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764 PAPIER-ZEITUNG. Nr. 25. für richtig gehalten, plastisch gezeichnete Ornamente in matten Farben zu drucken. Heute behandelt man sie ohne Weiteres tapetenartig als Flächendekoration. Gestattet der Rokokostil auch solche matteren Farben, so sollte man auf diesem Wege doch nicht zu weit gehen. Zu Gunsten einer figuralen Autotypie mit schwerem, schwarzem Fond druckt Otto Elsner in Berlin (44) das ganze Beiwerk an Linien und Ornamenten in mattem Violet- grau und Orange, die wenigen Textzeilen aber Rothbraun und erzielt so ein starkes Hervortreten der alabasterartig duftigen »Zephir«-Figur in der Autotypie. Auch Wilhelm Gronau (66) und Gebrüder Grunert in Berlin (71) bewegen sich in gewisser Be ziehung auf dem Gebiete der Mattfarbendrucke. Gronau bietet zwei im Entwurf etwas steife Kopfdrucke (Mittheilung und Rechnung) und Grunert sein Kalenderzirkular auf mattblauem Kunstdruckpapier. Heinrich Hoffmeister in Leipzig (90) benutzt grünes Kunstdruckpapier, dessen Fläche einige matte graugrüne Vignetten beleben; Schriftzeilen in Schwarzblau und Roth. Blatt 142 ist ein Zirkular der L. Schellenberg'sehen Hofbuch druckerei in Wiesbaden. Auf der ersten Seite Rokoko-Seiten- und Kopfleiste in Braungrün mit eingelegtem graugrünem Ton und blauem Buchdruckerwappen in der Leistenkreuzung oben links; Text dunkelbraun mit rosa Initialen. Auf den zwei Blättern 175 und 176 druckt A. Wohlfeld in Magdeburg nicht nur sämmtliche schmückenden Satztheile, son dern den gesammten Text in matten Farben, zu Gunsten der auto typischen und andern zinkographischen, sowie der Holzschnitt- Illustrationen. Die erzielten Wirkungen sind prächtige; die Illustrationen treten — in Schwarz gedruckt — ungemein klar hervor, während die matte, farbige Dekorirung ihnen das Kalte und Harte nimmt. So schön diese Beiträge als Muster-Austausch- Blätter genannt werden müssen, so drängt sich bei Betrachtung derselben dennoch die Frage nach dem »Wohin« auf. Es kann nicht das Endziel des Accidenzdrucks sein, Schönheiten — und seien sie noch so künstlerisch — erzielen zu wollen auf Kosten der Zweckmässigkeit. Eine Drucksache ist dann aber unzweck mässig, wenn der Text in so matten Farben gedruckt wird, dass das Lesen die Augen anstrengt. Einzelne Partien eines ver- hältnissmässig überreichen Textes mögen vielleicht in matteren Farben gedruckt werden können, nicht aber der ganze Text glatt herunter ohne jede Ausnahme. Wenn es sich nur um Unter schriften zu Illustrationen handelt, wird sich Jedermann die matte Farbe gefallen lassen, nicht so aber bei Accidenzen im eigent lichen Sinne. Indessen sind es eben nur Muster-Austausch-Bei träge — in der täglichen Praxis wird sich das »Wieweit« des Matt farbendruckes sehr bald auf gewisse Grenzen beschränken müssen, denn: wer bezahlt, der befiehlt! Nichtsdestoweniger bildet die Gruppe der Mattfarbendrucke eine Zierde des diesjährigen Muster- Austausches; sie beweisen wiederum das »Allzeit voran!« der Typographie. (Fortsetzung folgt.) Arbeiten an der Vergoldepresse. Fortsetzung zu Nr. 24. Bleilettern, wie sie im Buchdruck benutzt werden, sind zum Pressvergolden nicht brauchbar. Sie würden schon den hohen Hitzegrad, dem sie in der Vergoldepresse ausgesetzt werden, nicht ohne Schaden ertragen können. Auch würden sie unter dem schweren Drucke, den man beim Pressvergolden ausübt, sehr bald unbrauchbar werden. Man benutzt Messingschriften und in der Regel auch Messing platten zu Ornamentdrucken, obwohl auch geätzte Zinkplatten ver wendbar sind und in neuerer Zeit vielfach benutzt werden. Die Zinkplatten kommen jedoch nur bei Extra-Entwürfen zur An wendung, meist in ganzen, nicht theilbaren Platten, und dieselben sind nur für kleine Auflagen geeignet. Zu Drucken, die auf weiche Stoffe, wie Leder und Papier, ausgeführt werden, können sie gute Dienste leisten. Die geätzten Zinkplatten sind natürlich, bedeutend billiger als die gegossenen und gravirten Messing- oder Rothmetallplatten. Die Schriften werden noch heut allgemein aus Messing oder Rothmetall gefertigt; ebenso die zusammensetzbaren Ornament stücke. Dieselben weichen von den Buchdrucklettern auch hinsichtlich ihrer Kegelhöhe bedeutend ab, da man des theuren Metalls wegen und in Hinsicht der gleichmässigen und schnellen Wärmeleitung, die Kegel so niedrig wie möglich giesst. Die Höhe der Pressschriften und -Platten ist ungefähr 7 mm. Nach diesem Maasse sind auch die Vergoldepressen eingerichtet, und der Raum zwischen Tiegel und Presstisch ist daher so gering, dass Buch drucklettern schon wegen ihrer beträchtlichen Höhe unver wendbar sind. Allerdings werden auf Bestellung