruck, als Stücke, welche gedanken- und lieblos gleich sam in die leere Luft gestellt erscheinen. Selten giebt es ein Objekt, welches nicht des passenden Hinter grundes, der belebenden Umgebung bedarf; seien es andere Ausstellungs objekte, Stoffe und Draperien oder der schützende Ausstellungsschrank. Früher waren diese Schränke alle schwarz, hier und da mit etwas Gold. Heute will man seine Ausstellungssachen nicht mehr lebendig begraben. Die Kasten werden lebhaft gehalten, in Cremefarbe, Naturholz, Tannen holz mit braunen Filets und Facen, und oft schon in Gestalt und Aus schmückung auf den Inhalt hindeutend. Um die Füllung, die Hauptsache, in die Augen fallend zu machen, bedarf es mancher Kunst und Kniffe. Ein passender Stoff als Unterlage, Spiegel, um die Masse grösser erscheinen zu lassen, ein flotter Aufbau helfen günstig nach. Kleinere Objekte, welche nicht in die Kästen gesetzt werden, kommen einzeln nicht zur Geltung. Sie sollen auf dem Boden oder an der Wand, zu einer Gruppe aufgebaut, in Masse wirken. Etwas Humor und gute Laune bringen dabei manchen guten Einfall, manche neue Idee, die zündet und Leben ins Ganze bringt, die Besucher anregt und zu neuem Schauen ermuntert. * * * Schränke sind vor allem da angebracht, wo kleine oder sehr verzierte Gegenstände, oder andere Sachen, die durch Staub unansehnlich werden, längere Zeit ausgestellt werden sollen. Diese Sachen täglich abzuputzen, würde besonders Denen grosse Kosten machen, die nicht Vertreter ständig am Platze halten können. Staub aber ist das beste Mittel, eine Sache unansehnlich und abstossend zu machen. Niemand wird vor einem verstaubten Gegenstände Halt machen. Zettel mitlnschriften wirken stets anziehend, hübsch geschriebene mehr, als gedruckte. Die Zettel sollten auf Pappe gezogen und mit hellgrauem Rand sauber eingefasst werden. Oft sieht man Zettel, die einfach aus Papier bestehen und mit einer Nadel oder auf sonstige primitive Art befestigt sind. Solch nachlässige Aus stattung wirkt stets unangenehm, es bildet sich das Gefühl, dass der Aussteller auch in seinen Arbeiten nicht fürsorglich ist. Sehr gut machen sich metallene Halter, welche an oder neben dem zu beschreibenden Gegenstände geschickt angebracht sind und ein Schildchen aus weissem Karton tragen. Alle Auszeichnungen sollten stets Schwarz auf Weiss geschehen, bunter Zierrath wie rothe Anfangs-Buchstaben oder farbige Linien sehen weniger gut aus. SchwarzeUnterstreichungen, verständig angewandt, beleben sehr, ohne unfein zu wirken. Ein Muster eines solchen Ansteck zettels ist hier abgebildet: Ueberhaupt ist festzuhalten, dass mehr als der ausgestellte Gegenstand selbst die Art wirkt, wie er vorgeführt wird. Geschmackvolle Aufstellung derart, dass kein Ding das andere verdeckt oder stört, sehr saubere, gediegene Unter- und Hinter lagen, geschickt angebrachte Merkzettel erhöhen den Gesammt- Eindruck ungemein. Darauf muss hingearbeitet werden, dass der Beschauer auf den ersten Blick angenehm berührt wird. Viele Aussteller glauben, diese Nebenkosten sparen zu können, weil die ausgestellten Gegenstände für sich selbst sprächen; sie nehmen daher billigen Stoff, z. B. Papier als Unterlagen, und unterlassen auch, wenn sie nicht selbst am Platze sein können, sich den Gruppen-Aufseher günstig zu stimmen. Dies ist ein Fehler, wie der andere. Erfahrene Ausstellungs-Besucher werden sich erinnern, dass sie mit Vergnügen an solchen Plätzen Halt gemacht haben, wo eine geschickte Hand die Aufstellung bewirkt haben musste und der Platz stets wohl geordnet und staubfrei war. Umher liegende Zettel und Empfehlungen, aufgeschlagene und dabei schief gelegte Musterbücher usw., eingerissene Verkleidungen bedürfen sofortiger Nachhilfe. Nichts rächt sich schlimmer, als nachlässige Vorführung von Ausstellungs-Gegenständen. In den »Internationalen Literatur-Berichten« führt Friedrich Streissler aus, dass bei der Jubiläums-Ausstellung der Leipziger Buchbinder-Innung die Aussteller nicht zu ihrem Recht gekommen seien. Der Eintrittspreis von 1 M. sei auch den Fachgenossen, Gehilfen und Lehrlingen auferlegt worden, dies habe gerade die Besucher fern gehalten, auf deren Erscheinen die Aussteller gerechnet hatten. Fast alle Aussteller hatten für den Katalag eine Anzeige aufgegeben, die Seite zu 30 M. Da aber neben dem Eintrittspreis noch 60 Pf. für den Katalog verlangt wurden, so wurden nicht viele davon verkauft. Am vierten Tage wurde der Preis auf 30, am letzten auf 20 Pf. herabgesetzt, aber trotzdem blieb ein grosser Theil auf Lager. Dies schädigte die Anzeigen- Aufgeber ungemein. Dadurch, dass wohl die Firmen auf gezählt wurden, die Fabrikate aber nur bei den Ausstellern Erwähnung fanden, die besonders zahlten, habe der Katalog weiter an Werth verloren. Ueberall sei das Bestreben zu Tage getreten, die Besucher zu schröpfen, und man habe keine Rücksicht auf die Aussteller genommen. Der Verfasser giebt auf Grund dieser Vorkommnisse folgenden Rath: 1. Bevor man sich an einer Ausstellung betheiligt, verschaffe man sich Gewissheit über die Höhe des Eintrittsgeldes für die Besucher und über die Kreise, welche Freikarten erhalten. Glaubt man, dass durch verkehrte Maassnahmen der Besuch der Aus stellung beeinträchtigt wird, so verzichte man auf die Betheiligung. 2. In einem Ausstellungs-Kataloge zeige man nur an, wenn dieser umsonst vertheilt wird. Nur bei ausserordentlichem Umfang des Kataloges selbst (ohne Inserate), und wenn dieser besonders gut redigirt ist, kann ein niedriger Verkaufspreis des Kataloges gerechtfertigt erscheinen.