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2860 PAPIER-ZEITUNG. Nr. 74. Reaktion tritt schon deutlich auf mit 1 bis 2 prozentiger Lösung. Die Baldriansäure (oder deren Hydrat)pst in allen Verhältnissen in Weingeist und Aether löslich, und diese Lösungen erzeugen auf Papier zunächst einen Fettfleck. Sie bildet aber auch in Wasser leicht lösliche Salze. Näheres über sie findet man in jedem einschlägigen chemischen Werke. j B Hö]Mi Würzburg. Industrie-Ausstellung in Lübeck. Reisebericht von Carl Hofmann. In Lübeck besuchte ich gegen Ende August die Deutsch- Nordische Handels- und Industrie-Ausstellung und will die Ein drücke mittheilen, welche eine flüchtige Besichtigung ergab. Der Katalog oder Führer - durch die Ausstellung ist ein un beholfenes dickes, mit einem Anhang von Anzeigenseiten be schwertes Buch, welches in keiner Tasche Platz hat. Da mir ausserdem von Ausstellern versichert wurde, dass er keineswegs genau und richtig sei, so verzichtete ich darauf, mich damit zu belasten. Ich kann deshalb nachstehend nur diejenigen Firmen erwähnen, deren Ausstellung mir in die Augen fiel, und bitte Auslassungen zu entschuldigen. Ich möchte jedoch die Gelegenheit benutzen, um wiederholt darauf hinzuweisen, wie. unzweckmässig Ausstellungs-Kataloge hergestellt werden. Anstatt dafür zu sorgen, dass die Besucher ein Buch erhalten, mit dessen Hilfe sie sich rasch zurecht finden, und welches sie mühelos mit sich führen können, wird die Heraus gabe dem am meisten zahlenden Unternehmer überlassen. Dieser ist natürlich darauf bedacht, recht viele Seiten mit Anzeigen zu füllen, um dadurch wieder auf die Kosten zu kommen, während Uebersichtlichkeit, Ausstattung usw. häufig viel zu wünschen übrig lassen. Das Format muss vielfach wegen der Anzeigen grösser als erwünscht werden, und jedenfalls wird das Gewicht ■ durch letztere bedeutend erhöht. Wegen all dieser Mängel bleibt der Verkauf gewöhnlich in engen Grenzen. Die Aussteller haben jedoch ein grosses Interesse daran, dass der Führer zweck mässig hergestellt und billig verkauft wird, da ihnen dessen Ver breitung häufig mehr und dauernderen Nutzen bringt, als die Aus stellung selbst. Sie sollten deshalb auf dessen Herstellung und Verkauf Einfluss üben und verlangen, dass er nicht lediglich zur Vermehrung der Einnahmen benutzt wird. Die Unternehmer würden durch zweckmässige Herstellung des Führers und billigen Verkauf desselben sowohl den Ausstellern wie den Besuchern einen grossen Dienst leisten und immer noch Geld verdienen. Ein besonderes Heft mit Anzeigen und wissenswerthen Mittheilungen, welches den Führer nicht belastet und in Seitentaschen Platz hat, könnte kostenfrei zugegeben werden. Der Ausstellungsplatz von 140000 qm Grösse ist günstig ge wählt, unmittelbar gegenüber der Stadt an der breiten Wasser fläche der Wakenitz und so hoch, dass man Lübeck theilweise überschaut. Eine quer durch die Stadt gelegte elektrische Bahn vermittelt den Verkehr bis zur Wakenitz-Brücke, soll aber nach Schluss der Ausstellung wieder beseitigt werden. Ob dies ge- schieht, weil der Verkehr die Bahn nach Schluss der Ausstellung nicht mehr ernähren würde, oder ob Sie die sehr engen Strassen allzu sehr belastet, wurde mir nicht mitgetheilt. In der grossen Haupthalle von 10515 qm Fläche stösst man gleich am Eingang auf Fabrikate unseres Faches. Dort befindet sich nämlich die finnische Abtheilung und in dieser ein frei stehender Aufbau der Finska Träsliperi Föreningen (finnische Schleiferei-Vereinigung) in Wiborg. Dieselbe zeigt in geschmack voll angeordneter Weise rohes Fichtenholz in Stämmen und in allen Stufen der Verarbeitung zu Holzschliff und Holzpappen. Die zu Jedermanns Verfügung stehende Geschäftskarte führt vier verschiedene Vertreter in Deutschland auf, lässt also schliessen, dass der Absatz hierher nicht unbedeutend ist. In derselben Ab theilung haben auch die Tammerfors Tapeten Aktiebolag und die Sandudd Tapetfabrik Aktiebolag in Helsingfors Proben ihrer Fabrikate vorgeführt. In der schwedischen Abtheilung steht ein Glaskasten mit Kunst werken der Buchbinder-Firma F. Beck und Son in Stockholm. Als der Aufseher bemerkte, dass ich mich für diese Sachen interessirte, gab er mir eine schwedische Druckschrift, welche auch 28 Blatt mit Abbildungen von Lederschnitt- und anderen Einbänden ent hält. (Wir bedauern, den schwedischen Text nicht lesen zu können, behalten uns aber vor, von den Abbildungen noch Gebrauch zumachen. — Die Red.). Die vorgeführten Leistungen lassen erkennen, dass die Firma bemüht ist, den von ihrem 1888 verstorbenen Gründer F. Beck erworbenen Ruf aufrecht zu erhalten. Die grosse Haupthalle enthält äusser Zimmer-Einrichtungen und Fuhrwerken hauptsächlich Nähr- und Genussmittel, d. h. schöne