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Nr 41 PAPIER-ZEITUNG da ist es interessant. Das Volk, die Gesellschaft, das Leben der Strassen, die Biihne, kurzum, alles dem Auge Erreichbare müssen sie für die grossen Maassstäbe und weiten Wirkungen der Anschläge gewinnen und ausbeuten; es gehört allerdings ein gesunder Blick und eine gesunde Kraft der Stilisirung dazu, um die modernen Arbeiten so im Grossen zu schaffen. Die Meister, die sich an dieser neuen Aufgabe versuchen, sind grösstentheils Karikaturzeichner, die sich in den Witz blättern ihre Sporen verdient haben. Dort haben sie gelernt, mit wenigen Mitteln, in festem Strich und breiten Tönen das Wesentliche der modernen Erscheinung zu erfassen. Es ist sehr bedauerlich, dass die meisten Plakate, die es verdient hätten, aufbewahrt zu werden, verloren gegangen sind. Um so verdienstlicher ist daher das Unternehmen von Chaix in Paris, die Plakate aus allen Ländern zu sammeln und durch Nachbildungen zu einem Gemeingut für Alle zu machen. Mir liegen von dieser Sammlung, die unter dem Titel »Les Maitres de TAffiche« erschienen ist, zwölf Lieferungen vor. All jährlich sollen zwölf Lieferungen zu je vier Kunstblättern in der Blattgrösse von 30:40 cm herausgegeben werden. Auf dem Umschlag werden genaue Angaben über Namen der Künstler, Hersteller und Grösse der Plakate gemacht; die Kunstblätter selbst sind meisterhaft farbig gedruckt und ent halten einen erstaunlichen Schatz von Gedanken und Motiven, Die verschiedensten Richtungen in der Plakatkunst kommen in der Chaixschen Sammlung zum Ausdruck. In dem Vorwort des ersten Heftes meint der Herausgeber unter Anderem, dass es in unserer schnelllebigen Zeit nöthiger denn je sei, die Plakate mit Aufgebot der künstlerischen Kräfte so wirksam wie möglich zu machen. Die Reklame habe daher die Kunst zur Hilfe genommen. Um aber gerade die herrlichsten und geist reichsten Schöpfungen der Plakatkunst vor Untergang zu retten, und der Künstlerwelt und den Liebhabern die Erwerbung einer solchen Sammlung zu ermöglichen, habe der Herausgeber dies Unternehmen ins Leben gerufen. Die Sammlung werde nicht nur den Fortschritt einer im vollen Aufblühen begriffenen Spezialkunst zeigen; in ihr werden die Sitten und Gebräuche, die Moden und Geschmacksrichtungen, die tausenderlei Schau spiele des öffentlichen und privaten Lebens festgehalten; zu gleicher Zeit biete sie für das Studium der modernen Kunst schulen ein einzigartiges, umfassendes Sammelwerk — eine solche Quelle der Belehrung, dass die Zukunft sie nicht äusser Acht lassen können. Bei Durchsicht der Chaixschen Sammlung, der die in Fig. 6 (Nr. 39) und Fig. 8 nachgebildeten Plakate angehören, habe ich die Ueberzeugung gewonnen, dass damit der sich im Zeichnen und Entwerfen übenden, studirenden und sammelnden Welt ein äusserst werthvolles Material geboten wird; die hervorragendsten Künstler, wie Cheret, Caran d’Ache, Steinlen, Fred Walker, Herkomer, Walter Crane, Dudley, Hardy, Guillaume, Meunier, de Feure, Eugene Graset u. A. sind in der Sammlung vertreten; auch deutsche Plakate sollen aufgenommen werden. Die an An regungen reiche Sammlung ist besonders wegen der Mannig faltigkeit der Geschmacksrichtungen und der Farbenzusammen stellungen sehr interessant und des Studiums werth. Ich will noch ein unter dem Titel: »Die fliegenden Blätter des 16. und 17. Jahrhunderts, in sogenannten Einblatt-Drucken aus dem Gebiete der politischen und religiösen Karikatur« erschienenes Buch erwähnen. Dieses Buch, das antiquarisch sehr schwer zu erhalten ist, enthält 88 Karikaturen, wie solche schon vor Jahrhunderten sehr beliebt waren. Diese können für die moderne Plakatkunst manche Anregung geben. Die im Buch enthaltenen Bilder sind den kostbaren Originalen der Ulmer Stadtbibliothek lithographisch nachgebildet. Tiegeldruck-Presse mit von der schwingenden Welle beeinflusster Farbabnahme, D R G M, von Rich. Otto Krüger in Berlin. Bei den unter der Bezeichnung Liberty-Presse im Handel befindlichen Tiegel druckpressen ist es erforderlich, dass die Farbwalze längere Zeit an dem Farbcylinder haften