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Nr. 27 PAPIER-ZEITUNG 951 Photographieähnlicher Druck Die National Chemigraph Co. in St. Louis, Mo., U. S. A., hat uns durch ihren Vertreter Fritz Melsbach in Wiesbaden, eine grosse Zahl der von ihr nach einem neuen chemigraphischen Verfahren hergestellten Bilder vorgelegt. Der Erfinder dieses Verfahrens, C. B. Woodward, ist der Leiter der National Chemigraph Co. Die mit seinem Verfahren hergestellten Bilder dürften jeden Buchdrucker zunächst verblüffen, wenn man sie zuerst betrachtet, glaubt man Platina-Photographien vor vor sich zu haben. Doch das bei genauerer Prüfung kenntliche Netz beweist, dass dies nicht der Fall sein kann. Durch die Weichheit der Bilder wird man veranlasst, an einen auf Schäuffelensches Kornpapier hergestellten Lichtdruck zu denken, andere Blätter erinnern an Kupferstichtechnik. Erst nach und nach überzeugt man sich, dass man es mit ganz ausgezeichneten Autotypien zu thun habe, die in ganz eigenthümlicher Weise ge druckt sind und dadurch eine so grossartige Wirkung erzielen. Das neue Verfahren dürfte für künstlerisch werthvolle Bilder in Massenauflagen, wo Lichtdruck und Heliogravüre ihres hohen Preises wegen nicht verwendet werden können, grosse Bedeutung erlangen. Das in allen Kulturstaaten patentirte Verfahren will mög lichst der Photographie ähnliche Bilder auf der Buchdruck- Presse herstellen, es besteht nach der Deutschen Patentschrift Nr. 75281 hauptsächlich darin, dass man den Druck des Bildes eine Anzahl Male mit hellerer Farbe und mit je einer kleinen Verrückung des Klischees oder des Druckbogens wiederholt, sodass die vom ersten Druck gelassenen weissen Zwischenräume durch den zweiten oder die weiter folgenden ausgefüllt werden und man eine fortlaufend abschattirte Fläche erhält. Wir verweisen auf unsere Beschreibung auf Seite 2013 in 1894. Die Druckproben zeigen, dass man in der National Chemigraph Co. dieses Verfahren sehr gut ausgebildet hat. Es ist schwer zu entscheiden, ob bei diesen Autotypien die Arbeit des Aetzers oder die des Druckers grössere An erkennung verdient. Ganz sicher aber ist, dass der Erfinder des Verfahrens in seiner grossen amerikanischen Anstalt vor zügliche Kräfte in beiden Fächern besitzt, Kräfte, die sich in ausgezeichneter Weise ergänzen. Das Verfahren selbst ist so einfach, dass die Hauptsache in der sorgfältigen und ge schickten Ausführung und in den vorzüglichen maschinellen Hilfsmitteln zu suchen sein dürfte. Verschiedene dieser Blätter enthalten die Bildnisse amerikanischer Bühnenkünstler, dabei ist die das Bildniss tragende Fläche erhaben geprägt und der übrige Raum des starken Kartonblattes in der Weise zu Um rahmungen benutzt, dass man weiss gestrichene Holzleisten vor sich zu haben glaubt. Durch diese Hilfsmittel ist die Wirkung des Bildes überraschend gesteigert. Beachtenswerth ist auch, dass alle diese Aetzungen auf starken Karton so tadellos ge druckt sind. Äusser der auf Platina - Photographie - Art ausgeführten Chemigraphien finden wir auch lackirte Bilder, in Art der braun glänzenden Photographien. Dafür hat Woodward eine Maschine erbaut, die die Bilder unmittelbar nach dem Druck mit einem dazu von ihm hergestellten Lack überzieht, sodass die Bilder sofort nach der Laekirung getrocknet die Maschine verlassen. Unter den Bezeichnung »Beständiger Chemigraph« und »Beständiger Farbegraph« finden wir Kunstblätter, die nach einem gleichfalls von Woodward erfundenen Verfahren mattirt und wasserdicht, d. h. abwaschbar gemacht werden. Bei Drucken auf dem sogenannten amerikanischen Kreidepapier hat dieses Verfahren den ganz besonderen Vortheil, das glänzende Papier matt und den Kreideüberzug fest zu machen; daher die Be zeichnung »beständig«. Diese, auf einer hierzu hergestellten Maschine behandelten Drucke können, auch wenn sie etwa be schmutzt sind, mit einem nassen Schwamm gereinigt werden, worauf sie ihre frühere Frische wieder erhalten. Die Dreifarbendruck-Leistungen haben bisher wohl nicht das geboten, was man von Farbendrucken erwartet. Einige mit dem Namen »Farbegraph« bezeichnete Proben zeigen, was mit dem Dreifarbendruck nach dem Woodwardschen Verfahren geleistet werden kann. Die durch Chemigraphie hergestellten Bas-reliefs sind nach einem eigenthümlichen, ebenfalls von Woodward erfundenen Verfahren geprägt worden. Unfallversicherung Es herrscht bei den Betriebsunternehmern vielfach