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Die Schreibpapiere des Kleinhandels. .... 21. März 1895. Ich kann im Gegensatz zu Y. in Nr. 20 nichts Komisches darin finden, dass das Publikum, welches beim Kleinhändler kauft, sich nicht der fachmännischen Ausdrücke zu bedienen versteht, sondern nur nach vorliegenden Mustern kaufen kann. Traurig aber ist es, dass der Kleinhändler, welcher weiss, dass »es sogar gebildete Käufer giebt, die ohne Vorzeigung der Formate den Unterschied zwischen Quart und Oktav nicht bestimmen, geschweige denn fordern können«, nach Y.’s Beschreibung ein solch unpraktischer Mensch ist, dass er erst einhalb Dutzend Mal in seiner Bude hin- und herlaufen muss, ehe es ihm gelingt, dem Käufer das Gewünschte vorzulegen. Warum hält er nicht Muster der hauptsächlichen Grössen und Qualitäten handbereit, hier durch würde nicht nur ihm, sondern namentlich dem Käufer Zeit und Aerger erspart bleiben. Dem Käufer ist nämlich sehr oft die Zeit viel werthvoller als dem Ladenbesitzer, und letzterer ist schliesslich des Käufers wegen da und nicht umgekehrt. Der Kern der sehr verdienstvollen Arbeit Herzberg’s ist die Fest stellung der Thatsache, dass selbst wenn bestes Papier gefordert und jeder verlangte Preis dafür willig bezahlt wird, der Käufer dennoch in den wenigsten Fällen vom Kleinhändler gutes Papier erhält, mit andern Worten: dass in sehr vielen Fällen der Kleinhändler entweder sein Geschäft nicht versteht, oder aber seine Kunden über’s Ohr haut. Kommt das vielleicht daher, dass nach Y’s Aussage es eine seltene Ausnahme ist, wenn im Kleinverkehr ein Unterrichteter Papier verlangt? Dann wäre es hohe Zeit, dass die Papierfabrikanten sich ein bischen um die Sache kümmerten. Auf der einen Seite klagen die Fabrikanten, dass es nichts nütze, gutes Papier zu machen, man wolle doch keinen anständigen Preis mehr bezahlen, und auf der andern Seite jammert das Publikum, dass es fast unmöglich sei, selbst für Geld und gute Worte die besseren Papiersorten zu bekommen. Wahrlich eine wundersame Sachlage! W. Sulfitstoff. Freiburg i. B., 8. März 1895. Herr W. Schacht äussert sich in Nr. 16 der Papier-Zeitung über Papiere aus Ekman’s Stoff und meinem Zellstoff. Solche Mittheilungen haben nicht den mindesten Werth. Vergleiche können nur gemacht werden mit verschiedenen Stoffen von einem und demselben Fabri kanten, mit denselben Maschinen, aber nicht von verschiedenen Per sonen und in verschiedenen Fabriken. Jeder erfahrene Papierfabrikant wird zugeben, dass ein schlechter Fabrikant selbst mit besten Stoffen nichts Gutes fabrizirt. Was das Lachendorfer Papier betrifft, so be merke ich hierzu, dass im Jahre 1881 der Besitzer der Fabrik, Herr Drewsen, nachdem er die bekannten Versuche mit dem Magnesiasulfit- Stoff angestellt und die weitere Benutzung des Ekman'schen Stoffes infolge derselben aufgegeben hatte, mit meinem Zellstoff Versuche an stellte. Er schrieb am 21. November 1881 an meine Fabrik über meinen Stoff wie folgt: können sie (die Knötchen) vermieden werden, so ist der Stoff sehr gut, denn abgesehen von den Knötchen sind alle drei Sorten Papier gut. Die Cellulose bleicht sich recht schön. (Beglaubigte Abschrift liegt der Redaktion vor.) Hierdurch sind die Behauptungen des Herrn Schacht widerlegt. Infolge der guten Resultate, die Herr Drewsen mit meinem Zellstoff gemacht hatte, wollte er mein Verfahren erwerben und trat mit mir deswegen in Unterhandlung. Er stand nur aus dem Grunde davon ab, weil die Fichtenholzpreise in seiner