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Berichte ausgesprochene, leider wenig beachtete Bitte wiederholt, diejenigen Unfallverletzten, welche einer chirurgischen Behandlung bedürfen und bei denen die Erwerbsfähigkeit voraussichtlich in den ersten 13 Wochen nach dem Unfall nicht wieder erlangt werden wird, sofort der Heilanstalt des Herrn Professor Dr. med. Leser in Halle a. S., Bahnhofstrasse Nr. 11, zuführen zu lassen. Bei besonders schweren Verletzungen wolle man dem Verletzten einen Reisebegleiter stellen, oder Herrn Professor Dr. Leser telegraphisch benachrichtigen, damit derselbe für sach gemässe Ueberführung des Verletzten sorgt. Wasserrecht. Schluss zu Nr. 51. Als die betreffenden Kommissionen in Breslau, Halberstadt und Halle über den Wassergesetz-Entwurf beriethen, war man allgemein der Ansicht, dass man im grossen Ganzen dem Kapitel über die Reinhaltung der Gewässer zustimmen könne. Seitdem ich nun an den Verhandlungen der Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft theilgenommen habe, bin ich überzeugt, dass wir mehr thun müssen. Nach unsern Begriffen bezeichnen die Bestimmungen des Entwurfs über die Reinhaltung der Gewässer das Mindestmaass dessen, was die Industrie im Interesse ihres ungestörten Bestehens verlangen kann, und wir dachten garnicht daran, dass in andern Erwerbskreisen gegen diese Regelung der Abwässer frage, vor allem gegen den Grundsatz, dass man unter Umständen den Fluss auch verunreinigen dürfe, Widerstand erhoben werden könnte. Wir werden aber einen harten Kampf durcbkämpfen müssen, wenn wir diese Bestimmungen erhalten und noch verbessert sehen wollen. In den erwähnten Verhandlungen ist nicht von den Vertretern der Müllerei, von denen man es vielleicht erwarten konnte, sondern von den Ver tretern der Landwirthschaft und der Fischerei dem Entwurf in schärfster Weise entgegengetreten worden, besonders von dem Regierungsrath von Sybel, der eine Denkschrift vorgelegt hat, die nicht im Buchhandel erschienen ist, und die sich auf 23 Seiten ausschliesslich gegen die gewerbliche Abwässerung in sehr animoser Weise richtet. Ich will Ihnen die Schlusssätze vorlesen: Die Reinhaltung der Flüsse ist nicht nur aus wirthschaftlichen und gesundheitlichen Rücksichten zu fordern, sondern auch aus ethischen Erwägungen. Justus von Liebig hat einmal gesagt, der Gradmesser der Kultur eines Volkes sei dessen Verbrauch an Seife. Mit andern Worten also: der Werth eines Volkes bemisst sich nach dem Grade der Reinlichkeit in allen seinen Lebensbeziehungen. Der Mensch soll an seiner Person wie in seiner Umgebung auf höchste Reinlichkeit halten. Wir schätzen es gering, wenn Jemand unter einem guten Kleide schmutzige Wäsche verbirgt. Wir verstehen es nicht, wenn um ein glänzendes Haus sich ein verwilderter Garten zieht. Darum müssen wir es auch zurückweisen, dass man aus der Mehrzahl unserer schönen dem Vaterlande zur Zierde gereichenden Flüsse Abfuhrwege für gewerblichen Unrath schaffen will, ja dass sich dem Wasser geradezu giftige, gesundheitsschädliche Stoffe bei mischen sollen. So wenig es für erlaubt gilt, den Unrath des Hauses einfach auf die Strasse zu werfen und den Winden Preis zu geben, so wenig kann es für zulässig erachtet werden, zu solcher Verwendung die fliessenden Gewässer herzugeben. Der Entwurf sagt auf Seite 93: »Wasser ist nächst der Luft das wichtigste elementare Bedürfniss des Menschen.