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No. 43. PAPIER-ZEITUNG. 1459 Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel, sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Korrespondenten erhalten angemessenes Honorar. Eingesandte Werke finden Besprechung. Neuere Befestigungsvorrichtungen für den Bezug des Druckcylinders. Der eiserne Druckcylinder einer Schnellpresse muss zur Schonung der Satzform, sowie zur Erzielung eines gleichmässigen, elastischen Druckes mit einem nicht allzu harten Bezug (Aufzug) bekleidet werden. Während man früher bei Anwendung von weniger exakt gebauten Maschinen und unvoll kommenem Schriftmaterial einen sehr dicken, weichen Druckfilz auf den Cylinder zog, giebt man neuerdings dem minder weichen Bezug den Vor zug. weil man fand, dass dabei die Typen nicht so tief in denselben ein dringen, und sich bei der abwälzenden Bewegung nicht so stark an Kopf und Fuss abnutzen, und endlich, weil dabei der Aussatz (die „Schattirung") nicht so stark ausfällt und sprödes Holzschliffpapier nicht so leicht durchbricht. Beim Druck von Zeitungen, namentlich wo derselbe von Stereotyp platten erfolgt, die trotz ihrer ungenauen Dicke der Kosten und des Zeit verlustes wegen nicht zugerichtet werden können — benutzt man allerdings auch heutigen Tages noch einen ziemlich weichen Cylinderbezug. Derselbe besteht gewöhnlich aus einem Filz und darüber gezogenem Schmutztuch (Shirting, englisch Leder). Die Anwendung eines Schmutztuches bietet vor der blossen Anwendung eines Filzes u. A. den Vortheil, dass die beim Widerdruck sich auf dem Bezug absetzende Farbe bequemer ausgewaschen werden kann. Die Befestigung dieses Cylinderbezuges geschieht in der Regel mittels zwei Paar Befestigungsstangen, von denen das eine zur Befestigung der vorderen Enden dienende Paar Stangen bei allen einfachen und doppelten Schnellpressen, in der auch für die Oylindergreifer dienenden, am Anfang der eigentlichen Druckfläche liegenden Höhlung (Aussparung), angebracht wird. Jede dieser Befestigungsstangen besteht gewöhnlich aus einer etwa 15 mm dicken Eisenstange, welche an einem Ende mit einem Zapfen und am anderen abgeflachten Ende mit einem Schraubenloch versehen ist. Um nun mittels gedachter Stangen einen Bezug befestigen zu können, muss selbiger einen umgelegt vernähten Saum haben, so dass man die betreffende Stange durch den Saumkanal hindurchschieben und mit ihrem Zapfen in ein entsprechendes Loch des Druckcylinders stecken kann. Alsdann zieht man durch das Loch der Stange ein Schräubchen und verschraubt selbige so mit der Anlegeseite des Cylinders. Zum Straffspannen des Bezuges am hinteren Ende dient ein Paar cylinirischer Eisenstangen (Spannstangen), welche an ihrem Umfang mit Haken, und an ihrem Ende mit einem Sperr rädchen versehen sind, so dass man den sich umwickelnden Stoff damit fest und glatt anspannen kann. Diese alte Befestigungsmethode ist jedoch umständlich und für den bei besseren Druckarbeiten immer mehr in Aufnahme kommenden Papier bezug nicht wohl verwendbar. Der Papierbezug, welcher als „harter Auf zug“ bezeichnet wird, ist nicht nur der billigste, sondern für sehr viele Arbeiten auch der beste; er empfiehlt sich für den Druck von Accidenzen, von Prachtwerken und beim Drucken auf der Zweifarbenmaschine. Beim Hartdruck runden sich die Buchstaben erklärlicherweise nicht so ab, wie beim Weichdruck; man braucht dabei auch nur wenig oder gar keine. Schattirung“ mit in den Kauf zu nehmen, und der Abdruck fällt auch reiner und ele ganter aus. Allerdings setzt die Anwendung des Hartdrucks sorgsameres Zurichten