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No. 45. PAPIER-ZEITUNG. 1523 Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel, Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Korrespondenten erhalten angemessenes Honorar. Eingesandte Werke finden Besprechung. Der Buchdrucker-Tarif in Berlin. Von den 103 Berliner Druckereien, welche für Durchführung des neuen Tarifs in Betracht kommen, haben 103 denselben angenommen, und nur 9 haben abgelehnt. Ein ähnlich günstiges Ergebniss ist in den andern grösseren Städten zu verzeichnen. Schlimmer liegt die Sache in den kleineren Städten, welche immer die Schmerzenskinder der tariftreuen Verbände ge wesen sind. Besonders in Rheinland-Westfalen ist die Stimmung sehr ungünstig. Dort sollen 300 bis 400 Ausstände zu erwarten sein. Zur Unterstützung bedrohter Orte wurden der Berliner Tarifkommission 2000 Mark zur Verfügung gestellt, davon allein 1000 M. für Rheinland-Westfalen. Tonplatten für kleinere Accidenzen. Im modernen Accidenzdruck spielt die Anwendung mattfarbiger Töne zum Zweck wirkungsvoller Sonderung einzelner Theile der Arbeit eine grosse Rolle. Gewöhnlich sind drei Flächenfiguren von einander abzuheben: 1. Rahmen, 2. Bildfläche innerhalb, 3. Papierfläche ausserhalb. Die letztere, den ornamentalen Rahmen umgebende Fläche behält meist Papierfärbung, so dass in einfachen Fällen nur Rahmen und Bildfläche von einander zu scheiden sind. Die Tonplatten, durch welche eine solche dem Auge angenehme Scheidung bewirkt wird, schnitt man früher in Holz oder Metall aus. Beide Stoffe sind in brauchbar hergerichteter Form theuer, beide erfordern die Heranziehung eines Holzschneiders und Graveurs, können daher auch nicht immer rasch genug beschafft werden. Holz ist in hohem Grade der Luftfeuchtigkeit unterworfen und ver ändert leicht seine ursprüngliche Form, Metall kann auf mineralische Farben zersetzend wirken und den Ton sehr merklich trüben. Aus allen diesen Gründen sind die genannten Stoffe wenig zu empfehlen. Günstige Ergebnisse hat man in neuerer Zeit erzielt durch Celluloid- und Kartonplatten. Celluloid ist in Gestalt von dünnen Platten im Handel. Es muss mit Leim auf einer Holz-Unterlage befestigt werden und lässt sich sowohl mit dem Stichel wie mit dem Messer bearbeiten. Den Farbstoffen gegenüber verhält es sich völlig indifferent und giebt gleichmässig und rein die Farbe ab. Aber auch Celluloid ist theuer. Billiger schon stellen sich die Platten aus kräftigem in der Masse gleichförmigem Karton. Sie können von jedem geschickten Arbeiter her gestellt werden und drucken sehr rein. Ihre Herstellungsweise ist folgende. Dreifacher oder vierfacher Bristolkarton, für die betreffende Fläche reichlich zugeschnitten, wird mittels warmen Leimes in dreifacher Schicht auf Holz befestigt und unter Druck getrocknet. Auf diese weisse glatte Fläche werden die Umrisse des betreffendes Tones entweder gepaust, oder noch besser: von gesättigtem Abzüge umgedruckt. Dann schneidet man mit feinem scharfem Messer (Schnitzer) den Umrissen entlang, immer Sorge tragend, dass eine schräge Schnittfläche entsteht, eine Art Abhang, welcher die Festigkeit der Platte sichert. Bei kleinen Auflagen kann von solchen Platten schon gedruckt werden, bei grösseren ist es nöthig, eine Lackschicht aufzutragen, welche vor dem allmäligen Abreissen von Fasern durch die Walzen schützt. Meist wird Kopallack hierzu verwendet, auch schwarzer Lederlack, auch Wasserglas. Wenn man statt der dreifachen Lage Bristol-Karton den bekannten glatten Pressspan (Glanzdeckel) benutzt, kann das nachträgliche Lackiren in Wegfall kommen. Solche Kartonplatten werden als besonders zweckentsprechend jetzt fast durchweg angewendet, aber immer noch ist ihre Herstellung zeitraubend, und das Gelingen von der guten Beschaffenheit und richtigen Anwendung der Stoffe abhängig. Ein Verfahren von verblüffender Einfachheit und immer sicherer Wirkung lernte ich .vor Kurzem