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Nr. 20. PAPIER-ZEITUNG. «01 Alte Bucheinbände. Von W. von Knoblauch. Schluss zu Nr. 19. Im allgemeinen ist ein Zurückgehen zu massiven Einbänden in Metall und Elfenbein im Interesse des guten Geschmackes nicht zu wünschen, doch dürften Metall-Verzierungen, Ecken, Krampen, Schliessen bei Geschenkwerken, Gebetbüchern, natürlich im Ein klang mit dem Stil des Lederbandes, sehr angebracht sein. Diesen Gedanken muss auch der Zeichner gehabt haben, der den entsetz lichen Einband zu »Ebers, Im Schmiedefeuer« für ein Leipziger Haus entwarf. Ein Leinwandband mit aufgepressten Gold verzierungen, die Metall-Platten und Ecken im Geschmack des alten byzantinischen Kircheneinbandes darstellend, und als Mittel stück die gothische Verzierung (Helm mit Visir) ebenfalls in Farbe tragend, ist eine Missgeburt, die nur den Spott heraus fordern kann. Dieser Band war unter allen Büchern des Weihnachtsmarktes der reichste an Gold, der ärmste an Geschmack und Originalität. Bevor ich den Artikel schliesse, bitte ich den geehrten Leser noch um einen Augenblick Geduld. Ich möchte nämlich sein Augenmerk auf eine Art Einband lenken, der im 17. Jahr hundert für Gebet- und Andachtsbücher sehr beliebt war. Leider ist neuerdings der Stoff dieses Einbandes, der sich sehr zur Fig. 3. künstlerischen Bearbeitung eignet, gänzlich vernachlässigt worden. Figur 3 zeigt in natürlicher Grösse den Einband eines Hebräischen Gebetbuches aus Spanien. Dieser Einband ist aus Schildpatt um 1747 verfertigt. Die ornamentalen Ecken, sowie die Rücken und Schliessklammern sind aus vergoldetem Silber in maurischem Geschmack, während die eingelegten Mittelstücke von mattem Silberfiligran sind. Auf meine Nachfrage theilten mir Londoner Buchbinder mit, dass man auf matt geschliffenem Schildpatt ganz gut Silber- und Gold-Pressungen anbringen kann. Ueberall unter den Buchbindern verschiedener Nationen ist ein Wettstreit betreffend artistischer Einbände entstanden. Viele weisen auf die alten Einbände als mustergiltig hin und wollen keine neueren Entwürfe gelten lassen. Andere dagegen huldigen der sogenannten naturalistischen Richtung und wollen durchaus von den konventionellen überkommenen Stilarten abgehen. Leider vergessen sie, und hauptsächlich die Deutschen sind die Sünder, dass ein Vermengen der verschiedenen feststehenden Stilarten weder von Originalität zeugt, noch ästhetisch wirkt. Ein gothisches Mittelstück z. B. mit romanischem oder griechi schem Rand ist ein Verstoss gegen das Kunstgefühl, das keinem Musterzeichner passiren dürfte. Menschliche Figuren en face, oder Brustbilder, sowie grosse Landschaften in allen möglichen und unmöglichen Farben gehören auf keinen Buchdeckel! Es giebt so manches im Pflanzen- oder Thierleben, das stilvolle naturalistische Muster für den Einband abgiebt, wie z. B. Epheu- ranken, Weinlaub und Traube, Eichenblätter mit Frucht, Blumen der verschiedensten Art, kleinere Thiere usw., dass es nicht nöthig ist, dem Porträt- und Landschaftsmaler ins Handwerk zu pfuschen. Alle die eben genannten Motive können beim Leder- und Leinwand band verwerthet werden, um ihm ein künstlerisches Aeusseres zu verleihen. Bei gewissen Büchern, wie Bibeln, ist es zu empfehlen, zu Metallverzierungen zu greifen, — natürlich nur, wenn sie in Leder oder schwerem