Vorführungen von Konserven, allen möglichen Spirituosen Liqueuren, Chokoladen, Kakao, Malzkaffee, Marzipan usw. Diesen schliessen sich Wasmuth’s Hühneraugenringe u. drgl. an, die hier wie in den Zeitungen durch geschickte Reklame glänzen. In der zweiten Haupthalle ist die Papier verarbeitende Industrie sehr reichhaltig vertreten. Dort befinden sich hübsche von Hand gearbeitete Bucheinbände der Firma Johannes Kerz in Lübeck, Ausstellungen der Geschäftsbücherfabriken von Edler & Krische, sowie der Hannover'schen Geschäftsbücherfabrik W. Olde- meyer Nachfolger in Hannover, Fr. Wilh. Ruhfus in Dortmund. Bleistifte sind in freistehenden und Wandschränken von den Finnen A. W. Faber in Stein, Johann Faber in Nürnberg, J. W. Gutt knecht in Stein bei Nürnberg, Tinten von Wilh. Bruns in Halber stadt und Reinhold Tetzer in Berlin vorgeführt. Th. Pinger in Niederschönhausen bei Berlin stellt 3 Bildrahmen mit photographischen Bedarfsartikeln aus; Ferdinand Macco in Aachen Papierhülsen aller Art, auch in ihrer Anwendung auf eisernen Spindeln. In derselben Halle finden sich Erzeug nisse der Dresdner Tapetenfabrik Schubert & Schmiedel in Dresden- Pieschen, sowie der Hermbergschen Plakat- und Etikettenfabrik, Lübeck. Paul Naegele, Berlin, zeigt Artikel zum Zeichnen und Malen, besonders Pantographen und Farben zur Bronze-Malerei, C. F. Fay in Frankfurt a. M. technische Papiere aller Art, Max Heyne in Magdeburg Kreide und Farbstifte, Karl Friedrichsen & Co. in Eutin Düten. Georg Büxenstein & Co. in Berlin bringt in grossem Rahmen Autotypien, Farbendrucke usw. Genzsch & Heyse in Hamburg, sowie Genzsch in München führen Schriften für feinere Buchausstattung vor. Die Maschinenfabrik, Karl Kempe in Nürnberg ist durch die Autographie- und Buchdruck-Abzieh presse »Export« vertreten. Graht & Kaspar in Hamburg zeigen hübsche Erzeugnisse ihrer Steindruckerei. A. Numrich & Co. in Leipzig hat Messinglinien und Schriften vorgeführt, Sachs & Co. in Mannheim Holztypen. S. Friedlaender, Kopenhagen, stellt einen Kasten mit Chromobildern und -Karten aus, unter denen sich viele originelle Zeichnungen nordischen Charakters befinden. Hier finden sich auch Fabrikate von Rohpapierfabriken z. B. Nordische Cellulose von Forsbacka vertreten durch G. E. Mars mann in Hamburg. Pressspäne von Eduard Halbleib in Eckartz bei Brückenau in Baiern, farbige Seidenpapiere, Klosetpapiere, Shannon-Kopirpapiere von E. Mahn in Klingenberg-Colmnitz i. Sachsen. Sieler & Vogler in Hamburg zeigen in einem Glas kasten alle zur Papierfabrikation benutzten Rohstoffe hübsch ge ordnet und darüber ein Bild der Papierfabrik Gölzern, sowie der verschiedenen Geschäftshäuser der Firma in Leipzig, Berlin, Hamburg usw. Als der beste Theil der ganzen Industrie-Ausstellung wird allgemein die Maschinenhalle bezeichnet, wo viele Maschinen im Betrieb sind. Dieselbe hat 5700 qm Flächeninhalt und ist gut gefüllt. Dort finden sich die Faden- und Drahtheftmaschinen von Gebrüder Brehmer in Leipzig, eine ganze Sammlung der bekannten Papierverarbeitungsmaschinen von Karl Krause in Leipzig, sowie auch einige Maschinen von Dietz & Listing in Leipzig, Schnell pressen von Andreas Hamm in Frankenthal, von Klein, Forst & Bohn Nachfolger in Johannisberg, Schnellpressenfabrik Franken thal, Rockstroh & Schneider, Dresden, Molitor & Co., Heidelberg. Scheiter & Giesecke, Leipzig, führen neben ihren Schriften eine Tiegeldruckpresse vor. Neben dieser gewerblichen Ausstellung stehen eine besondere Marine-Ausstellung und eine Reihe von Gebäuden, in denen dem Publikum Konzerte und Genüsse aller Art geboten werden, darunter ein Spezialitäten-Theater und eine Kolonial-Ausstellung mit Panorama des Kilima Ndscharo. Die Unternehmer der Ausstellung bieten somit sehr viel, und dass der Besuch dennoch ihren Erwartungen nicht entspricht, muss der Lage Lübecks und dessen verhältnissmässig geringer Be völkerung zugeschrieben werden. Ausstellungen dieser Art machen sich am besten bezahlt in Orten, die schon selbst die nöthige Besucher zahl liefern und ausserdem Verkehrsmittelpunkte für grosse Volks massen bilden, wie z. B. London, Paris, Berlin. Während die ersten Weltausstellungen noch ideale Zwecke, wie Hebung der Industrie, Förderung des Güteraustausches usw., verfolgten, kann man von den jetzigen sagen, dass sie hauptsächlich zum Nutzen der Stadt oder des Landestheiles veranstaltet werden, worin dieselben stattfinden. Die Hauptmasse der Besucher betrachtet dieselbe mehr als Vergnügungslokal, wo ausserdem interessante und nütz liche Dinge zu sehen sind. Es erscheint mir deshalb auch nicht sehr tadelnswerth, dass die ausgestellten Waaren an Ort und Stelle verkauft werden dürfen und die Ausstellung dadurch einen jahrmarktähnlichen Charakter erhält.