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1100 PAPIER-ZEITUNG. No. 32. Zellstoff. Die Chemiker Herren F. Cross und E. J. Bevan haben in London eine Reihe von Vorlesungen über die Technologie des Zellstoffs und die Papierfabrikation gehalten, die Interesse verdienen, weil diese Herren den Gegenstand seit Jahren zu ihrem besonderen Studium gemacht haben. Trotzdem waren die Vorlesungen, wie „The Paper Trade Review“ berichtet, schwach besucht. Nach diesem Blatt fasste der Vortragende, Herr Cross, alle Verfahren zur Herstellung von Zellstoff als solche auf, die unter die grosse all gemeine Gruppe der Hydrolyse fallen, und für welche die Verseifung als Beispiel gelten kann. Wie man zum Spalten der Fette in unlösliche Fett säuren und Glycerin alkalische und saure Lösungen benützen kann, so kann man auch die Papier-Rohstoffe durch Kochen in Zellstoff und lösliche Nicht-Zellstoffe trennen. Die Hydrolyse ist hierbei koinplizirt durch die stark ausgeprägte Tendenz der löslichen Stoffe zu weiteren Umwandlungen. Dies kommt daher, dass sie zu einer Art von Aldehyden gehören, die Sauerstoff gierig aufnehmen und sich leicht zu harzigen Stoffen verdichten. Die nachfolgende Tabelle giebt in gedrängter Zusammenstellung eine Uebersicht der verschiedenen Kochverfahren und deren Grundlage. Wir haben die Tabelle in Uebersetzung so gut wiedergegeben, wie wir vermochten, gestehen aber offen, dass sie uns, wie auch ein Theil der zugehörigen Ausführungen, zu gelehrt ist. Wir glauben, den Kern der Cross’schen Anschauungen so auffassen zu können, dass er alle Umwand lungen der Holzfaser-Inkrusten durch Kochen mit Alkalien, Wasser oder Säure auf Entziehung oder Aufnahme von Wasserstoff und Sauerstoff, in dem Verhältniss wie sie Wasser bilden, seitens dieser Stoffe zurückführt. Uebersicht des chemischen Zersetzungs-Verfahrens des Holzes Wässrige Alkalien. Hydrolyse, direkt von Alkali Watt & Burgess, 1853. unterstützt, d. h. indirekt durch Verbindung mit Houghton, 1857. d. Erzeugniss (produkts). Umgekehrte Hydrolyse un terstützt von Temperatur, Oxydation und allmäliger Neutralisation v. Alkali. Lösung alkalischer Sulfite. Hydrolyse direkt von alka- Jullion, 1855. lischen Basen und indirekt Blitz, 1883. durch Verbindung mit Dahl, 1884. dem Erzeugniss unter stützt. Umgekehrte Hydrolyse ver mindert durch Gegenwart reduzirender Mittel. Wasser. Hydrolyse unterstützt von Fry, 1867. Säuren, die sich aus dem Holz gebildet haben. Bestimmung der Grenze durch Umkehrung der Hydrolyse, d.i. Wasserentziehung, unter stützt durch Oxydation. Wasser mit neutralen Sulfiten. Einfache Hydrolyse, die desshalb Cross, 1880. höhere Temperatur erfordert. Erzeugnisse von der Stätte der Umwandlung entfernt durch Verbindung mit Basis und mit Sulfit-Rückstand. Oxydation verhindert durch Gegenwart von schwefliger Säure. Wässrige Säuren. (a) Oxydirend und hydro- Coupier & Mellier, 1852. litisch. Barre & Blondel, 1861. Salpetersäure. Oriöli, 1865. Salpeter-Salzsäure. (b) Einfach hydrolitisch. Bachet&Machard, 1864. Chlorwasserstoffsäure. Tilghman, 1866. (c) Reduzirend und hydro- Pictet, 1882. litisch. Schweflige Säure. Doppelsulfite. Hydrolyse unterstützt er- Tilghman, 1866. stens durch schweflige Mitscherlich, 1874. Säure und zweitens durch Ekman, 1881. Verbindung der Erzeug- Francke, 