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Nr. 60. PAPIER-ZEITUNG. 1923 der falsche Einfallwinkel der Greifer bez. die Lagerung der Greiferstangen-Axe unter der Cylinder-Oberfläche trägt die Schuld hieran. Man lese nach, was in Nr. 47 S. 1514 über diesen Punkt gesagt und durch die Figg. 10 bis 12 illustrirt wurde. Die Red.) Ueber beide Uebelstände ist schon oft genug von Fachleuten geklagt worden. Bevor man aber die verfehlten Einrichtungen sozusagen nicht am eigenen Leibe kennen gelernt hat, kauft man die Maschinen unbesehen und verlässt sich ganz auf die Maschinen fabrik. Die betreffende Presse ist nicht etwa ein alter Kasten, sondern im Frühjahr 1892 von der Fabrik geliefert und bis auf die verfehlten Anlege-Vorrichtungen tadellos. Ich habe die Vordermarken nun so angeordnet, dass der Bogen schon beim Anlegen in die Lage gebracht wird, in welche ihn sonst erst die Greifer drückten. Das ist dadurch erreicht, dass die auf der alten Markenstange sitzenden massiven Zungen, welche in die Schlitze der auf dem Cylinder befestigten Marken eingreifen, so tief herabreichen, dass der Bogen gerade noch so viel Raum hat, um von der Seitenmarke ungehindert verschoben zu werden. Auch die Seitenmarke habe ich ändern lassen müssen, um ein Passen der Drucke zu erreichen. Trotzdem kommt hin und wieder ein Bogen vor, der kleine Abweichungen zeigt, die nicht etwa in schlechtem Anlegen ihren Grund haben. Bei dieser Arbeit habe ich es kennen gelernt, dass für grosse Formate das Punktiren das einzig zuverlässige Verfahren ist, um gute Passer zu erzielen. Jeder Tag bringt mir den Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptung. Während bei den zwei Tafeln, die ich punktire, selten ein schlechter Passer vorkommt, giebt es deren bei der einzelnen angelegten Tafel eine ganze Menge. Beim Anlegen kommen Unterschiede immer eher zum Vorschein, weil sich der Anlagepunkt stets nur an einer Seite befindet. Hat sich das Papier nun gestreckt oder zusammengezogen, so machen sich die Abweichungen immer auf der dem Anlagepunkt ent gegengesetzten Seite am meisten geltend. Beim Punktiren befindet sich sozusagen die Anlage in der Mitte des Bogens, und die Unterschiede im Passen vertheilen sich von da aus, sind also dem Auge nicht so auffällig. —r. Oxydiren der Schriften. Berlin, 24. Juli 1894. Als Beilage sende ich Ihnen einige oxydirte Buchstaben mit dem Bemerken, dass dieselben schon etwa drei bis vier Wochen nach Lieferung seitens der Giesserei sich in gegenwärtigem Zustande befanden. Um dem Weitergreifen des Oxydes vorzu beugen, wurden die Buchstaben gruppenweise (a, b, c usw.) in Oel gelegt und dann abgewischt. Dies Verfahren erwies sich jedoch durch Oel- und Zeitverbrauch als zu theuer und zu um ständlich, auch klebten die Buchstaben trotz sorgfältigen Ab wischens fest zusammen. Ausserdem verbreiteten die an den Buchstaben noch haftenden Oelrückstände einen sehr unangenehmen Geruch. Auf den Rath eines Fachmanns griffen wir zu gutem gereinigtem Petroleum. Wir tauchten einen langen weichen Pinsel in dasselbe und rührten die Buchstaben in den Fächern durch, also ohne sie aus dem Kasten zu nehmen, wie erst bei Anwendung des Oels. Dies half! Die Schriften, welche ich schon verloren glaubte, sind insofern gerettet, als das Oxyd nicht weitergegriffen hat; es sind 21/3 Jahre darüber vergangen. Die Einpinselung wurde allemal abends vorgenommen, damit sich der wenn auch nur schwache, so doch immerhin unangenehme Petroleumgeruch über Nacht verflüchtigte. An den beiliegenden Buchstaben fällt auf, dass einige Schriften durch Oxydiren ein stumpf blauschwarzes Aussehen bekommen, während andere nur einen weisslichen »Beschlag« zeigen, welcher sich, wenn noch nicht zu alt, mit Leichtigkeit abwischen lässt. Die beiliegenden Buchstaben der Cicero »Yankees- Schrift zeigen diesen weissen Beschlag, der allerdings schon seit einigen Jahren daran haftet, weil die Buchstaben wenig oder garnicht benutzt wurden; der Beschlag hat aber denselben nicht geschadet, während die dunkelblaue Oxydart die Buchstaben schon nach einigen Wochen derart zerfressen hatte, dass das Bild der Schrift vollständig rauh war. (Wir