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Pappen-Fabrikation. 24. März 1895. Der Nothschrei eines Pappen-Fabrikanten in Nr. 15 giebt eine Schilderung der ungünstigen Lage der Pappenfabriken, die ich aber noch eingehender beleuchten möchte. Im allgemeinen sind die Preise noch lange nicht so herunter für ordinäre Pappen wie für ordinäre Papiere, obwohl die Fabrikation von Pappen verhältnissmässig leichter und dem Gewicht nach ausgiebiger ist, als diejenige von Papier. Betrachten wir die Leistungsfähigkeit der meisten Pappenfabriken, so kommen wir zu ganz unnormalen Resultaten. Die meisten der älteren Pappenfabriken liegen weit ab von allem Verkehr, ohne Bahn verbindung, haben demnach schon viele Transportkosten sowohl auf die Rohstoffe wie die fertige Waare, abgesehen von dem Zeitverlust, der beim Versandt der Waare entsteht. Es lasten demnach auf einem solchen kleinen Betriebe mit geringer Erzeugung unverhältnissmässig hohe Unkosten, sodass es eigentlich leicht begreiflich ist, wenn der selbe nicht viel abwirft. Wenn auch die abgelegenen kleineren Pappen fabriken oft eine Wasserkraft haben, so ist dieselbe in den meisten Fällen nicht bedeutend, im Winter durch Eisgang gehindert, im Sommer wegen Wassermangels nicht ausgiebig. Von Trockeneinrichtungen für die Fabrikation im Winter sind meistens nur so primitive Vorrich tungen vorhanden, dass bei der Arbeit mit alten Nassmaschinen in einem strengen Winter beinahe nichts erzeugt werden kann. Die Pappen aber, welche wegen dieser mangelhaften Einrichtungen im Winter an gefertigt werden und oft einfrieren, werden zuletzt forcirt getrocknet, sind meistens brüchig und lassen sich nicht gut von Buchbindern und Kartonnage-Fabriken verwenden. Hierzu kommt noch die alterthüm- liche, unpraktische maschinelle Einrichtung solch kleiner Fabriken, und besonders die unpraktische Arbeitsbreite der alten Nassmaschinen. Auf der einen Maschine kann man kein Format 75X100 cm machen, auf der andern kein 80X105 und nicht einmal 70X100 cm. Dies sind üebelstände, die von den Abnehmern sehr oft empfunden werden und ihnen nur zu bald den Bezug von so mangelhaft eingerichteten Fabriken verleiden. Diese Uebelstände wären aber noch lange nicht das Schlimmste, der grösste Fehler ist, dass derartig kleine Betriebe nicht kaufmännisch geleitet werden. Wer hat nicht schon acht Tage vergebens auf eine bestimmte Antwort seines Pappen-Fabrikanten gewartet?! Endlich trifft solche ein, ist aber ganz unklar und lässt schliessen, dass wohl in einiger Zeit geliefert werden kann, aber man kann absolut daraus nicht ergründen, wann dieses Ereigniss eintreten wird. Die Hauptfrage, ob dieses oder jenes Format überhaupt geliefert werden kann, hat der Pappenfabrikant vollständig äusser Acht gelassen, sodass man das Korrespondiren zum Leidwesen des Abnehmers noch einmal von vorn anfangen muss. Bestellt man gar eine Ladung von 5000 kg, so kann man 2 bis 3 Monate auf deren Ablieferung warten und ver feindet sich durch die langsame Lieferung mit der ganzen Kundschaft. Es werden heutzutage so viele unnöthige Papierfabriken gegründet, welche ihr Papier nicht loswerden können und dasselbe fast ver schenken müssen, warum legt man nicht grosse Pappenfabriken an, die doch gewiss leicht Absatz für ihre Waare hätten? Eine in der Mitte von Süddeutschland gelegene Pappenfabrik, welche mit guten Langsiebmaschinen