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Reichsadler und Kaiserliches Wappen. Durch allerhöchsten Erlass vom 16. März 1872 wurde bekanntlich die Anwendung des Deutschen Reichsadlers deutschen Fabrikanten zur An bringung auf Waaren und Etiketten freigegeben. Wir haben den Erlass in No. 14, Jahrg. 1881, zum Abdruck gebracht und wiederholt auf den selben verwiesen. Da in diesem Erlass ausdrücklich nur der Reichsadler freigegeben ist, nicht aber das Kaiserliche Wappen, und da verschiedene an uns ergangene Anfragen bekunden, dass vielfach die Unterschiede dieser Hoheitszeichen nicht genau bekannt sind, geben wir nachstehend Beschreibung und Ab bildung derselben: Der Reichsadler, wie er sich auf allen Reichsmünzen und Postmarken befindet, hat die linksseitig abgedruckte Form. Durch Erlass vom 3. Oktober 1871 wurde dieselbe folgendermaassen bestimmt: „Der Reichsadler ist schwarz, roth bewehrt (mit rothem Schnabel und rothen Klauen) und roth gezungt. Auf der Brust desselben liegt der Königlich Preussische Wappenschild, sil bern; darin ein schwarzer, gold bewehrter, rothgezungter und mit der Königlichen Krone ge krönter Adler, welcher mit der rechten Klaue den goldenen Königsscepter, mit der linken einen blauen, goldbereiften und bekreuzten Reichsapfel hält. Seine Flügel sind mit goldenen Kleestengeln besteckt. Auf der Brust trägt er den von Silber und Schwarz gevierten Hohen- zollernschen Stammschild. Um den Königlich Preussischen Wappenschild schlingt sich eine Kette des hohen Ordens vom schwarzen Adler, 'wenn nicht der Reichsadler, wie weiterhin zu beschreiben, selbst auf einen Schild gesetzt wird. Ueber dem Haupte des Reichsadlers schwebt die Reichskrone, von welcher zwei goldene, mit Arabesken verzierte Bänder ab fliegen. “ Von den drei Wappen des Kaisers, dem grossen, mitt leren und kleineren, kann nur das kleinere mit dem Reichsadler verwechselt wer den. Es hat die recntsseitig abgedruckte Gestalt und wird im Erlass vom 3. Oktober 1871 wie folgt erklärt: „Das kleinere Wappen des Kaisers zeigt einen goldenen, von der Kette des schwarzen Adlerordens umschlungenen Schild, worin der unter No. 1 beschriebene Reichsadler. Auf dem Schilde ruht die Reichs krone.“ Der Deutsche Reichsadler ist also ein.freischweben des Wappenthier, das Kaiserliche Wappen ist ein Schild mit diesem Adler, mit Krone und Ordenskette. Die weit verbreitete Ansicht, dass diese rein zufällig zuerst verwendete Form allein richtig sei, ist grundfalsch, und gerade an maassgebender Stelle ist man bestrebt, ihr entgegenzuarbeiten. So zeigt z. B. der unten abgedruckte Adler der Reichsdruckerei gegenüber der matten Form unserer Münzen die kräftigen Ausdrucksbewegungen echter Heraldik bei Wahrung aller wesentlichen Merkmale. Ein wichtiges ornamentales Gesetz, welches die gute Zeit der Heraldik nie vernachlässigt hat, fordert Einpassung des Wappenthiers in den Raum. Ist daher der Reichsadler einem Rechteck einzufügen, so darf nicht eine elliptische Form gewählt werden, sondern die Flügel und Fänge des Adlers sind, so auszuführen, dass die Gesammtform ein Rechteck bildet. Gegen diese Regel wird unglaublich oft, selbst von amtlicher Seite gesündigt. Die Berliner Künstler sind in der freien Ausbildung der heraldischen Formen noch etwas zaghaft, dagegen behandeln z. B. die Münchener den deutschen Adler mit grosser Freiheit und grossem Geschick. Dort wird er nicht allein in Kreise, Ellipsen und schmale Rechtecke einkomponirt, sondern sogar als Schlussvignette aus gebildet und der Form des auf der Spitze stehenden Quadrats angepasst. Alle diese Formen sind un anfechtbar, wenn nur die im oben zitirten Erlass enthal tenen