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1586 PAPIER-ZEITUNG. Ko. 47. Papierverarbeitungs-Berufsgenossenschaft. Bericht und Statistik über den Geschäftsbetrieb sämmtlicher 8 Sektionen vom 1. Oktober bis 31. December 1885 sind jetzt zusammengestellt. Nach den Listen des Reichs-Versicherungsamts und den Berichten der unteren Verwal tungsbehörden sind im Ganzen 1 286 Betriebe mit 46 340 Personen gemeldet worden. Von diesen wurden 171 Betriebe mit 2051 Personen abgelehnt, theils weil sie den Anforderungen des § 1 des Unfallversicherungsgesetzes nicht entsprachen, theils weil sie ihrem Hauptbetriebe nach zu andern Berufsgenossenschaften gehörten. Die verbleibenden 1115 versicherungspflichtigen Betriebe mit 44 289 Per sonen wurden auf die einzelnen Sektionen wie folgt vertheilt: Sektion I, Berlin 249 Betriebe mit 10 863 Personen II, Breslau 68 2 283 » HI, Leipzig . . • 237 » 9 903 » IV, Hannover 122 » 3 447 » » V, Kassel 87 » »1 3 319 » » VI, Elberfeld. 130 » w 4 649 » VII. Ensheim, Pfalz, Elsass, Baden 97 » » 4 665 » VIII, Nürnberg ....... 125 » 5 160 n der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 1885 sind im Ganzen 91 Unfälle zur Anmeldung gelangt, und zwar: in Sektion I II III IV V VI VII VIII 23 4 18 3 9 12 12 10 Unfälle. Davon sind durch Wiederherstellung der Verletzten bis zum 31. De zember 1885, also vor der gesetzlichen Frist von 13 Wochen, erledigt : in Sektion I II III IV V VI VII VIII ' 17 3 17 1 8 12 12 9 Unfälle unerledigt 61 1 21— — 1. In einem Falle ist die Genossenschaft durch den sofort erfolgten Tod des Verletzten zur Erstattung der Beerdigungskosten mit 55 M. 38 Pf. ver pflichtet worden. Die Wittwe und das Kind des Verstorbenen erhalten seit 17. Dezember 1885 eine jährliche Rente von 166 M. 14 Pf. beziehungsweise 124 M. 60 Pf. Vermutblich wird nur für einen Theil der 11 durch Genesung noch nicht erledigten Fälle Entschädigung einzutreten haben. Aus der umfangreichen Zusammenstellung der Unfälle nach Verletzungs- Ursachen ersehen wir. dass an Steindruckschnellpressen besonders viele Unfälle vorkamen, und zwar nicht weniger als 10; Kalander sind mit 5; Balanciers und Schneidemaschinen mit je 3; Tapetendruckinaschinen, Fahr- Stühle, Tiegeldruckmaschinen und Drahtheftmaschinen mit je 2 Unfällen vertreten. Der Fall eines Gegenstandes auf ein Glied war 16mal Ursache der Verletzung. Fallen vom erhöhtem Standpunkt (7 mal), Ausgleiten und Fallen (je 4 mal) sind die nächsthäufigen Anlässe gewesen. Nach der Art der Beschädigungen sind Fingerverletzungen am häufig sten vorgekommen: 39 Fälle. Füsse sind 15 mal, Hände 9 mal, Kopf, Rücken und Zehen je 4 mal verletzt worden. Der vom Reichsversicherungsamt gerügte übermässige Gebrauch des Rechts, Ordnungsstrafen zu verhängen, ist bei dieser Berufsgenossenschaft nicht vorgekommen. Es ist nicht eine-einzige Ordnungsstrafe beschlossen worden. Wo aus Unkenntniss des Gesetzes und des Statuts Fehler be gangen wurden, hat es der Vorstand stets bei einer Belehrung bewenden lassen. " Espartogras — Alfa. Wenn auch in Deutschland nur wenig Espartogras zu Papier verar beitet wird, so hat es doch als Flechtmaterial grosse Bedeutung und ver dient unser fachmännisches Interesse, weil es der wichtigste Papierrohstoff Grossbritanniens ist. Zu Anfang seiner Verwendung wurde alles Espartogras aus Spanien bezogen; aber jetzt sind Algier, Tunis und Tripolis die Hauptlieferanten. Während 1869 nur 9 000000 kg Alfa von Algier ausgeführt wurden, stiegen