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1760 PAPIER-ZEITUNG Nr. 50 Philipp Dessauer-Aschaffenburg zum 1. Vorsitzenden, Kommerzien- rath M. Behrend-Varzin zum 2. Vorsitzenden und Dr. Müller- Altdamm zum Schrift- und Kassenwart. 8. Herr Dorenfeldt, technischer Leiter der Strohstofffabrik in Rhein-Dürkheim, hielt einen Vortrag über die Eindampfung von Sulfitablaugen und Benutzung der in der Ablauge befind lichen organischen Stoffe als Brennstoff, wodurch nach kalori metrischen Messungen des Vortragenden nicht nur die Kosten des Eindampfens gedeckt, sondern auch noch Kohlen gespart würden. Wir werden auf diesen, von den Anwesenden mit grossem Interesse angehörten Vortrag noch zurückkommen. Die Versammlung dankte Herrn Dorenfeldt für seinen Vortrag, erkärte aber, es sei nöthig, da bisher nur theoretische Ansichten vorliegen, die Bestätigung derselben durch ausgeführte Anlagen abzuwarten, ehe der Verein zu der Frage Stellung nimmt. Abends vereinigte ein Festessen im herrlichen Palmengarten die Mitglieder des V. D. Z. mit den Papiermachern, wobei es an launigen Trinksprüchen nicht fehlte, und die aus allen Theilen Deutschlands herbeigeströmten Fachgenossen Gelegenheit hatten, alte Freundschaftsbande zu festigen und neue zu knüpfen. Der Ort der nächsten Generalversammlung wird, wie seit Jahren üblich, derselbe sein, den die Papiermacher-Berufgenossenschaft für ihre Hauptversammlung wählen wird. Waarenzeichen Frankfurt a. M., 9. Juni 1897 Gestatten Sie noch einige Worte aus der Praxis zu dem Artikel »Waarenzeichen« in Nummer 45. Es ist dort erwähnt, dass bei Einleitung des Verfahrens nach §§ 5 und 6 des Waarenzeichengesetzes der Inhaber des älteren Zeichens dem Patentamt für die vorsorgliche Wahrnehmung seiner Interessen sehr dankbar sein werde. Er ist viel mehr als das. In der Regel ist die Wirkung einer Zusendung des Patentamtes des Inhaltes, dass ein nach amtlicher Ansicht dem eingetragenen Zeichen ähnliches von einem Dritten eingetragen werden solle, ähnlich der — wenn man einen starken Vergleich brauchen will —, die eine polizeiliche Mittheilung machen würde, dass ihm der Nachbar das Haus anzünden wolle, und ob man nicht geneigt sei, hiergegen Vorsichtsmaassregeln zu treffen. Gerade der amtliche Charakter dieser Schriftstücke und das Gefühl, dass das unparteiische Patentamt doch nur in Fällen, wo es unvermeidlich ist, eine derartige Mittheilung oder Aufforderung erlassen könne, wirkt nach meiner Erfahrung in einer höchst un günstigen Weise auf die Konkurrenzverhältnisse ein. Leute, die nie von einander gehört haben, deren Interessengebiete sich nicht schneiden, verfeinden sich durch die Erhebung der Widersprüche. Nach meiner Erfahrung sind es nur erste Firmen, die ein sehr lebhaft ausgeprägtes Anstandsgefühl und den Grundsatz haben, einer anständigen Konkurrenz in keiner Weise in den Weg zu treten, die auf solche Zusendung nicht reagiren, wenn es nicht die Interessen wirklich verlangen. In welcher Weise dabei das Patentamt vorgeht oder vorgegangen ist, lehrt folgender Fall: Von zwei Firmen hatte die eine am 1. Mai 1875 um 8 Uhr, die andere um 11 Uhr ihr Zeichen eingetragen. 1894, also 19 Jahre später, nachdem beide Zeichen im allergrössten Umfange neben einander in ganz Deutschland und auch im Auslande im Verkehr gewesen waren, erhob bei der Uebertragung in die Rolle des Patentamtes auf Aufforderung desselben die Firma mit der um drei Stunden älteren Eintragung den Widerspruch, und das Verfahren über denselben hat sich über viele Monate hinausgezogen, bis es endlich aus anderen Gründen aufgehoben wurde. Auch die Einleitung des Widerspruchsverfahrens ohne vorherige Benachrichtigung der Anmelder hat eine Schattenseite. In vielen Fällen ist es mir gelungen, nachdem eine solche Mittheüung ergangen war, durch private Verständigung zwischen den beiden Konkurrenten eine Einigung zu erzielen. Wenn Jemand einen höflichen Privatbrief bekommt, der an seine Höflichkeit oder sein Anstandsgefühl deutlich oder versteckt appellirt, so ist viel mehr Aussicht vorhanden, dass daraufhin eine Ver ständigung stattfindet, als wenn ohne Vorbereitung ein amtliches Schreiben einläuft, welches sowohl seinem Ton wie der absendenden Stelle nach nicht geeignet ist, eine Unabhängigkeit der Interessen glaubhaft zu machen und eine Einigung für möglich erscheinen zu lassen. Der Grundsatz, dass im Allgemeinen Jeder für seine Interessen selbst zu sorgen hat, wie es ja in dem Patentgesetz in dem Aufgebot verfahren geschieht, ist eben in dem Waarenzeichengesetz verlassen worden, und dadurch, dass die Behörde die einzelnen Partei-Interessen wahrnimmt, wird in der Wahrnehmung derselben oft eine unnöthige Schärfe erzeugt. Was die in der Zuschrift in Nummer 45 gerügte formelle Be handlungsweise der Zeichen angeht, so lässt sich hierüber nicht diskutiren. Das sind