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1134 PAPIER-ZEITUNG Nr. 32 Eine der grössten Buntpapierfabriken fertigte von 1876 bis in die Mitte der achtziger Jahre den grössten Theil ihrer Glanzpapiere aus Natron-Zellstoff. Dies geschieht wohl noch heute, nur dass anstelle von Sulfat-, Sulfit-Zellstoff getreten ist. Man kann sicherlich einen Deckel weit besser und leichter glätten als einen dünnen Bogen Papier, dabei übertrifft das Glanzpapier den best geglätteten Pressspan an Glanz. Die Kunst, aus Zellstoff einen guten Pressspan zu machen, liegt in der Behandlung des Ganzzeug-Holländers. C. Hennefeld Gewichts-Spielraum bei Papier-Lieferungen Aus Oesterreich, 10. April 1897 Bei Lieferungs-Geschäften von Packpapieren in Oesterreich-Ungarn sind Gewichts-Abweichungen zu 6 pCt. nach oben und nach unten zulässig, jedoch nach einer uns vom Verein der Oesterreichisch- Ungarischen Papierfabrikanten gewordenen Mittheilung nur derart, dass bei Packpapieren Gewichts-Unterschiede bis zu 21/2 pCt. nach oben und 21/2 pCt. nach unten, im Ganzen 5 pCt. gestattet werden. Unseres Erachtens ist das widersinnig, denn ein derartiger Spielraum beträgt nicht 5 pCt., sondern nur 21/2 pCt. Demnach erbitte ich Ant wort auf folgende Frage: Wenn für Lieferungen von Packpapieren in Deutschland Gewichts unterschiede bis zu 4 pCt. nach oben und 4 pCt. nach unten, in Oester reich solche bis zu 5 pCt. nach oben und 5 pCt. nach unten zulässig sind, ist es richtig, dass in Deutschland die Gewichts-Unterschiede nur bis zu 2 pCt. nach oben und 2 pCt. nach unten, in Oesterreich bis zu 21/2 pCt. nach oben und 21/2 pCt. nach unten gestattet werden, und kann man sagen, dass in diesem Falle der zulässige Spielraum bei Packpapieren in Deutschland im Ganzen 4 pCt., in Oesterreich im Ganzen 5 pCt. beträgt? 7 Nach den im Werk »Normalpapier« (Verlag der Papier- Zeitung, Preis 3 M.) enthaltenen Verkaufsbedingungen des Ver eins Deutscher Papierfabrikanten ist für Packpapier ein Mehr oder Mindergewicht von 4 pCt. gegenüber dem Bestellgewicht zulässig. Hierdurch ist die Frage bezüglich Deutschlands dahin erledigt, dass der Spielraum nach unten und nach oben 4 pCt., also im Ganzen 8 pCt. beträgt. Nach dem in obiger Zuschrift mitgetheilten Wortlaut österr.-ungar. Bestimmungen müsste man annehmen, dass in Oesterreich-Ungarn der Spielraum nach oben und unten 5 pCt., also im Ganzen 10 pCt. beträgt. Da aber der Verein, der die Bestimmungen erliess, nur 21/2 pCt. nach oben und 21/2 pCt. nach unten als zulässig erklärt, so ist es Sache der Fabrikanten, welche durch diese Auslegung Schaden leiden, die Vereinsleitung zu anderer Ansicht zu bekehren. Verordnungen der Gewerbe-Inspektoren Der Verein Deutscher Papierfabrikanten hatte infolge von Beschwerden, welche aus betheiligten Kreisen über Vorschriften erhoben wurden, die von verschiedenen Gewerbe-Inspektoren über die Einrichtungen der Lumpensortirräume in den Papier- Fabriken und Lumpensortiranstalten getroffen wurden, eine Vorstellung an den Königlich Preussischen Minister für Handel und Gewerbe gerichtet, worin die Beschwerden im Näheren dargelegt und um allgemeine Prüfung, eventuell um Aufhebung der betreffenden Vorschriften ersucht wurde. Hierauf ist dem Vorstand nunmehr folgende Antwort zugegangen: »Auf die Vorstellung vom 16. v. M. erwidere ich dem Vorstande bei Rückgabe der Anlage, dass die angefochtenen Bestimmungen betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Lumpensortiranstalten nicht die Bedeutung von Vor schriften haben, die unter allen Umständen von den Unter nehmern erfüllt werden müssen. Es handelt sich dabei über haupt nicht um eine für die Arbeitgeber erlassene »Verordnung«, sondern um eine Instruktion für die Gewerbeaufsichtsbeamten, deren Bestimmungen soweit durchgeführt werden sollen, wie es die in jedem einzelnen Falle in Betracht kommenden und sorg fältig zu prüfenden Verhältnisse erfordern und gestatten. Diese Grundsätze, die sich nach den übereinstimmenden Berichten der Provinzialbehörden im Wesentlichen bewährt haben, aufzuheben, liegt keine Veranlassung vor. Sollte ihre Anwendung im einzelnen Falle zu Anordnungen führen, durch die sieh ein Unternehmer beschwert fühlt, so bleibt diesem unbenommen, auf dem in § 120d Absatz 4 der Gewerbeordnung vorgesehenen Wege gegen unbillige und ungerechtfertigte An forderungen Abhilfe zu suchen.« * * * Eine nahezu gleichlautende Antwort ertheilte der Minister auch Herrn Berthold Lewy auf die von ihm und Anderen namens der am 25. September v. J. abgehaltenen Versammlung von Pappenfabrikanten und Lumpenhändlern gerichtete Eingabe (veröffentlicht in Nr. 102, Jahrg. 