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Mr. 79. PAPIER-ZEITUNG. 2915 Mit der Leimung haben die schweizerischen Papierfabriken keine Schwierigkeiten, da jede Fabrik ein für ihre Verhältnisse passendes Verfahren herausgefunden zu haben scheint. Wohl am häufigsten wird das Harz mit 11 bis 12 pCt. Ammoniaksoda von 98 pCt. Gehalt gekocht, wobei mehrere Fabrikanten die Erfahrung gemacht haben, dass es wesentlich ist, nicht zu lange, d. h. nur etwa zwei, höchstens drei Stunden zu kochen. In einer Fabrik wird der Leim von der Lauge durch Aussalzen abgeschieden. Alle grösseren Fabriken, die ich besuchte, benutzen neben Harzleim auch das in Deutschland weniger bekannte Ammonium-Albumin des ver storbenen Dr. Muth, das von M. Zillibiller in Aschau hergestellt wird. Es muss besondere Vorzüge haben, sonst würden es die schweizerischen Fabrikanten, die vortrefflich zu rechnen verstehen, nicht verwenden. Hervorgehoben wurde die Eigenschaft des Albumins, das lästige Stäuben von Druckpapier zu verhindern, welches namentlich bei Verwendung von zu fein gemahlenem Holz schliff oft zu Klagen Veranlassung giebt. Schon wenn 1/9 pCt. Harz durch Albumin ersetzt wird, soll in vielen Fällen dem Uebel abgeholfen sein. Die Menge schwefelsaure Thonerde, welche zugesetzt werden muss, bleibt die gleiche wie bei reiner Harz leimung. Ein Fabrikant, welcher geglättete farbige Papiere her- stellt, will auch entdeckt haben, dass durch Albumin die Farben gehoben werden, und fügt, wenn er schöne Töne erhalten will, dem Stoff 2/3 pCt. Albumin im Holländer zu, ganz unabhängig von der Leimung. Ein Zeichenpapier, dessen Leimfestigkeit auch an den radirten Stellen gerühmt wurde, war ganz mit Albumin geleimt. In einer Fabrik, in welcher die Leimlösungen in ein höher gelegenes Stockwerk zu befördern sind, kam der Leiter vor Jahren auf die originelle Idee, anstatt der Pumpe, die ihm viel Verdruss verursachte, eine gewöhnliche Bierpression einzusetzen. Seither hat er nicht die geringste Schwvierigkeit mehr, da die Pression heute noch ebensogut arbeitet wie am ersten Tag. In mehreren Fabriken fiel mir die ausnehmend schöne Farbe des selbst hergestellten Tannenschliffes auf. Das Aufbewahren von grösseren Vorräthen bis zu etwa einem Jahre verur sacht keine Schwierigkeiten; in einer Fabrik wird der feuchte Schliff einfach in grossen Abtropfkästen liegen gelassen und der Abzugskanal unten verschlossen, um die Luft abzuhalten, während in einer anderen der Schliff in fast luftdicht verschlossenen Räumen mit Bretterwänden aufgespeichert wird. Die obersten Schichten werden mit der Zeit gelb, lassen sich aber noch sehr gut zu nicht weissen Papieren verwenden. Ueber einstimmend wurde mir von verschiedenen Fabrikanten mitgetheilt, dass man zwar die Abschlüsse für Rothtanne (Fichte) mache, aber immer etwa einen Dritttheil Weisstanne mit in den Kauf nehmen müsse. Wo man Sulfitstoff-Anlagen hat, wird das Weisstannenholz aussortirt und gesondert zu Zellstoff ver arbeitet,. da man daraus zwar dunkler gefärbten, aber ebenso zähen Zellstoff wie aus Rothtanne erhält, während der Schliff aus Weisstanne splittrig ist und sich nur durch starkes Raffiniren verwendbar machen lässt. Da ein grosser Theil des Holzes in geschältem Zustand abgeliefert wird, in welchem sich die beiden Tannenarten schwer unterscheiden lassen, ver ursacht die Beimischung von