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1226 PAPIER-ZEITUNG. No. 36. Berichte unserer Korrespondenten. Von Australien. Sydney und Melbourne, Juli 1886. Seit unserm letzten Briefe (s. No. 21) hat unser Finanzminister seine Budgetrede gehalten und erklärt, dass wir ein Defizit von 30 Millionen Mark in den Finanzen von Neu-Süd-Wales haben. Um dieses auszugleichen, will er zu Steuern schreiten. Wir haben nämlich bis jetzt in Sydney keine Steuern gehabt, und die Leute haben Geld verdient, Reichthümer angehäuft, und dieselben sind von der Staatsgewalt beschützt worden, ohne jedwede Abgaben, mit Ausnahme der Spiritus- und Tabakseinfuhrsteuer. Unser Land war in dieser Hinsicht ein Paradies. Steuerkollektoren und Exeku- toren kannte man in Neu-Süd-Wales, das einen Export und Import von 800 Millionen Mark hat, gar nicht. Jetzt sind hohe Stempelabgaben, Bodensteuer, Einkommensteuer und Zölle vorgelegt und haben nach vielen harten Parlamentskämpfen (ein Redner sprach 9 Stunden lang gegen dieselben) in einer Parlamentssitzung, die 70 Stunden Tag und Nacht ununterbrochen gedauert hat, schon die zweite Lesung passirt. Neu-Süd-Wales hat eine öffentliche Schuld von 700 Millionen Mark, doch ist diese grosse Summe nicht in Kriegen etc., wie in Europa, aufge gangen, sondern wir haben damit produktive Aktiva geschaffen in Gestalt von Staatseisenbahnen, Brücken, öffentlichen Gebäuden (das General-Post amt in Sydney ist das grösste und schönste der Welt) etc. Kein Pfennig davon ist vergeudet. Trotz der augenblicklich ziemlich strammen Finanzlage des Staates hat sich hier ein einflussreiches Komitee gebildet, um den hundertjährigen Geburtstag Australiens als civilisirte Nation in angemessener Weise zu feiern durch eine grosse internationale Weltausstellung 1888. Gestern hat eine öffentliche allgemeine Volksversammlung im Rathhause stattgefunden, unter Vorsitz des Oberbürgermeisters und in Gegenwart vieler Parlaments mitglieder, Kaufleute etc., um dieses Projekt zu berathen. Schreiber dieses, Frederick Berndt, ist, wie Sie aus beiliegendem Zeitungsbericht der Versammlung ersehen, als Komitee-Mitglied (bestätigt. D. Red.) gewählt worden, um die hiesige Regierung zu veranlassen, eine Weltausstellung zu feiern, die am 26 Januar 1888 eröffnet werden soll, und zu diesem unserm hundertjährigen Geburtstage alle Nationen einzuladen. Sollte die Regierung unsere Anregung aufnehmen, so empfehlen wir den deutschen Fabrikanten, sich recht viel Mühe zu geben und nur gute und reelle Waaren zu senden. Kleine Konsignationen, um den Markt zu probiren und alle Spesen daran berechnen zu können. Die Konsumtions kraft ist vorhanden. Der australische Markt ist der Mühe werth; die Abnehmer hier sind aber grosse Waarenkenner und kaufen sehr billig ein. Es wird jetzt hier ein spezifischer d. h. Gewichtszoll auf gewisse Artikel erhoben, und auf alles Andere ist eine Werthsteuer von 5 Prozent gesetzt worden. Wir haben in Folge unseres Briefes in Ihrer Nummer vom 27. Mai von verschiedenen deutschen Fabrikanten Muster erhalten, doch machen wir darauf aufmerksam, dass dieselben ihre Preise etc. mehr exakt stellen müssen. Alles frei Hamburg, Bremen oder Antwerpen, einschl. Verpackung, und so, dass die Australier anfangs sehen, was sie erhalten; weil es trotz vieler Ermahnungen noch immer unreelle Fabrikanten giebt, die so kurzsichtig sind, nicht einzusehen, dass sie sich und Andere eines momentanen kleinen Mehrverdienstes wegen auf Kosten der Qualität das Geschäft für die Zukunft verderben. Ein gebranntes Kind scheut das Feuer, müssen wir noch manchmal hören! Wenn die Abnehmer uns auch als am Platze ansässig jedes Vertrauen entgegenbringen, so müssen wir uns doch auf den deutschen Fabrikanten verlassen können, weil wir die Kisten oft nicht öffnen. Strohpappen sind noch sehr gefragt. Preis 170—200 Mk. p. engl. Ton. Am verkäuflichsten ist Grösse 23X30 inches, Gewicht 1 Pfd., 2 Pfd. und 212 Pfd. engl-, Packung je 5 Ctr. in 1 Ballen. 