die auf die Bethätigung menschlichen Mitgefühls zurückzuführende Gepflogenheit, dem im eigenen Geschäft durch Betriebsunfall verletzten Arbeiter nach Wiederaufnahme der Arbeit keinen Lohnabzug wegen der thatsächlich verminderten Leistungs- und Erwerbsfähigkeit zu machen, obwohl der Verletzte von der dazu verpflichteten Berufsgenossenschaft für die durch den Unfall veranlasste Beschränkung seiner Arbeits- und Erwerbs fähigkeit durch eine Rente entschädigt wird. Das Einkommen des verletzten Arbeiters wird hierdurch höher, als es vor dem Eintritt des Unfalles war, das entspricht aber weder dem Sinne noch dem Zwecke der Gesetzgebung und widerstrebt dem Gerechtigkeitsgefühl, weil nicht alle Arbeitgeber in der Lage sind, Arbeitsleistungen dauernd über ihren Werth zu bezahlen, und diejenigen, die anders zu handeln genöthigt sind, unberech tigterweise hartherzig und von geringerem Wohlwollen für ihre Arbeiter erfüllt erscheinen, als die erstgenannten. Häufig aber erfolgt die Wiedereinstellung eines Wiederhergestellten nur aus dem Grunde nicht, weil der Arbeitgeber den vollen früheren Lohn für die geringere Arbeitsleistung nicht zahlen kann, sich jedoch dem stillschweigenden Vorwurf mangelnden Wohlwollens nicht aussetzen will. Aber auch in anderer Hinsicht muss das gegentheilige Ver fahren des Abziehens des Rentenbetrages von dem Arbeits löhne, wie es z. B. auch von staatlichen Anstalten geübt wird, als richtiger bezeichnet werden. Wenn der verletzt gewesene Arbeiter nicht wieder in den Betrieb eintreten kann, wo er den Unfall erlitt, wird es ihm schwer, ein anderweites Unter kommen zu finden, weil sich Jeder scheut, ihm einen geringeren, der thatsächlichen Leistungsfähigkeit ange messenen Lohn anzubieten; es ist eben, nach der Auf fassung vieler Arbeitgeber, nicht Brauch, den in Ausübung seines Berufes verunglückten Arbeiter den dauernd erlittenen Schaden fühlen zu- lassen, obwohl ihm dieser durch die Unfallversicherung, soweit die Erwerbsfähigkeit in Frage kommt, ersetzt wird. So erklärt es sich auch, dass es vielen Ver letzten schwer wird, die ihnen verbliebene Erwerbsfähigkeit zu verwerthen. Dafür ist aber weder die Gesetzgebung, noch sind die bei den einzelnen Fällen in Frage kommenden Arbeit geber oder Arbeitnehmer verantwortlich zu machen, sondern lediglich die am unrechten Orte angebrachte Gutherzigkeit mancher Betriebsunternehmer. Wäre, was hiernach als wünschenswerth erscheint, die An rechnung der Unfallrente beim Arbeitslöhne der Renten empfänger allgemein eingeführt, dann würde sich auch die Frage des Arbeitsnachweises für die Verletzten, leichter regeln lassen, denn sie wird selbstredend nur unter der Voraussetzung zu lösen sein, dass der Verletzte nur seine ihm verbliebene Erwerbsfähigkeit verwerthen kann. Die gleichmässige Durchführung der oben angedeuteten Maassregel würde auch eine Erleichterung für die Thätigkeit der Schiedsgerichte mit sich bringen, denn es würden sich diejenigen Fälle erheblich verringern, wo die Verletzten ohne irgend einen nachweisbaren Grund Berufung gegen die Bescheide der Berufsgenossensehaften einlegen, in der Hoffnung, dass es ihnen gelingen werde, vor dem Schiedsgericht durch eine geschickte Darlegung ihres Falles einen ihnen günstigen Spruch des Gerichts herbeizuführen. Spricht das Schiedsgericht dem Verletzten eine von der Berufsgenossenschaft abgelehnte oder herabgesetzte Rente zu, dann wäre es erforderlich, demjenigen, der infolge dieses sofort Rechtskraft erlangenden Schiedsspruchs in den Genuss der zugesprochenen oder erhöhten Rente tritt, mitzutheilen, dass er zur Rückerstattung der durch den Schiedsspruch ihm zu gefallenen Entschädigungssumme verpflichtet ist, falls das Reichsversicherungsamt als Berufungs-Instanz den Spruch des Schiedsgerichts aufhebt und den angefochtenen Bescheid der Berufsgenossenschaft wieder in Kraft setzt. Es können leicht von dem Zeitpunkt des die Rente herab setzenden oder ablehnenden Bescheides der Berufsgenossenschaft bis zum Rechtsspruch des Reichsversicherungsamtes mehrere Monate vergehen, während welcher der Verletzte zu Unrecht Renten bezieht, die mehrere Hunderte von Mark betragen können, und es bereitet dem Betroffenen eine bittere Enttäuschung, wenn er erst dann erfährt, dass er das Empfangene zurück zuerstatten hat. Vielleicht liesse sich in den meisten dieser fraglichen Fälle auf dem Wege der Gesetzgebung Abhilfe schaffen, indem