bleibt und dabei umgedreht wird. Durch das nur kurze Zeit dauernde Anlegen oder Lecken der Farbwalze wird die Druckfarbe nur in einem schwachen Streifen abgenommen, sodass die Farbe nicht verrieben wird. Die stärker geschwärzte Stelle der Duktor walze erscheint sogar auf dem Druckexemplar und stört einen sauberen Abzug. Um diesen Fehler zu verhüten, wird in dem vorliegenden Gebrauchsmuster der Druckcylinder durch geeignete Vorrichtungen, z. B. Sperrrad und Schubgestänge, von dem Treibrade aus in Umdrehung versetzt, sodass die sich an ihn anlegende Farbwalze während der Dauer des An lehnens drehen muss. In der Zeichnung ist diese Vorrichtung dargestellt. An dem Treibrade a, das durch die Schubstange b die Schwingung des Tiegels c veranlasst, ist eine Schlitzkurbel d angeordnet, in der die Schubstange e verstellt werden kann. Diese greift mit dem anderen Ende an eine Sperrklinke, die nun das auf der Achse des Farbcylinders sitzende Sperrrad f bethätigt. Je nach der Stellung der Schubstange c in der Schlitz- Kurbel d wird die Sperrklinke unter mehr oder weniger Zähnen weggeführt, um den Cylinder zu einer grösseren oder kleineren Drehung zu bringen. Der Arm g trägt die Farb walze, die in üblicher Weise die Farbe auf die Platte h giebt. Der Arm g ist an einem zweiten Arm i angelenkt, der nun seinerseits auf der Welle k aufruht. Auf diese Welle ist eine Knagge e in zweckent sprechender Weise aufgesetzt. Diese hat eine Länge, die der Dauer, während der die Farbabnahme erfolgen soll, entspricht. Ihre Höhe ist so bemessen, dass die Walze mit dem Farb- Cylinder gerade in Berührung gebracht wird. Der Antrieb der Vorrichtung kann auch in anderer Weise als mit der Knagge auf der Achse erfolgen. Reinigen der Messinglinien Messinglinien werden bei längerem Gebrauch so schmutzig, dass ihre Reinigung erforderlich wird. Dazu giebt es zwei schnell und leicht wirkende Mittel. 1. Man nehme ein Porzellan-, Glas- oder emaillirtes Eisen- Gefäss, lege die Linien hinein, begiesse sie mit unverdünnter scharfer Lauge und lasse sie zehn bis zwölf Stunden darin liegen. Dann entferne man die Lauge, spüle die Linien ab, lege sie auf ein Brett und fahre mit einer Bürste darüber hin. Jeder Schmutz wird dann mühelos entfernt sein. 2. Wenn man die Messinglinien nicht in Lauge, sondern in ein Bad von neun Theilen Wasser und einem Theil Ammoniak legt, so sind sie schon nach zwei bis drei Stunden sauber. Man messe mit einem kleinen Becher neun Theile Wasser auf die Linien, und füge den zehnten Theil Ammoniak hinzu. Auch hier wird mit der Bürste völlige Sauberkeit erzielt, wodurch das umständliche und zeitraubende Abkratzen jeder einzelnen Linie erspart wird. Flachdruck-Rotationsmaschine Die Maschinenfabrik von A. Hamm in Heidelberg und Frankenthal hat eine Flach-Rotationsmaschine gebaut, die für das Buchdruckgewerbe von Bedeutung sein dürfte. Die Frankf. Zeitung schreibt darüber Folgendes: Die Maschine macht das Einlegen der Bogen überflüssig und liefert eine grössere Anzahl Exemplare als eine Buchdruckschnellpresse. Das Fundament mit dem Schriftsatz (nicht Stereotypie) steht fest, während der Druckcylinder und die Auftragwalzen sich hin und zurück be wegen. Die Papierrolle ist wie bei Rotationsmaschinen am hinteren Ende angebracht. Zunächst wird der Schöndruck (erstes Fundament), dann der Widerdruck (zweites Fundament) hergestellt. Sobald Vor- und Rückseite bedruckt sind, wird das Papier an der richtigen Stelle abgeschnitten und bogen weise ausgelegt. An der Auslegestelle kann ein. beliebiger Falzapparat angebracht werden. Farbeverreibung ist gut, An lage und Schnitt genau. Die stündlich 3500 Exemplare liefernde Maschine eignet sich für den Druck von Zeitungen, Werken, Beilagen usw., sie ist 3,80 m lang und 1,70 m breit und er fordert nur eine Kraft von zwei Pferdestärken. — Auch die «Kleine Presse« berichtet in obigem Sinne und bezeichnet die Maschine als »neue Errungenschaft im Buchdruck«. Herr Fink, der zur Besichtigung dieser Maschine in Frankenthal war, berichtete darüber inder letzten Hauptversammlung des Frank furtei’ Faktorenvereins.