versehen wäre, alle Formate liefern könnte, mit guten Bekleb-, Glätt- und Schneidemaschine ausgerüstet wäre und vor allem grosse und kleine Mengen stets prompt liefern könnte, müsste bei einigermaassen richtiger kaufmännischer Leitung lohnenden Absatz erzielen. Prompte Lieferung ist heutzutage vor allem nothwendig, um die Kundschaft zu erhalten, ebenso aber auch prompte Erledigung von Anfragen oder Korrespondenzen. Nicht jeder Abnehmer hat Lust, acht Tage auf eine Antwort zu warten oder gar dreimal anzufragen, bis er überhaupt nur eine solche erhält. Die Ausrede, dass der Angefragte einige Tage auf Reisen war und deshalb nicht rechtzeitig antworten konnte, ist zwar sehr naiv, wird aber trotzdem noch viel angewendet, wenn auch selten geglaubt. Der kaufmännische Anstand erfordert, dass eine eilige Anfrage auch prompt beantwortet wird. Wem das Porto für einen Brief zu hoch ist, der nehme eine Postkarte und erspare dadurch noch Worte, Mühe und Postpapier. In weissen Holzpappen ist jetzt auch wieder mehr Nachfrage in Süd-Deutschland und von den wenig vorhandenen Fabriken nichts zu bekommen. Sächsische und norddeutsche Waare wird durch die hohe Fracht zu sehr vertheuert, und deren Transport nimmt zuviel Zeit in Anspruch. Im allgemeinen gehen die Pappenpreise etwas höher, und die Nachfrage ist sehr rege, sodass die Pappenfabriken guten Absatz zu erwarten haben. Dies ist ihnen umsomehr zu gönnen, als in dem kalten Winter wohl viele der kleineren vollständig stillgelegen haben mögen. Für guten Wasserstand, also Betriebskraft und Wasserfracht ist auch beste Aussicht vorhanden. r. Zellstoff-Thiocarbonat, über welches wir auf SS. 66 und 2518 des v. Jhrgs. ausführlich berichteten, soll jetzt als billiger und sehr haltbarer Anstrich verwendet werden. Zu diesem Zwecke wird ein Theil Thiocarbonat in 6 Theilen Wasser gelöst und eine beliebige Körperfarbe, wie Eisenoxyd, Mennige usw. nebst einem Trockenmittel zugefügt. Die Schreibpapiere des Kleinhandels. 28. März 1895. Wenn auch der Einsender des Artikels W. in Nr. 24 der Papier- Zeitung ungehalten über meinen Artikel in Nr. 23 ist, so sind wir doch nicht soweit von einander entfernt, als es den Anschein hat. Mein Artikel sollte nur den Kleinverkauf illustriren, wie er wirklich ist. Dagegen kann ich den Artikel C. N. in Nr. 25 unterschreiben, aber die darin angegebenen Verhältnisse im Kleinverkauf bilden eine rühmliche Ausnahme. Mit grossen Papier-Spezialgeschäften, wie z. B. Ferd. Flinsch, Sieler und Vogel oder C. N. in Leipzig in deren Detail- abtheilungen, kann nicht gerechnet werden, denn in Spezialgeschäften ist es leicht, das Publikum zu erziehen. In anderer Lage befinden sich aber die vielen Schreibwaaren-Handlungen und offenen Buchbinderei geschäfte, was wird nicht alles für den Schreibtisch geführt, und welchen hervorragenden Platz muss man nicht in Berlin für dieselben verwenden. Man braucht nur eine bessere Auslage zu betrachten, um zu erkennen, dass das Aktenpapier nicht für den Ertrag im Kleinhandel ausschlaggebend ist. Ich habe Dürener Schreibpapier zu 1 M. 20 Pf. das kg im Klein handel geführt, noch bevor die Normalpapiere im Handel waren. Dasselbe war von wunderbarer Reinheit und schöner Färbung, aber einen Versuch auf die Haltbarkeit wird es mit den billigsten Normal papieren nicht bestehen, abgesehen davon, dass es in kurzer Zeit am Lager vergilbt. Ich