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Mr «PAPIER-ZEITUNG 1491 Union Co. erzeugt auch aus Pappelholz Zellstoff, den ich beiliegend bemustere, und den sie selbst in besseren Druckpapieren mit verwendet. Die Unions Druckpapiere sind voluminös, nicht durchscheinend und ziemlich weich, was der Engländer sehr liebt. Wenn ich, wie oben geschehen, der Union Co. meine volle An erkennung zollte, so muss ich dennoch feststellen, dass ihre Druck papiere, sowie alle anderen sich bei Weitem nicht mit den deutschen messen können, ja sogar nicht annähernd mit sächsischen Fabrikaten, wie z. B. solchen von Toelle, Leonhardt, Richter, Niethammer und Bautzen verglichen werden können. Voluminöser sind ja alle skandinavischen Druckpapiere, weil sie, wie meine Untersuchungen ergaben, nicht so viel Erde, d. h. Asche-Gehalt haben. Der in ganz Skandinavien her gestellte Zellstoff ist nicht so fest wie der deutsche, sondern loser und weicher, wattiger (so will ich mich ausdrücken), was ja die Art des nordischen Holzes mit sich bringt. Auch der hier erzeugte Holzschliff ist nicht annähernd so gut wie der deutsche, niemals aber im Entferntesten mit dem vorzüglichen sächsischen Schliff zu vergleichen, der fein und dennoch schmierig ist und dem Papier eigenartigen Griff und Glätte giebt. Der gewöhnliche, minderwerthige, schlesische Holzschliff erinnert etwas an hiesige beste Sorten, weshalb man für schlesisches Druckpapier im Allgemeinen niedrigere Preise bekommt, als für gutes sächsisches, und um so mehr spielt der niedrige Preis für skandinavisches Druckpapier eine grosse Rolle. Wenn ich hier betone, dass die skandinavischen grossen Fabriken, wie in erster Linie Union Co., Akerselven-Embretsfos mit etwa sechs Millionen kg Druck, Holmens Brak in Norrköping mit sieben Millionen kg Druck, fast ausschliesslich nach England liefern äusser den vielen anderen, so wundere ich mich, dass die Engländer solche minderwerthige Druckpapiere überhaupt bedrucken, in Deutschland würde der Drucker geradezu den Lieferanten solcher Papiere, wie ich beifolgend bemustere (von Akerselven-Embretsfos) auslachen, und dennoch hat diese Fabrik so viel zu thun, dass sie nicht alle Aufträge rechtzeitig erledigen kann. Es ist ersichtlich, dass man das Papier wohl bedrucken kann, aber man will eben seitens der Druckereien am Preise schinden und vergisst dabei die höhere Güte der deutschen Waare. Als 1878 die Papierpreise hoch standen, machte die Gartenlaube bekannt, dass sie wegen höherer Papierpreise auch den Bezugspreis erhöhen müsse. Es klingt wie reine Ironie, wenn man heute bei den in der That niedrigen Papierpreisen bei grösseren Druckereien, wie Mosse, Lokal-Anzeiger, die allein gegen früher 100000 bis 150000 M. jährlich an Papiereinkauf sparen, von Bezugs- Preis-Herabsetzung nichts hört, obwohl die Schnellpressen ja zur Zeit denkbar rationell arbeiten! — Immerhin lobe ich mir die Qualität und das Format des Berliner Tageblatt-Papiers, letzteres kann man doch im Kupee lesen, während man die hiesigen Zeitungen wegen ihres grossen Formates kaum auseinanderfalten kann, ohne seinen Nachbar zu belästigen. Die Stärke der skandinavischen Fabriken liegt eben darin, dass sie bei den ausserordentlich grossen und billigen Wasserkräften und dem billigen Holz nur auf Massenfabrikation von minderwerthigen Papieren für die Ausfuhr sehen. In dieser Fabrikation können wir Deutsche nicht mitkommen. Die Akerselven - Emibretsfos