Weisstannenholz oft Verdruss, da sich im gekochten Stoff die röthliche Farbe empfindlich be merkbar macht. Soweit ich beobachten konnte, lässt sich das geschälte Rothtannenholz an dem etwas dunkleren Kern erkennen, wobei es jedoch langer Erfahrung bedarf, um sich nicht häufig zu Räuschen. Die Schälspäne usw. werden zum Theil ebenfalls zu Sulfitstoff verarbeitet, der zu kräftigen Packpapieren Verwendung findet. Trotz der vielen prächtigen Tannenwälder nahe bei den Fabriken muss selbst in der inneren Schweiz noch Holz aus Baden bezogen werden, um die Preise nicht in die Höhe zu treiben. Man rechnet in der Innenschweiz meistens etwa 11 M. das Raummeter frei Fabrik, an der badischen Grenze 9 bis 10 M. Ueber die Arbeiter sprachen sich die Fabrikleiter befriedigt aus; die Löhne sind ungefähr die gleichen wie am Rhein. Ueberall wurde ich mit grösster Liebenswürdigkeit empfangen und mir der ganze Fabrikationsgang bereitwilligst gezeigt. Leider war jedoch meine Zeit sehr knapp bemessen, was auch allein die Ursache ist, weshalb ich nur die nachstehend beschriebenen Fabriken besuchte. Ich brauche kaum hinzuzufügen, dass ich nur Mittheilungen bringe, deren Veröffentlichung mir gestattet worden ist, als freundlicher Gruss der Schweizer an die Fach genossen im Auslande, die es interessiren wird zu hören, was ihre Kollegen in dem herrlichen Ländchen treiben. Fortsetzung folgt. Undichte Dampfkessel. Wir entnehmen einem Bericht von Oberingenieur Strupler des Schweizerischen Vereins von Dampfkesselbesitzern über die bei Flammrohrkesseln mit Innenfeuerung häufig vorkommenden Un dichtigkeiten an den Quernähten unten am Mantel folgende Stellen: Gewöhnlich tritt diese Erscheinung im ersten oder zweiten Betriebs jahre auf, und meistens kann durch ein- oder mehrmaliges sorgfältiges Verstemmen für längere Zeit oder auch für immer geholfen werden; seltener melden die jährlichen Berichte beständige Fortdauer dieses Uebelstandes. Wenn wir nun nachsehen, was sich an den Kesseln gegenüber damals, als wir von diesen Fehlern noch nicht viel wussten, geändert hat, so finden wir, dass fortwährend Kessel mit grösserer Heizfläche und höherem Arbeitsdruck gebaut wurden. Behufs Ver mehrung der Heizfläche mussten Länge und Durchmesser, und um bei letzterem Maass die gleiche Sicherheit zu haben, abgesehen von grösserer Festigkeit der Nietnähte auch die Blechstärken grösser genommen werden. Um nun zu sehen, welchen Einfluss diese Faktoren, nämlich Länge und Blechstärke, auf das Erscheinen genannter Fehler haben möchten, stellten wir die in den zehn Jahren — vom 1. August 1884 bis 31. Juli 1893 — in Betrieb gesetzten und schon einmal von uns innerlich revidirten Kessel der verschiedensten Herkunft zusammen und zogen aus, wieviel von denselben ein oder mehrere Male solche Undich tigkeiten aufgewiesen haben. Aus diesen Tabellen scheint hervorzugehen, dass das Auftreten von Undichtigkeiten zugenommen hat mit der Länge und der Blech stärke. Die Schlussfolgerung könnte also lauten: Man sollte Kessel dieser Systeme über eine gewisse Länge und über, gewisse Blechdicken nicht mehr herstellen. Da wir jedoch Kessel mit ein und zwei Flamm rohren vorläufig wenigstens für unsere Verhältnisse und bei unseren Kohlenpreisen noch nicht entbehren können, ebenso aber auch grosse und kräftige Kessel, nämlich bis 100 m2 Heizfläche und 10 Atm. Arbeitsdruck, haben