in der kleinen Hausofficin der Schriftgiess- Firma Ferd. Theinhardt kennen, wo Herr Christmann, Vertreter dieser Firma, dasselbe ausgedacht hat. Denken wir uns den vorhin erwähnten einfachen Fall, dass ein Ton unter die Haupt - Einfassung und ein zweiter unter den Schriftsatz im Innern gelegt werden soll. Die rechteckige Platte für das Rahmen-Innere nehmen wir ihrer einfacheren Form wegen zuerst vor. Aus Untergrundtypen, irgend welcher Art, alten möglichst kegel füllenden Einfassungen, Cicero - Inseratlinien und dergleichen schaffen wir zunächst einen Typenblock, welcher in seinen räumlichen Ausdehnungen der mit Ton zu füllenden Fläche genau entspricht und in seiner Oberfläche eine möglichst wenig unterbrochene Ebene bildet. Geht die Fläche nicht auf Cicero aus, so können unbedenklich kleine Durchschuss-Zwischenschläge im Innern eingefügt werden. In verkleinerter Form, etwa als Tongrund einer Leiste, möge dieser Block etwa so aussehen: Jetzt wird von der Hauptform, welche für die Umrisse der Tonplatten maassgebend ist, ein blasser Abdruck auf dreifachen Bristol - Karton ge ¬ macht. Dort wo die Grenzen des Tones laufen, schneidet man den Karton — wie bei der Schachtel- und Kartonnagen-Fabrikation — halb ein, lässt jenseits dieser Schnittlinien an allen Seiten einen Streifen von etwas weniger als Schrifthöhe stehen und nimmt, ähnlich wie bei Kouverts, die Ecken etwas ab: Schrifthöhe minus Nonpareil. Schrifthöhe minus Nonpareil. Bei schmalen Flächen, also z. B. bei einer Leiste, würde es auch ge nügen, die Streifen nur an der Längsseite stehen zu lassen. Nun hat man nichts weiter zu thun, als den Karton - Ausschnitt auf den Typenblock zu legen, die Seitenstreifen herunterzuklappen und das Ganze zwischen Stegen zu schliessen. Abdruck von einem mit Karton überdecktem Typenblock. Man erhält so eine Tonplatte, die etwas mehr als schrifthoch ist, gerade so, wie es bei einer vollen Fläche, die immer kräftigen Druck erfordert, nothwendig ist. Bei Herstellung des Tongrundes für den Rahmen ist das Verfahren ganz ähnlich. Der Rahmen wird wieder als Block markirt, der Karton besonders vorsichtig eingeschnitten, und die Seitenstreifen nach aussen und innen stehen gelassen: Nun druckt man in matten Tönen die beiden Platten nacheinander vor, z. B. den Rahmen blassgraugrün, das Innere graugelb. Die Ornament formen des Rahmens können dann in Sammetbraun ausgeführt werden, der Text in Schwarz. Mit solchen höchst einfachen Tonplatten sind in der genannten Officin schon Auflagen von mehreren Tausend gedruckt worden, ohne dass der Karton sich irgendwo losgerissen hätte. Vorausgesetzt wird natürlich, dass ein vorzüglicher Bristol-Karton zur Anwendung kommt, und dass die Kanten gut mit einem Falzbein überstrichen werden, damit der beim Schneiden entstandene Grat verschwindet. Das Ueberziehen mit Lack ist auch bei dieser Methode zulässig, doch hat es sich bisher noch nicht als nothwendig herausgestellt. Ein nachtheiliger Einfluss auf die zum „Block“ verwendeten Typen ist noch nicht beobachtet worden; dieselben werden nicht mehr strapazirt als beim Druck auf Karton. Albert Hoffmann. Aus der deutschen Reichsdruckerei. Von den technisch und künstlerisch bedeutenden Leistungen der deutschen Reichsdruckerei hat unser Blatt schon zu wiederholten Malen Belege liefern können. Wer jemals Gelegenheit hatte, die Räume des prächtigen Arbeitspalastes in der Oranienstrasse zu durchschreiten, wird von der Grossartigkeit, geistvollen Gliederung und vornehm-einfachen Aus stattung der Anlage den besten Eindruck erhalten haben. Die Maschinen und Apparate sind erste Erzeugnisse ihrer Art, oft Originale der Reichs druckerei. So sind z. B. meines Wissens die Postkarten-Schneideapparate, welche äusserlich den gewöhnlichen Papierschneidemaschinen gleichsehen, deren Messer aber kammartig gestaltet sind: | [ j | | besonders für die Reichsdruckerei angefertigt worden. Diese Messer rücken selbstthätig