grösstentheils Gefühlssachen. Nach meiner Erfahrung hat jedoch das Patentamt gerade in den Fällen, in welchen die grössten Härten durch das Gegenüberstehen alter Marken entstehen können, einen von dem Reichsgericht ausgesprochenen Grundsatz, der sehr zur Milderung dient, nicht angenommen. Das Reichsgericht hat dafür gehalten, dass Zeichen, die auch anfänglich verwechselbar gewesen sein mögen, durch lange dauernden Gebrauch neben einander das Publikum gelehrt haben, die kleinen Unterschiede zu erkennen und zu beachten, die es von Anfang vielleicht vernachlässigt hat. Dies entspricht sowohl dem Rechtsgefühl wie dem praktischen Bedürfniss. Dr. B. W. Kaufmännisches Angebot Zu Nr. 88 Seite 1178 . . . ., 15. Juni 1897 Wenn ich auf Grund einer an mich ergangenen Aufforderung ein Angebot, einerlei ob schriftlich oder mittels gedruckter Preisliste mache, bin ich zweifellos gebunden, zu liefern, falls der Anfragende innerhalb der gesetzmässigen Frist einen Auftrag giebt. Nun versende ich aber jahraus jahrein an eine ganze Anzahl von Adressen, die ich theils aus Zeitungen, theils aus Adressbüchern ent nehme, meine Prospekte. Die Letzteren bestehen entweder aus losen, einzelnen Blättern, oder aus dem gesammten Katalog, dem in der Regel ein mittels Vervielfältigungsapparat hergestelltes Zirkular bei liegt, in welchem ich die Vorzüge meiner Waare anpreise und zum Kauf einlade. Diese Drucksachen versende ich sozusagen ins Blaue hinein, dar auf rechnend, da und dort dem Interesse zu begegnen und Bestellungen zu erhalten. Es fragt sich jetzt, ob ich gehalten bin, falls Einer oder der Andere oder Alle mein Angebot benutzen, zu liefern, oder ob ich dazu gesetz lich nicht gezwungen werden kann. y Nach den Ausführungen Seite 1178 in Nr. 33 ist ein An gebot nicht bindend, »wenn es erkennbar an Mehrere gerichtet ist« wie in vorstehend beschriebenem Fall. Schreibwaarenbedarf der englischen Behörden England ist die Heimath des Freihandels, und auch jetzt, wo fremder Wettbewerb der englischen Industrie hart zusetzt, hält es die Mehrheit der englischen Volksvertretung für vor- theilhaft, für ausländische Erzeugnisse keinen Schutzzoll zu erheben. Englands Stellung als Vermittler im Welthandel er fordert eben gebieterisch die grösste Freiheit für Ein- und Durchfuhr. Immerhin sind die Engländer seit einigen Jahren bestrebt, Mittel zum Schutz der einheimischen Industrie zu er sinnen, ohne zu Einfuhrzöllen zu greifen. Diesem Bestreben entsprang das Waarenbezeichnungs-Gesetz merchandise marks act. Der Zwang auf den fremdländischen Waaren, das Ursprungsland kenntlich zu machen (made in Germany), hat der englischen Industrie keinen Nutzen gebracht, vielmehr sowohl diese, als auch in noch grösserem Maasse den englischen Welthandel empfindlich geschädigt, worüber in diesen Spalten wiederholt berichtet wurde. Nun will die Regierung auf anderem Wege der Einfuhr ausländischer Waaren entgegenarbeiten. In Nr. 55 v. J. theilten wir unter der Ueberschrift: »Bayerische Bleistifte vor dem eng lischen Unterhaus« mit, dass das Schreibwaaren-Amt stationery office, welches die Staatsbehörden mit Schreibwaaren versorgt, angewiesen wurde, bei seinen Einkäufen einheimische Fabrikanten zu bevorzugen. Damals hiess es allerdings, die Einheimischen sollten nur dann Vorzug haben, wenn sie bei gleichem Preis gleich gutes Erzeugniss liefern, wie die fremden Mitbewerber. Jetzt scheint aber diese Rücksicht geschwunden, denn wie »The Paper Makers Circular« mittheilt, versandte dasSchreibwaarenamt an-britische Fabrikanten Rundschreiben etwa folgenden Inhalts: Das Amt will fortan soweit als thunlich nur unmittelbar von den Fabrikanten kaufen. Sie werden aufgefordert, Angebote einzureichen. Die abgelieferten Waaren müssen von einer amtlichen Bestätigung darüber begleitet sein, dass sie in den Fabriken des Lieferanten her gestellt wurden usw. Gleichzeitig erging an die Grosshändler, welche bisher dem Schreibwaaren-Amt geliefert hatten, die Mittheilung, dass sie von nun an zum Mitbewerb nicht zugelassen werden. Darüber herrscht grosse Aufregung im Kreise der Papier händler. Die Folge dieser Maassregel wird sein, dass der englische Staat seine Schreibwaaren theurer als bisher bezahlt, was den Steuerzahlern kaum angenehm sein dürfte. Es ist nützlich, wenn sieh die anderen Staaten merken, wie der angebliche Freihandel in England durch kleine Schachzüge der Regierung umgangen wird. Vielleicht bietet sich einmal Gelegenheit zu Gegenmaassregeln. Papierstoffmarkt in Skandinavien. Am 15. d. M. hielt in Stock holm der skandinavische Zellstoff-Verband seine Jahresver sammlung ab. Es wurde festgestellt, dass die Preise steigen. Gegenwärtig werden folgende Preise gezahlt: Marktgängigen la. Sulfitstoff 160 Kronen, Sulfatstoff je nach Güte 135 bis 145 Kronen die 1000 kg fob schwedische Westküste oder Kristiana Fjord.