die Verschiffungen bis 1870 schon auf 37 000 000 kg und haben sich seit dem noch bedeutend erhöht. Es wird angenommen, dass in Algier allein 5 Millionen Hektare Hochebene mit Alfa bedeckt sind, und 1 Hektar kann bei rationellem Betrieb jährlich 1000 — 1500 kg Alfa liefern. Anfangs wurden zum Einsammeln des Grases nur Eingeborene ver wendet, die dabei häufig'sehr unvernünftig zu Werke gingen, indem sie die ganze Pflanze ausrissen. Später fing man an, spanische Arbeiter, „Sparteros“, kommen zu lassen, die sich durch unermüdlichen Fleiss und grosse Aus dauer bald fest einbürgerten. Man bedenke, dass dieselben sich auf wasser loser Ebene, entfernt von menschlichen Wohnungen, unter glühender Sonne befinden, und wird dann die 6—8 Francs, welche sie täglich verdienen, nicht zu hoch finden. Sie bauen sich an ihrer Arbeitsstätte mit Hülfe einiger Hölzer und Alfa eine Schutz-Hütte und an den Vereinigungspunkten Vieler eine hölzerne Wohnstätte. Bei ihrer Arbeit sind sie selbstverständlich sehr einfach mit Flanell weste, spanischen Hosen, Gamaschen und dem grossen Hut „Sombrero“ bekleidet. Eine Doppelflinte dient ihnen zur Vertheidigung wie zur Jagd. Die Alfaflächen werden von der Regierung auf 3, 6 und 9 Jahre zu 20 und 30 Centimes für je einen Hektar verpachtet. Neuerdings hat die Regierung von Algier auch Preise in Höhe von 5000 Francs für die beste Schrift über die Ausnützung der dortigen Alfa ausgeworfen. Sulfitkocher Ein Korrespondent des „Paper Trade Journal“ versichert, man könne Blei-Blech auf folgende Art so innig mit Kesselblech verbinden, dass es den beim Kochen von Sulfitstoffen vorkommenden Einwirkungen auf die Dauer widersteht. Vor Allem muss Schmutz und Oxyd sorgfältig vom Eisen entfernt, und eine genügende Lage Zinn darauf niedergeschlagen werden. Das Eisen soll reichlich mit heissem Blutlaugen-Salz, Ferrocyankalium, behandelt werden, da dies alle fremden Stoffe wegnimmt. Dann bringt man es in ein Bad, welches 20 Theile schweflige Säure, 12 Theile Salpetersäure, 18 Theile Salzsäure. 50 Theile Wasser enthält und lässt es lange genug darin, um die Oberfläche zu sättigen und die kleinsten Poren zu reinigen. Das gereinigte Eisen legt man in ein konzentrirtes Bad von Chlor-Zinn, nimmt es nach einigen Minuten heraus und wiederholt dies Verfahren, bis das Eisen gleichmässig mit Zinn bedeckt ist. Diese Zinnlage dient als Bindemittel zwischen dem Eisen und dem Blei. Das Bleibad muss so heiss sein, dass ein ingetauchtes grünes Holz sofort brennt, und in dieses Bad wird das Eisen bis auf den Boden getaucht, zur Abkühlung heraus ge nommen und wieder eingetaucht. Dann giebt man es in ein Bad von 80 % Salzsäure, taucht es wieder in das Bleibad und fährt in dieser Weise fort, bis die Bleischicht dick genug geworden ist, wonach das Eisen in warmem Wasser gut gewaschen und mit Sägespänen abgerieben wird. Da das Eisen bei diesem Verfahren auf seiner ganzen Oberfläche ver bleit wird, während es im Sulfitkocher nur auf der Innenseite mit Blei überzogen sein soll, so scheint dasselbe, nicht ganz zweckentsprechend zu sein. Bleichen von Jute. Vom Rhein. Bezugnehmend auf die Anfrage eines Herrn Kollegen an die Redaktion dieses Blattes, theilt Einsender seine neuerdings gemachten Erfahrungen gern mit. Die Jute muss vor Allem gut gekocht sein und zwar mit einem kleinen Zusatz von kalzinirter Soda; dann muss sehr gut gewaschen werden, bis das ablaufende Wasser ganz klar ist. Zum Bleichen streue man di doppelte