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Versammlung wurde vom Mitgliede Diezel der Antrag gestellt und ein stimmig angenommen: Die Regierung durch eine Petition um Ab schaffung des Hausirhandels zu ersuchen. Im Verfolge weiterer, vom genannten Herrn im Ausschüsse der Genossenschaft gestellter Anträge wurde seitens derselben eine Bewegung eingeleitet, über deren weittragende Folgen ich noch berichten werde. (Wir bitten darum. — D. Red.) An die Grosshändler und Fabrikanten wurde eben falls nach einem Beschlusse der letzten Hauptversammlung ein Zirkular gerichtet mit dem Ersuchen, an unbefugte Verkaufsstellen, sowie lausirer die Waaren nicht zu den ermässigten Preisen wie an Papier händler abzugeben. Zum Punkte Kassagebahrung stellten die Revisoren den Antrag auf Ertheilung des Absolutoriums, welches einstimmig geschah. Punkt 3. Der Voranschlag: (Einnahme 2152 Gulden, Ausgaben 1470 Gulden, Ueberschuss 682 Gulden) wird dabin angenommen, dass wie bisher die Umlage mit 1,50 Gulden (Inkorporationsgebühr 6 Gulden) festgesetzt wird. Weiter wurde bewilligt die Remuneration des Vorstandes mit 300 Gulden (und Miethsbeitrag für die Kanzleiräum lichkeit von jährlich 200 Gulden) und des Sekretärs mit 200 Gulden. Die darauf folgende Wahl ergab Stimmengleichheit zwischen dem bis herigen Vorstand und dem vom Verbände österreichischer Papier- und Schreibwaaren-Interessenten aufgestellten Kandidaten Fr. Schoblola. Bin neuerlicher Wahlgang ergab die Mehrheit von 3 Stimmen (38 gegen 35) für Herrn Thyam, welcher als gewählt erscheint. Die Wahl des Stellvertreters ergab 35 Stimmen für Herrn Autensteiner (bisheriger Stellvertreter) und 30 Stimmen für Herrn Polly den Gegenkandidaten. Nach Verzichtleistung des letzteren Herrn erscheint ersterer gewählt. Mit grösserer und geringerer Mehrheit wurden sodann der bisherige Ausschuss sowie die Revisoren wiedergewählt. Zum letzten Punkte der Tagesordnung (Anträge) machte Herr Autensteiner auf das am Sonntag, den 5. Mai in Kraft tretende Gesetz über die Sonntagsruhe aufmerksam. Dasselbe bewilligt dem Handels gewerbe 6 Stunden Arbeitszeit. Die Gewerbebehörde nimmt diesbezüglich die Wünsche der Genossenschaften entgegen, wie dieselben diese Stunden vertheilt haben wollen. Herr Autensteiner schlägt vor die Zeit von 7 bis 1 Uhr vormittags zu verlangen, und wird nach einstimmiger Annahme dieses Antrages die Versammlung nach dreistündiger Dauer geschlossen. —z—. Berichte unserer Korrespondenten. Aus Russland. 23. Februar .. St. Petersburg, 7—I. 1895. 7’ 4. Marz Gestern fand hier die feierliche Eröffnung der ersten russi schen Papier-Fach-Ausstellung statt, und ich beeile mich schon heute wenigstens einen flüchtigen Bericht zu senden. Der volle Titel dieser Ausstellung lautet: »Erste allrussische Ausstellung für Druck-Industrie bei der Kaiserlich russischen technischen Gesellschaft, stehend unter dem hohen Protektorat Seiner kaiserlichen Hoheit des Grossfürsten Konstantin Konstan tinowitsch«. Wie ich schon früher berichtete, schien es, als verhielten sich die maassgebenden Kreise ziemlich ablehnend zu diesem Unternehmen, um ihr ganzes Können im nächsten Jahre auf der grossen allgemeinen Ausstellung in Nischny Nowgorod zu zeigen. Dies hat sich auch hinsichtlich der Papierfabrikanten bewahrheitet, dagegen haben Papierverarbeiter usw. im höchsten Grade Staunenswerthes geleistet. Vor allem muss das Organisations- Komitee tüchtig geleitet sein, denn es hat mit kleinen Mitteln Grosses in kurzer Zeit geschaffen. Einen ausserordentlich wohl- thuenden, hier ganz ungewohnten Eindruck macht es, dass heute am ersten Tage bereits ein vollständiger übersichtlicher Katalog ausliegt, der selbst schon Zeugniss für die tüchtige Leistung der Druckerei des Herrn Schröder hier ablegt. Gleich beim Betreten der Ausstellung, die wie alle hier stattfindenden Sonder-Aus stellungen, im frühem Salzmagazin untergebracht ist, bemächtigt sich des Eintretenden eine sympathische Stimmung, man fühlt, dass etwas mit Fleiss, Liebe und Verständniss zur Sache geschaffen ist, und das berührt wohl Jeden angenehm. Das Ganze ist nach 12 Gruppen eingetheilt. Gruppe I. Die Geschichte der Buchdruckerei, bei der sich hohe Persönlichkeiten, Klöster, Ministerien, Akademien, Museen usw. betheiligt haben, und für welche ein Sonder-Katalog in Aussicht gestellt ist. Gruppe II. Herausgeber, die nicht sehr vielseitig zu sein scheint und weniger Nummern als die vorhergehende aufweist. Gruppe III. Gravüren. Gruppe IV. Schrift und Schriftgiesserei. Es haben sich bei Gruppe IV 12 Firmen betheiligt, von denen nur eine, Berthold, ausländisch ist, während alles Uebrige inländisches