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1696 PAPIER-ZEITUNG. No. 50 Schriftgiessereien. Wilh. Woelhner's Schriftgiesserei bringt als Neuheit eine Englische Schreibschrift in vier Graden, Cicero, Tertia, Text, Doppelmittel, welche wir nachstehend in einer kleinen Probe zur Anschauung bringen. 0 ./ 7 ■ / / o- (0222/6 OZe>c/2202220 ((200 Qcte. der 0rc &eycloueed. Die letzten zehn Jahre haben viel Neuheiten auf dem Gebiet Schreibschriften gebracht, und zwar fast ausschliesslich Antiquaformen. Besonders gute Aufnahme fanden die sogenannten „Correspondance-Schriften" mit leichter flotter Führung der Züge und kalligraphisch schwungvollen Versalien. Die Zartheit der einstufigen Formen wurde durch energische Druckstellen in den meisten Buchstaben mit Ober- und Unterlänge beiebt, die Schriften sehen sehr elegant aus, sind aber etwas eng gehal.cn. Die Woellmer’sche Neuheit greift auf die in den sechziger Jahren sehr beliebten englischen Schreibschriften mit kräftigeren Zügen und breiter, klarer Zeichnung zurück. Die Versalien sind einfach, aber edel in der Form und vermeiden alle weitausgreifenden anspruchsvollen Schnörkel. Die technische Ausführung, welche bekanntlich bei Schreibschriften der Haarstrich-Anschlüsse wegen sehr schwierig ist, steht auf der Höhe der Zeit. Die Schrift ist ihrer normalen schönen Verhältnisse wegen sehr viel seitig verwendbar und eignet sich gleich gut zu gewöhnlichen kaufmännischen Vordrucken wie zur feinsten Geschäfts-, Besuchs- oder Glückwunschkarte. Lichtdruckbilder im Büchertext. (Baumbach, Trug-Gold.) In der künstlerischen Zusammenpassung von Text und Bildwerk im Buche brachte die jüngste Zeit unläugbare Fortschritte. Erst in voriger Nummer besprachen wir den interessanten Versuch, welchen derMeidinger’sche Verlag mit Einfügung farbiger Bilder in den Text von „Robinson“ machte. Heute liegt uns ein neuer, ebenfalls sehr eigenartiger Beitrag zur Ent wickelungsgeschichte der Buch-Illustration vor. Die Verlagshandlung Albert Goldschmidt in Berlin hat Rudolf Baumbach’s liebenswürdige Erzählung „Trug-Gold“ in ganz ungewöhnlich vornehmer Ausführung erscheinen lassen, durch welche das Werk dem Ideale einheitlicher Buchausstattung um einen gewaltigen Schritt näher gerückt ist. Zur Wiedergabe der zahlreichen Bilddarstellungen Grot-Johanns, welche die wichtigsten Vorgänge der Erzählung erläutern, ist nicht Holz schnitt oder Aetzung gewählt worden, sondern die im höchsten Sinne originalgetreue, sympathische Technik des Lichtdrucks. Die Bilder, welche meist eine Drittel- bis halbe Seite einnehmen, schmiegen sich genau dem Format an. Sie haben stets volle Satzbreite und da, wo sie selbständig als Tafeln auftreten, Breite und Höhe der Kolumne. In einfacher Technik, ohne übertriebene Kraftstellen gezeichnet, im neutralen Ton der chinesischen Tusche gedruckt, treten sie nicht vordringlich auf, sondern fügen sich in prächtiger Harmonie den Umrissen und dem Gesammt-Ton der Seife ein. Auch mit Bezug auf ornamentalen Schmuck sind neue Wege einge schlagen. Die Einbanddecke verzichtet auf die bekannten modernen Effektstücke in Bezug auf Formen und Farben. Indem sie auf die beste Zeit der Buch- Aussendekoration zurückgreift, vereinigt sie mit Geschick die guten Eigen schaften zweier hochberühmter Meister dieser Kunsttechnik. Sie zeigt Bandverschlingungen nach Mustern von Grolier, und ihnen eingestreut die zierlichen punktirten Ornamentformen des Clovis Eve. Obgleich nur eine Platte, „Gold“, benutzt wurde, ist mit dieser auf dem rothen, narbiges Leder