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Buchdruck * * * *** Steindruck 1102 ~ Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme Buchgewerbe Eingesandte Werke finden Besprechung Nr. 31 Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung gl s Buchbinderei * * s * * * Buchhandel Das Ornament Von Ad. Förster Vom heutigen Accidenzsetzer wird eine viel umfassendere Bildung verlangt als früher. Er muss nicht allein einige Sprachkenntnisse besitzen, sondern er ist vor Allem auf das Studium des Ornamentes und der Stile hingewiesen. Die gegenwärtige Zeit drängt nach einer künstlerischen Verfeinerung der Erzeugnisse in den dekorativen Künsten. Mit der Urtheilsfähigkeit des Publikums, dessen allgemeine Bildung sich auch auf graphische Gebiete ausdehnt, wachsen die An sprüche an gediegene Buchdruck-Arbeiten. Der allgemein ge bildete Setzer hat deshalb die grösste Aussicht, eine be friedigende soziale Stellung einzunehmen und handelt im eigenen Interesse, wenn er vorhandene Lücken seiner Bildung noch auszufüllen sucht. Soweit es sieh um die Kenntniss der Orna mente handelt, ist ein allgemeiner Ueberblick über die Ver zierungsweise und deren Grundsätze bei allen Kulturvölkern sehr nützlich. Scheint auch die Beschäftigung mit solchen Ornamenten, die nicht im Setzersaal zu finden sind, überflüssig, so ergiebt sich bei tieferem Nachdenken, dass das Verständniss der bekannteren Zierformen wesentlich unterstützt wird, wenn zu selbstthätigem Vergleich diejenigen Formen daneben gestellt werden, durch die andere Völker gleiche Wirkungen zu erzielen suchten. Beim vergleichenden Studium wendet man mehr dem Geist des Ornamentes als der Form seine Theilnahme zu und wird hierdurch in bester Weise dazu erzogen, auch bei den eigenen Arbeiten weniger beziehungslosen Formen seine Aufmerksamkeit zu widmen, als vielmehr denlnhalt durch geeignete Form zu unter stützen und hervorzuheben. Hierdurch kann eine Arbeit derart lebendig, zum Leser redend werden, dass sie mit Recht die Bezeichnung künstlerisch verdient. Folgende Bemerkungen sind ihrer Ausführlichkeit nach auf das thunlich geringste Maass beschränkt, da eine um fänglichere Behandlung des reichen Stoffes äusser dem Rahmen eines Fachblattes liegt. In den einzelnen Abschnitten wird öfters auf den heutigen Accidenzsatz Bezug genommen, um zu zeigen, dass überall brauchbare Lehren für den Suchenden zu finden sind. Freunden eingehenderen Studiums sind am Schlüsse einige vortreffliche Werke empfohlen, die zugleich die Grundlage zu vorliegender Arbeit bilden. Für Berliner Fachgenossen ist es wichtig, dass diese Werke sämmtlich in der Büchersammlung des Berliner Kunstgewerbemuseums zu finden sind. Ornamente wilder Stämme Jedes Volk hat das Bestreben, seine Gebrauchsgegenstände zu verzieren, d. h. die Zweckformen durch Zierformen zu ver schönern. Die Verzierungen haben solange Anspruch auf höheren geistigen Werth, als sie nach denselben Grundsätzen ausgebildet sind, die an den Schöpfungen der Natur zu beob achten sind. Darunter ist keine blinde Nachahmung der Naturformen zu verstehen, sondern deren Idealisirung. Die Form wird von allen Zufälligkeiten befreit und zeigt infolgedessen die Gesetze der Natur in unverkennbarer Klarheit. Je feinsinniger die Formenbildung ist; um so höher steht das bildende Volk in der Kultur. Da in der Regel nach Erreichung des Höhepunktes der Kultur das Volk sich