4 Ballen sind 1 Ton (1000 kg). Packpapiere, gelbe geglättete Lederpapiere sehr gangbar hier. Preis 20 Pfd. Sterl, p. Ton (400 Mk. p. 1000 kg), Grösse 36X46 inches. Gewicht meist 120 Pfd. engl. p. Ries von 480 Bogen, auch 100 Pfd. p. Ries. Graue Papiere sind viel in Bedarf. Es giebt hier keine Fabriken für diese Artikel. Schreibpapier ist nur mit schwachen blauen Linien hier zu verkaufen, da kein Australier ohne Linien schreiben kann oder will. Oktav-Bogen sind die gangbarste Grösse für Ladenverkauf und stets 5 Quires (d. s. 5 Buch) in 1 Päckchen mit elegantem Papierumschlag. Es ist für diesen einen Artikel allein ein enormer Bedarf, doch kann die Konkurrenz nur von im Preise sehr leistungsfähigen Häusern unternommen werden. Druckpapiere. Grosser Bedarf, da alles importirt wird. Am ge- suehtesten alle Tage ist weiss Dble demy, Gewicht p. Ries von 480 Bogen 24 Pfd., 36 Pfd. und 40 Pfd. engl. Auch farbige deutsche Papiere- sind sehr gesucht. Hierin war letzthin gross- Nachfrage in Median. Gewicht p. Ries 24 und 28 Pfd. engl. Es war ein Zoll von 1 penny per Pfd. engl. hierauf, doch haben wir vereint die Regierung bewogen, dies auf 5 Prozent vom Werth abzuändern. Handmadepapier (Bütten-Papier) sehr viel im Gebrauch Drucker giebt es etwa 50 in Sydney allein und dann in jeder Stadt einen oder mehrere. Auch Zeitungen sind zahlreich, und unser Sydney Morning Herald, den Sie im Caf Bauer in Berlin lesen können, ist grösser und auf besserem Papier gedruckt, als die London Times. Diese Zeitung hat sehr oft 26 grosse Seiten 18X24 inches. Preis 15 Pfennig deutsch Auch Zeitungsmaschinen sind oft hier verkäuflich. Eine Zeitung 2. Ranges hier hat soeben eine Rotatiousmaschine importirt, die ihr 100 000 Mk. kostet. Setzer erhalten hier 1—1,25 per 1000. Als Motoren sind die Otto’schen bis jetzt verwendet worden, doch haben wir von einem Petroleummotor, der in Berlin gebaut wird, gehört, und sollte derselbe speziell hier in Städten, wo es kein Gas giebt, sehr nützlich sein. Drucktypen. Auch hierin haben wir das Vorurtheil der Australier besiegt. Wir haben mit den vorzüglichen Musterblättern einer grossen Offenbacher Fabrik beträchtliche Ordres zur Zufriedenheit derselben erzielt, und unsere Abnehmer hier, die anfangs zaghaft waren, überzeugt, dass der Deutsche auch in Geschmack und Feinheit der Ausführung den Andern vorangeht. Wir wollen hier jedoch nicht verhehlen, dass dieser energische Fabrikant viele schöne Muster vom Auslande kopirt und verbessert hat. Couverts gehen nur englische Grössen, und müssen Preise stets frei Hamburg oder Antwerpen einschl. Emballage gestellt werden. Qualität vom ordinärsten bis zum feinsten verkäuflich, unter 1 Million wird nie bestellt. Packung je 25 Stck. in 1 Bändchen, und je 10 Bändchen in 1 Papierpaket mit Etikett. 