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930 PAPIER-ZEITUNG. No. 27. Papiermacher-Berufsgenossenschaft. Unfallverhütungsvorschriften. Angenommen in der Genossenschafts - Versammlung vom 21. Juni 1886. I. Für Betriebs - Unternehmer. § 1. Die Mitglieder sind verpflichtet, die Treppen, Fahrstühle, Keller, Gruben. Lucken, Aufzüge und dergleichen derart zu verwahren, dass die selben den Versicherten bei gewöhnlicher Vorsicht keine Gefahr bieten. § 2. Sämmtliche Räume, in welchen gearbeitet wird oder ein Verkehr stattfindet, sind bei Dunkelheit genügend zu beleuchten. § 3. Das Betreten der Dampfkessel- und Dampfmaschinen - Räume ist Unbefugten verboten. § 4, Arbeiter unter 16 Jahren dürfen weder auf Riemscheiben, welche sich im Gang befinden, Riemen auflegen, noch an Hadernschneidern, Kreis end Bandsägen, Astbohr-, Holzschäl- und Spaltmaschinen beschäftigt werden. Kreis- und Bandsägen sind, w’o es der Betrieb gestattet, mit entsprechenden Schutzvorrichtungen und unter dem Tisch mit Schutzkasten zu versehen. § 5. Ehe die Motoren (Dampfmaschinen, Turbinen, Wasserräder, Gas kraftmaschinen etc.) in Betrieb gesetzt werden, hat die dazu beauftragte Person die Arbeiter in den Betriebsräumen durch Ansagen oder durch ein deutlich hörbares Zeichen zu benachrichtigen. § 6. Sämmtliche Schwung- und Zahnräder, die Kammbetriebe, die exponirten Transmissionstheile und Riemen sind, wo die Arbeiter ihnen nahe kommen, mit schützenden Einfriedigungen zu versehen. § 7. Das Auflegen von Treibriemen auf laufende Riemenscheiben mit der Hand ist nur bei langsamem Gange statthaft. Abgeworfene Riemen müssen so aufgehängt werden, dass sie mit in Bewegung befindlichen Transmissionstheilen nicht in Berührung kommen können. § 8. Kalander und Satinirmaschinen sind mit geeigneten Schutz vorrichtungen zu versehen. § 9. Den Arbeitern, welche an Maschinen zu thun haben, die Splitter und Funken erzeugen, sind von den Betriebsunternehmern auf ihr Ver langen gratis Schutzbrillen zu verabfolgen. § 10. Die Benutzung der Fahrstühle und Aufzüge zur Personen beförderung ist im Allgemeinen verboten und nur gestattet, soweit gesetz liche und polizeiliche Vorschriften über die Personenbeförderung mit Fahr stühlen erlassen sind. Fahrstuhlschächte sind soweit als thunlich ab zuschliessen. § 11. Diejenigen Arbeitsmaschinen, welche häufiger während des Tages äusser Betrieb gesetzt werden, müssen mit Ausrück-Vorrichtungen versehen sein. Alle Ausrück-Vorrichtungen müssen in brauchbarem Zustand erhalten werden. § 12. Die vorstehenden Schrauben an den Stellringen und Kuppe lungen, sowie vorstehende Keilnasen an deu Wellen sind zu entfernen oder glatt zu überkleiden. § 13. Leitern, welche in Arbeitsräumen benutzt werden, müssen mit Vorrichtungen versehen sein, welche das Ausgleiten verhindern. § 14. Seil- und Riemen - Transmissionen, welche über Gänge oder Arbeitsstände herführen, sind an den betreffenden Stellen mit Schutzrinnen oder anderen genügenden Sicherheitsvorrichtungen zu versehen. § 15. Vom Maschinen- und Fahrstuhl-Betrieb sind alle Arbeiter aus zuschliessen, welche an Epilepsie, Krämpfen, Ohnmächten und dergleichen leiden oder aus anderen Gründen nicht immer zurechnungsfähig oder zu verlässig erscheinen. Sichtbar Betrunkene sind aus den Arbeitsräumen auszuweisen. § 16. Die Verschlussdeckel an Kochapparaten (Lumpen-, Holz-, Stroh- und Cellulose-Kocher) sind erst zu