1881. nisse mit Doppelsulfiten, Graham, 1882. also durch Verhinderung der Oxydation. Der aufgedruckte Name bürgt für die Waare und macht die Fabrikanten unabhängig. Die britische Parlaments-Kommission zur Untersuchung der Ursachen des Rückganges der Industrie hat auch eine Reihe englischer Feilen-Fabri- kanten vernommen, die sich nach der „Eisen-Ztg." folgendermaassen aus sprachen: Was das Geschäft bedeutend schädigt, ist ferner Folgendes: Der Fabrikant giebt dem Kommissionär, der, sagen wir, sein Geschäft soeben eröffnet hat, gute Waare; die Kunden des Kommissionärs sind zufrieden, der letztere verdient, und der Fabrikant ebenfalls. Eine Weile geht dies ganz, gut so fort, dann findet auf einmal der Kommissionär, dass er „anderswo besser zurecht kommen“ kann; er kommt zum Fabrikanten und verlangt demgemäss billigere Preisanstellung. Der Fabrikant ist vielleicht hierauf vorbereitet, oder lässt sich durch den Kon- kurrenzdruck bewegen, ebenfalls billiger zu fabriziren, natürlich auf Kosten der Qualität. Derselbe Vorgang wiederholt sich von Zeit zu Zeit und führt nicht selten dazu, dass der Kommissionär andere immer billiger arbeitende Fabrikanten aufsucht. Auf diese Weise werden immer schlechtere Waaren auf den Markt geworfen. Der Fabrikant, der ursprünglich die gute Waare lieferte, diente also dem Händler nur als Fussschemel, zur Erwerbung eines Kundenkreises. Der Händler wird später der gefährlichste Konkurrent des Fabrikanten, da er es ist, der jeden Nutzen der Fabrikation illusorisch macht. Wir haben lange über einen Plan zur Abhilfe nachgedacht, und sind zu folgendem Ergebniss gekommen: Der Fabrikant soll unter allen Umständen darauf bestehen, dass sein Name auf der Waare erscheint. Der Name des Händlers mag allenfalls beigefügt werden, doch ist letzterer allein niemals eine Garantie für die Qualität der Waare. Im Papierfach geht es, wie wir wiederholt dargelegt haben, ebenso, und wir können den Fabrikanten nicht warm genug empfehlen, ihre Waare mit ihrer Firma zu versehen, und sich damit einen dauernden Markt zu sichern. Wir glauben nach wie vor annehmen zu dürfen, dass sich deutsche Papierfabrikanten nicht dazu hergeben, fremde Wasserzeichen nachzumachen, wie vor der erwähnten britischen Kommission von einem englischen Papier fabrikanten behauptet wurde. Wir sind aber nicht ganz so sicher, dass deutsches Papier nicht in Umschläge mit englischen Inschriften verpackt wird, die ihm den Anschein geben sollen, als sei es englischen Ursprungs. Die Anfertigung von Wasser zeichen ist schwierig und kostspielig, gedruckte Umschläge kann aber der kleinste Händler oder Fabrikant beschaffen, und damit dem Wunsche seiner Abnehmer nachkommen! Die besseren Händler haben sich zwar, seit wir ein kräftiges Deutschland haben, daran gewöhnt, der Kundschaft klar zu machen, dass deutsches Fabrikat mindestens ebenso gut wie englisches ist, und geben sich zu einem Verkauf unter falscher Flagge nicht mehr her. Bei Vielen sitzt aber einestheils die Gewohnheit noch fest, anderntheils glauben sie, höhere Preise nehmen zu könneh, wenn sie deutsches Papier als englisches verkaufen, und sie verlangen desshalb vom Fabrikanten Um schläge mit englischen Inschriften. Es ist sogar vorgekommen, dass Händler auf der genauen Nachahmung fehlerhafter englischer Inschriften