200 Papierpakete in 1 Kiste. Wir hatten Nach frage nach einem neuen Couvert, welches durch Briefmarke vorne geschlossen wird, die Grösse war 91/2X111/ cm. Gute lithographische Maschinen sind hier sehr gesucht. Dann machen wir nochmals die deutschen Fabrikanten auf den Bau von Wharfedale-Maschinen nach Muster Dowton oder Payne in Otley England aufmerksam. Wir können allein hier 100 Stück binnen 18 Monaten unter bringen Besonders um Grösse Dble Demy zu drucken. Sollten Firmen wie König und Bauer etc. nicht im Stande sein, solche zu bauen und in Deutsch land zu vertreiben? Die Bauart ist vorzüglich, und andere Bauarten schwer einzuführen. Spielkarten unterliegen jetzt einem Zoll von 3 Mk. per Dutzend Pack ä 52- Sehr gesucht Price 2 sh 5 d. per Dutzend frei Hamburg für mittel, und etwa 9 sh. für gute bei grossen Mengen, jedoch nur englische Grössen und Ausführungen. Buntpapier. Grosser Bedarf in Grösse Median. Muster Nonpareil und spanisch. Tinfoilpapier, d. i. Papier mit Zinn gestrichen, wird in riesigen Mengen zum Packen des Thees etc. verwendet. Nur die beste Qualität ist gangbar. Grösse 17X27 inches, Gewicht 36 Pfd. engl. per Ries, Grösse 20X30 inches, Gewicht 40 Pfd. engl. per Ries. Wir beziehen monatlich etwa 4000 Pfd. engl. für Sydney und ebensoviel für Melbourne. Tapeten. Auch hierfür ist unlimitirter Absatz. Ein grosses Hinderniss im Wege des deutschen Absatzes ist die Breite (ca. 211/2 inches) der engl. Tapeten. Wir zweifeln, ob die auf die schmalen kontinentalen Tapeten gestellten Maschinen die breiteren englischen herstellen können. Die schmalen Tapeten erfordern mehr Zeit zum Hängen. Wenn eine Wand 6 breite engl. Längen erfordert, so muss der Tapezierer 8 deutsche Längen hängen und in Folge dessen 2 Längen mehr beschneiden. In diesem Lande, dem Paradies des Arbeitervolkes, wo ein Tapezierer 1,25—1,50 pro Stunde Lohn erhält, macht dies einen Unterschied. Chemische Fabrikate. Eosin ist sehr viel in Bedarf. Auch Ultra marin, Bleiweiss in Del angerieben etc. Schulbücher. Auch hierin haben wir den Engländern gezeigt, dass wir bei gleichem Preise bessere Qualität liefern können. Wir liessen uns bei Herrn Asheim-Berlin eine Qualität anfertigen, die hier guten Absatz fand. Deutsche Lederwaaren wie Albums, Portemonnaies etc., dass darin grosser Absatz ist, versteht sich von selbst. Wir sähen gern, dass auch die Deutschen Kopirbücher, Konto bücher den englischen Konkurrenz machten. Das Geschäft, das vor einiger Zeit ziemlich brach lag, ist jetzt sehr rege geworden. Viel Regen und die Steigerung um 25% im Preise der Rohwolle ist die Ursache. Dadurch ist unser Nationalvermögen bedeutend vermehrt, und die Kaufkraft des Volkes gesteigert worden. Frederick Berndt & Co. Import and Export Merchants. 27 Jamieson Street, Sydney and at Melbourne. Anm. d. Red. Die Herren Berndt & Cö. ersuchen uns, die geehrten Leser darauf aufmerksam zu machen, dass das Porto nach Australien 60 Pfennig kostet. Sie haben etwa 15 Briefe von Lesern unseres Blattes zurückgewiesen, weil die Post 1 Mk. 25 Pf. Strafporto dafür verlangte. Spediteure der Firma Berndt & Co. sind Miller & Wachsmuth in Hamburg, die etwaige Mustersendungen befördern. Die uns angebotene geschäftliche Vermittelung sowie die Angabe leistungsfähiger Fabriken, oder Ueberschreibung von Aufträgen müssen wir, unseren Grundsätzen gemäss, ablehnen. Wir glauben dagegen im Interesse der deutschen Industrie zu handeln, indem wir Berichte wie obige, obwohl sie auch dem Einsender nützen, veröffentlichen und ähnliche Mittheilungen aus allen Ländern von beständigen oder gelegentlichen Korrespondenten erbitten. Auf unseren Wunsch haben uns die Herren Berndt & Co. die Grössen der gangbarsten englischen Formate angegeben, die wir nachstehend ab drucken : Schreibpapier- Double Foolscap 17 X 27 inches (engl. Zoll) „ Double Crown 20 X 30 „ » Demy 178/4 X 211/2 „ „ Double Demy 221/, X 351/3 - „ Royal 20 X 25 » Packpapier 36 X 46 » „ 31 X 40 „ Strohpappen. Von unterrichteter Seite wird uns mitgetheilt, dass die Preise in Folge vermehrter Nachfrage in England sich etwas gebessert haben, wenn auch noch keineswegs derart, dass die Fabrikation Nutzen abwerfen kann.