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@ 6> 2517 Buchgewerbe Buchbinderei & ® Buchdruck 666 @ e ® Buchhandel 6 © ® Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung. Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Nr. 79. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme. Schriftgiesserei-Neuheiten. Bonifacius-Initialen von J. G. Scheiter & Giesecke, Leipzig. Die nachstehend in fünf Graden abgedruckten modernisirten Altgothisch-Initialen bieten ein dankbares Material nicht nur für die Ausstattung sogenannter altdeutscher Drucksachen, sondern 21/2 Cicero. Orient Jubiläum I)auen Text. r Grosse Berlimer Iunst-4usslellum Cicero Deutschland Figaro Lolland (Tünchen Yollamt 5 Cicero. 31/2 Cicero. andwirth auch für das Gesammtgebiet der Accidenz-Arbeiten. In einer uns vorliegenden, aus Cicero Schwabacher gesetzten Seite eines Gebet buches wird mit den verschiedenen Graden der Bonifacius-Initialen gute Wirkung erzielt. Am besten passen sie, wie die vor stehenden Anwendungen zeigen, zu altgothischen Schriften. Typographisches und Lithographisches aus Brügge. W. von Knoblauch in London. Brügge, die Hauptstadt Westflanderns, ist in unserer modernen Zeit eine kostbare Reliquie aus dem Mittelalter. Der erste Ein druck auf den Besucher ist der der Ruhe, der Behaglichkeit. In Brügge giebt es keine Eile, keinen Kampf ums Dasein. Die prächtigen Kirchen, die aus dem Mittelalter überkommenen öffent lichen Bauten sprechen von vergangenen Zeiten, von versunkener Pracht und Herrlichkeit und predigen den Frieden, die Ergebung in das Unvermeidliche. Der Zauber alter Legenden wird in der Kapelle des Heiligen Blutes, in den statuengeschmückten Hallen des gothischen Rathhauses wieder lebendig, und sie erzählen uns von der Freiheitsliebe der Bürger Brügges, ihrem Thatendrang, ihrem Reichthum. Von dem im Mittelalter sprichwörtlichen Reich thum der Stadt zehren die jetzigen Bewohner. Still und ruhig sind die geräumigen Strassen. Deutsche, englische und franzö- sische Touristen durchwandern neugierigen Blickes die unbelebten Strassen. Eine englische Kolonie von ungefähr 1800 Seelen hat sich unter dem Schutz des Glockenthurms von Brügge angesiedelt, ohne jedoch die Stadt belebter zu machen. Die Todtenstille wird nur von dem in falschen Tönen spielenden Glockenspiel von Viertelstunde zu Viertelstunde unterbrochen. Glückseliges, ver schlafenes Brügge! »Der Herr giebt’s den Seinen im Schlaf« ist an dir zur Wahrheit geworden. Um so erstaunter war ich, zu hören, dass äusser der melancholischen Beschäftigung des »Spitzenklöppelns« noch eine andere Industrie von den Bürgern gepflegt wird, und zwar mit solchem Geschick, dass Brügge mit Deutschland und England auf dem Weltmarkt in Wettbewerb zu treten vermag. Die Buch druckkunst und die Lithographie werden in Brügge gar eifrig, wenn auch in einseitiger Richtung betrieben. Neben den vielen kleineren Druckereien, in denen moderner Accidenzdruck und im Geschmack des Mittelalters gehaltene Druckarbeiten hergestellt werden, bestehen zwei grössere Druckereien, die die Beachtung des Fachmanns verdienen. Beide arbeiten für den englischen, amerikanischen und zum Theil auch für den deutschen Markt. Die grösste Buchdruckerei, verbunden mit lithographischer Anstalt, ist ohne Zweifel die »Societe de Saint Augustin« in der Rue du Sablon. Sie beschäftigt etwa 300 Arbeiter. Hauptsächlich wird der Buchdruck ausgeübt, und meistens werden Werke katholischen Geistes in französischer, vlämischer, englischer und lateinischer Sprache gedruckt. Die chromotithographisch her gestellten Heiligenbilder