Fabrik, Kristiania hat dicht neben Union Co. ihre Erzeugnisse in Format- und Rotationsdruck ausgestellt und zeigt auch die Art ihrer Ausfuhr-Packung. Dass sie die Eisen reifen schwarz lackirte, finde ich komisch, denn man sollte doch nur so ausstellen, wie man die Ballen in die Welt schickt. Die Fabrik, bei der Herr Generalkonsul Christophersen ebenfalls als Gross-Aktionär betheiligt ist, besitzt eigene Zellstoff fabrik und Holzschleiferei und macht jährlich 51/2 Million kg Papier, auch fertige Druckpapiere, die sie in Rollen und Formaten, letztere riesweise eingeschlagen, ausstellt. Die Ausstellung macht ja auf den Laien einen hübschen Eindruck, nicht aber auf denFachmann,da man die zu riesigerHöhe aufeinander gestellten Rollen nicht auf ihre Güte prüfen kann. Dieses Druckpapier kann, wie die beiliegende Probe zeigt, keinen Anspruch erheben, als weisses Druckpapier angesehen zu werden. Ich bitte Sie, sich mal die Färbung und die Durchsicht zu besehen. Letztere wird dadurch erklärlich, dass die Fabrik auf einem Plakate bekannt macht, dass die Maschine mit einer Geschwindigkeit von 110 m in der Minute läuft; na, ich würde als Händler für solches Papier schön danken. Akerselven - Embretsfos hat 4 Papiermaschinen, 19 Holländer, 300 PS Wasser und 150 PS Dampf. Bei fast allen skandinavischen Druckpapieren fällt mir das eigen artige Aussehen und eine gewisse Unreinheit (Splitter von Holz und unaufgelöstem, d. h. nicht gut verarbeitetem Zellstoft) auf, was mich auf den Gedanken bringt, dass man bei der Massenfabrikation nicht genügend die einzig dastehende Arbeit eines Kollerganges zu würdigen versteht, namentlich bei Verarbeitung des Ausschusses, denn keine Maschine der Welt kann so vortheilhaft Ausschuss zerkleinern, wie ein Kollergang. Die Geschicklichkeit im Ausstellen von weissen und farbigen Papierrollen fehlt hier vielfach. Bis auf Union Co. hat keine Fabrik Streifen in Landesfarben um die Rollen gelegt und gerade diese (blau-gelb und blau-roth) hätten mehr Wirkung erzielt, und die vor handene Weisse mehr gehoben. 1880 hat Hellboork bei der Düssel dorfer Ausstellung die Rotationsdruckrollen in herrlicher Weise mit schwarz-weiss-rothen Seidenbändern und Schleifen verziert. Wenn sich auch der Fachmann dadurch nicht bestechen lässt, so hebt es immerhin eine Ausstellung ungemein. Uebereinanderstellen von Rollen bis zu 6 m Höhe, wie theilweise geschehen, hat eben durchaus keinen Werth. Dass so viele Fabriken minderwerthige Papiere aus Holz schliff in kleinerer Rotationswickelung und in vielen Farben zeigen, ist darin begründet, dass der Verbrauch in diesen Sorten für schwe dische Streichholz-Schachteln unglaublich gross ist. Die Preise für Streichhölzer sind bedeutend gesunken, und Fabriken, die früher fabelhafte Dividenden zahlten und auch heute noch viel verdienen, drängen mit der Zeit immer mehr auf niedrigere Papierpreise. Mehrere Streichholz-Fabriken haben in eleganter Weise ausgestellt. Die Papierfabriken ziehen von denselben Nutzen, indem sie deren Abfallholz verwerthen und dieses ist nicht schlecht, denn zur Fabri kation der Streichhölzer ist nur gutes Holz brauchbar. Hier kosten zehn Schachteln im Laden nur 15 Oere — 161/2 Pfennig! Carl Eichhorn jun. Aus der Kindheit der Zellstoff-Fabrikation in Deutschland In Nr. 17 erwähnte Herr C. Hennefeld in einem «Rückblick«, dass die Dalbker Natronzellstofffabrik die älteste in Deutschland sei, und dass man dort im Oktober 1871 schon guten