« Also, so hätte die Folgerung zu lauten, muss das Wasser ebenso wie die Luft dem Menschen rein erhalten bleiben. Der Verfasser hätte aber logisch weiter folgern müssen: Also darf es keine Industrie geben. Ich werde mir erlauben, dem Direktorium ein Exemplar dieser Denkschrift zu überreichen, damit es dagegen Stellung nehmen kann. Solche Kundgebungen sind ausserordentlich bedauerlich; sie erregen falsche Vorstellungen über den Entwurf und bringen ihn in Misskredit, wo kein Anlass dazu vorhanden ist. Denn der Entwurf will weiter nichts, als der Industrie den selbstverständlichen Schutz gewähren, und das schon thatsächlich bestehende Verhältniss, dass die Fabriken ihre Abwässer in die Flussläufe schicken, gesetzlich sank- tioniren. Es erwächst uns daraus die Aufgabe, dieser Strömung entschieden entgegenzutreten, bevor sie breitern Boden gewinnt, damit der kleine Fortschritt, der in dem Entwurf enthalten ist, nicht zurückrevidirt wird. Es handelt sich für die Zucker-Industrie hier wirklich um eine wichtige Sache, und es ist mit Entschiedenheit zu betonen, dass bezüglich der Reinhaltungs-Vorschriften zum allermindesten an dem festgehalten werden muss, was der Entwurf vorschlägt. Wir müssen bedenken, dass, wenn die Staatsregierung jetzt in ihrem amtlichen Entwurf hinsichtlich der Abwässerfrage eine Stellung einnimmt, die der Industrie gegenüber etwas freundlicher und ent gegenkommender ist, sie dies durchaus nicht ganz freiwillig gethan hat, sondern dass ihr diese Stellung durch die fortgesetzten Beschwerden und Bemühungen aus industriellen Kreisen so zu sagen abgerungen worden ist. Sie wird aber garnicht abgeneigt sein, ihre Stellung zu ändern und ganz andern Wünschen Gehör zu schenken, wenn die in dustriellen Kreise die Sache leicht nehmen und nicht mit Entschiedenheit ihre Interessen vertreten. Es ist dann nicht ausgeschlossen, dass der Entwurf verschlimmert statt verbessert in den Landtag kommt. An ein öffentliches Wasserrecht stellen wir das Verlangen nicht nur, dass es uns die Abführung der gewerblichen Abwässer in die Flüsse ermöglicht, sondern auch, dass es die Benutzung des Wassers überhaupt erleichtert, und dass es dafür sorgt, dass möglichst jeder Tropfen Wasser ausgenutzt werden kann, bevor er zum Meere abfliesst. Ferner stellen wir die Forderung, dass das Gesetz Anstalten trifft, um Denjenigen, der das fliessende Wasser rationell ausnutzen will, gegen die Eingriffe Anderer zu schützen. Wie Redner ausführt, müssen nach dem bestehenden Recht in vielen Fällen mit den Unterliegern langwierige Prozesse geführt werden, wo nach dem künftigen Wasserrecht bei der Wasser behörde das Ausgleichungs-Verfahren beantragt werden kann. In mancher Beziehung, namentlich auf dem Gebiet der Eigen thumsbeschränkungen, ist der Entwurf geradezu bahnbrechend für unser wirthschaftliches Recht überhaupt. Ich habe in dem Entwurf vor allem zwei grosse Gesichtspunkte gefunden, erstens: die Flüsse sind dazu da, um die gewerblichen Abwässer aufzunehmen, zweitens: wo auf dem Gebiete der Wasser wirthschaft die Rechte mehrerer Interessenten am Wasser miteinander in Konflikt kommen, entscheidet das stärkere wirth- schaftliche Interesse. Wir dürfen auch hoffen dass, wenn das vorhin erwähnte Ausgleichungs-Verfahren in richtiger Weise gehandhabt und die Anwendung in die Hände zweckmässig zusammengesetzter Behörden gelegt wird, auf dem Gebiet der Wasserwirthschaft sich Manches zum Bessern ändern wird. Freilich die Behörden-Organisation, wie sie der Entwurf in Aus sicht nimmt, ist der schwächste und unglücklichste Theil desselben, obwohl dieselbe eigentlich einen ganz richtigen Mittelpunkt besitzt. Der Mittelpunkt der Behörden-Organisation soll nämlich das Wasser amt sein. Diese Wasserämter sollten jedoch für engere Bezirke errichtet werden, als sie der Entwurf vorsieht. Nun ist aber die Verwaltung und die Polizei im Gebiet des Wasserrechts nicht nur in die Hände des Wasseramts gelegt, sondern daneben besteht auch noch der Kreis-Ausschuss, der Landrath mit gewissen Funktionen, der Bezirks-Ausschuss, der Regierungs-Präsident, der Oberpräsident und noch andere Organe, sodass es ein besonderes Studium erfordert, sich diese Behörden-Organisation