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dem Arbeitgeber schon im Interesse des Arbeitnehmers keine grösseren Lasten aufbürden, als er tragen kann. Die richtige Grenze zu finden, das eben ist die Schwierigkeit. Dass auch in den Arbeiterkreisen das Verständniss für die Schwierigkeiten, mit welchen heutzutage der Fabrikbetrieb zu kämpfen hat, nicht fehlt, zeigt die Mittheilung »Aus England« auf S. 1641, wonach die Vereinigung der englischen Papierfabrikarbeiter bei der Re gierung eine Eingabe zu Gunsten der Fabrikanten gemacht hat. Wir zweifeln übrigens nicht, dass, wie andere Missstände, so auch der Staub in Fabriken nach und nach verschwinden wird, sei es durch geeignete Vorrichtungen bei Neu-Anlagen, sei es durch veränderte Arbeitsweise. Jedenfalls sollte man der Industrie keine neuen Opfer zumuthen, ehe sie Zeit gefunden hat, sich mit den ihr bereits aufgebürdeten Lasten zurechtzufinden. Nothlage der Pappenfabrikation. ... 26. Juni 1895. In der Papier-Zeitung glaube ich vor einiger Zeit gelesen zu haben, dass, wenn ich mich recht erinnere, vom Verbände der Sächsischen Holz schleifer Schritte gethan werden sollten zur Aufbesserung der Preise in braunen und grauen Pappen, vielleicht durch Bildung eines Ringes unter den Fabrikanten. (Nr. 14, S. 402. — D. Red.) Leider habe ich nichts wieder davon gehört, es dürfte gewiss viele Pappenfabrikanten interessiren, etwas Näheres darüber zu erfahren. Pappenfabrikant. Soda in England. Neustadt, Wpr., 26. Juni 1895. In Nr. 48 heisst es am Schlüsse des Berichtes über Soda in England, dass in manchen Fabriken die mit grossen Kosten errichteten Anlagen zur Wiedergewinnung der Soda äusser Betrieb gesetzt sind, und dass eine Fabrik bei der Wiedergewinnung 1000 Lstr. jährlich zusetzen soll. Das muss ja eine nette Wiedergewinnungsanlage sein; denn bei ein facher, praktischer Einrichtung muss die Wiedergewinnung immer noch rentiren, selbst wenn der Preis der Soda auf 6 M. die 100 kg sinken sollte. Allerdings darf dann die Wiedergewinnung nicht etwa bloss 50 pCt. be tragen und die Lauge nicht derart schwach in den Ofen kommen, dass es sich kaum ihres Eindampfens lohnt; dies gilt schon für Fabriken, die immer noch nach dem reinen Natronverfahren arbeiten. Weit günstiger stellt sich aber die Sache für das Sulfatverfahren, welches sich ohne Wiedergewinnung ja überhaupt nicht durchführen lässt, denn erst bei der Wiedergewinnung erfährt das Sulfat nach und nach die Umwandlungen, die das Sulfatverfahren so werthvoll einer- und billig andrerseits machen. Es wäre wirklich höchst interessant, wenn man Näheres über jene Anlage erfahren könnte, bei der jährlich 1000 Lstr. durch die Wieder gewinnung verloren gehen. Wie gross muss deren Produktion sein, wieviel Prozente werden wiedergewonnen, was kosten 100 kg Soda — gegebenenfalls Sulfat — und was erfordern 100 kg wiedergewonnene Soda an Kohlen und Löhnen, sowie Reparaturen, Verzinsung, Abschreibung usw. der Wieder gewinnungsanlagen? mit wieviel Graden Baume kommt die Lauge zur Verdampfung? dann ist die Rechnung ja leicht zu machen. Ganz anders stellt sich die Sache, wenn man zum Sulfatverfahren übergeht und dieses richtig durchführt, nicht bloss, dass man dann die Soda durch das wesentlich billigere Sulfat ersetzt, sondern man spart dann noch wesentlich an gebranntem Kalk und an Chlorkalk, und bekommt mehr und festeren Stoff. Dazu ist aber vor allem nöthig, dass man das Sulfat verfahren richtig durchführt, wie ich schon sagte, und grade hierbei stösst man oft auf grosse Unannehmlichkeiten und Schwierigkeiten, welche Einem nicht bloss die Anwendung des Verfahrens ganz und gar verleiden, sondern auch den anfangs mit Recht erwarteten Vortheil in Nach theil verwandeln können. Aus diesen Gründen giebt es ja heute noch nicht wenige Fabriken, welche keine Wiedergewinnung haben und daher immer noch mit Soda kochen müssen; sie sind nicht in der Lage, das Sulfatverfahren anzuwenden. Auf der andern Seite ist wieder aus den so erhöhten Erzeugungskosten eine beträchtliche Zahl von Strohstofffabriken usw. gezwungen worden, den Betrieb nach dem Natron verfahren ohne Wieder gewinnung ganz einzustellen. Guter Strohstoff, nach dem Sulfatverfahren hergestellt, findet aber immer noch guten Absatz wegen seiner hohen Weisse und festen Faser, und kann in grossen Mengen selbst noch zu ganz feinen Papieren genommen werden, ohne diese etwa leicht brüchig zu machen. Th. Knösel. Strohquetscher. Nach dem französischen Patent vom 4. Februar 1895 führt Ch. Lacaux das Stroh auf einem endlosen Tuch zwei Presswalzen zu, die es zerquetschen und dann auf ein Fördertuch fallen lassen. Das gequetschte Stroh kann, nachdem es in üblicher Weise zer stampft oder zerkleinert worden ist, ohne weiteres zur Pappen fabrikation verwendet werden. Bei Stroh, aus welchem Papier hergestellt