Stoff her stellte. Soweit reichen meine Erfahrungen nicht zurück; sie beginnen mit den drei Fabriken, welche nach dem Houghton- Verfahren von der englischen Firma James A. Lee in Sidney, gleichzeitig in Wolfswinkel bei Eberswalde, Alt-Damm bei Stettin und Legan bei Danzig 1872 begonnen wurden und 1874 in Betrieb kamen. Noch älter sollen allerdings eine Anzahl von Fabriken nach dem System Sinclair sein, von denen am längsten noch Salach und Cöslin den Betrieb aufrecht erhalten haben; letztere arbeitete noch vor wenig Jahren, während andere kaum in richtigen Gang gekommen waren. Während Sinclair stehende Kocher hatte, waren die Fabriken von Lee mit hegenden Kochkesseln ausgestattet, in denen in eisernen Sieben, auch Käfigen genannt, das Holz enthalten war. Man sollte meinen, dass, wenn von einer Firma gleichzeitig drei Zellstofffabriken angelegt würden, diese auch in Anlage und Ausführung gleich wären; doch dies war nicht der Fall. Die Fabriken waren von Haus aus zum Theil sehr unvollkommen, und es blieb deren Besitzern überlassen, nach und nach das Fehlende nach eigenem Gutdünken zu ergänzen. Zum Theil mögen auch die Besitzer von Anfang an unrichtige Ent scheidungen und Anordnungen getroffen haben. Legan war für die doppelte, Wolfswinkel und Alt-Damm waren für gleiche Er zeugung eingerichtet. Gleichmässig in allen dreien waren nur eine Holzschneidemaschine, zwei Mischer, zwei oder vier Koch- Kessel, Galloway-Dampfkessel und Sodaöfen. Da Wolfswinkel nur für eigenen Bedarf arbeiten sollte, so fehlten ihm die kleinen Pappenmaschinen mit drei oder fünf Trockencylindern, welche in den beiden andern Fabriken vorhanden waren. Nur zwei Fabriken hatten Holzmühlen, da sie für die dritte leider als überflüssig abgelehnt worden war und erst später mit grösseren Unkosten und Umänderungen angeschafft werden musste. Gut waren einzig und allein die Dampfkessel, welche tadellos aus geführt worden waren. Ihre Bauart hat sich später wegen ihrer ausgezeichneten Verdampfung und grossen Betriebssicherheit in Deutschland vielfach Eingang verschafft. Ihre Herstellung ist allerdings nicht leicht und erfordert allerbestes Kesselblech, da namentlich schon bei Herstellung der Galloway-Röhren an dasselbe grosse Anforderungen gestellt werden. Bei den ur sprünglichen Kesseln vereinigen sich die beiden cylindrischen Heizrohre zu einem von nierenförmigem Querschnitt, wegen der etwas schwierigeren Ausführung führt man mehr und mehr beide Heizrohre cylindrisch und getrennt bis ans Ende durch. Die Holzschneider hatten in allen drei Fabriken eigene Betriebsmaschinen, was empfehlenswerth ist. Man kann sie ganz nach Belieben und Bedarf in Gang setzen, und der unregelmässige Gang des Holzschneiders, der durch ungleich starkes Holz, Festklemmen des Holzes usw. hervorgerufen wird, macht sich in dem übrigen Betriebe nicht störend bemerkbar. Der Holzschneider war gut und kräftig gebaut, aber das hinter ihm liegende Quetschwalzwerk, welches grössere Holzscheiben zerbrechen sollte, wirkte nicht nach Wunsch. Es kam vor, dass bei stärkeren Stücken die sehr starken Zähne der das Quetschwalzwerk treibenden Zahnräder glatt wegbrachen und fortflogen, wobei die bedienenden Arbeiter gefährdet wurden. Ich habe daher später das Quetschwalzwerk ganz beseitigt und zum weiteren Zerbröckeln nur die Holzmühle verwendet, ohne irgend welchen Nachtheil davon gehabt zu haben. Die englische Mühle war gut gebaut. Später lernte ich andere kennen,