halten den weissen Beschlag nicht für Oxyd, sondern für Rückstände des Wasch mittels. D. Red.) Die gleichfalls beiliegenden Buchstaben der Petit Egyptienne zeigen heute, nach 21/2 Jahren, noch den ursprünglichen silber hellen Glanz (wie auch noch mehrere Schriften), während andere, wenn auch nicht stark oxydirt, eine schmutzig blaugraue Farbe angenommen haben. Hierbei ist noch zu bemerken, dass die Lieferung zweier Giessereien sofort oxydirte, während die gleichzeitige Lieferung zweier anderer Giessereien garnicht vom Oxyd berührt wurde, obwohl die Schriften sämmtlich im selben Regal sich befanden. Dies beweist wohl zur Genüge, dass der Grund des Oxydirens im Schriftmetall selbst zu suchen ist, wie ja auch das Aussehen der Buchstaben, sowie derBruch einen bedeutenden Unterschied aufweist. Aeusserliche Einflüsse, wie Feuchtigkeit, neue oder frisch gefirnisste Kästen, Waschen der Formen mit scharfer Lauge usw. usw., welche von den zur Rechenschaft gezogenen Giessern so gern als Ursachen des Oxyds hingestellt werden, befördern viel leicht das Fortschreiten desselben, sind aber keinesfalls die Ursache, da unberührte Schriftpakete (Defekte) in der von der Giesserei gelieferten Verpackung trotz trockener Aufbewahrung ebenfalls oxydirten. Nach allen von mir seit Jahren angestellten sorgfältigen Beobachtungen kann nur die Legirung des Metalls bez. Verun reinigung oder zu grosse Erhitzung beim Guss die Ursache des Oxyds sein, also immer das Schriftmetall selbst und nicht etwaige Fehler in der Behandlung und Aufbewahrung seitens der Druckereien. Wo Oxyd sich zeigt, kann meines Erachtens stets die betreffende Giesserei verantwortlich gemacht werden. M. J. Kleine Mittheilungen. Unter dieser Rubrik werden Eingänge besprochen und technische Anfragen beantwortet, die sicJi auf das Buchgewerbe beziehen. Wir bitten um Einsendung von Accidenzen, die sich zu Besprechung eignen, unter Angabe, ob Anführung der Firma erwünscht ist, oder nicht. Eingänge. Brühl'sehe Druckerei (Fr. Chr. Pietsch'), Giessen. Die Druckerei hat in Fachkreisen durch hübsche Accidenzdrucke, die man gelegentlich von dorther sah, längst guten Ruf. Dass sie diesen verdient, zeigt uns eine grosse Zahl von Drucken, die der Faktor jener Anstalt, Herr H. Elle, uns zuschickt. Der Entwurf der meisten Blätter zeigt unstreitige Begabung ihres Urhebers. Herr Elle scheint dasjenige Talent zu besitzen, das wir allen Accidenz- setzern wünschen, nämlich: hübsche eigene Ideen auf einfache, zweckmässige Weise zu verwirklichen. Dies geht besonders aus einem Beitrag zum Muster - Austausch 1891, einem Reise-Avis für die Schriftgiesserei Nies Nachf., einigen Glückwunschkarten und -Briefen, sowie aus verschiedenen Giesserei - Probenblättern hervor. Die herkömmliche Form der Rand-Einfassungen wird bei manchen dieser Arbeiten durch originelle Borten ersetzt, die sich sehr hübsch ausnehmen. Mitunter ist auch des Guten zu viel gethan, namentlich bei verschiedenen Arbeiten in Frei-Manier fin de siede. Die Farbenwahl ist oft vortrefflich, immer aber wirksam. Auch auf Abwechselung ist man in der Brühl’schen Druckerei bedacht, denn bei einem Neujahrs-Zirkular ist das vordere Blatt mit Hilfe von Glaspapier gekörnt worden, und bei mehreren Blättern kam Prägung zur Anwendung. Eine Oktav- Rechnung der Firma zeigt diese Anordnung: Die Geld-Rubrik dieser Rechnung ist mit Tonschraffur unter legt, um Fälschungen zu verhindern. Eine Speisenkärte ist auf Pergamentpapier allerdings nicht zum Besten gedruckt, sie sieht trotzdem sehr wirksam aus, wozu nicht wenig das an weissrothen Atlasbändern herabhängende wirkliche Wappen-Siegel beiträgt. Diese Idee ist nicht übel und verdient weitere Verwerthung bei Drucksachen für besonders festliche Anlässe. Eine so kleine An zahl von 50 bis 100 Siegel-Abdrücken ist mit verhältnissmässig geringen Kosten zu beschaffen, das Bändchen kostet auch fast nichts, und dabei putzt dergleichen mehr, als all die übrige Aus stattung. Ein schönes Blatt, bei welchem allerdings Zeichner und Zink-Aetzer äusser dem Druck selbst so ziemlich alles gethan haben, ist die Abbildung der neuen katholischen Kirche in Heppen heim a. d. B.