klar zu machen. So wie der Entwurf die Zuständigkeit regeln will, ist sie einfach undurchführbar; dieses Kapitel muss vereinfacht werden; daneben muss es in einem andern Punkt, in einem Kardinalpunkt freilich, auch wieder erweitert werden. Ich habe schon darauf angespielt, dass das Wasseramt, wenn es das Ausgleichungs-Verfahren richtig handhabt, häufig Prozessen vor beugen wird, aber ganz aus der Welt werden die Prozesse dadurch doch nicht geschafft werden. Wenn heute ein Müller behauptet, dass die im Flusse befindlichen Algen sein Triebwerk verlangsamen und ruiniren, und dass die Algen durch das Abwasser einer oberhalb liegenden Fabrik entstehen, dann kann den Müller Niemand hindern, gegen die Fabrik klagend aufzutreten. Es ist Ihnen aber sicher Allen bekannt, «lass gerade daraus für die Industrie die schlimmsten Beschwernisse entstanden sind, dass diese Prozesse nicht ihrer speziellen Natur nach behandelt werden. Solche Prozesse ziehen sich in der Regel durch mehrere Instanzen hindurch, und schliesslich entscheidet das Gutachten eines Sachverständigen, ent weder des Sachverständigen der einen oder des der andern Partei. Auf eigene Kenntniss und eigenes Urtheil kann sich der Richter in diesen spezial-technischen Sachen meist nicht verlassen. Bei den Wasser streitigkeiten handelt es sich aber fast immer um spezielle technische Erwägungen, denen der Richter nicht gewachsen ist. Wir müssen also dahin streben, dass diese Streitigkeiten dem Zivilgericht entzogen und vor technische Spezialgerichte gebracht werden. Ein geeignetes Organ dafür ist das Wasseramt, wie es der Entwurf selbst in Aussicht nimmt. Nach dem Entwurf ist das Wasseramt in der Hauptsache eine admini strative Behörde; für gewisse Fälle allerdings ist auch nach dem Entwurf schon das Wasseramt eine rechtsprechende Behörde. Dieses letztere Gebiet müsste erweitert werden. Die Wasserämter müssen die erste Instanz bilden in allen Privatstreitigkeiten zwischen Anliegern am Wasser und andern Nutzungsberechtigten, und die Appellation müsste nur zulässig sein an eine zweite und letzte Instanz. Diese Ober-Instanz kann das Oberverwaltungsgericht oder auch das Landes-Kulturgericht sein. Dadurch würde erreicht werden, dass die Wasserprozesse früher zu Ende gehen, sachgemässer behandelt werden und geringere Kosten ver ursachen. Alle Interessenten hegen gegenwärtig den Wunsch, dass die Wasserprozesse aus dem Geschäftskreis der Landgerichte und Ober- Landesgerichte herauskommen. Wir verlangen damit durchaus nichts Neues; denn wir haben die technischen Fachgerichte bereits seit langem auf andern Gebieten, vor allem in den Kammern für Handelssachen; in Arbeiter-Unfallsachen entscheiden die Schiedsgerichte, im Auseinander setzungs-Verfahren die General-Kommissionen; in Patentstreitigkeiten ist das Patentamt richterliche Behörde. Der Zug der Zeit geht dahin, Fachgerichte zu bilden und den Zivilgerichten nur den allgemeinen bürgerlichen Rechtsverkehr zu belassen, nicht zum Schaden für die Rechtsprechung. Denn bei den Fachgerichten, die immer auf einem und demselben Spezialgebiet arbeiten, wird sich mit der Zeit das höchste Sachverständniss herausbilden, das überhaupt zu erreichen ist, und die Parteien haben dabei eine weit höhere Gewähr, dass nicht verkehrte Entscheidungen ergehen, während dies häufig zu beklagen ist bei den Zivilgerichten, die sich mit allen möglichen Dingen befassen, bei denen sich Spezialisten nicht entwickeln können, und die ohnedem überlastet sind. Mein Vorschlag geht also dahin, zu verlangen, dass die Streitig keiten zwischen Anliegern und sonstigen Nutzungsberechtigten am Wasser hinsichtlich ihrer Rechte und Pflichten am Wasser vom Wasser amt und in zweiter und letzter Instanz vom Oberverwaltungsgericht oder vom Landes-Kulturgericht entschieden werden.