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2186 PAPIER-ZEITUNG. Mr. 67. Streifenbildung übrigens auch thatsächlich nicht verhindert, da der Hauptfehler, welcher in dem gewöhnlichen System der Ein färbung liegt, bestehen bleibt. Einen andern Weg zur Beseitigung des angeführten Fehlers schlug John Thomson, der Verbesserer der Gallypresse und Erbauer der später unter dem Namen »Colt’s Armory-Presse« in den Handel gebrachten Tiegeldruckmaschine, ein. Er setzte nämlich den Auftragwalzen sogenannte Reiter auf. Das sind Walzen kleinern Durchmessers, welche in besondern am Walzen wagen angebrachten Lagern ruhen, unmittelbar über den Auftragwalzen liegen und durch dieselben ihre rotirende Bewegung und ihre Farbe erhalten. Sie sollen den Auftragwalzen, während dieselben sich auf der Form abrollen, unausgesetzt frische Farbe zuführen, sollen also gewissermaassen einen Farbespeicher und infolge ihres kleinern Durchmessers einen Ausgleich für die Auftragwalze bilden, wenn diese sich schon einmal vollständig auf der Form abgerollt hat oder sonst ungleichmässig Farbe abgeben musste. Nachdem der Urheber dieser Vorrichtung sie wieder fallen gelassen hat, ist sie von neuern Konstrukteuren wieder auf genommen worden und wird wohl jetzt noch an einigen dem System Gally nachgebauten Pressen angebracht. Sie erreicht übrigens ihren Zweck nicht nur nicht, sondern bedeutet sogar der gewöhnlichen Einfärbung gegenüber eine Verschlechterung. Das Uebel, welches sie beseitigen soll, wird durch sie vielmehr nur verschlimmert. Die Auftragwalzen rollen sich auf der Form ja doch nur infolge der Reibung, welche sie auf dieser finden, ab. Diese Reibung ist verhältnissmässig gering, sie ist jedenfalls nicht viel grösser, als erforderlich ist, um die Auftragwalzen in gleichmässige Drehung zu versetzen und stellenweises Schleifen auf der Form zu verhindern. Wird der Auftragwalze nun noch 'ein Reiter aufgesetzt, so reicht die oft sehr geringe Reibung zwischen Auftragwalze und Form meist nicht hin, sowohl Auftragwalze wie Reiter in Drehung zu versetzen. Es kommt daher vor, dass die Auftragwalze sich nicht mehr gleich mässig auf der Form abrollt, sondern stellenweise rollt, stellen weise schleift, ohne sich zu drehen. Die Folge davon ist das Ent stehen hässlicher Farbestreifen und mangelhafter Färbung einzelner Formtheile, namentlich an den Enden und bei einzeln stehenden Zeilen usw. Durch die hier besprochenen Erfindungen werden die wichtigsten Versuche gekennzeichnet, welche zur Verbesserung der Einfärbung an Tiegeldruckpressen gemacht worden sind. Die übrigen — es besteht z. B. noch ein Patent Gally, wonach der selbe drei Walzen verschiedenen Durchmessers anwendet, und ein Patent Hogenforst, wonach sämmtliche Auftragwalzen nach ein maligem Passiren der Form eine seitliche Verschiebung erleiden — können ihrer Unzulänglichkeit wegen übergangen werden. Vor kurzem hat nun die Firma Scheiter & Giesecke in Leipzig eine Neuerung des Einfärbe-Mechanismus an Tiegeldruckpressen zum Patent angemeldet, und es scheint damit ein erfolgreicher Schritt in erwähnter Beziehung gelungen zu sein. Jedenfalls ver dient die Neuerung die Beachtung unserer Fachkreise und ist einer eingehenden Darstellung werth. Die Firma Scheiter & Giesecke geht von folgenden Erwägungen aus: Eine Auftragwalze wird niemals mehr Farbe an die Form abgeben, als zum Ausgleich des Ueberschusses, welchen sie der Form gegenüber besitzt, erforderlich ist: eine farbearme Walze wird demnach auch nicht mehr Farbe an die Form abgeben, sondern von derselben wieder Farbe wegnehmen. Jede Walze also, welche das zweite