voraus. Papier wird jedoch auch zur Herstellung eines mittelweichen Bezuges z. B. in Verbindung mit feinem Tuch (Damentuch) zum Werkdruck ver wendet; ja sogar beim Zeitungsdruck wendet man nicht selten unter dem Filz eine Lage von Druckpapierbogen an, abgesehen von der ziemlich allgemeinen Verwendung eines Oelbogens als Deckbogen des Bezuges zum Schutz desselben gegen das Abziehen der Farbe beim Widerdruck. Bei allen diesen Anwendungen von Papier sind aber die alten Be festigungsvorrichtungen recht ungeeignet, so dass man auf deren An wendung meist verzichtet und das Papier mittels Gummiarabikum und dergl. auf dem Cylinder festklebt. Das Ankleben der Bezugbogen ist jedoch auch zeitraubend und er schwert das Austauschen der Bogen. Es wäre daher wohl zeitgemäss, wenn die Maschinenfabriken die Cylinder der Schnellpressen, oder doch wenigstens der Accidenzschnellpressen, nicht mit den alten, ja veralteten Be festigungsstangen ausstatten wollten, sondern mit solchen Vorrichtungen, die für Befestigung von Papierbezug ebenso zweckmässig' sind, wie für die des Stoffaufzuges. Während manche Fabriken noch heutigen Tages immer nur die alten Vorrichtungen liefern, sind andere (Klein, Forst & Bohn, C. Hummel u. A) bereits seit Jahren mit Einführung festklemmender Befestigungs vorrichtungen vorgegangen. Die BefestigungsVorrichtung für das Vorderende des Bezuges besteht bei der Konstruktion von Klein, Forst & Bohn aus einer kräftigen Eisen schiene, welche von Federn gegen die Flanke der Greiferaussparung des Cylinders gepresst wird und so den dazwischen gesteckten Bezug fest klemmt. Um den Bezug herauszunehmen, oder einen neuen Bezug festzu klemmen, drückt man zuvörderst mittels eines zwischen Schiene und Cylinderflanke gesteckten, flach zulaufenden Kreuzschlüssels die Schiene vom Cylinder ab, legt den Bezug dazwischen und lässt durch Entfernen des]Schlüssels die Schiene wieder zurückklappen. Bei der Klemmschiene Hummel’scher Accidenzschnellpressen ist äusser den auf die Schienenenden wirkenden Federn noeh ein kleines Excenter vorhanden, welches in der Mitte der Schiene sitzend, das Festklemmen energischer und das Wechseln des Bezuges bequemer macht. Die Schiene wird nämlich durch Führungsstifte gezwungen, sich parallel zu bewegen, so dass für das Einlegen des Bezuges ein überall gleich breiter Spalt ent steht. In unserer Abbildung (Fig. 1.) stellt a die nebst den Greifern b in einer Aussparung des Druckcylinders lagernde Klemmschiene dar. c ist der excentrische Zapfen, dessen Kopf ge schlitzt ist, so dass er mittels Kreuz schlüssels bequem um etwa 180° ge dreht werden kann. In Fig. 1 ist Zapfen c so gedreht, dass Schiene a den Bezug gegen die Cylinderwandung presst. Dreht man dagegen den Zapfen um fast 180“. so geht Schiene a in die punktirte Lage zurück, so dass man (bei aufgeklappter Stellung der Greifer b) den Bezug bequem in den breiten Spalt einschieben kann, zu mal der excentrische Zapfen die Schiene am sebstthätigen Zuklappen zu verlässig hindert. Wie aus unserer Abbildung ersichtlich, drückt die Klemmschiene nicht einfach mit einer ebenen Fläche auf den Bezug, sondern mit einer vorspringenden Leiste, die letzteren in eine gehobelte Nut d des Cylinders zwängt, so dass er überall absolut festgehalten wird und beim Straffspannen nicht nachlassen kann. Da die altmodischen Befestigungs stangen meist sehr dünn sind und sich in der Mitte merklich durchbiegen, wodurch der Bezug sich ungleich spannt und leicht schlechten Aussatz giebt, so werden sie auch in dieser Hinsicht durch die modernen Klemm schienen übertroffen. Fig. 2 stellt eine