Produkt zu sein scheint. Gruppe V. Papierfabrikation. Diese dürfte schwerlich ein richtiges Bild vom gegenwärtigen Stand der Papierfabrikation in Russland geben. Es sind aller dings 13 Firmen in dieser Gruppe vertreten, doch sind nur fünf derselben wirklich Papierfabrikanten, während die übrigen acht Karton-, Buntpapier, Schachtel-Fabrikanten usw. sind. Gruppe VI. Maschinen, Farben, Druckerei-Zubehör, Motoren usw. ist die am meisten beschickte Abtheilung. Sie hat 45 Betheiligte, darunter mehrere, die es sich haben angelegen sein lassen, ihr Können zu zeigen, recht hervorragend die hiesige Firma Isidor Goldberg, die neben vielen kleinen Maschinen ihre drei hundertste hier selbst gebaute grosse Schnellpresse ausgestellt hat, mit welcher sie eine Zeitung mit den Portraits unseres Kaiser hauses druckt. Von ihren Tiegelpressen zieht sie Miniatur- Abdrücke der Krilow’schen Fabeln ab, Zeitung wie Fabeln werden unter die Besucher vertheilt. Auch ihre Billet-Maschine führt die Firma vor. Zu dieser Gruppe gehört auch die reichhaltige und vollständige Ausstellung der bekannten Dampf-Buchbinderei von Otto Kirchner hier. Auch das Ausland und Finnland, welch letzteres fast garnicht vertreten ist, haben sich hier betheiligt, so Albert & Co. in Frankenthal, Berger & Wirth in Leipzig, P. Wahl & Co. in Wiborg, Otto in Deutz, Moritz Hille in Dresden, Lorilleux & Co. in Paris, König & Bauer in Oberzell, Preusse in Leipzig, Jaenike & Schnemann in Hannover usw. usw. Gruppe VII. Druckerei ist noch zahlreicher als die vorgehende, durch 59 Aussteller ver treten, worunter neben den grossen Druckereien von Behörden auch solche aus kleinen Städten des Innern und Polens vor handen sind, wie Berdjands, Charkow, Wilna usw. Gruppe VIII. Lithographie und Metalldruckerei. Ebenfalls sehr gut durch 51 Aussteller vorgeführt, enthält viele interessante Kunst-Arbeiten, auch von der hiesigen Kaiser lichen Papier-Fabrik. Gruppe IX. Heliographie. Sehr gut durch 32 Betheiligte vertreten, zeigt, welchen Fort schritt dieser schwierige Zweig auch schon in Russland gemacht hat. Bei flüchtigem Beschauen fielen mir die schönen, auch farbigen Arbeiten der Anstalt von A. Willborg hier auf; in dieser Gruppe haben sich auch die Deutsche Reichsdruckerei und die Oesterreichische K. K. Hof- und Staatsdruckerei betheiligt, ferner noch verschiedene bekannte ausländische Firmen, wie Angerer & Gösche in Wien, Warnecke & Co., Hofer & Burger, in Zürich, Husnik & Häusler in Prag, J. Löwi in Wien, Meisen bach, Riffarth & Co. in Berlin, Sinsel & Co. in Leipzig, R. Talbot in Berlin, Rudolf Schuster in Berlin usw. Gruppe X. Buchbinderei ist durch 31 Aussteller vertreten, unter denen die Anstalten von Otto Kirchner, A. Petersen, Alexander Schnell zeigen, dass auch bei uns ein Buch geschmackvoll gebunden werden kann, auch haben Brand & Co., Leipzig, Druckplatten gesandt. Gruppe XI. Fachschulen und technische Diteratur. Von den 7 Ausstellern sind 4 Fachschulen. Gruppe XII. Kunst wird nicht nur durch die grosse Zahl von 38 Ausstellern repräsen- tirt, sondern, was noch viel wichtiger ist, durch Künstler-Namen, die hier den besten Klang haben, und die das beste Zeugniss dafür ablegen, wie auch hier die Kunst mehr und mehr Interesse und Verständniss für die Entwicklung der Druckindustrie gewinnt. Wir lesen da Namen wie Elisabeth Böhm, Bogdanow, N. N. Karasin, W. E. Makowsky, K. E. Makowsky, Mikeschin, Repin und andere. Ferner hat hier die berühmte, so splendid dotirte Zeichen-Schule des Baron Stieglitz eine grosse Kollektiv-Aus stellung ins Leben gerufen. Die Räumlichkeiten dieser Schule stossen so unmittelbar an die Ausstellungs-Lokalitäten, dass ein Raum für die letztere abgetreten ist. Derselbe wurde in alter- thümlichem Charakter dekorirt, und darin sind ausserordentlich stylvoll die Anfänge der russischen Buchdruckerei ausgestellt. Interessirt es Ihren Leserkreis, so sende ich gern nach Möglichkeit Berichte über diese fürs Fach vielseitig bemerkens- werthe Ausstellung, die vor ihren Kolleginnen voraus hat, dass sie garnicht, wie es jetzt leider meistens der Fall ist, den Eindruck eines Jahrmarkts macht, sondern wirklich Zeugniss von den Leistungen der Betheiligten ablegen will. Nur ist mir als höchst merkwürdig aufgefallen, dass den Leitern dieser Druck-Ausstellung das Verständniss für die Presse zu fehlen scheint. Die Angelegenheit wurde bisher wenig in den Zeitungen besprochen, sodass das grosse Publikum fast nichts davon erfahren hat. Die Folge davon war denn auch, dass gestern am ersten Tage die Aussteller recht zahlreich versammelt waren, während nicht einmal hundert Besucher dagewesen sein sollen. n.