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oßYex. «i. 65. 2074 Buchgewerbe Buchbinderei ® ® Buchdruck ege ® ® ® Buchhandel ® e ® Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung. Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Sachliche Mitthellungen finden kostenfreie Aufnahme. Herstellung von Siegeln. Die Herstellung von Siegeln zum Anhängen an Drucksachen (s. die Besprechung der Drucksachen aus der Brühl’schen Druckerei in Giessen in Nr. 60 der Pap.-Ztg.) ist eine ziemlich einfache Arbeit. Die erforderliche Menge Siegel- oder Packlack wird in einer alten Konservenbüchse, Laugenschachtel oder in einem Stereotyp-Giesslöffel geschmolzen, mittels eines Löffelchens oder einer alten Messinglinie auf ein Stück schwachen Karton gebracht und das betr. Petschaft oder der Stempel eingedrückt. Der noch warme und weiche Siegel-Abdruck wird dann mittels eines Schlag eisens in der dem Siegel angepassten Form ausgestanzt. Wo ein passendes Stanzeisen nicht vorhanden ist, kann man mittels einer alten, zu diesem Zwecke besonders geschärften und in die gewünschte Form gebogenen Messinglinie den noch weichen Siegel lack bis auf die Karton-Unterlage durchstanzen und dann mit der Papierscheere nachschneiden. Auf diese Weise erhält man ein gerades und der Karton-Unterlage wegen auch dauerhaftes Siegel. Das farbige, zum Befestigen des Siegels an die Drucksache bestimmte Band oder die Schnur wird dann einfach an den Siegel festgeleimt und mittels eines Papier-Ausschnittes nochmals hinterklebt. Diese Siegel tragen zur Belebung der Drucksachen, besonders der Tischkarten, Tafellieder bei Hochzeits-Feierlichkeiten, Festessen usw. wesentlich bei; ihr Umfang kann bei humoristischen oder karnevali stischen Festlichkeiten sogar recht gross sein. Die in Nr. 60 der »Papier-Zeitung« beschriebene Speisenkarte fand bei den am Fest essen Theilnehmenden (etwa 300) so grossen Anklang, dass nach aufgehobener Tafel nur wenige Exemplare liegen blieben, und diese wenigen wurden schleunigst von den Kellnern mit Beschlag belegt. Selbst Grossherzog Ludwig IV. von Hessen, der am Festessen theilnahm, liess sich ein Exemplar nachschicken. E. in G. Wattirte Buchdeckel. Seit einiger Zeit sind zu Poesiebüchern, Gebetbüchern und dergl. Luxusbänden Lederdecke] beliebt, die mit eingelegter Watte gefüttert sind. Die Watte wird zwischen Pappdeckel und Leder- Ueberzug gelegt, bildet also ein weiches Polster, über welches das Leder weggespannt ist. Solche Decken greifen sich weich und angenehm an, sind deshalb besonders bei Damen beliebt und bilden zur Zeit einen vielgekauften Mode-Artikel. Äusser der Annehmlichkeit der weichen Oberfläche haben die wattirten Buchdeckel keinen innern Werth, der ihre Verbreitung wünschenswerth machen könnte. Im Gegentheil besitzen sie gegenüber den festen Deckeln erhebliche Nachtheile. Der Leder- Ueberzug ist durch die eingelegte Watte vom Pappdeckel getrennt, beide sind nicht fest zusammengeklebt, die Folge ist demnach eine bedeutend geringere Haltbarkeit als bei festgeleimten Ueberzügen. Auch die Vergoldung, welche man auf dem Leder anbringt, kann nicht die Dauer haben wie eine Vergoldung auf festem Ueberzug. Zu Einbänden, die auf lange Dauer berechnet sind, ist daher die Wattirung der Deckel verwerflich. Zu Luxus-Einbänden, welche mehr für das Auge und die zarte Hand einer Dame als für die Bibliothek und die fleissige Hand des Gelehrten berechnet sind, mag man die Einbände wattiren. Wünscht ein Gelehrter weiche Einbände, so verdienen geschmeidige, biegsame Deckel aus dünner Pappe vor den wattirten Deckeln den Vorzug. Die Anfertigung der wattirten Deckel erfordert ziemliche Uebung. Man benutzt dazu in der Regel Deckel von der üblichen Pappstärke, die an den Kanten abgeschärft werden, damit eine angenehme Rundung ohne scharfe Kanten entsteht. Auch die Ecken rundet man oft ab. Zum Ueberzug empfiehlt sich glattes, zartes Kalbleder. Chagrinirte, narbig geprägte Leder verfehlen durchaus ihren Zweck, da die Glätte und Weichheit, welche man durch die Wattirung