Mal die Form berührt, wird nur wieder Farbe von der Form nehmen, ist daher der Einfärbung schädlich. Die theoretische Richtigkeit dieser Schlussfolgerung liegt auf der Hand. Denn nimmt man z. B. an, dass man mit einer Farbe druckt, welche die gleiche Adhäsion zur Form wie zur Walzen masse besitzt, so wird die Auftragwalze a in nachstehender Figur 2 beim Abwärtsgange über die Form die Hälfte ihrer Farbe, also 4/8 ihrer Farbe abgeben, wenn wir uns die auf der Walze befind liche Farbe aus acht übereinander liegenden Schichten bestehend denken. Walze b findet die Form bereits mit der Hälfte der Farbe einer Walze überzogen. Wenn sie über die Form läuft, so wird eine Ausgleichung zwischen der auf Walze b zuviel und der auf der Form zu wenig befindlichen Farbe eintreten, und es werden sowohl auf der Form wie auf Walze b je 6/8 der Farbmenge einer Walze Zurückbleiben. Würden die beiden Auftragwalzen jetzt gehoben über die Form zurücklaufen, so bliebe die Form mit sechs Achttheilen eingefärbt. Hebt man die Walzen indessen nicht ab, sondern lässt sie wieder über die Form zurücklaufen, so wird Walze b die Farbschicht auf der Form nicht beeinflussen, da beide ja gleichmässig mit Farbe gesättigt sind. Walze a besitzt dagegen nur noch 4/8 der Farbmasse einer Walze, findet auf der Form aber 6/8 vor. Was wird die Folge hiervon sein? Es tritt wieder ein Ausgleich zwischen Form und Walze in der Weise ein, dass die Walze einen Theil der Farbe von der Form wieder hinwegnimmt, und es bleiben auf letzterer somit nur noch 5/8 anstatt wie zuvor 6/8- Die Einfärbung der Form ist also um etwa 20 pCt. günstiger, wenn die Walzen nur einmal über die Form laufen würden, als wenn die Walzen z. B. nur beim Abwärtsgang die Form berühren, beim Aufwärtsgang dagegen gehoben über die letztere hinweg gehen würden. Dass diese theoretische Darlegung auch praktisch zutrifft, kann man leicht durch einen Versuch feststellen. Es bedarf dazu nur einer Tiegeldruckmaschine, deren Walzenumfang ein Drittel kleiner ist, als die Breite des grössten zu druckenden Formates. Nimmt man in eine solche Presse eine Tonplatte, welche die grösste zulässige Drucklänge hat, und lässt die Walzen einmal von oben nach unten über die Platte laufen, während man sie beim Rücklauf vollständig von der Form abhebt, sodass sie die selbe nicht wieder berühren, so wird man eine Einfärbung und einen Abdruck erhalten, welcher der Darstellung in Fig. 1 genau entsprechen wird. Sind die Walzen so gross, dass sie sich nach Passiren von zwei Drittheilen der Tonplatte einmal auf dieser abgewälzt haben, so werden eben die obern zwei Drittel der Platte eine satte, das untere Drittel dagegen eine mangelhafte Einfärbung aufweisen. Wäscht man nun die Tonplatte wieder ab und lässt jetzt die Auftragwalzen sowohl beim Abwärtsgange wie beim Rücklauf (beim Aufwärtsgange) über die Form laufen, ohne sie also beim zweitmaligen Passiren der Form abzuheben, so wird der jetzt genommene Abdruck ein Aussehen haben wie Fig. 3; es wird nämlich jetzt nur das mittlere Drittel des Abdruckes satte Einfärbung zeigen, während das untere wie das obere Drittel schlecht gefärbt erscheinen. Die Walzen, welche das zweite Mal die Tonplatte berührten, haben von dieser also wieder Farbe hinweggenommen, denn während bei nur einmaliger Einfärbung zwei Drittel der Tonplatte satt ein gefärbt wurden, zeigt sich jetzt, bei zweimaligem Berühren der Platte durch die Walzen nur noch ein Drittel derselben gut eingefärbt. Es ist damit also der Beweis dafür erbracht, dass eine zweimal über die Form laufende Walze der Einfärbung schädlich ist. Schluss folgt.