nachahmenden Grunde durch geschickte Raumfüllung eine Wirkung erzielt worden, wie der Druck mit mehreren Platten sie nicht oft erreicht. Das Auge verweilt mit Freude auf dieser ruhig-schönen, stilistisch tadel losen Flächenfüllung. Auch im Innern ist eine neue Form der Ornamentik angewendet. Dort ist an die Stelle der meist rechteckig geschlossenen Kopfleiste eine frei schwebende Ornamentform im luftigen, zierlichen Stil französischer Spät renaissance getreten, welche im Ton der Lichtdruckbilder ausgeführt, an beiden Seiten Ausläufer von gleicher Länge nach unten fast bis an's Ende der Seite sendet. Diese höchst eigenartige Textverzierung passt, in Ge meinschaft mit den stilistisch gleichzeitigen Motiven der Einbanddecke, vorzüglich zum Inhalt der um s Ende des 17. Jahrhunderts spielenden Er zählung. Gröl-Johann, der treffliche Düsseldorfer Geschichtsmaler, hat durch höchst gelungene Charakteristik der Physiognomieen und Kostüme jener Zeit in seinen Bildern den wohlthnenden Eindruck der Ueberein stimmung von Inhalt und Form noch weiter vervollständigt. Es ist hier nicht der Platz, auf den Inhalt des Buches einzugehen. Baumbach ist dem deutschen Volke aus seinen fröhlichen, gemüthvollen Liedern hinlänglich bekannt. Von derselben glücklichen Grundstimmung getragen ist auch dies Werk, in welchem des Dichters köstlicher Humor oft in ganz unwiderstehlicher Weise zur Geltung kommt Das Papier ist kräftig, gut geleimt und satinirt; Buchdruck, wie Lichtdruck sind gleich mässig in der Färbung durch das ganze Werk. Das Buch steht unzweifel haft auf der Höhe der Zeit und macht dem deutschen Buchgewerbe Ehre. Mehrfarbendruck in Zeitungen. Anknüpfend an den unter gleicher Ueberschrift auf S. 1492 unseres Blattes gebrachten Artikel theilt uns ein sachkundiger Mitarbeiter Folgendes mit: Erfahrenen Schnellpressen-Bauern bietet es keine Schwierigkeit, Maschinen herzustellen, welche farbigen Anzeigendruck liefern An ver schiedenen Orten Deutschlands arbeiten Zweifarbenrotationsmaschinen, welche eben so schnell in zwei Farben drucken wie einfarbig. Wenn man indess die Rotationsmaschinen für Zweifarbendruck gewöhnlich nicht so schnell laufen lässt, wie die Zeitungsmaschinen, so geschieht dies, weil man auf ihnen bessere Arbeiten herstellt, welchen allzu grosse Geschwindig keit nicht förderlich ist. Bei den üblichen Rotationsmaschinen für Zwei farbendruck waltet ein grundsätzliches Hinderniss nicht ob, Zeitungen so schnell zweifarbig zu drucken, wie bei gewöhnlichen Rotationsmaschinen einfarbig. Anschaffung und Unterhaltung der für Zweifarbendruck noth wendiger Weise etwas komplizirteren Einrichtung ist lediglich eine Frage des Geldbeutels. Schreiber dieses kennt die mit erwähntem Ergänzungs apparat für Mehrfarbendruck ausgestattete Rotationsmaschine von Alauzet & Cie. auch nur aus einer perspektivischen Abbildung und bei gedruckten dürftigen Erläuterung im Fachblatt „L'Imprimerie", doch er sieht er daraus zur Genüge, dass bei der gewöhnlichen, für Werk- und Illustrationsdruck berechneten Rotationsmaschine neben dem Stereotyp- Zylinder für Widerdruck noch ein zweiter Stereotypzylinder nebst Farb werk angebracht ist, um die den Widerdruckzylinder umspannende Papier bahn noch in einer zweiten Farbe mit Widerdruck versehen zu können. Natürlich kann man statt einer einzigen zweiten Farbe, nebeneinander auch mehrere Farben gleichzeitig in jenem Ergänzungsapparat zum Druck ver wenden, falls man sich auf streifenartigen Farbendruck beschränkt, der in bekannter Weise durch Einlage von Metallstegen