lösen, wenn keine Dampfspannung mehr im Kochgefäss vorhanden ist § 17. Für die in Gemässheit vorstehender Bestimmungen zu treffenden Aenderungen wird den Betriebsunternehmern eine Frist von 12 Monaten vom Tage der offiziellen Bekanntmachung an gewährt, doch sind die Sektionsvorstände berechtigt, in einzelnen Fällen kürzere Fristen zu be- dingen. § 18. In jedem Betrieb sind an leicht sichtbarer Stelle sämmtliche Unfallverhütungsvorschriften durch Plakatanschlag bekannt zu machen. II. Vorschriften für versicherte Personen. § 19. Die Arbeiter dürfen nur diejenigen Betriebsräume betreten, in welche ihre Beschäftigung oder der Auftrag ihrer Vorgesetzten sie führt. Zuwiderhandelnde sind von den in den betreffenden Räumen beschäftigten Leuten auszuweisen. § 20. Eigenmächtige Entfernung oder eigenmächtige Nichtbenutzung von Schutzvorrichtungen ist strengstens untersagt. § 21. Männliche Arbeiter, welche an Maschinen beschäftigt sind, müssen enganliegende Kleider tragen. Insbesondere ist denselben das Tragen von Schürzen verboten. Weibliche Personen, welche an Maschinen beschäftigt sind, müssen festgebundene Schürzen haben, welche die Kleider zusammenhalten. § 22. Die Berührung von Maschinen seitens solcher Arbeiter, die nicht ausdrücklich für die Bedienung und Instandhaltung von Maschinen angestellt sind, ist verboten. § 23. Jeder Arbeiter hat von allen Mängeln an Schutzvorrichtungen und Maschinen, welche er wahrnimmt, Anzeige zu erstatten. § 24. Die Benutzung der Fahrstühle und Aufzüge zur Personen beförderung ist im Allgemeinen verboten und nur gestattet, soweit gesetz liche und polizeiliche Vorschriften über die Personenbeförderung mit Fahr stühlen erlassen sind. Fahrstuhlschächte sind soweit als thunlich abzu schliessen. § 25. Die Verschlussdeckel an Kochapparaten (Lumpen-, Holz-, Stroh- und Cellulose-Kocher) sind erst zu lösen, wenn keine Dampfspannung mehr im Kochgefäss vorhanden ist. § 26. Versicherte Personen, welche den Unfallverhütungsvorschriften zuwiderhandeln, verfallen in eine Geldstrafe bis zu 6 Mark, welche gesetz lich der betreffenden Krankenkasse zufällt. Papiermacher-Berufsgenossenschaft. IX. Sektion, Sachsen. Die Herren Mitglieder der IX. Sektion (Königreich Sachsen) der Papier macher-Berufsgenossenschaft werden hiermit zur Sektionsversammlung Freitag, den 9. Juli 1886, mittags 1 Uhr in Reicholds Hotel in Chemnitz ergebenst eingeladen. TAGESORDNUNG: 1. Geschäftsbericht des Vorsitzenden. 2. Wahl der Delegirten für das Jahr 1887. 3. Ergänzungswahl für zwei Mitglieder des Sektionsvorstandes, nämlich die ultimo 1886 ausscheidenden Herren Braun und Scheerer, sowie für die Ersatzmänner derselben, die Herren Niezel und Schroeder, bez. für den ver storbenen Herrn Direktor Grimm in Bautzen. 4. Ersatzwahl für abgegangene Vertrauensmänner. 5. Wahl der Revisionskommission für die Prüfung der Rechnung 1885/86. Chemnitz, den 7. Juni 1886. Der Sektionsvorstand. G. Rostosky. In Stellvertretung des Vorsitzenden. Unfallversicherung - . Lachendorf bei Celle, den 29. Juni 1886. Geehrter Herr Hofmann! Mit Bezugnahme auf den in No. 18 Ihrer Zeitschrift enthaltenen Artikel über Unfallversicherung verfehlen wir nicht. Ihnen ergebenst zur Mittheilung zu bringen, dass der Genossenschaftsvorstand in seiner am 20. d. Mts. zur Abhaltung gebrachten Sitzung über diesen Gegenstand in Berathung getreten ist. Derselbe hat beschlossen, von dem aus