auch Pressen mit grösserem Raum zwischen Tiegel und Schlitten zum Drucken hoher Schriften angefertigt. Mehrere Firmen liefern Vergoldepressen, welche anstelle der Keilstellung eine Schraubenstellung besitzen, die eine sehr tiefe Stellung des Presstisches und demzufolge eine beträcht liche Raumerweiterung zwischen diesem und der Anhängeplatte gestattet. Diese Pressen sind nur zu leichten Arbeiten, bei denen kein übermässiger Druck ausgeübt wird, bestimmt. Der Hebel liegt hier gleichfalls hoch und ist leicht zu handhaben. Die Schraubenstellung des Presstisches besteht aus zwei mit Mutter gewinden versehenen Handrädern, die auf einem Gewinde laufen, das auf dem Hebelmechanismus ruht. Die geringe Kegelhöhe der Pressschriften und der Platten sowie ihre nach unten hängende Lage in der Vergoldepresse bedingt eine andere Befestigungsart des Satzes, als dies bei den Buchdrucklettern üblich ist. Wollte man die gesetzten Schriften und Ornamente in einen Rahmen einspannen und dann an der Anhängeplatte befestigen, so würde der ganze nach unten hängende Satz sich in der Mitte aus biegen und aus dem Rahmen heraus fallen. Das Befestigen der Schrift ist einer der heikelsten Punkte der ganzen Pressvergoldetechnik. Es ist seltsam, dass hier der Erfindungsgeist noch kein Mittel gefunden hat, die bisher übliche, alterthümliche Befestigungsart durch eine der hohen Technik unserer Zeit entsprechende bessere zu ersetzen. Die Schriften und Platten werden nämlich auf Pappe geklebt und dann wieder mit Hilfe eines Klebstoffes an der Anhängeplatte befestigt. Es wird auch dem Nichtfachmann einleuchten, dass dieses Verfahren durchaus nicht praktisch ist, schon deshalb nicht, weil die Lettern und Platten dabei mit Klebstoffen verunreinigt werden. Dazu kommt ferner, dass die Presse stark erhitzt wird. Die Hitze theilt sich der Pappe, dem Klebstoff und den Lettern mit. Jede Pappe, wenn sie auch ausgetrocknet erscheint, enthält meist noch geringe Feuchtigkeit, ebenso der Klebstoff, der von seinem Wassergehalt auch an die Pappe abgiebt. Diese Feuchtigkeit verdunstet unter der ausströmenden Pressenwärme und schlägt sich als Dampf auf den Pressentheilen nieder. Infolgedessen beginnt die Pappe oft zu zerweichen, sie dehnt sich an einzelnen Stellen, treibt dort mitunter gewölbte Aufbauschungen, auf denen die Lettern nur noch unsicher festkleben. Es sind schon viele Versuche gemacht worden, um die Widerwärtigkeiten zu beseitigen — allein bis jetzt mit geringem Erfolg. Schreiber dieses hat selbst schon seit Jahren über die Möglichkeit nachgedacht, eine mechanische Befestigungsart anstelle der Pappe und des Klebstoffes zu setzen, er ist jedoch zu der Einsicht gekommen, dass nur eine Aenderung der Bauart der Vergoldepressen Abhilfe schaffen kann. Auf jeden Fall bietet sich hier den Erfindern eine günstige Gelegenheit, ihr Erfindungs talent an einer lohnenden Aufgabe zu erproben. So lange man nichts Vollkommenes hat, muss man sich mit dem Unvollkommenen so gut behelfen, wie es eben möglich ist. Daher hat man sich bemüht, zum Aufkleben der Lettern mindestens geeignete Klebstoffe ausfindig zu machen. Es giebt wohl keinen Klebstoff, der nicht von diesem oder jenem Pressvergolder schon versucht worden wäre, und die Meinungen sind so ziemlich getheilt. Der eine empfiehlt die sogenannte Schusterpappe, der andere verwendet dicken Leim, ein dritter Wasserglas, ein vierter irgend ein andres Klebmittel. Das Aufkleben geschieht, indem man die Pappe auf ein Brett legt, dann mit Klebstoff überstreicht und die Schriften sowie Platten in der gewünschten Ordnung darauf legt. Um einen sichern Anhalt für die regelmässige Vertheilung der Schriften zu haben, empfiehlt es sich, die Schriftzeilen vorher mit Bleistift auf die Pappe zu zeichnen oder bei einem umfang reicheren Ornamentaufbau die ganze Pappe mit Quadratlinien zu bedecken. Wörter aus kleiner Schrift kleben in der Regel nicht genügend fest, und die Buchstaben zeigen bei starkem Gebrauch die Neigung, von der Pappe abzufallen. Das zu ver hindern, empfiehlt es sich, jedes Wort vor dem Aufkleben aul die Pappe mit einem schmalen, leimbestrichenen Leinwand streifen zu umkleben. Hat man die Schrift aufgeklebt, so legt man die Pappe mit dem Satze nach oben auf den Drucktisch der Vergoldepresse, deckt eine dünne, weiche Pappe über den Satz, schiebt den Drucktisch ein und presst langsam zu. Unter dem Druck der geschlossenen Presse legen sich die aufgeklebten Satzstücke fest an die mit Klebstoff überstrichene Pappe an und haften an dieser. In die darüber gedeckte Pappe dagegen druckt sich das Satzbild vertieft ab, man kann es auf etwaige Satzfehler prüfen und hat