Sammet usw. gebunden sind, nicht aber etwa bei Kaliko-Einband. Es ist nicht nöthig, dass alles Handarbeit sei, denn gar oft sind durch Maschinen hergestellte Arbeiten in der Ausführung besser; darauf aber sollte man sehen, dass die Harmonie der Farben und die Einheit des Stils gewahrt bleibt. Kalenderschau. Schluss. Nr. 22. Die Kunstanstalt von C. T. Wiskott in Breslau bietet in ihrem Kalender ein nach einem Oelgemälde hergestelltes und sehr sorgfältig durchgeführtes chromolithographisches Kunstblatt. Auf dem von einem grauen Passe-partout mit abgeschrägter Gold kante in Royalhochformat umgebenen Bilde befindet sich inner halb einer besonderen Umrahmung eine liebliche Frauengestalt, welche in der rechten Hand eine Lampe trägt, deren Licht durch einen rothen Schirm gedämpft ist. Die in dieser Darstellung erzielten prächtigen Beleuchtungseffekte, in Ver bindung mit der wirkungsvollen Behandlung der Umgebung des Hauptbildes und der flotten Ausgestaltung der Schrift, geben diesem Kalender einen ganz besonderen Reiz unter den dies jährigen Kalender-Erscheinungen. Unter dem Bilde befinden sich 26 in Palettenform ausgestanzte kleine und durch Perforirung zum Abtrennen einge richtete Blätter, von denen 12 je eine Monatstafel mit Raum zu kleinen Bemerkun gen enthalten, während die meisten übrigen der Empfehlung der Firma dienen. Vier von diesen Blättern tragen zierliche Dar stellungen der Jahreszeiten. Nr. 23. Der Kalender des Artistischen Instituts Orell Füssli in Zürich ist ebenfalls ein in einem grossen Format (36:50 cm) ausgeführtes chromolithographisches Blatt, welches oben und unten mit Metall-Plakat- Stäben versehen ist. Der Hauptschmuck des Blattes besteht in einemnach einer Momentauf nahme hergestellten farbenprächtigen Genre bilde: »Perlen-Dreherinnen in Bethlehem« darstellend. In der unteren rechten Ecke ist in geschickter Weise das Panorama der an der Südseite des Golfs von Akka male risch gelegenen türkischen Hafenstadt Caffa angebracht. Die Ausführung der bild lichen Darstellungen ist ebenso wirkungs voll wie die flotte Zeichnung der Schrift und die übrige Ausstattung. Die 12 Monatstafeln befinden sich in der unteren linken Ecke und sind im Satz und Druck sehr schlicht gehalten. Kleine Mittheilungen. Im Verein für Deutsches Kunstgewerbe gab am Mitt woch den 27. Februar, abends, Herr Grundner kurze Erläuterungen über die Rotations-Photographie, die es ermögliche, nach einem gegebenen Negativ mittels des elektrischen Lichtes 1000 Meter Papier in einer Breite von 64 cm innerhalb 12 Stunden mit Photographien zu bedrucken. Einige Proben solcher Rotations drücke wurden vorgezeigt. Desgleichen waren im Saale einige Farbenlichtdrucke und Glanzlichtdrucke von der Kunstanstalt Albert Frisch ausgestellt. Die erste Allrussische Druckerei-Ausstellung wurde am 3. März um 1 Uhr in Petersburg durch den Grossfürsten Konstantin eröffnet. Die Ausstellung zeigt ein volles Bild der Fortschritte der Druckerei in Russland in den letzten 25 Jahren. Auf ergangene Einladung sind auch die Staatsdruckereien in Berlin und Wien, sowie verschiedene namhafte ausländische Firmen vertreten. Die Ausstellung der Buch- und Papiergewerbe in Paris hat nach der Mittheilung französischer Blätter einen bedeutenden Ueberschuss erzielt, wovon ein Theil für eine gleiche Ausstellung in 1900 zurückgelegt wird.