anstrebt, infolge der rauhen, harten Ober fläche der genarbten Leder nicht zur Geltung kommen kann. Die früher beliebten Sammet- und Seiden-Ueberzüge sind nicht zu empfehlen. Etwaige Vergoldung des Leders muss natürlich vor dem Fertigmachen der Decke erfolgen, denn zum Vergolden braucht man eine harte Unterlage, die das Wattepolster nicht gewähren kann. Zum Gelingen des Golddrucks empfiehlt es sich, das zu geschnittene Leder vorher auf der Rückseite dick mit verdünntem Kleister zu überstreichen und denselben in die Lederporen ein dringen zu lassen. Um späteres Dehnen und Verzerren des Leders zu verhüten, welches das Abbröckeln der Vergoldung zur Folge haben könnte, füttert man das Leder in reichlicher Deckelgrösse mit Stücken festen, haltbaren Papiers. Ist das §o vorbereitete Leder trocken, so markirt man auf der Oberfläche desselben die genaue Deckelgrösse nach Maassgabe der eingeklebten Papierstücke mit Falzbeinstrichen, überfährt die Oberfläche mit stark verdünntem Kleister- oder Gelatine-Grund, streicht nach dem Trocknen den üblichen Eiweissgrund auf und vergoldet entweder in der Presse oder mit der Hand. Es empfiehlt sich, nur zarte, sparsame Vergoldung anzubringen, da reiche Vergoldung dem Zweck der wattirten Decke nicht entspricht. Nach dem Vergolden macht man die Decke. Hierbei werden in den verschiedenen Fabriken und Buchbindereien abweichende Verfahren angewendet. Zunächst wird die Watte auf die gut satinirten, an den Kanten abgeschärften Pappdeckel geklebt. Je nach der Buchgrösse benutzt man eine oder auch mehrere Watte tafeln. Bei kleinen Büchern genügt eine Tafel, bei grössern legt man mehrere übereinander. Dabei schneidet man die untere Wattetafel in genaue Deckelgrösse, die obern stufenweise kleiner, sodass sie übereinandergelegt eine sanfte Wölbung ergeben. Dies Polster wird dann umgekehrt auf den Deckel gelegt, sodass die grösste Tafel nach oben kommt und jede folgende Tafel die Kanten der nächsten überdeckt. Hierdurch werden weiche Ueber- gänge erzielt. Das Befestigen der Watte auf die Pappdeckel kann verschieden geschehen. In der Regel bestreicht man die Pappdeckel ringsum fingerbreit mit Leim und klebt die Watte an den Kanten an. Dann schneidet man dünnen Shirting entweder in reichlicher Deckelgrösse mit überstehendem Einschlag, bestreicht letztem einige Centimeter breit mit Leim und zieht den Shirting fest über das Wattekissen weg, dabei den leimbestrichenen Einschlag auf die Rückseite der Pappdeckel klebend; oder man benutzt einige Centimeter breite Shirtingstreifen und fasst mit diesen die Deckel kante sowie die aufgelegte Watte ein. Bei kleinen Büchern unter lässt man das Befestigen mit Shirting auch und spannt den Leder- Ueberzug direkt über die Watte. Das Ueberziehen mit Leder führt man folgendermaassen aus: Die Deckelkante wird auf dem Shirting schmal mit Leim bestrichen, dann legt man die Deckel genau auf den Leder-Ueberzug und drückt sie fest an oder beschwert sie mit einem schweren Brett oder Schärfstein, bis sie am Leder haften. Hierauf bestreicht man den über die Deckel hinausstehenden Leder-Einschlag mit Kleister, zieht ihn scharf um die Deckelkante herum und streicht ihn fest auf die Pappe nieder. Hanpterforderniss ist, dass der Leder-Ueberzug straff über die Watte hinweggespann ist, damit er keine Falten schlägt. Bei unvergoldeten Decken erreicht man das sicher, wenn man das Leder anfeuchtet, sich genügend aus dehnen lässt und in diesem Zustande über die Watte spannt. Während des Trocknens zieht es sich wieder zusammen und nimmt allseitig Spannung an. Jedoch muss man vorsichtig ver fahren, damit sich die Deckel nicht nach aussen verziehen. Die fertigen Decken werden auf übliche Weise um das Buch herumgeklebt. Die Bücher zur Erzielung eines grössern Kaltes anzusetzen und dann mit dem Leder zu überspannen, hat keinen Zweck. Denn selbst wenn man die Bücher auf tiefen Falz ansetzt, erzielt man nie dieselbe Haltbarkeit, die Halbfranzbände besitzen, weil die Wattirung nicht gestattet, den Leder-Ueberzug fest auf den Deckel zu kleben.