dem Artikel ersichtlichen Erbieten, auch Mit- theilungen dieser Art in den Spalten Ihres Blattes kostenfrei zur Aufnahme bringen zu wollen, dankend Notiz zu nehmen und beschlossen, auch die Sektions vorstände entsprechend in Kenntniss zu setzen. Der Vorstand hat dem Vor sitzenden überlassen, das seiner Ansicht nach zur Veröffentlichung Geeignete zur Mittheilung in Ihrem geehrten Blatt Ihnen zur Zusendung zu bringen. Hochachtungsvoll Der Genossenschaftsvorstand Carl Drewsen, Vorsitzender. Anm. d. Red. Wir haben den wesentlichen Inhalt eines uns zuge gangenen Schreibens vorstehend abgedruckt, damit alle Mitglieder davon Kenntniss erhalten. Wir danken verbindlichst für die rasche sachgemässe Berücksichtigung unserer Anregung, und ersuchen, mit Bezugnahme auf oben mitgetheilten Be schluss, die Sectionsvorstände, uns möglichst ausführliche Berichte über alle Beschlüsse und Vorkommnisse zugehen zu lassen. Wir wissen wohl, dass die Herren Geschäftsführer mit Arbeit überbürdet sind, und muthen den* selben nicht zu, uns journalistisch ausgearbeitete Artikel zu senden, sondern lediglich Mittheilungen in der ihnen geläufigen Form, Wir wollen dieselben gerne für den Abdruck zurechtfeilen, wenn uns dies ausdrücklich gestattet wird. Die Geschäfte der Genossenschaften und Sectionen werden von deren Vorständen geführt, und die Mitglieder erfahren nur wenig davon. Häufige und eingehende Mittheilungen würden eine stetige Verbindung mit allen Mitgliedern herstellen, deren Interesse erregen und ihre Mit arbeit durch Winke und Vorschläge hervorrufen. Wir bitten desshalb um sachliche Aeusserungen über alle die Genossenschaften berührenden Fragen und werden dieselben jederzeit gerne abdrucken. Papier-Prüfung. (Aus No. 16 wMerholt.) ' Für strebsame junge Fachleute bietet sich jetzt Gelegenheit, in der amtlichen Papier-Prüfungsanstalt zu Charlottenburg die dort geübten Ver fahren kennen zu lernen. Laut nachstehend abgedrucktem Erlass werden nämlich vom Januar dieses Jahres ab freiwillige Hülfsarbeiter zur Be schäftigung in der mech.-tech. Versuchsanstalt zugelassen. Der Vorstand der Anstalt wird gerne, soweit thunlich, auf die Wünsche der Einzelnen Rücksicht nehmen und sie z. B. der Abtheilung für Papier-Prüfung zu weisen. Geübtere Personen könnten unter Umständen zu wissenschaft lichen Arbeiten herangezogen werden. Die Anstalt ist bekanntlich mit Maschinen. Apparaten und sonstigen Hülfsmitteln zur Anstellung von Festigkeits-Versuchen aller Art, zur Papier-Prüfung, Oel-Untersuchung etc., ausgerüstet und kann die Gewähr übernehmen, dass junge Leute mit der nöthigen Vorbildung und gutem Willen etwas Tüchtiges lernen werden. Durch die Verbindung mit der technischen Hochschule bietet sich auch Gelegenheit, nebenbei noch andere Studien zu betreiben, soweit es die Geschäftszeit der Versuchs-Anstalt zulässt. Es wäre zu wünschen, dass von dieser sehr anerkennenswerthen Erlaub- niss seitens der jungen Techniker und Grosshändler recht umfassender Ge brauch gemacht würde, damit die Erfahrungen und Errungenschaften der Anstalt sich in möglichst weite Kreise verbreiten und allmälig zum Gemein gut werden. Die erwähnte Verfügung lautet: Annahme freiwilliger Hülfsarbeiter bei der Königlichen mechanisch-technischen Versuchsanstalt. 1. Vom 1. Januar d. J. ab werden freiwillige Hülfsarbeiter zu der Beschäftigung in der mechanisch-technischen Versuchsanstalt zugelassen..