Menge des für Lumpen angewandten Chlorkalks in ganz trockenem Zustande in den Holländer. Einige Minuten darauf setze man die Säure zu und zwar 1 Schoppen Schwefelsäure oder etwa 3—4 Schoppen Salzsäure. (Auf wie viel Jute und Chlorkalk? D R.) Die Jute wird sich dann ziemlich weiss bleichen, immer hin aber einen grünen Stich behalten. Noch bessere Wirkung erzielt man, wenn man die Jute mit dem Bleichwasser leert und solches wenigstens noch 6 bis 8 Stunden darauf stehen lässt. (Wir bitten um weitere Aeusserungen. D. Red.) Bleichen und Kochen von Papierstof. Verbesserungen in der Herstellung von Papierstoff aus faserhaltigen Substanzen von R. Ch. Menzies, Ch. F. Cross und E. J. Bevan. Englische Patente Nrn. 6839 und 6840 vom Jahre 1885. Wir bringen die Patentbeschreibungen an dieser Stelle, weil der eine der Patentinhaber, Herr Menzies, ein in England sehr bekannter Papier fabrikant, Theilhaber von Alex. Cowan & Co., und die beiden letzten be kannte Chemiker sind. Nach erstem Patent wird Papierstoff, der nach einem der bekannten Verfahren aus Stroh, Esparto, Holz, Lumpen etc. erhalten wurde, vor dem Bleichen ausgewaschen und mit einer alkalischen Lösung gesättigt, deren Natur und Stärke sich nach dem Grade der erforderlichen Zerkleinerung und Bleichung des Papierstoffs richtet. Der Ueberschuss der Lösung wird abgezogen, und der Papierstoff darauf der Einwiikung von Chlorgas aus gesetzt, bis nichts mehr davon aufgenommen wird. Sodann wird der Papierstoff gewaschen, nm ihn von dem Alkali und den löslichen Zer setzungsprodukten der Faser zu befreien, und nach dem gewöhnlichen Ver fahren weiter behandelt. Nach dem zweiten Patente werden die rohen faserhaltigen Substanzen mit einer Lösung von kaustischem Alkali und Alkalisulfit getränkt und nach Entfernung der überschüssigen Lösung in einem geeigneten Gefäss der Einwirkung von Dampf ansgesetzt. Die Stärke der Lösung und Dauer der Dampfeinwirkung richtet sich nach der Natur der rohen faser haltigen Materialien und dem Grade der gewünschten Zerkleinerung. Das Verhältniss der schwefligen Säure zu dem Alkali in der Lösung ist zweck mässiger Weise ein solches, .dass wenigstens die Hälfte des Alkalis durch schweflige Säure neutralisirt ist, d. h„ dass ein neutrales oder normales Sulfit gebildet wird. Bei Verwendung von Natron ist das Verhältniss Na, O zu Na,SO, (Na 0 S 0,). Nach Beendigung des Dämpfens wird der Stoff gründlich ausgewaschen und sodann je nach dem Verwendungszweck weiter behandelt. Dieses Verfahren soll dem bisherigen Kochprozess gegenüber eine grosse Ersparniss an Alkali ergeben. Ein Schatz in Lumpen. Am 23. Oktober bekam Frau Skinner, die schon viele Jahre im Lumpensaal der Joynson’schen Papierfabrik zu St. Mary Cray bei London arbeitet, ein festgeschnürtes Bündel in die Hand, welches vorher schon von den andern Sortirerinnen aufgenommen und wieder fortgelegt worden war. Sie rief eine ihrer Genossinnen, um ihr beim Aufschneiden [zu helfen, und zum Erstaunen aller Anwesenden fielen sofort mehrere Goldstücke und Banknoten heraus. Die in dem Bündel befindliche Summe betrug 14 ganze, 28 halbe und 8 Viertel-Napoleons, nebst 6 Noten, meist von 20 frcs. im Gesammtwerth von ungefähr 600 Mk. Die Lumpen waren aus der französischen Niederlage der Herren Joynson ge kommen. Frau Skinner sammelte das Geld vorsichtig und überreichte es Montag Vormittag Herrn Joynson, dieser wechselte es jedoch nur in englisches Geld um und gab es der ehrlichen Finderin wieder.