Fabrik zu hoch kamen. Hat nun Herr Schacht meinen Stoff nicht gut bleichen und verarbeiten können, so dürfte wohl daran nicht mein Zellstoff schuld sein. Zu den Mittheilungen der Herren Seebald & Co., auf Seite 562 dieses Blattes, bemerke ich: Dass mit Ekmans Stoff brauchbare Papiere 1879 hergestellt worden sind, bedurfte weiter keiner Nachweisung, nachdem es bekannt geworden war, dass Herr Drewsen solche gemacht hatte. Es war dies festgestellt, ebenso wie die Thatsache, dass mit meinem Stoff 1874 solche bereits fabrizirt waren. Den Vorwurf der einseitigen Auffassung in meinen Ausführungen muss ich entschieden zurückweisen. Ich bitte, meine Veröffentlichungen daraufhin prüfen zu wollen, ob ich meine subjektive Meinung bisher ausgesprochen habe. Die Herren werden finden, dass ich in allen wesentlichen Punkten nur aus den vorhandenen Beweisstücken die Schlussfolgerung gezogen habe. Fallen diese letzteren für Jemanden ungünstig aus, so kann mir daraus unmöglich ein Vorwurf gemacht werden. A. Mitscherlich. Die in der Papier-Zeitung veröffentlichten Erörterungen über die Erfindung bez. Einführung in den Fabrikbetrieb von Sulfit zellstoff, bei welchen die Betheiligten genügend zu Wort gekommen sind, gestatten unsern Lesern ihr eigenes Urtheil zu bilden, und wir möchten deshalb den Meinungsaustausch hiermit schliessen. D. Red. England’s Alkali-Ausfuhr. England führte 5979 460 Gentner Alkali in 1894 aus, gegen 5832700 Gentner in 1893. Entseuchung von Hadern. Von Dr. R. von Lenz. In Nr. 13 habe ich einige Erfahrungen mitgetheilt, welche in der Expedition zur Anfertigung von Staatspapieren in St. Petersburg bezüg lich der Entseuchung von Hadern gemacht worden sind. Ich beab sichtigte durch diese Mittheilung zu beweisen, dass Hadern durch Des infektion mit Dampf nicht leiden, und dass die Kosten der Desinfektion nicht beträchtlich sind; ich hatte dabei keine Nebengedanken und dachte den Papierfabrikanten Mittheilungen zu machen, die für sie nicht ohne Interesse sein dürften. Meine Mittheilung hat in Nr. 16 eine Notiz hervorgerufen, in welcher gesagt ist, dass die Desinfektion Ausgaben verursache, die die Papier fabrikation nicht tragen könne, und die sie auch nicht zu tragen brauche, da durch Lumpen keine Infektionskrankheiten verbreitet werden, was bewiesen wird durch das Ergebniss der Umfrage, welche über Er krankung von Arbeitern verschiedener Fabriken angestellt worden ist. Was die Kosten der Desinfektion anbetrifft, so habe ich in meiner Ab handlung die Daten angegeben, aus welchen der Fabrikant leicht berechnen kann, 'ob er die Kosten zu tragen imstande ist; was aber die Gefahrlosigkeit der Hadern anbetrifft, so erlaube ich mir, trotz der glänzenden Resultate, zu denen die Umfrage geführt hat, doch entgegengesetzter Ansicht zu sein. Zu einer solchen Ansicht werde ich durch festgestellte Thatsachen gezwungen, die hier anzuführen nicht nutzlos sein dürfte. Vorausschicken will ich, dass auch die Dresdener Konferenz Hadern nicht ganz gefahrlos für Verbreitung der Cholera zu halten scheint, sonst hätte sie nicht den Beschluss fassen können » den sonstigen Verkehr in Lumpen an von Cholera ergriffenen Orten zu verbieten«. Der englische Public Health Act 1875 enthält die Androhung, dass in Strafe bis 5 Lstr. verfällt »wer Lumpen, die der Infektion ausgesetzt gewesen sind, vergiebt, verleiht, verkauft oder überlässt, falls nicht nachweislich eine Desinfektion derselben vorgenommen worden ist.