1896). Herr Berthold Lewy (i. F. Lewy Gebrüder, Rummelsburg-Berlin) schreibt uns dazu: Die Kommissionsmitglieder sind der Ansicht, dass die Stelle im ersten Absätze »wie es die in jedem einzelnen Falle .... sorg fältig zu prüfenden Verhältnisse .... gestatten« in Zukunft ge nügenden Schutz gegen unbillige Anforderungen seitens der Gewerbe- Inspektoren gewähren dürfte. Uebrigens erscheine nach wie vor empfehlenswerth, Fälle, in denen die Betriebsunternehmer sich zu Unrecht belastet fühlen, in den Fachblättern zur Sprache zu bringen, und man betont nochmals die Nothwendigkeit für die Beschwerde gegen die Verfügungen der Polizeibehörde — § 120d der Gewerbeordnung — die Frist von zwei Wochen innezuhalten. Mitscherlich-Prozess Nachdem Professor Dr. A. Mitscherlich iu seiner Versuchs- Fabrik zu Minden sein Verfahren zur Umwandlung von Holz in Zellstoff mittels doppelt schwefligsauren Kalkes genügend ausgestaltet hatte, bot er dasselbe in den achtziger Jahren den Papierfabrikanten zur Benutzung an. Er schloss mit ihnen Verträge, worin er für einen bestimmten Bezirk die alleinige Ausnutzung seiner Patente zusicherte und alle zu erfolgreicher Fabrikation nöthige Unterweisung und Anleitung zu geben versprach. Für diese Leistungen sollten die Fabrikanten eine Abgabe entrichten, die von der erzeugten Menge und deren Verkaufspreis abhing. Nachdem infolge Nichtigkeitsklage der erste Anspruch des Mitscherlichschen Patentes aufgehoben wurde, dieses also nicht mehr denselben Schutz wie früher gewährte, sondern die Herstellung von Sulfitzellstoff freigab, weigerten sich die Fabrikanten, welche mit Mitscherlich Vertrag geschlossen hatten, die darin festgestellte Abgabe fernerhin zu bezahlen. Mitscherlich strengte infolgedessen Klage an, worin er darlegte, dass er kein Patent verkauft habe, sondern nur Ausnützung seines Verfahrens, dass er nach seinen Geheimbüchern die Fabrikanten in der Ausführung unterrichtete, und ihnen dadurch die nutzbringende Verwerthung ermöglichte. Die angerufenen Gerichte fällten die verschiedenartigsten Urtheile, und um die Sache zu vereinfachen, verfügte das Reichsgericht, dass über die vielen Klagen in zwei Gruppen ge- urtheilt werden solle. Für die eine Gruppe war der Rechts stand Halle mit der Oberinstanz Naumburg und für die andere Limburg mit Frankfurt a. M. In den Urtheilen erkannten die Gerichte in der Hauptsache an, dass durch den theilweisen Fall des Patentes auch eine Verminderung der Mitscherlich- Leistung eingetreten sei, und dass diese in einer Ermässigung der Abgabe der Fabrikanten ihren Ausdruck finden müsse. Das Gericht in Halle hatte beispielsweise auf die Hälfte der vertragsmässigen Abgabe erkannt. Nach siebenjährigem Rechtsstreit und grossen dafür sowie für zahlreiche damit verbundene Gutachten gemachten Auf wendungen war noch nicht abzusehen, wie und wann der Streit enden würde. Die Gerichte selbst, sowie Betheiligte und Unbetheiligte hatten mehrmals vergeblich versucht, einen aussergerichtlichen Vergleich zustande zu bringen. Mitte Januar dieses Jahres bei Gelegenheit eines Besuches, den der Prozessbevollmächtigte des Professors Mitscherlich, Rechtsanwalt Dr. Schall in Stuttgart, dem Herausgeber dieses Blattes, Herrn Carl Hofmann, abstattete, regte letzterer die An bahnung eines Vergleiches an, und beide Herren sprachen sich darüber eingehend aus. Nachdem Professor Mitscherlich sowohl als auch die Verklagten der Naumburger Gruppe sich mit seiner Vermittelung einverstanden erklärt hatten, begannen die Unter handlungen, und nach drei Monaten war es gelungen, durch einen Vergleich alle Klagen gegen die Fabrikanten dieser Gruppe, mit einer Ausnahme, zu beseitigen. Die Firmen: Mahla & Graeser in Remse Alfons Simonius in Wangen und Kehlheim a. D. bei Regensburg Gebr. Dietrich in Merseburg G. A. Wiede in Rosenthal bei Hof Hannoversche Papierfabriken Alfeld-Gronau, vorm. Gebr. Woge, Alfeld Kübler & Niethammer in Kriebstein bei Waldheim J. H. Eppen in Winsen a. L. bezahlen infolge dieses Vergleiches an Professor Mitscherlich die Gesammtsumme von 650000 M. und erklären, dass sie Professor Dr. A. Mitscherlich als den Begründer der Sulfit- Zellstoff-Fabrikation anerkennen. Es wäre zu wünschen, dass durch ähnliche Abkommen die noch schwebenden Prozesse beseitigt würden, und der Heraus geber dieses Blattes ist auf Wunsch gern bereit, weitere Ver mittelung zu übernehmen.