in allen Formaten und in allen mög lichen und unmöglichen Farben zeigen bei sorgfältigem Druck wenig Originalität in dem Entwurf und der Zeichnung. Das zweite Haus, das ähnliche Bilder und Bücher liefert, ist die Ver lagshandlung und Buchdruckerei von Van de Vyvere Petyt, 102 Rue des Pierres. Verschiedene Druckproben des Hauses, die ich gesehen, erweckten in mir den Wunsch, die Offizin zu be sichtigen und, falls es der Mühe werth, darüber zu berichten. Herr van de Vyvere war auch gleich bereit, meiner Bitte zu willfahren. Mit der grössten Liebenswürdigkeit führte er mich durch die hellen geräumigen Werkstätten, in denen etwa 50 zu frieden aussehende Setzer, Drucker und Arbeiter behaglich ihrer Beschäftigung nachgingen. Von der Eile, der nervenerregenden Thätigkeit, die in Londoner Druckereien herrscht, war wenig zu spüren, alle arbeiteten fleissig und mit Ruhe, auch keine der neusten rastlos arbeitenden grossen Maschinen waren zu sehen. Die mit der Hand bewegten Maschinen waren jedoch neuster und bester Bauart. Sondererzeugniss des Hauses sind in Chromolithographie hergestellte Heiligenbilder, Diplome usw. in gothischem Stil. Diese Bilder sind unter dem Namen »Imagerie de Bruges« in der ganzen katholischen Welt wohl bekannt. Leider wird auf Originalität wenig Werth gelegt. Es ist der Ehrgeiz des Hauses, getreue Nachahmungen der hand gemalten Seiten alter Missale und Gebetbücher durch die Litho graphie herzustellen. Manche der besseren sind in 14 bis 20 Farben von ebenso vielen Steinen gedruckt. Herr van de Vyvere schien mir nicht recht zu glauben, als ich ihm mittheilte, dass man in Mainz Aluminium-Platten für den lithographischen Druck benutzt hätte. Die billigeren Bilder sind in zwei bis vier Farben aus geführt. Allen ist ein künstlerischer Geschmack nicht abzu sprechen. Ich sende der Redaktion einige Muster zur Besichti gung ein. Dieselbe wird mir bestätigen, dass die Zeichnung sorg fältig und die Farbengebung überall rein und sauber ist. (Wird bestätigt. D. Red.) Äusser diesen hauptsächlich für katholische Klöster, Pfarr häuser bestimmten Heiligenbildern und Diplomen, die in grossen Massen nach England, Amerika usw. ausgeführt werden, beschäftigt sich das Haus mit dem Buchdruck. Verschiedene sauber gedruckte englische Zeitschriften und Bücher wurden mir vorgelegt. Die Druckkosten betragen nicht ganz die Hälfte der in London ge zahlten Preise, und ich musste mir sagen, dass die Klagen der englischen Buchdrucker über den ausländischen Wettbewerb nicht ganz ungerechtfertigt sind. Auf mein Befragen theilte mir Herr van de Vyvere mit, dass ein grosser Theil der gut geschnittenen Buchstaben aus Deutschland stammen, während die vielen im gothischen Geschmack gehaltenen Initialen in Belgien gefertigt seien. Sonderbar berührte es mich, dass Herr van de Vyvere sich über den » Act« beklagte. Dies ist der einzige Schutz, den das englische Druckgewerbe gegen den ausländischen Wettbewerb hat, und die gestellten Bedingungen sind leicht zu erfüllen. Nebenbei bemerkt ist der Merchandise Act eine vorzüg liche Reklame für die ausländische Industrie. Die von den Ver einigten Staaten, Deutschland und Frankreich erhobenen Zölle werden von den Brügger Druckherren als grosse Ungerechtigkeit empfunden. Unter den jetzigen Konjunkturen werden sich die Staaten schwerlich zu einer Freihandels-Politik entschliessen. Bei der Herstellung der Illustrationen werden die neuen photomechanischen Verfahren von dem Hause mit Erfolg ange wandt. Wiewohl die Proben an Schönheit den deutschen, englischen und amerikanischen Erzeugnissen nachstehen.