Volltext Seite (XML)
1296 PAPIER-ZEITUNG. No. 38 Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Korrespondenten erhalten angemessenes Honorar. Eingesandte Werke finden Besprechung. Die moderne Buchbinderei. Von Eduard Grosse. (Fortsetzung zu No. 36.) Was den Buchschnitt anbelangt, so haben wir wenig Fortschritte zu verzeichnen, da bei dieser Arbeit die Hand nicht wohl durch Maschinen zu ersetzen ist. Zur Verzierung feinerer Bücher behauptet der Gold schnitt noch immer seinen alten ehrwürdigen Platz. Man hat ihm aller dings durch die neuen Zierschnittverfahren den Rang streitig zu machen versucht, jedoch ohne Erfolg. Diese Zierschnitte erwiesen sich bald als zu oberflächlich, nicht haltbar genug, indem sie sich bei starkem Gebrauch der Bücher bald abgriffen. Unter diesen neueren Zierschnittver fahren meine ich das Grüne’sche und das Fritzsche’sche. Beide Verfahren gründen sich darauf, dass ein Clichs, eine Platte oder Gravur mit Firniss oder Farbe eingewalzt wird, von dem Clichs dieser Firniss wieder auf eine Walze aufgerollt, und von dieser Walze wieder durch Abrollen auf den betreffenden Schnitt übertragen wird. So wird sich nun die Zeichnung des Clichs in Farbe auf den Schnitt über tragen, oder wenn man Firniss anwendet, kann man die Zeichnung mit Bronze überstäuben. Es lässt sich mit diesem Verfahren ein sehr schöner Effekt erzielen. Z. B. auf einen Goldschnitt kann man die Zeichnung mit Kupfer- oder Silberbronze, auf einen rothen Schnitt mit Goldbronze oder mit entsprechenden Farben auftragen. Der Haken liegt jedoch darin, dass die Herstellung dieser Schnitte sehr zeitraubend ist, und dass dieselben, wie ich schon erwähnte, nicht haltbar genug sind. Aus diesen Gründen haben sich die Hoffnungen, welche man auf diese Verfahren setzte, nicht erfüllt. Andere Zierschnitte sind die ciselirten Schnitte. Dies sind Goldschnitte, auf welche mit Hülfe von Ciselireisen eine Zeichnung so markirt wird, dass dieselbe blank stehen bleibt, und der Grund punzirt, d. h. mit lauter kleinen Punkten oder Kreisen versehen wird. Dadurch wird der Grund matt, und die Zeichnung, deren Schattirung noch durch Striche u. s. w. markirt wird, bleibt blank stehen. Diese Schnitte machen einen brillanten Eindruck, wenn sie gut gemacht sind, nehmen jedoch, mit der Hand hergestellt, sehr viel Zeit weg. Desshalb baute zur Herstellung derselben 0. Ronniger in Leipzig nachsteh. Ciselirmaschine, mit deren Hilfe es möglich ist, die bisher nur mit der Hand ausführbaren, und dadurch sehr theuern, ciselirt. Bücherschnitte in künstlerischer Vollkommenheit fabrikmässig herzustellen. Die Handhabung der Maschine ist eine sehr einfache und besteht darin, dass das mit Goldschnitt ver sehene Buch zwischen zwei pressbalkenähn- liehe Backen ein gespannt wird, und hierauf das Muster mit der mitGasgeheizten gravirten Rolle eingeprägt wird. Zuguten,feine ren Bänden, wo der Preis Hand arbeit zulässt, wendet man viel fach noch das Verfahren an, dass man aus Goldschnitten die bestimmte Zeichnung ausschabt und hierauf ausmalt, wohl auch den Effekt durch entsprechende Anwendung 1er Ciselir- und Punzireisen noch erhöht. Oder man druckt auf gefärbte Garmin- oder andere Schnitte in der Weise des Handvergoldens Stempel oder Rollen auf, wozu es jedoch nöthig ist, dass man der Schnittfarbe als bindenden Grund etwas Eiweiss beimischt. An gewöhnlichen Büchern dominirt der unverwüstliche Marmor schnitt oder auch der Carminschnitt, welch theure Farbe man jedoch, allerdings auf Kosten der Dauerhaftigkeit, neuerdings oft durch Anilin ersetzt. Auch dem Marmorschnitte nach der alten, mit auf Carephern- Moos öder Traganth-Grund aufgesprengten Farben hergestellten, Methode Fig. 8. Ciselir-Apparat von 0. Ronniger, Leipzig. droht jetzt eine mechanische Konkurrenz in den Marmorirwalzen. Dies sind Kautschukwalzen, auf welche das Marmormuster erhaben gegossen ist; diese Walzen bewegen sich in einem Gestelle, an welchem zur Hand habung ein Griff angebracht ist. Bei dem einwalzigen Mamorirapparat läuft neben der Kautschukwalze, oder wird vielmehr durch Federn auf dieselbe gepresst, eine mit Stempelfarbe getränkte Flanellwalze und überträgt die Fig. 9. Zweiwalziger Marmorirapparat von Oskar Sperling, Leipzig. Fig. 10. Einwalziger Marmorirapparat von Oskar Sperling, Leipzig. zum Marmoriren nöthige Farbe auf die erhabene Zeichnung der Kautschuk walze. Rollt man nun mit derselben über den Schnitt, so druckt das Marmormuster aut diesen ab. Mit entsprechender Führung durch Hilfe von Zahn rädern sind diese Apparate auch zu zwei Farben eingerichtet. Das Schnittmachen mit diesen Appa raten ist sehr einfach und erfordert keine grosse Hebung, jedoch stehen die damit erzeugten Schnitte an Feinheit und Zartheit gegen die mit auf gesprengten Farben zurück und sehen im Vergleich zu diesen ziemlich roh aus. Sehr schön machen sie sich dagegen, wenn auf der Walze ein anderes Dessin, vielleicht Sternchen oder Kreuzchen u. s. w., gegossen ist. Nun erfolgt das Rundklopfen des Buches, d. h. das Buch wird vom Rücken aus so gerundet, dass am Rücken die Wölbung nach aussen, am vorderen Schnitte hohl nach innen läuft. Dies geschieht noch jetzt Man vielfach mit Hilfe des Hammers und wird als Handarbeit behandelt. hat jedoch auch zu dieser Arbeit praktische Maschinen erfunden, mit deren Hilfe das Buch ohne besondere Kraftanstrengung sehr schnell und exakt gerundet werden kann. Dieselben werden in gediegener Ausführung von Fig. 11 Rückenrundemaschine von Aug. Fomm in Leipzig. August Fomm, ein anderes System, vom ersteren etwas abweichend, in ebenfalls guter Ausführung auch von Karl Krause, beide in Leipzig, gebaut. Beide Maschinen sind sehr leistungsfähig und sowohl mit der Hand als auch mit Dampf zu betreiben? (Fortsetzung folgt.)