Bestimmungen erfüllt sind. Die Anwendung des Deut schen Reichsadlers ist nach dem Wortlaut des oben angeführten Erlasses vom 16. März 1872 ausdrücklich auf Anbringung derselben auf Waaren und Etiketten beschränkt. .Missbräuchliche Anwendung auf andern Gegenständen oder Drucksachen, z B. auf Firmenschildern oder Adress karten ist daher ebenfalls strafbar. Nicht strafbar wäre da gegen z. B. die Anbringung eines dem Deutschen Reichs adler ähnlichen Adlers ohne Krone, mit einem Herzschild, welches ein Monogramm oder Emblem trägt. Derartig aus geführte Zeichen sind für verschiedenste Zwecke mehr fach im Gebrauch. A. H. Papierschale des 16. Jahrhunderts im germanischen National - Museum zu Nürnberg. In den Häusern der Vor nehmen bildeten im 16. Jahr hundert verzierte Schüsseln, Platten und Teller einen wesentlichen Bestandtheil des Zimmerschmuckes. Sie be standen oft aus edlen oder halbedlen Metallen und trugen nicht selten Bilddarstellungen von bedeutendem Kunstwerth. Majolika, welche damals die Stelle des heutigen Porzellans vertrat, war sehr beliebt, Reichsadler, neuere Form der Reichsdruckerei. Kleineres Wappen des Deutschen Kaisers. Die Anwendung des Adlers ist freigegeben; die Anwendung des Wappens aber strafbar. Genaue Aufklärung über die Hoheitszeichen des Deutschen Reichs findet man in „Die Attribute des neuen Deutschen Reichs von Dr. Graf Stillfried-Alcantara. Berlin 1872. Alexander Duncker.“ Das kleine Kaiserliche Wappen wird nur sehr selten, z. B. auf den amtlichen Schriftstücken der Konsulate, angewendet. In dem Klischee- Vorrath der Reichsdruckerei, aus welchem uns der zweite linksseitig abge druckte Reichsadler freundlichst überlassen wurde, ist es gar nicht vertreten. Die verschiedenen Erlässe über Adler und Wappen bestimmen nur die wesentlichen Bestandtheile der Hoheitszeichen, nicht aber ihre Form. Daher ist es dem Zeichner vollständig überlassen, Adler und Schild im Stil der Gothik, der Renaissance oder der Barocke auszubilden. Dies ist in so fern sehr günstig, als die zuerst eingeführte Form des Adlers, wie sie auf den Münzen steht, im heraldisch-künstlerischen Sinne als Missgeburt gelten muss. Prof. Hildebrandt hat einmal den Kopf dieses Adlers mit dem einer alten Henne verglichen, und ich habe Aeusserungen von Heraldikern ge hört, die nicht viel respektvoller lauteten. auch Prunkgefässe von Holz sind vertreten, doch kannte man bisher kein Beispiel der Verwendung von Papier oder Papierbrei, der im heutigen Kunstgewerbe eine so grosse und nicht immer erfreuliche Rolle spielt. Vor einigen Wochen gelang es Herrn Direktor Dr. Essenwein, bei einem Antiquitätenhändler eine Schale des 16. Jahrhunderts aufzufinden und um einen namhaften Preis für das Germanische Museum in Nürnberg zu erwerben, die lediglich aus Papier hergestellt ist. Die ovale Schale von 38 cm grösster Länge, 27,5 cm grösster Breite, hat einen 4,5—5 cm breiten Rand. In der Mitte erhebt sich ein Oval, in welchem, umrahmt von einer Cartouche und einem Lorbeerkranz, ein gekröntes Wappen eingepresst ist. Die ganze Platte ist mit gepressten figürlichen und ornamentalen bemalten Darstellungen bedeckt. Um das erhabene Medaillon in der Mitte der Platte sind allegorische Darstellungen der vier Jahreszeiten gruppirt. Jede befindet sich in einem Ovale mit schöner Umrahmung. Der Rand wird durch oben und unten, sowie in der Mitte der beiden Seiten angebrachte gekreuzte Füllhörner in vier gleich grosse Räume getheilt, deren jeder durch anmuthige Blumenranken, in welchen sich Thiere und Jäger bewegen, vollständig ausgefüllt ist. Aussen am Rande läuft eine nicht ganz 1 cm breite, etwas erhabene braune Bordüre; der Grund