oder Bleibrocken in den Farbkasten bewirkt wird, indem man die so entstehenden Fächer mit den verschiedenen Farben füllt. Dies alles ist so einfach, dass es für den Fachmann keines besonderen Aufwandes von Scharfsinn bedarf. Der Er gänzungsapparat liegt vor dem Widerdrackapparat für Schwarz, so dass das Papier unter denselben zuerst gelangt; er druckt also die bunte Farbe früher auf, was auch nothwendig erscheint, da andernfalls das bunte Farb werk bald durch Aufnahme von Schwärze in seiner Wirkung beeinträchtigt werden würde. Auch hier gilt der Grundsatz, bei dem in einer Operation erfolgenden Uebereinanderdruck von Farben darauf zu halten, dass die zarteren Farben zuerst gedruckt werden. Man wird daher auch nicht, wie im früheren Artikel nach der französischen Quelle angedeutet, spät ein treffende Depeschen in Rothdruck auf den frischen schwarzen Text auf drucken. Die andere vorgeschlagene Manier, solche Depeschen in fettem Schwarzdruck dem Text aufzudrucken, dürfte das Lesen des letzteren ziemlich unmöglich machen. Der Ergänzungsstereotypzylinder braucht in der für Doppelformat eingerichteten Alauzet‘schen Rotationsmaschine natürlich nur halb so grossen Durchmesser zu erhalten, als die im Doppel durchmesser ausgeführten übrigen druckenden Zylinder, von welchen mau besonders feine Arbeiten verlangt. Die Anwendung grosser Durchmesser bei den druckenden Zylindern ist bekanntlich der Herstellung guten Drucks günstig, schon weil man bei solchen recht viele Auftragwalzen um die Stereotypzylinder gruppiren kann. Die Alauzet’sche besitzt an jedem der grossen Stereotypzylinder 7 Auftragwalzen, von denen allerdings nur immer je 4 frische Farbe der Form zuführen, — wie dies ja auch bei den deutschen Illustrationsrotationsmaschinen der Fall ist. Da man an den Druck des Ergänzungsapparats nicht so hohe An forderungen stellt, so konnte derselbe auch einen Stereotypzylinder von einfachem Durchmesser erhalten, der mithin auch nicht die doppelte Anzahl Stereotypplatten verlangt; ferner ist der Apparat, der Einfachheit zu Liebe, auch nur mit wenigen Auftragwalzen versehen. Da man sich endlich be gnügte, immer nur für den Druck kleinerer Textstellen in anderer Farbe Sorge zu tragen, so ist der Ergänzungsapparat auch entprechend schmäler ausgeführt und auf einem Querträger seitlich verstellbar gemacht worden, um nach Bedarf den Buntdruck an andrer Stelle auszufübren. Um Mehrfarbendruck auch in Zeitungen schnell herzustellen, brauchte also keine neue Maschine in Frankreich erfunden zu werden; irgend eine unserer leistungsfähigen Scbnellpressenfabriken ist in der Lage, auf Wunsch solche Maschinen zu liefern. Staatsanstalt für photographische Vervielfältigungs- methoden. Der österreichische Unterrichtsminister Dr. von Gautsch hat durch Erlass die Errichtung einer Staatsanstalt für Photographie und von ihr abhängige mechanische Verfahren in Wien angeordnet. Die An stalt soll an die Stelle der bisher in Salzburg befindlichen Staatsgewerbe schule treten, welche sich nicht bewährt hat. Druckarbeiten für Amerika. Es ist bekannt, dass nicht allein Londoner, sondern auch einzelne Leipziger und Berliner Druckereien für amerikanische Verleger arbeiten. The American Bookmaker hebt rühmend hervor, dass diese Anstalten sehr zuverlässig liefern, dass sie die in Amerika üblichen Schriften besitzen und die dortigen Setz-Eigenthümlich- keiten genau kennen. Nach dem Urtheil dieses Blattes haben die in Deutschland gedruckten Bücher die guten Eigenschaften der amerikanischen, sind aber bedeutend billiger.