müssen und einstweilen ganz und gar abgeneigt sind, uns den Wasserröhrenkesseln ohne weiteres in die Arme zu werfen, deren Betriebssicherheit sich nachgerade garnicht als so unzweifelhaft herausstellt, wie gewöhnlich die Prospekte besagen, so dürfen wir obigen Schluss nicht ziehen, sondern müssen anders folgern und zwar so: Da genannte Kessel umso leichter undicht werden, je dicker die Bleche und je länger sie sind, so müssen sie auch umso sorgfältiger behandelt werden, und zwar haben wir da speziell die Behandlung bei der erstmaligen und den wiederkehrenden Inbetrieb setzungen nach stattgehabter Kesselreinigung sowie nach längeren Still standspausen im Auge. Wir haben in dieser Angelegenheit auch einige unserer Herren Kollegen zu Rathe gezogen und in dankenswerthester Weise deren Ansichten mitgetheilt bekommen. Wie ein rother Faden geht es durch alle Antworten durch und ist, wie schon bemerkt, auch unsere Ansicht, dass solche Kessel äusserst sorgfältig, namentlich beim erstmaligen Anheizen, oder nach längerem Stillstand, oder nach der Kesselreinigung behandelt werden müssen, da beim gewöhnlichen Anheizen eines mit kaltem Wasser gefüllten Kessels die zuerst geheizten Feuerrohren sich in ganz erheblich stärkerem Maasse auszudehnen suchen als der viel schlechter geheizte Mantel,, d. h. dass durch Vermittelung der relativ steifen Böden auf letztere eine aussergewöhnliche Zugspannung über tragen wird, welche an den Querverbindungen reissen und zerren, bis dieselben undicht werden. Beim Anheizen eines Flammrohrkessels hat man oben schon Dampf, während er unten noch ganz kalt anzufühlen ist; aus diesen Temperaturunterschieden allein schon können die besprochenen Fehler herrühren. Wir halten es daher, um solchen aus zuweichen, für unbedingt nothwendig, den Kessel entweder unten vorzu heizen bis das Wasser heiss ist, oder letzteres durch einen Nachbarkessel mit Dampf auf eine hohe Temperatur zu bringen, oder den Kessel über haupt nicht mit kaltem, sondern mit heissem Wasser anzufüllen. Dies mag für manchen Kesselbesitzer etwas zu viel verlangt oder zu umständlich sein; wir glauben aber doch, dass der Erfolg sicher ist und die daran gewendete Mühe lohnt, namentlich mit Rücksicht darauf, dass nicht immer mit Nachstemmen geholfen werden kann und die Undichtigkeiten früher oder später Abrostungen zur Folge haben, welche, weil sie in der Nähe der schwachen Stellen liegen, yerhältnissmässig wichtiger sind als im vollen Blech und damit den Werth des Kessels bedeutend zu vermindern vermögen. Geht die erwähnte Art der Erwärmung des Kesselwassers durchaus nicht an, so sollte doch in jedem Falle auf äusserst langsames Anfeuern gehalten werden, und es nicht vorkommen, wie es leider so oft der Fall ist, dass der Kessel bis Sonnabend Abend im Dienst gelassen, am Sonntag Morgen entleert und abgekühlt, bis Nachmittag gereinigt und dann sofort wieder angeheizt und noch am gleichen Abend unter Dampf gestellt wird, damit am Montag zu gewöhnlicher Zeit wieder angelassen werden kann. Ein Kessel von den Grössenverhältnissen, wie wir sie nun nachgerade haben, hält dies, auch wenn er noch so gut konstruirt und erstellt ist, ohne sichtbaren Nachtheil für die Dauer nicht aus. Im Verhältniss zur Grösse und Bedeutung des Kessels muss an sehr vielen Orten entschieden mehr Zeit für In- und Ausserbetrieb- Stellung verwendet werden.