der Natur entfremdet, so ist ein Zu rückgehen der dekorativen Kunst, ein geistloses Spielen mit Formen die unvermeidliche Folge. Es ist hiernach weniger zweckmässig, sich mit den Verfall zeiten der Kunstrichtungen eingehend zu beschäftigen, sondern es ist vornehmlich lehrreich, jede Kunstrichtung in ihrer Ent wickelung und Blüthezeit zu verfolgen. Demgemäss haben auch die Ornamente der wilden Völker zum Theil Anspruch auf Er wähnung. Im Anfang ist es da der eigene Körper, der als Träger der Zierformen dient. Schon hierbei offenbart sich zuweilen ein glücklicher Instinkt, der sich aus dem innigen Zusammen leben mit der Natur erklärt. Geht man auf das Urgesetz aller Verzierung zurück, die Form durch Ornamente zu entwickeln, so kann man leicht feststellen, ob die Wilden ihren Körper verständig tätowiren. Wirklich giebt es bildliche Beweise für die That- sache, dass zuweilen durch Tätowirung die Muskulatur, der Körperbau und Gesichtsausdruck stark betont sind. Beispiel 1 Muster, von einem Kleidungsstück Beispiel 2 Borte auf einer leinenen Matte, von Tongotabu (Freundschafts-Inseln) Vom unbedeckten Körper übertrugen sich die Zierformen auf die Bekleidungsstoffe und Geräthe. Oft sind mit schlichten Mitteln grosse Wirkungen hervorgebracht. Beispiel 1 ist, um eines der vielen Muster herauszugreifen, durch vielfaches Auf legen zweier Holzstempel zusammengesetzt. Der gleiche Grund satz, durch mehrfache Wiederholung einfacher Bestandtheile hübsche Muster zu erzielen, ist fast durchgehends vorhanden. Die Nutzanwendung auf den Accidenzsatz liegt auf der Hand. Häufig sieht man Drucksachen, auf denen mit vielen Mitteln in Form und Farbe verhältnissmässig wenig erreicht ist. Solche Arbeiten verrathen Mangel an Nachdenken. Man sollte stets suchen, mit einfachen Mitteln zu arbeiten. Wenn man Drucksachen-Sammlungen, wie den Musteraustausch u. a. darauf hin durchsieht, so findet man oft, dass gerade die durch ihre Ausstattung am meisten bestechenden Accidenzen im Grunde einfacher Natur sind. Weiter ist es anregend, die Ornamentirung der Kleidungs stücke von Wilden dahin zu prüfen, ob das hinschauende Auge natürliche Ruhepunkte findet. Auch hier hat der Wilde zuweilen ein sicheres Gefühl. Bei einer Borte aus waagerecht laufenden Linien würde das Auge ins Unendliche fortlaufen und keinen Ruhepunkt haben, trotzdem sind waagerechte Linien nothwendig für eine Borte, da sie am treffendsten das Umschliessen darstellen. Es zeugt in diesem Falle von natürlichem Feingefühl, dass die in Beispiel 2 wiedergegebene Borte zum Ausgleich senkrechte Linien enthält, ebenso periodisch wiederkehrende Ruhestellen. Beispiel 3 । ü ütimn ililLliliIilil lilliiin ii 11 i 111 IIIIIIIIliilliIIIIIIliLIlIlilIlLtIuIlIIIliilliLlilIllIllüliillutliiuliiulirmtouluuutupifiuriituuililluluzilnidiuiilitililtiulliuiuuiiiuuiiilaiil uiiiimiiiqMhiiiiiiiui|iiiiiiniuuiiiiiiiiiiiunniiiiiill Beispiel 4 In die Setzerpraxis übertragen, würde man danach Bänder vermeiden müssen, die, wie Beispiel 3 oder 4 (aus der Praxis) überwiegend oder ausschliesslich Linien einer Richtung auf weisen. Besser würde schon Beispiel 5 oder 6 sein, wo kräftig auftretende senkrechte Linien dazukommen, noch besser Beispiel 7 mit diagonal verlaufenden Linien, und am voll kommensten das letzte Band, Beispiel 8, worin nicht nur in der Form gehörige Abwechslung vorhanden ist, sondern auch in der Farbe und Schattirung.