« Dr. Dräsche behauptet, dass im Jahre 1867 in Kriegstätten die Cholera durch aus Zürich, wo die Cholera herrschte, importirte Hadern auf der Papierfabrik ausgebrochen sei und von dort sich weiter ver breitet hätte. Auch in Wien soll nach ihm die Cholera im Jahre 1873 vorwiegend unter Hadersammlern gewüthet haben. Ich gebe gern zu, dass der Beschluss der Dresdener Konferenz, sowie das Gesetz des Public Health vielleicht auf nicht nachweisbaren Befürchtungen beruhen, auch dass die Angaben von Dräsche nicht genau genug sind, um eine Ansteckung durch Hadern zu beweisen, ja ich will auch zugeben, dass die Cholera durch Hadern vielleicht nie übertragen worden ist. Ich würde mich vielleicht auch über die An steckung durch Hadern beruhigen, wenn nicht andere viel schwerer ins Gewicht fällende Thatsachen das Gegentheil bewiesen. Pocken sind aber durch Hadern übertragen worden, wofür ich einige Beispiele anführen will. Dr. Popper berichtet nach Gilbert, dass Marseille eine Hauptpockenstation sei, zugleich auch die Hauptstation für die Einfuhr von Hadern nach Frankreich, vorwiegend aus Algerien. Im Pockenjahre 1874 bis 1875 war daselbst das 6. Arrondissement der Stadt als Sitz der Lumpenarbeiter zugleich Sitz der Epidemie, und es wurden vornehmlich die Häuser befallen, in welchen die Lumpen ge speichert lagen, darauf die anliegenden und gegenüberliegenden. Im Jahre 1878 wurden die Sortir-Anstalten in das 15. Arrondissement über geführt, und mit ihnen siedelte der Pockenheerd dorthin über. Aber auch direkte Pockenübertragung durch Hadern ist nachgewiesen. So erfolgten in Wartertown nach Lewis beim Auspacken von 10 Ballen aus Californien stammender Hadern 40 Pockenerkrankungen, von denen 14 einen tödlichen Verlauf nahmen. Dr. Heinzelberg führt einen Fall an, wo beim Auspacken der zwei ersten aus Frankreich stammenden Ballen mit Hadern 15 Arbeiter an den Pocken erkrankten. Nach Des infektion der übrigen 8 Ballen traten keine ferneren Erkrankungen ein. Aber auch eine andere Krankheit, die Hadernkrankheit, welche anfänglich für eine Form der Sibirischen Pest gehalten wurde, wird durch Hadern verbreitet, und zwar scheint die Krankheit nicht durch den Hadernstaub erzeugt zu werden, sondern durch einen Bacillus, der auf Kaninchen übertragen, an ihnen dieselben Krankheitserscheinungen hervorgerufen hat, wie am Menschen. In neuerer Zeit 1886 ist ein solcher Fall auf der Papierfabrik Ligat bei Riga beobachtet und von den Doktoren Schultz, Heerwagen und Krannhalz sehr eingehend besprochen worden. Von 56 Arbeiterinnen, die mit Sortiren der Lumpen beschäftigt waren, erkrankten 5 an der Hadernkrankheit, die alle im Laufe von 1 bis 4 Tagen starben. Später erkrankten noch 7 Arbeiterinnen, von denen eine starb. Als darauf die Speicher geschlossen wurden, hörten die Erkrankungen auf. Dr. Eberhard in Gloggnitz konstatirt für den Zeitraum von 17 Jahren 40 Todesfälle an Hadernkrankheit, die durch Lumpen aus Ungarn entstanden sein soll. Dr. Reitbock zählt für den gleichen Zeit raum 24 Todesfälle auf und Dr. Dohnat 13 Fälle in 5 Jahren. In Summa also 83 Todesfälle an Hadernkrankheit, durch Aerzte wohl konstatirt! Auf Grund solcher Thatsachen, die bei gründlicherer Kenntniss der einschlägigen Literatur sich wohl noch mehren würden, kann ich mich von der Gefahrlosigkeit der Hadern nicht überzeugen, trotz der Antworten von 686 Anstalten, die auf die Umfrage reagirt haben. Solange den angeführten Thatsachen die Beweiskraft nicht genommen ist, darf die Ansicht von der Ansteckung durch Hadern nicht »Aber glaube« genannt werden.