bestanden! Dies Verfahren ist „Verkauf unter falschen Vorspiegelungen“, und Fabrikant wie Händler setzen sich durch solches Thun empfindlicher Strafe aus. Fabrikanten sollten sich unter keinen Umständen herbeilassen, an solchem Betrug mitzuwirken, und auch die Händler werden bei Ueberlegung finden, dass der dabei erzielte Vortheil, wenn von solchem überhaupt die Rede sein kann, die Gefahr und unpatriotische Erniedrigung der heimischen Industrie nicht werth ist. Der Deutsche Papierverein mit seinen Zweigvereinen fände in dieser Frage eine würdige Aufgabe. Er sollte bei seinen Mitgliedern darauf hin wirken, dass sie ihren Kunden deutsches Fabrikat als solches empfehlen. Sie könnten Jedem getrost sagen: Kauft deutsches Papier, da es jedem fremden Fabrikat mindestens gleich steht, und überhaupt möglichst solche Waare, welche die Marke oder den Namen des Fabrikanten — nicht des Händlers — trägt, und damit auch als gut verbürgt ist! Fälschung des Ursprungs. Der französische Handelsminister hat bekanntlich angeordnet, dass Waaren, welchen durch irgend eine Bezeichnung der Anschein gegeben ist, als seien sie französischen Ursprungs, an der Grenze angehalten und konfiszirt werden sollen. Mit Bezugnahme hierauf haben, wie der Moniteur de la Papeterie franaise berichtet, der Präsident des Syndikats der Papier fabrikanten, der Präsident der Kammer der Papiergrosshändler und der Präsident der Kammer der Papierverarbeitungs-Industrie ein Schreiben an den Handelsminister gerichtet, worin sie zur Ausführung der erwähnten Maassregel folgende Vorschriften für die Zollbehörde empfehlen: Papier in Bogen und Rollen. Die Untersuchung sollte sich nicht auf die Verpackung beschränken, sondern auch das Papier selbst sollte besichtigt werden, da es im Wasserzeichen eine falsche Ursprungsangabe enthalten kann. Pappe. Um eine deutliche Unterscheidung zwischen Holzstoff in Pappenform, welcher zur Herstellung von Papier dient, und zwischen fertiger Pappe herzustellen, sollten Holzstoffpappen durch zahlreiche Löcher zur Verwendung als Pappe ungeeignet gemacht werden. Die Löcher sollten nur etwa 20 cm auseinander über die ganze Oberfläche vertheilt sein; die Zollbeamten könnten dieselben nöthigenfalls selbst machen. Luxuspapier. Sowohl die Schachteln als auch andere Verpackungen und das Papier sind darauf zu untersuchen, ob irgend wo im Wasserzeichen oder Aufdruck ein französischer Name vorkommt. Briefumschläge. Nicht nur die Schachteln, sondern auch die Bänder, welche die Umschläge zusammenfassen, und der Aufdruck sind zu unter suchen. G eschäftsbücher. Die Etiquetten im Innern der Bücher, sowie das Wasserzeichen des Papieres sind zu prüfen. Photographieen und Menus. Es ist nachzusehen, ob kein französischer Photograph oder Drucker darauf angegeben ist. Die Deklaration dieser Erzeugnisse als „Drucksachen“ scheint nicht berechtigt. Bleistifte, Federn, Siegellack etc. Die eingepresste oder auf gedruckte Marke ist zu untersuchen, man darf sich nicht mit der Prüfung der Verpackung begnügen. Mit Bezugnahme auf eine frühere Korrespondenz wird in dem Schreiben noch die Ansicht ausgesprochen, dass zugeschnittene oder gefaltete Pappen nicht als rohe Pappen eingeführt werden dürfen, sondern, da sie schon zu Schachteln vorgearbeitet sind, auch als solche verzollt werden müssen.