Klemmvorrichtung dar, die an amerikanischen und auch König & Bauer’schen Schnellpressen neuerdings Anwendung findet. Auf einer Axe a sitzen mehrere Klemm finger b, die mittels Federkraft das umgebogene Ende des Bezuges gegen die abgeflachte Wandung der Cylinder- aussparung drücken. Damit nun der Bezug nicht so leicht den Klemm fingern entschlüpfen könne, ist die Cylinderwandung mit einigen Stiften c versehen, so dass von den in den Bezug dringenden Stiften je einer in ein Loch der Klemmgreifer tritt. Bei den amerikanischen Schnellpressen ist gewöhnlich zur Befestigung des hinteren Bezugsendes noch eine ebensolche Vorrichtung vorgesehen. Anstatt der zum Anspannen des hinteren Bezugendes früher allge mein angebrachten runden, mit Hakenspitzen versehenen Sperrstangen, welche für Papierbezug unbrauchbar sind, findet man jetzt an manchen Schnellpressen auch schon glatte Stangen von dreikantigem oder quadra tischem Querschnitt. Ist bei diesen Stangen das Bezugsende reichlich ein mal (also reichlich 360°) umgelegt, so genügt die durch diese Umwicklung hervorgerufene Reibung mittels Umdrehung der Stange zum Festspannen des Bezugs. Bei Papierbezug ist übrigens sehr darauf zu halten, dass das Ende nicht schief um die Stange gewickelt wird, weil sonst das Papier an der zu kurz gefassten Seite leicht einreisst. Ferner muss auf die Haltbarkeit, sowie auf glattes, festes Anlegen jedes einzelnen Bogens gesehen werden, denn wenn der Ueberzug leicht reisst, knotig oder beutlig ist, so stellen sich beim Zurichten wie auch beim Drucken allerlei Nachtheile ein. Ueber- haupt sollte an Bezugsmaterial, sei es nun Papier oder Tuch, nicht sehr gespart werden, denn ein schlechter Ueberzug, welcher im Laufe der Zeit mannigfache Schattirung durch die verschiedenen Formen, oder sonst Löcher und Drückungen, namentlich durch gerissene Bänder und dergl., erhalten hat, erfordert natürlich doppelt soviel Zeit beim Zurichten, als ein guter, öfters erneuter, so dass dadurch erst recht nichts gewonnen wird. Der jetzige billige Preis des Papiers gestattet ja die häufige Erneuerung des Papierbezuges, während die modernen Befestigungsvorrichtungen ausserdem das Wechseln desselben ausserordentlich erleichtern. Auf Accidenzmaschinen allein sind jedoch die klemmend wirkenden Befestigungsvorrichtungen nicht beschränkt, sondern sie sind auch vorthei I- haft für Rotationsmaschinen. Die Maschinenfabrik C. Hummel z. B. wendet dieselben bei ihren Zweifarbenrotationsmaschinen an, weil man hier fast ausschliesslich mit Papierbezug druckt. König & Bauer dagegen wollen die Klemmschiene bei Rotationsmaschinen für wechselnde Formate benutzen. Die Axe dieser Klemm-Schiene oder -Klappe hat übrigens eine axiale Durchbohrung, die durch Kanäle mit der nach aussen liegenden Fläche der Klappe in Verbindung steht, so dass mit Hülfe eines Gebläses durch die Klemmklappe auch die Führung der zu bedruckenden Bogen ohne An wendung von Bändern erfolgen kann. O. Das berühmte Bibliographische Museum des Herrn Kommissions raths Klemm, bezüglich dessen schon seit Jahren zwischen der sächsischen Regierung und dem Besitzer Verhandlungen schwebten, ist jetzt in den Besitz der sächsischen Regierung übergegangen. Die werthvolle Bücher sammlung wird nach Leipzig überführt werden, um dort den Grundstock eines „Graphischen Museums“ zu bilden. Ihr bedeutendster Theil war bekanntlich im Mai 1884 unter uem Titel „Gutenberg-Ausstellung“ auch in Berlin im Concerthause ausgestellt. Bei Gelegenheit des Verkaufs wurde Herr Kommissionsrath Klemm zum Ritter I. Klasse des sächsischen Hausordens vom weissen Falken ernannt.