möchte einmal die Dürener Fabrikanten fragen, ob sie damit ihre Kunden übers Ohr gehauen haben, wie sich W. auszudrücken beliebt. Wenn derselbe durch meine Anregung zu dem Ausrufe gelangt »dann ist es Zeit, dass sich die Papierfabrikanten ein Bischen um die Sache kümmern«, so will ich ihm mit praktischen Vorschlägen an die Hand gehen. Die Herren Fabrikanten mögen in ihrer Vereinigung ein Gesuch an die Regierungen richten, dass bei Eingaben an die Behörden nur Normal-Aktenpapiere verwendet werden sollen, dann ist mit einem Schlage das Bild verändert. Ferner möchte ich mich den Vorschlägen des C. N.- anschliessen, mit der Erweiterung, dass der Artikel des Herrn W. Herzberg in Nr. 20 der Papier-Zeitung in Form einer kleinen Brochttre hergestellt und an alle Schreibwaarengeschäfte zur Belehrung versandt wird, natürlich auf Kosten der Herren Fabrikanten bez. deren Vereine. Ich habe absichtlich mit der Erwiderung einige Nummern abge wartet, um zu sehen, ob vielleicht von anderer Seite praktischere Vor schläge gemacht werden. Äusser dem Artikel von C. N. in Leipzig, der mir sehr sympathisch ist, und meine Anregungen ergänzt, wurde kein Vorschlag zur Abhilfe des besprochenen Uebelstandes im Klein handel gemacht, vielleicht äussern sich noch maassgebende Interessenten. Y. Schwierigkeiten bei der Bestimmung von Papierfasern. Von Dr. Paul Klemm. Schluss zu Nr. 25. Holz-Zellstoff. Nach den Bestimmungen für Stoff klasse II ist ein Zusatz von Holz-Zellstoff oder Strohstoff bis 25 pCt. zugelassen. Die Abschätzung dieser Menge Zellstoff ist mit hinreichender Genauigkeit möglich. Doch ist dabei Folgendes zu bedenken: Der Zellstoff beteht nicht aus lauter gleichartigen Fasern. Die aus dem Herbstholz stammenden sind weit schmäler und weniger in die Augen fallend, dafür aber weit massiver, als die aus dem Sommerholz stammenden. Nach der Art des Holzes und selbst nach dem Standort, auf dem es gewachsen ist, wechselt das Ver- hältniss der dickwandigen und dünnwandigen Fasern, sodass dem Gewicht nach dieselbe Fasermasse in dem einen Falle aus einer grösseren Anzahl weniger massiver Fasern, im anderen aus einer geringeren Anzahl massiverer Fasern bestehen kann. So sind die Fasern der Kiefer durchschnittlich massiver als die der Fichte und Tanne. Dieselbe Menge Fasern hat daher nicht immer das selbe Gewicht. Besondere Berücksichtigung verdient das Verhältniss zu anderen Fasern. Da ist zu bemerken, dass in einem zum vierten Theil aus Nadelholz-Zellstoff, im übrigen aber aus Leinen bestehen den Gemisch, die Fasern des Holz-Zellstoffes einen grösseren An theil zu haben scheinen, als dies dem Gewicht nach der Fall ist. Das rührt daher, dass die sehr massiven, aber einen geringen Durch messer besitzenden Leinenfasern weit weniger in die Augen fallen, als die zum Theil breit bandförmigen Holzfasern. Es liegt daher die Gefahr nahe, Holz-Zellstoff gegenüber Leinen zu überschätzen, besonders wenn derselbe von sehr weichem Fichtenholze ge wonnen wurde. Im Vergleich zur Baumwolle besteht durch schnittlich eine grössere Uebereinstimmung in der Vertheilung der Masse, und dementsprechend ist auch der Unterschied zwischen Zahl und Gewicht der Fasern nicht so gross. Strohstoff. Bei der Schätzung des Antheils, den Strohstoff an der Zusammensetzung nimmt, kommt die Eigenart der Massen- vertheilung ganz besonders in Betracht. Denn Strohstoff weicht