werden soll, wird durch den Strohquetscher die übliche Verarbeitung erleichtert. — Worin hier die »Erfindung« besteht, können wir freilich nicht sagen. D. Red. Ein neuer Rohstoff für die Papierindustrie. Von W. Herzberg-Charlottenburg. Es vergeht kaum ein Jahr, ohne dass wir von einem neuen Rohstoff für die Papier-Industrie hören; immer wieder werden Vorschläge gemacht, diese oder jene Pflanze zu Papier zu ver arbeiten; dass aber diese Vorschläge praktische Erfolge gezeitigt hätten, erfährt man nicht. Dass es eine Unzahl von Stoffen giebt, die man zu Papier verarbeiten kann, liegt auf der Hand; unter ihnen giebt es aber nur wenige, bei denen eine Verarbeitung praktisch lohnend ist. Neuerdings nun sind Versuche im Gange, bei uns einen neuen Papier-Rohstoff einzuführen, nämlich das italienische Pfahlrohr, Arundo donax, und zwar ist der Firma Hage mann, Dittier & Co. in Ludwigshafen a. Rhein ein Verfahren zur Nutzbarmachung dieser Pflanze für die Papier- und Textil industrie durch ein Patent geschützt worden. Historisches Interesse wird die Mittheilung bieten, dass Delapierre bereits im Anfang der 30 er Jahre unseres Jahrhunderts (Bulletin de la Socit d’encouragement. Dezember 1831) aus Arundo donax durch Einweichen in Kalkmilch (3 Wochen lang) und darauf folgendes 12 stündiges Kochen mit Lauge Papier herstellte. (Vergl. Dinglers Polyt. Journal 1832, Seite 69.) Arundo donax, das italienische Pfahlrohr, ist ein naher Ver wandter unseres gewöhnlichen Schilfrohrs (Phragmites communis); es ist namentlich in wärmeren Gegenden heimisch und wird erheb lich grösser und dicker als unser Schilf. Da es bis 4 m lang wird und an den stärksten Stellen des Stengels 20 bis 30 mm im Durchmesser zeigt, so hat es mit jungen Trieben des Bambus rohrs viel Aehnlichkeit; es wird auch vielfach statt Bambus zur Anfertigung von Stühlen, Tischen, Stöcken usw. angewendet. Die Aussenseite des Rohres ist gelb, hochglänzend und sehr hart. In ziemlich regelmässigen Abständen von etwa 30 cm zeigen sich knotenähnliche Bildungen, die ein dunkleres Aussehen haben. Bringt man auf den Querschnitt des Rohres eine salzsaure alkoholische Phloroglucinlösung, so färbt er sich stark karminroth, ein Beweis dafür, dass die Zellen stark verholzt sind. Um das Eindringen der Lauge zu erleichtern, wird das Rohr zunächst zerquetscht und dann in eine Aetznatronlösung von 4 bis 6° Bö gelegt; nachdem diese 4 bis 6 Tage eingewirkt hat, sind die Holzbestandtheile zum grössten Theil gelöst, während die übrigen Bestandtheile stark erweicht und aufgequollen er scheinen, so dass man sie ohne Mühe auf mechanischem Wege von den Fasern entfernen kann. Die so aufgeschlossene Faser wird nun durch Auswaschen von der Lauge befreit, durch Quetsch walzen geführt, gekollert oder gestampft. Die gequetschte Faser masse wird im Holländer gemahlen, wobei die nicht gelösten, schwammigen Inkrusten von der Faser entfernt werden und fast vollständig durch die Waschtrommel abfliessen. Der Stoff wird dann gebleicht, ausgewaschen und in üblicher Weise weiter ver arbeitet. Aber nicht nur für die Papier-Industrie, auch für die Textil industrie soll das italienische Pfahlrohr einen neuen Rohstoff ab geben. Während man jedoch bei Flachs, Hanf, Jute, kurz über haupt bei allen Dikotyledonen den Bast von den Holztheilen ver- hältnissmässig leicht trennen kann, ist dies bei den Monokotyledonen, zu denen Arundo donax gehört, nicht möglich. Man erhält immer ganze Gefässbündel, und da diese im Grundgewebe vertheilt liegen, mit ihnen Ring-, Spiral-, Netzgefässe usw.; man muss daher in anderer Weise verfahren. Das Rohr wird in lange Streifen ge spalten, am besten durch mässiges Walzen, dann mit Aetzkali- lauge ausgelaugt und ausgewaschen. Zur Trennung der einzelnen Fasern wird das Material mit der Hand oder mit Maschinen auf hölzerner Unterlage geklopft und dann durch Hecheln, Klopfen, Schwingen usw. ähnlich wie Hanf in Gespinstfaser über geführt. Will man eine recht zarte Faser erzielen, so empfiehlt es sich, das aus der Lauge genommene und geklopfte Fasermaterial in ähnlicher Weise wie es bei Flachs und Hanf geschieht zu rotten. Es gelten hierbei für die Dauer der Rotte dieselben Be dingungen wie für jene Faserstoffe. Der für die Herstellung von Gespinstfaser nicht geeignete Abfall des Pfahlrohrs wird vortheilhaft in oben angegebener Weise zu Papierstoff ver arbeitet. Die präparirte Faser bildet Büschel von Fasersträngen, die eine grünlichgelbe, matte Farbe besitzen und eine Länge bis etwa 35 cm haben, also sehr kurz sind. Schon bei schwacher Ver grösserung erweisen sie sich als mit Parenchym und Resten des Grundgewebes durchsetzt. Bei der Behandlung mit salzsaurer alkoho lischer Phloroglucinlösung zeigen sie sich noch stark verholzt. Dadie Faser wie erwähnt kurz ist, keinen Glanz besitzt und sich nicht in